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Hartmut Hausmann
Milleniumsziele noch in weiter Ferne
Unionsländer sollen mehr Geld für
Entwicklungshilfe bereitstellen
Die Staats- und Regierungschefs der 189 UN-Mitgliedsstaaten
haben sich zum Jahrtausendwechsel ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis
2015 wollen sie die Armut auf der Welt halbieren. Als arm gilt, wer
mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen muss.
Einigen Staaten könnte bei der UNO-Sondertagung im
September zur Überprüfung der Ziele eine Blamage ins Haus
stehen. Zwar sind die Aufwendungen für die Entwicklungshilfe
im vergangenen Jahr leicht gestiegen, die meisten Länder sind
aber noch weit davon entfernt, ihre Verpflichtung zu erfüllen.
Bis zum Jahr 2015 sollten sie eigentlich 0,7 Prozent des
Bruttosozialprodukts für die Bekämpfung von Armut und
Unterentwicklung einsetzen.
Von den den 15 alten EU-Staaten werden bisher im Durchschnitt
0,36 Prozent aufgebracht - die neuen Beitrittsstaaten werden noch
nicht zu den Industrieländern gezählt. Damit nähern
sie sich ihrem für 2006 selbst gesteckten Etappenziel von 0,39
Prozent an. Auf der internationalen Ebene finden deshalb zur Zeit
zahlreiche Konferenzen statt, um in fünf Monaten konkrete
Maßnahmen präsentieren zu können.
Auch die EU-Kommission hat einen neuen Anlauf zu
größeren Leistungen im Bereich der Entwicklungshilfe
genommen. Vor dem Europäischen Parlament verlangte der
zuständige Kommissar Louis Michel, dass die 15
Industrie-Länder der Europäischen Union eine neue
Zwischenetappe beschließen und bis 2010 mindestens 0,51
Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe
einsetzen sollten. Nur so bestehe eine reale Chance, bis 2015 die
0,7 Prozent zu erreichen. Mit dem neuen Kommissionsvorschlag
würden die Gesamtausgaben, die zuletzt in der EU sogar
rückläufig waren, von 43 auf 78,6 Milliarden Dollar
deutlich erhöht. In der EU erfüllen bisher nur
Dänemark, Schweden, die Niederlande und Luxemburg - das
0,7-Prozent-Ziel. Unter ihnen rangiert Luxemburg 2004 mit 0,85
Prozent oder umgerechnet 241 Millionen Dollar an der Spitze.
Lediglich das Nicht-EU-Mitglied Norwegen gibt mit 0,87 Prozent
weltweit prozentual gesehen noch mehr Geld für die
Entwicklungshilfe aus. Schlusslichter sind mit 0,15 Prozent
Italien, die USA (0,16) und Japan (0,19). In absoluten Zahlen sind
die USA und Japan dennoch mit 19 und 8,9 Milliarden Dollar noch
immer die größten Geldgeber. Deutschland liegt mit 0,28
Prozent an zehnter Stelle in der EU.
In einer Entschließung hat das Parlament deshalb die stark
hinterherhinkenden Länder aufgefordert, sich mit einem klaren
Zeitplan zu ihrer Verantwortung zu bekennen. Zugleich erklärte
das Parlament die Auffassung für unrealistisch, dass die
Millenniumsziele zu erreichen seien, solange die
Entwicklungsländer vier mal mehr für ihre Schuldentilgung
ausgeben müssen als für grundlegende soziale
Dienstleistungen. Über einen Weg aus der Schuldenfalle
berieten am 17. April auch die Finanzminister der sieben
größten Industrieländer, um Beschlüsse für
den Gipfel der G-7 Länder im Juli vorzubereiten. Weitgehende
Einigkeit bestand darüber, den 38 ärmsten
Entwicklungsländern einen vollständigen Erlass ihrer
Schulden von rund 40 Milliarden Dollar zu gewähren.
Während sich die USA - abgesehen von bilateraler
Zusammenarbeit - darüber hinaus nicht weiter engagieren
wollen, halten die Industrieländer zur Erreichung der
Milleniumsziele zusätzliche Mittel von rund 60 Milliarden
für erforderlich. Die Einführung globaler Steuern zur
Aufstockung der Entwicklungshilfe lehnt Washington bisher weiter
ab. In der EU gibt es unterdessen Überlegungen, dafür
Steuern auf Kraftstoffe und Devisentransaktionen zu erheben.
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