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Ines Gollnick
Der Analytiker: Andreas Storm
Parlamentarisches Profil
Wer möchte bestreiten, dass es eine Herausforderung ist,
die deutschen sozialen Sicherungssysteme zu verstehen und vor allem
zu reformieren. Der Unionsabgeordnete Andreas Storm ist einer, der
sie verstehen muss und erklären kann, weil er Kompliziertes
auch gut in allgemeinverständliche Sätze gießt. Vor
allem aber möchte er ihre Reformen in diesem Jahrzehnt
tatkräftig voranbringen. Als sozialpolitischer Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat er seit 2002 den entsprechenden
Einfluss, aber auch das Knowhow, denn fundiert zu argumentieren,
ist Storm ganz wichtig. Kollegen, nicht nur aus der eigenen
Fraktion, wissen darum.
Andreas..., wer? Diese kürzeste aller Fragen, die fast zum
geflügelten Wort mutiert ist, könnte einem auf der Zunge
liegen, will man sich dem eher zurückhaltenden Politiker aus
Hessen annähern. Aber das wäre wohl nicht gerechtfertigt.
Denn Storm, studierter Volkswirt, ist mit 40 Jahren im Deutschen
Bundestag sozusagen ein "alter Hase". Im Alter von 30 Jahren
kandidierte er 1994 für die CDU zum ersten Mal und gewann das
Direktmand in Darmstadt. Er arbeitete in der Rentenkommission von
Norbert Blüm mit, als es unter anderem um die Einführung
des demografischen Faktors ging. Schritt für Schritt ging es
voran. Der Mann im immer geschniegelten Outfit beackert nicht nur
dieses schwierige, aber für alle Menschen so wichtige
Politikfeld, sondern sitzt seit 2002 auch im Fraktionsvorstand der
Bundestagsfraktion. Außerdem hat er ein Mandat im Kreistag des
Landkreises Darmstadt-Dieburg, um kommunal Einfluss zu nehmen. Er
ist ein ruhiger Vertreter seiner Zunft, das Poltern, vor allem das
mediale, gehört nicht zu seinem Politikstil. Gut zuhören,
dann analysieren. Mit dieser Vorgehensweise ist er weit gekommen.
"Nachdenken, zuhören, entscheiden!" lautet sein Leitmotiv.
Durch die Mitarbeit in der Enquete-Kommission "Demografischer
Wandel", die er auch als stellvertretender Vorsitzender leitete,
wurde Storm zum Sozialexperten. "Die Mitarbeit war deshalb
bedeutsam, weil in dieser Enquete-Kommission, zusammengesetzt aus
Politikern und Wissenschaftlern, vor allem auch der Bereich
Gesundheit und soziale Sicherung im Querschnitt betrachtet worden
ist. Es bot sich die Gelegenheit, fernab vom tagespolitischen
Druck, und das war immer ein immenser Vorteil, die einzelnen
Verästelungen und tiefer liegenden Auswirkungen des
demografischen Wandels intensiv zu erörtern und nach zwei
Jahren erfolgreicher Arbeit wohl abgewogene Lösungen zu
präsentieren. Die Arbeit hat meinen Blick ungemein geweitet
und ich möchte diese Arbeit rückblickend nicht missen",
so der Hesse gegenüber "Das Parlament".
Etwas zum Positiven bewegen und andere überzeugen, daran
liegt dem Abgeordneten viel. In Sachen Rente und Gesundheit bleibt
da noch einiges für ihn zu tun. Wenn das Bohren dicker Bretter
für ihn immer wieder eine Herausforderung ist, wie er sagt,
scheint er im richtigen Politikfeld unterwegs zu sein. Für die
Sorgen der Rentner und Rentnerinnen hat Storm sehr großes
Verständnis. Das macht er auch am Infomobil des Deutschen
Bundestages deutlich, das gerade in seinem Wahlkreis Station
machte. "Die aktuellen Kürzungen, von denen sie betroffen
sind, machen deutlich, dass mit der Riester-Rentenreform 2001 und
der im Frühjahr 2004 verabschiedeten Rentenreform von Ulla
Schmidt das grundlegende Ziel einer nachhaltigen Reform der
Alterssicherung, nämlich die Lasten der Alterung fair auf
Rentner und Beitragszahler zu verteilen und gleichzeitig die
Beitragssätze zu stabilisieren, nicht erreicht wird."
Und wie denkt Storm heute über den Slogan der
Blüm-Kampagne "Die Rente ist sicher"? Damit sei immer gemeint
gewesen, dass sich die zentralen Elemente der einkommensbezogenen,
paritätisch im Umlageverfahren finanzierten gesetzlichen
Rentenversicherung bewährt haben. Reformbedarf am System sei
aber zu keiner Zeit bestritten worden. Für den
Oppositionspolitiker ist der größte Fehler, dass
unmittelbar nach dem Regierungswechsel 1998 der demographische
Faktor wieder aus der Rentenformel herausgenommen worden sei. Mit
diesem Faktor sollte die steigende Lebenserwartung gerecht auf
Rentner und Beitragszahler verteilt werden. Für den
Sozialpolitiker geht es heute darum, eine neue Gewichtung von
Umlage finanzierter gesetzlicher Rente und Kapital gedeckter
privater und betrieblicher Altersvorsorge zu finden und dies
möglichst schnell und flächendeckend. "Deshalb brauchen
wir sehr rasch neue Modelle, die von den Menschen besser angenommen
werden als die Riester-Rente."
41 Jahre alt und davon 11 Jahre im Deutschen Bundestag, da hat
Politik nicht nur einen hohen Stellenwert für Storm, sie habe
ihn geprägt, sagt er. Und auch so manche Erfahrung, hätte
er woanders wohl nicht gemacht. Vor seinem Einstieg in die
Bundespolitik war Storm vier Jahre Referent in der
Grundsatzabteilung des Bundeswirtschaftsministeriums, also in der
Exekutive. "Es ist ausgesprochen schwierig, die unterschiedlichen
Interessen bei politischen Entscheidungsprozessen angemessen zu
berücksichtigen. Politische Entscheidungsprozesse dauern in
der Regel wesentlich länger als in der Wirtschaft. Daher ist
es um so wichtiger, nicht die Geduld zu verlieren." Und was meint
Storm sonst noch über Storm, geht es um Stärken und
Schwächen: "Mein unaufgeräumter Schreibtisch ist schon
ein Schwachpunkt, auf den mich meine Mitarbeiter auch gerne
hinweisen. Mein Zeitgefühl könnte etwas ausgeprägter
sein, damit ich nicht zu gehetzt zu meinen Terminen erscheine. Zu
meinen Stärken zähle ich meine Fähigkeit zur
Selbstkritik, eigene Positionen immer wieder zu
überprüfen und an neue Aufgaben anzupassen. Ich bin
offen, kontaktfreudig, ruhig und nicht leicht aus der Fassung zu
bringen." Dieses In-Sich-Ruhen bei einem Politiker will manchmal so
gar nicht in die Zeit passen, wo gerade die elektronischen Medien
vor allem Ausschau nach dem extrovertierten Draufgängertyp
halten. Aber das ficht Storm nicht an: "Vertrauen in die Politik
heißt auch, dass man sich mit den Themen intensiv
auseinandersetzt, zuhören kann und bereit ist, die Argumente
der anderen Seite zu überprüfen. Dabei ist mir wichtig,
dass man einen Kompass und klare Grundsätze besitzt."
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