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Ines Gollnick
Der Verbindliche: Eckhart von Klaeden
Parlamentarisches Profil
Was musste er in diesem Jahr nicht alles über sich lesen:
"Chefankläger", "Chefjäger", das "Schwert" des
Untersuchungsausschusses. Manche hin und wieder auch martialisch
klingende Vokabel steigert den Aufmerksamkeitsgrad für das
publizistische Medium und damit in diesem Fall für den
Untersuchungsausschuss, ein Instrument zur parlamentarischen
Kontrolle der Regierung. Doch der Unionsabgeordnete Eckart von
Klaeden, Obmann im so genannten "Visa-Ausschuss", kann mit diesen
Begriffen wenig anfangen, fühlt sich damit nicht treffend
beschrieben. Sein Selbstverständnis klingt viel
nüchterner und unaufgeregter: "Der Untersuchungsausschuss gibt
die Möglichkeit, der Regierung auf den Zahn zu fühlen und
einen Sachverhalt zu klären, der sonst nicht in die
Öffentlichkeit käme", so der Rechtsanwalt. "Zweck eines
Untersuchungsausschusses ist es zudem, aus den Fehlern zu lernen
und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht wiederholen. Ein
Untersuchungsausschuss ist nur dann erfolgreich, wenn man nicht
versucht, der Regierung in jedem Fall eins auszuwischen", so die
Meinung von Klaedens im Interview mit "Das Parlament". Ihm war und
ist es wichtig, ganz nah an der Sache zu arbeiten. "Und wenn die
öffentliche Aufmerksamkeit für den
Untersuchungsgegenstand nicht mehr so stark ist, dann hilft es der
Sache auch nicht, möglichst viel Rabatz zu machen, um das
öffentliche Interesse wieder auf den Ausschuss zu ziehen."
Von Klaeden ist ein ruhiger Zeitgenosse ohne Allüren,
verbindlich im Umgang. Seit 1994 sitzt er im Deutschen Bundestag
und kennt die Spielregeln. Der 39-Jährige war ordentliches
Mitglied im Petitionsausschuss, im Rechtsausschuss und in der
Enquete-Kommission "Sekten und Psychogruppen". 2000 wurde von
Klaeden einer von drei Parlamentarischen
Geschäftsführern. Seit der Bundestagswahl 2002 ist er
Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung sowie
Mitglied im Ältestenrat. Natürlich war der Erlass zur
Visapraxis mit der Ukraine mit seinen weitreichenden Folgen
für den Oppositionspolitiker eine Herausforderung - nicht nur
aus parteipolitischer Sicht. Von Klaeden stellte parlamentarische
Anfragen nach der Verurteilung eines deutsch- ukrainischen
Schleusers. Sie haben den Untersuchungsausschuss entscheidend mit
auf die Schiene gebracht.
Der Abgeordnete, der sich im Kino gerne Thriller ansieht - wegen
des Nervenkitzels -, kann sich über mangelnde Spannung im
eigenen politischen Geschäft wirklich nicht beklagen. Man muss
nämlich wissen, dass ein Untersuchungsausschuss durchaus nach
besonderen Regeln arbeitet. Dort gilt die Strafprozessordnung. "Die
Anforderung an die Wahrheit und die Richtigkeit der Aussagen ist
höher. Man kann wesentlich präziser arbeiten. Die
Regierung muss mehr Wert darauf legen, was sie dem Parlament
mitteilt. Darin liegt ein besonderer Reiz", so der Jurist.
Ruhe bewahren, Sachverhalte durch eine gute Analyse schnell
begreifen, sich um gut abgewogene Urteile bemühen: Mit diesem
Mix aus Stärken ist von Klaeden gut gefahren. Wenn jemand
jünger wirkt, als er ist - das trifft wohl auch auf den
gebürtigen Hannoveraner mit Hildesheimer Wahlkreis zu - dann
wird er schnell unterschätzt. Doch anfänglichen
Skeptikern dürfte von Klaeden mittlerweile bewiesen haben, was
in ihm steckt. Sich selbst natürlich ebenso. Dass die von der
Mehrheit im Untersuchungsausschuss beschlossene Aussetzung der
Zeugenvernehmung vom Bundesverfassungsgericht widerrufen wurde,
weil CDU und FPD einen Eilantrag gestellt hatten, war nur einer der
Höhepunkte der Auseinandersetzung. Und ein letzter großer
Höhepunkt steht in den nächsten Tagen an.
Bundesinnenminiser Otto Schily wird vor dem Gremium und vor
laufenden Kameras aussagen. Da ist der ruhige, verbindliche
Politiker noch einmal gefordert, denn sein Gegenüber sei
schließlich "mit allen Wassern gewaschen". Dass dann auch
erneut der Stratege im Bundestagsabgeordneten gefragt ist, liegt
nahe. Auch hier hat von Klaeden eine feste Position: "Man muss das
mit strategischem Verstand machen und darf nicht
übertaktieren. Zu einer guten Strategie gehört einfach,
dass die einzelnen Schritte sachlich begründet und
nachvollziehbar sind."
Obwohl von Klaeden schon über zehn Jahre im Bundestag
sitzt, gibt es für ihn immer noch jeden Tag etwas Neues zu
entdecken. Zurzeit ist Politik sein Beruf. Und er will sich auch
erneut bewerben, sollte es zu Neuwahlen kommen. Wenn er auch die
tägliche Arbeit in seinem zivilen Beruf als Rechtsanwalt ein
wenig vermisst, so schätzt er die enorme Freiheit in der
Gestaltung des Mandats. "Wenn man umfassend am Menschen
interessiert ist, dann ist Politik ein Beruf, der einem so viele
Begegnungen mit so unterschiedlichen Menschen ermöglicht, wie
es in keinem anderen Beruf der Fall ist", meint der Parlamentarier.
Jeden Tag könne die Situation eine neue sein und sich
Konstellationen blitzschnell ändern. "Wer an so etwas Freude
hat, ist in der Politik gut aufgehoben." Kopf und Herz - so
pathetisch sich dieses Doppel anhören mag - scheinen bei von
Klaeden gleichermaßen ausgeprägt. Jedenfalls bemüht
er sich, seine Bereitschaft zur Empathie, zur Einfühlsamkeit,
zu bewahren, sagt er. Sich in andere hineinzuversetzen und daraus
dann Konsequenzen zu ziehen, ist ihm wichtig. Seine
größere Bekanntheit bedeutet ihm laut eigenem Bekunden
nichts: "Natürlich ist sie hilfreich, weil in meinem Wahlkreis
deutlich wird, was ich in Berlin mache. Und natürlich freue
ich mich über eine gelungene Darstellung meiner Person in der
Öffentlichkeit. Ich mache die Arbeit aber nicht um der
Selbstdarstellung willen." Von Klaeden ist kein Mann für den
großen Auftritt. Die Bühne überlässt er lieber
dem politischen Erfolg.
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