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Volker Koop
Es gibt keinen Krieg der Generationen
Die Jungen ausgepresst von den Alten - und
umgekehrt?
Wer die Medien verfolgt, dem muss sich die
Befürchtung aufdrängen, in der Bundesrepublik gebe es
nicht nur einen Generationenkonflikt, sondern es stehe ein Krieg
der Generationen unmittelbar bevor. Kaum ist die Erinnerung an
einen Jung-Politiker verblasst, der älteren Menschen keine
Hüftoperationen gönnen wollte, da fordert ein anderer die
Alten in der Gesellschaft auf, "den Löffel abzugeben". Dazu
kommen immer mehr junge Menschen zu Wort, die sich dagegen wenden,
mit ihren Beiträgen die heutigen Renten zu finanzieren. Sie
übersehen dabei geflissentlich, dass die heutigen Rentner
jahrzehntelang selbst in die Versorgungssysteme einbezahlt haben
und ihre Alterseinkünfte keinesfalls "Almosen" der Jungen
sind.
Verfolgt man allein die vielfach zugespitzte
Berichterstattung in den Medien", so sagt die
SPD-Bundestagsabgeordnete Erika Lotz, "scheint die Spaltung der
Gesellschaft in Jüngere oder Ältere über kurz oder
lang bevorzustehen - die Jungen ausgepresst von egoistischen Alten
und umgekehrt". Aber einen Pessimismus, der dann angebracht
wäre, stimmte die Zustandbeschreibung, teilt die Sprecherin
der Arbeitsgruppe Gesundheit und Soziale Sicherung der
SPD-Bundestagsfraktion nicht. Denn mache man sich einmal die
Mühe, mit den Betroffenen zu reden, werde schnell deutlich,
dass diese plakativen Zuspitzungen kaum geteilt würden. Es sei
im Gegenteil erfreulich zu sehen, wie selbstverständlich zum
Beispiel von den Jüngeren der Wunsch der Älteren nach
einem funktionierendem, alle notwendigen Leistungen
gewährenden Gesundheitswesen geteilt werde. Auch eine
ausreichende Altersversorgung stehe keineswegs in Abrede. Was aber
nicht zu übersehen sei, sei die durchaus vorhandene
Verunsicherung über die zukünftige Entwicklung der
sozialen Sicherungssysteme. Hier hätten sich Politik und
Medien aber auch einmal selbst zu mäßigen. Zum Beispiel
sei der alleinige Hinweis auf einen dramatisch steigenden
Altersquotienten unredlich: "So hatten 1970 hundert
Erwerbstätige bereits für sechzig Junge und vierzig
ältere Personen zu sorgen. Im Jahr 2050 wird dieser Wert
voraussichtlich nur zwölf Prozent höher liegen, auch wenn
sich das Verhältnis von Jüngeren zu Älteren
verschiebt. Es heißt das Ganze zu sehen, auch wenn es nicht so
plakativ und verkaufsfördernd ist." Nur so lasse sich auch
vermeiden, dass übermäßige Profilierungs- oder
Profitinteressen das trotz aller Unkenrufende funktionierende
Gemein- und Sozialwesen gefährdeten.
Gesellschaft wird älter
Die anfangs erwähnten Aussagen von
Möchtegern-Politikern findet Andreas Storm schädlich und
im Tonfall unerträglich. Sie skizzierten ein Bild der
Auseinandersetzung zwischen den Generationen, das mit der
Wirklichkeit wenig gemein habe, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete,
der zugleich Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit und Soziale
Sicherung seiner Fraktion ist. Richtig sei, dass die Gesellschaft
älter werde. Im Jahr 2000 seien knapp 17 Prozent der Deutschen
älter als 65 Jahre gewesen, im Jahr 2040 würden es rund
31 Prozent sein. Umgekehrt gehe die Zahl der Erwerbstätigen
zurück: von rund 39 Millionen im Jahr 2002 auf etwa 36
Millionen 2040. Andreas Storm: "Immer mehr Rentner stehen immer
weniger Beitragszahlern gegenüber. Diese demographische
Entwicklung lässt sich nicht weg reformieren. Aufgabe der
Politik ist es, die zunehmenden Lasten der Alterssicherung fair auf
die Generationen zu verteilen." Die Jüngeren dürften
nicht durch zu hohe Beiträge überfordert werden, weil sie
finanzielle Spielräume für die erforderliche
eigenverantwortliche kapitalgedeckte Altersvorsorge brauchten.
Gleichzeitig dürften die Älteren nicht vollständig
von der Einkommensentwicklung der Aktiven abgekoppelt werden. Die
Sorgen von Rentnern und Beitragszahlern müssten ernst genommen
werden. Es dürfe kein Generationenkonflikt herbeigeredet
werden, mit dem man kurzfristig öffentliche Aufmerksamkeit
bekomme, aber nicht die langfristigen Finanzfragen löse, vor
denen die Alterssicherung in Deutschland stehe.
In der Beurteilung der Aussagen mancher
Nachwuchs-Zyniker unterscheidet sich der FDP-Bundestagsabgeordnete
Heinrich L. Kolb nicht von seinen Parlamentskollegen. Die
polemischen Äußerungen seien sicher nicht Ausdruck der
allgemeinen Stimmung unter den jungen Menschen, ist er
überzeugt. Dies zeige auch die scharfe Kritik, die gerade von
Jugendlichen daran geübt worden sei. Die große Mehrheit
der Jugendlichen wisse, was die ältere Generation geleistet
habe und was die jungen Menschen der so genannten
Nachkriegsgeneration zu verdanken hätten. Eine Spaltung der
Gesellschaft sei daher auch nicht zu befürchten. Der
Sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion spricht sich
dafür aus, die berechtigten Zukunftsängste der jungen
Generation ernst zu nehmen. Es sei eine Tatsache, dass gerade diese
Generation finanziellen Belastungen ausgesetzt sei und sein werde,
wie es noch keine Generation vor ihr je gewesen sei. Heinrich L.
Kolb: "Gleichzeitig war noch nie die Altersvorsorge einer ganzen
Generation so unsicher, wie es für diese zutrifft. Wir
müssen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen schaffen,
die es den jungen Menschen ermöglicht, im Rahmen einer
privaten, kapitalgedeckten Altersvorsorge auch ihren Lebensabend in
Sicherheit und Würde zu gestalten. Unabdingbar dafür sind
eine umfassende Steuerreform, stabile Beitragssätze und ein
sicherer Arbeitsplatz, der ihnen dazu die finanziellen Mittel zur
Verfügung stellt."
Auch die Bundestagsabgeordnete von
Bündnis 90/Die Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, sieht den
viel beschworenen "Krieg der Generationen" nicht und beruft sich
dabei auf eine repräsentative Umfrage des Bundesverbandes
Deutscher Banken, wonach zwei Drittel der Befragten das
Verhältnis zwischen Jung und Alt mit gut bewerten. Sogar
diejenigen, die in der Alterung der Gesellschaft ein großes
Problem sähen, charakterisierten das Klima zwischen den
Generationen mehrheitlich positiv. Dennoch seien die
polarisierenden Stimmen Signale, die gerade die Politik nicht
überhören dürfe. Irmingard Schewe-Gerigk: "Solch
enorme Veränderungen im Altersaufbau einer Gesellschaft wie
sie zu erwarten sind, machen offensichtlich Angst. Noch nie hat es
eine Gesellschaft mit so wenig jungen und so vielen alten Menschen
gegeben. Das sind enorme Herausforderungen nicht nur für die
Politik, sondern auch für die Einzelnen." Erhalt der sozialen
Sicherungssysteme und Demokratie seien da nur zwei Stichworte, sagt
die altenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion und fährt fort:
"Wir können es uns aber auch nicht länger leisten, auf
die Potentiale der Älteren zu verzichten. Darum gehen die
Bündnisgrünen diese Herausforderungen aktiv an und
erarbeiten derzeit Antworten auf den demografischen Wandel, damit
der ?Krieg der Generationen' eben nicht stattfindet." Dabei komme
der Generationengerechtigkeit eine herausragende Rolle zu. Der
Slogan: "Wir haben diese Welt nur von unseren Kindern geborgt",
gelte nicht nur für einen schonenden Umgang mit der Umwelt,
sondern auch für einen verantwortlichen Umgang mit den
Finanzen.
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