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K.Rüdiger Durth
"Wertefach" überlagert Schulpolitik
Berlin
Schulsenator Klaus Böger (SPD) hat im rot-roten Senat des
Landes Berlin einen schweren Stand: zum einen muss er um jeden Euro
mit seinem Finanzkollegen Thilo Sarrazin (SPD) kämpfen, zum
anderen kann er sich in der Frage eines alternativen Pflichtfaches
Religion oder Ethik in der eigenen Partei nicht durchsetzen. Nun
hat der Landesparteitag der SPD mit großer Mehrheit
entschieden, ab dem Schuljahr 2006/07 und ab der siebten Klasse
einen für alle Schüler verpflichtenden Werteunterricht
einzuführen. Die Kirchen laufen gegen diesen Plan Sturm, da
sie wie der Schulsenator ein alternatives Wahlpflichtfach Religion
oder Ethik fordern - Berlin ist von der Verpflichtung befreit,
Religionsunterricht in allen allgemeinbildenden Schulen zu
erteilen. Die Mehrheit der SPD, aber auch der PDS, will einen
für alle Schüler verbindlichen Werteunterricht.
Die Kirchen wie auch die Jüdische Gemeinde sowie die
Islamische Föderation können wie bislang einen
freiwilligen Religionsunterricht anbieten. Allerdings fürchten
sie eine Überforderung der Schüler, wenn zur Wertekunde
zusätzlich Religionsunterricht erteilt wird. Zumal sich das
Land Berlin auf das Abitur nach zwölf Schuljahren einstellt.
Das bedeutet, dass auf die Schüler ab dem fünften
Schuljahr ohnehin mehr Unterricht zukommt.
Neu ist in Berlin, dass ab dem Schuljahr 2005/06 bereits
Fünfeinhalbjährige eingeschult werden können.
Außerdem müssen die einzuschulenden Kinder nachweisen,
dass sie über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen.
Dies ist nicht nur auf den hohen Ausanländerteil in
zahlreichen Stadtbezirken wie Neukölln,
Kreuzberg-Friedrichshain oder Mitte zurückzuführen,
sondern auch auf einen hohen Anteil von Kindern aus sozial
schwachen Schichten. Wer nicht genügend Sprachkenntnisse hat,
erhält bereits vor der Einschulung einen speziellen
Unterricht. Überhaupt sollen die Kinder im Vorschulalter
erheblich besser als bislang gefördert werden, zumal die
Versorgung mit Kindertagesplätzen in Berlin als sehr gut gilt.
Dadurch soll auch die Integration der ausländischen, vor allem
türkischen Kinder verbessert werden. Nach wie vor schafft nur
ein geringer Teil der türkischen Kinder das Abitur, ein sehr
hoher Teil verlässt die Hauptschule ohne Abschlusszeugnis.
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