Dirk Klose
Ludwig Erhard
Kurz notiert
Um Ludwig Erhard ist es still geworden. Sein Nimbus scheint
verblasst zu sein, vielleicht weil man seinem Konzept der Sozialen
Marktwirtschaft angesichts der großen Herausforderungen, denen
sich heute Wirtschaft und Gesellschaft gegenüber sehen, keine
adäquate Problemlösung mehr zutraut. Vollends für
Jüngere ist kaum noch nachvollziehbar, wie populär der
erste Wirtschaftsminister der Bundesrepublik, der "Vater der
Sozialen Marktwirtschaft" seinerzeit war.
Wie so oft in jüngster Zeit hat sich jetzt ein
amerikanischer Historiker auch dieses "deutschen" Themas
angenommen. Der Blick von außen bekommt dem Buch
außerordentlich. Der in Texas lehrende Wirtschaftshistoriker
Mierzejewski stellt dem Totalitarismus des NS-Regimes die liberalen
deutschen Bürgertraditionen gegenüber, die er in Sachen
Wirtschaft in Ludwig Erhard markant verkörpert sieht. Erhards
unbeirrbarer Glaube an eine nicht gegängelte, wohl aber dem
Gemeinwohl verpflichtete Wirtschaft ließ ihn an seinem Konzept
trotz schwerster Bedenken der Alliierten und innerhalb der ersten
Adenauer-Regierung inbeirrt festhalten. In minutiöser
Genauigkeit ruft Mierzejewski die Jahre 1948 bis 1959 - Erhards
erfolgreichste Jahre - in Erinnerung. Es sind die Jahre, die zu den
besten der "alten" Bundesrepublik zählten, die aber wohl auch
eine gewisse Leichtgläubigkeit gegenüber wirtschaftlichen
Fragen begründeten.
Adenauer schätzte seinen erfolgreichen Minister nicht
sonderlich, insbesondere traute er ihm keine Kanzlerschaft zu.
Erhards unglückliche Kanzlerjahre 1963 bis 1966 mochten ihm
recht geben. Der Einschätzung des Autors, Erhard habe
letztlich zu sehr rein ökonomisch, zu wenig politisch gedacht,
ist schwer zu widersprechen. Die große historische Leistung
des Wiederaufbaus bleibt davon unberührt.
Alfred C. Mierzejewski
Ludwig Erhard. Der Wegbereiter der Sozialen Marktwirtschaft.
Biografie.
Aus dem Englischen von Anne Emmert und Norbert
Juraschitz.
Siedler Verlag, München 2005; 400 S., 24,- Euro
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