Dirk Klose
Eine politische Angelegenheit
Bayern erinnert an den Augsburger
Religionsfrieden von 1555
Bis heute stehen das schwäbische Augsburg und das
fränkische Nürnberg zur Landeshauptstadt München in
einer gewissen Konkurrenz - nicht nur politisch und wirtschaftlich,
sondern auch mental: Beide Städte sind durch Jahrhunderte
hinweg protestantische Gegenpole zum katholischen München
gewesen. Beide Städte waren Zentren der Reformation in der
frühen Neuzeit; sie waren auch die Orte, an denen um einen
Ausgleich der religiösen Gegensätze gerungen wurde, die
damals mehr und mehr die Fundamente des Heiligen Römischen
Reiches erschütterten.
Der Augsburger Religionsfrieden ist in die Geschichte
eingegangen als Beispiel für religiöse Toleranz zwischen
Protestanten und Katholiken. Er wurde am 25. September 1555 in der
Fuggerstadt geschlossen. Gegenwärtig erinnert eine ebenso
informationsreiche wie prächtige - noch bis zum 16. Oktober
dauernde - Ausstellung im Augsburger Maximilianeum an das damalige
Ereignis.
Nur ein Etappensieg
Der Augsburger Religionsfrieden sollte den inneren Frieden im
Reich wiederherstellen, nachdem es Kaiser Karl V. letztlich nicht
gelungen war, die Lutheraner mit militärischer Gewalt
niederzuzwingen. Weder die Ächtung Martin Luthers noch die
militärischen Siege über die im Schmalkaldischen Bund
zusammengeschlossenen protestantischen Fürsten konnten den
Siegeszug der neuen Lehre aufhalten. Noch bevor sich die
katholische Kirche grundlegend reformierte, schien es notwendig,
auf politischem Weg einen Konsens zu finden.
Der Augsburger Religionsfrieden ist Ausdruck dieses Willens.
Historiker sehen in ihm eines der ersten und wichtigsten
Verfassungsdenkmale in Deutschland. Die Augsburger Ausstellung
stellt denn auch sehr stark darauf ab und betont die Bedeutung des
inneren Friedens in einer Zeit der politischen und religiösen
Umbrüche. Die Augsburger Ausstellung zeigt aber auch, dass der
Kompromiss von 1555 letztlich nur eine Zwischenstufe war: Er
besänftigte nur kurz die tiefen Gegensätze zwischen den
Religionen; schon Ende des 16. Jahrhunderts flammten die
Aggressionen wieder auf und kumulierten schließlich im
Dreißigjährigen Krieg, der nach damaligen
Maßstäben durchaus ein Weltkrieg war und erst im zweiten
Religionsfrieden, dem Westfälischen Frieden von 1648, ein Ende
fand.
Auf der Ausstellungseröffnung betonte
Landtagspräsident Alois Glück (CSU) den Gegenwartsbezug
der Ausstellung. Der Ausstellungskatalog (Verlag Schnell &
Steiner, Regensburg, 39,90 Euro) mit dem Motto "Religionsfrieden
ist keine geistliche, sondern eine politische und weltliche
Angelegenheit" ist ein überreiches, fast zu opulentes
Geschichtsbuch zu Krieg und Frieden, zu Wirtschaft und Kultur im
Deutschland des 16. und 17. Jahrhundert. Seltene Leihgaben aus
europäischen und amerikanischen Museen sind ausgestellt;
Augsburg selbst ist mit prächtigen Beispielen seiner
großen Goldschmiedekunst vertreten.
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