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Alexander Weinlein
Aufgekehrt...
Eigentlich war es ja der große Tag des Vertrau.... äh,
nein, Verzeihung, des Misstrauens. Oder doch des Vertrauens? Wie
auch immer: Korrekt ausgedrückt muss es heißen, dass die
Mehrheit der Bundestagsabgeordneten nicht bereit war, Bundeskanzler
Gerhard Schröder das Vertrauen auszusprechen. Ist ja auch
nicht so ganz einfach, eine Formulierung zu finden, die
verfassungsrechtlichen Bestand hat, sprich vor den gestrengen Augen
des Bundespräsidenten, gegebenenfalls des
Bundesverfassungsgerichtes und auch vor denen des Souveräns -
umgangssprachlich: Volk, politisch: Wähler - Gnade findet.
Deswegen waren auch alle Redner in der historischen Debatte am
vergangenen Freitag mehr oder weniger erfolgreich bemüht, die
richtigen Worte zu finden. Doch wie es nun einmal so ist, wenn man
sich so sehr darauf konzentriert, keinen Fehler zu machen - genau
dann geht es eben doch schief. So zum Beispiel bei Angela Merkel,
die als frisch gekürte Kanzlerkandidatin von CDU und CSU, nach
dem um Misstrau... äh, Verzeihung, um Vertrauen bittenden
Kanzler ans Rednerpult trat. Kaum hatte sie mit ihrer Rede
begonnen, da bescheinigte sie der rot-grünen Bundesregierung
genau jene Eigenschaft, die Gerhard Schröder wenige Minuten
zuvor noch so vehement bestritten hatte: Handlungsfähigkeit!
Und damit sprach sie unfreiwilig so manchem Sozialdemokraten und
Grünen aus der Seele.
Doch damit nicht genug, die Oppositionsführerin
vergaloppierte sich gleich noch einmal und ließ die Republik
wissen, wer nach den angestrebten Neuwahlen im September regieren
soll: "Rot-Grün kann unser Land nicht mehr regieren, die PDS
darf unser Land nicht regieren, CDU/CSU mit der SPD ..."
Dieses ungewollte Koalitionsangebot wollte denn auch SPD-Chef
Franz Müntefering so nicht schwarz auf weiß gedruckt
sehen und forderte Merkel auf, beim Gegenlesen des
Bundestagsprotokolls den Versprecher zu korrigieren: "Das
vermasselt mir sonst den ganzen Wahlkampf." Irgendwie tat es ja
doch allen Beteiligten ganz gut, dass die ansonsten so ernste und
angespannte Situation im Plenarsaal durch das quittierende
Gelächter der Abgeordneten entspannt wurde.
Mehr als ein Rätsel gab hingegen die Ausführung von
Franz Müntefering zum Verhältnis von Vertrauen und
Misstrauen auf, die nicht wirklich zum Abstimmungsverhalten der
Koalition passen wollte: Eigentlich genieße der Kanzler ja das
Vertrauen der Mehrheit im Hohen Hause. Wer dies nicht glaube,
könne ja einen konstruktiven Misstrauensantrag stellen, sprich
noch in der Sitzung gegen Schröder als Kanzler kandidieren. Da
dieser Aufforderung aber niemand Folge leisten wollte, lässt
sich die Behauptung des SPD-Vorsitzenden weder beweisen noch
widerlegen. Wir werden ihm da also einfach mal vertrauen
müssen. Und Vertrauen ist schließlich der Anfang von
Allem.
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