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Alexander Weinlein
Aufgekehrt ...
Diesen Sieg kann ihm wohl niemand mehr nehmen. Alle
Herausforderer hat er hinter sich gelassen. Die Rede ist von
Jörg Tauss, Bundestagsabgeordneter der SPD. Und die Disziplin,
in der er seinen beeindruckenden Sieg errungen hat, nennt sich
"Zwischenrufen". Mit "Zwischenrufen" sind jene mehr oder weniger
intelligenten, informativen, humorvollen verbalen Einlassungen
gemeint, wenn am Rednerpult des Bundestages eigentlich ein anderer
Parlamentarier oder andere Parlamentarierin das Wort hat.
Nachzulesen und auszuzählen sind diese Zwischenrufe im
Plenarprotokoll des Bundestages. Dort finden sich alle Reden der
Abgeordneten vor dem Hohen Haus, nebst den dazugehörigen
Beifalls- oder Unmutsbekundungen aus dem Plenum und eben jenen
Zwischenrufen wieder - fein säuberlich aufgezeichnet vom
Stenografischen Dienst.
Rund zwei Wochen nachdem die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten
am 1. Juli Bundeskanzler Gerhard Schröder
wunschgemäß das Vertrauen verweigert hat,
präsentierte die Satire-Zeitschrift "Helgoländer-Vorbote"
ihren Lesern das Ergebnis ihrer Auszählung aller Zwischenrufe,
die in den 185 Sitzungen der 15. Legislaturperiode die Ohren ihrer
Hörer erfreuten oder erzürnten - 57.854 waren es
insgesamt. Und davon gehen allein stolze 2.736 auf das Konto von
Jörg Tauss. Der 52-jährige Baden-Württemberger ist
ganz offensichtlich ein kommunikativer Mensch - wahrscheinlich hat
ihn deswegen seine Fraktion auch zum Medienbeauftragten
gemacht.
Wie hoch der Sieg des Sozialdemokraten einzuschätzen ist,
zeigt ein Blick auf die Tabelle: sein Fraktionskollege Wilhelm
Schmidt auf Platz zwei kann lediglich 1.734 Zwischenrufe vorweisen
und der Unionsabgeordnete Steffen Kampeter auf Platz drei nur
1.709. Nun werden sich die Abgeordneten Anfang September
voraussichtlich zwar noch einmal zu einer Sitzung des Bundestages
versammeln, aber dieser Vorsprung ist selbst unter
übermenschlichen Anstrengungen nicht mehr einzuholen. Spannend
könnte es im Wettstreit um den Titel des Parlamentarischen
Zwischenrufer-Königs nur dann werden, wenn das
Bundesverfassungsgericht die Auflösung des Bundestages
für verfassungswidrig erklären würde. Ansonsten kann
Tauss schon einmal den Champagner kühlen, um am Tag der
Konstituierung des 16. Bundestages - bis dahin läuft laut
Grundgesetz die 15. Legislaturperiode - auf seinen dann auch
verfassungsrechtlich einwandfreien Sieg anzustoßen.
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