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Marco Heinen
Neue Wege in der Lehrerausbildung
Föderale Unterschiede sind nach wie vor
groß
Neue Wege bei der Lehrerbildung zu beschreiten, das scheint
spätestens seit dem OECD-Deutschlandbericht über
"Anwerbung, berufliche Entwicklung und Verbleib von qualifizierten
Lehrerinnen und Lehrern" unumgänglich. Die Lehrer wissen zwar
viel, aber sie können es ihren Schülern nicht vermitteln,
wusste man schon nach dem ersten PISA-Test. Die föderalen
Unterschiede in der Lehrerausbildung sind nach wie vor groß,
und die Reformen lassen in einigen Ländern auf sich warten.
Längst nicht alle wollen beispielsweise Bachelor- und
Masterabschlüsse einführen. Geeinigt hat man sich
innerhalb der Kultusministerkonferenz aber immerhin auf Standards
für die Lehrerbildung. Was sich landauf, landab bislang getan
hat, zeigen ein paar Beispiele.
In Hamburg wurde bereits 2001 eine Reform angestoßen. Vor
allem inhaltlich habe man "einiges auf dem Weg gebracht", so der
für die - noch nicht beendete - Reform der Lehrerbildung
zuständige Mitarbeiter vom Landesinstitut für
Lehrerbildung und Schulentwicklung, Aart Pabst. Mit Lernmodulen und
Kerncurricula zielt man an der Elbe auf eine engere Verzahnung von
Studium und nunmehr 18 Monate dauernden Vorbereitungsdienst ab.
Themen wie "Neue Medien", "Umgang mit kultureller und sozialer
Heterogenität" und "Schulentwicklung" sind zu wichtigen Themen
der Ausbildung geworden.
Mit der im Dezember 2003 verabschiedeten Novelle des
Lehrerbildungsgesetzes war Berlin ganz vorne mit dabei, die
rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung von
Bachelor- und Masterabschlüssen zu schaffen. Diese sind
für die Studienanfänger seit dem Wintersemester 2004/05
verbindlich, wobei die Masterabschlüsse noch nicht fertig
konzipiert sind, wie es aus der Senatsverwaltung heißt.
Vorgesehen ist eine Erprobungsphase bis 2013. Das gestufte
lehramtsbezogene Studium setzt sich an der Spree aus Modulen und
Leistungspunkten zusammen. Um Lehrer zu werden, braucht es in der
Hauptstadt einen lehramtsbezogenen Master-Abschluss in mindestens
zwei Fächern. Für eine einfache Lehrerlaufbahn sind vier
Jahre Studium, für eine Studienratlaufbahn sind fünf
Jahre vorgesehen. Inhaltlich wurden die Berufswissenschaften
gestärkt, und künftig wird ein höheres Gewicht auf
die praktischen Kompetenzen statt auf das abfragbare Wissen der
Berufseinsteiger gelegt.
"Durch weitgehende Übernahme der Studienreform im
Bundesland Brandenburg ist sichergestellt, dass sich in beiden
Bundesländern in der Lehrerausbildung eine parallele
Entwicklung vollzieht", heißt es auf der Internetseite
für die künftigen Lehramtskandidaten. So viel Einigkeit
ist im Bund allerdings nicht zu erwarten. In Rheinland-Pfalz haben
die Universitäten Mainz, Koblenz-Landau, Trier und die
Technische Universität Kaiserslautern den ersten großen
Reformschritt im Februar gemacht: Es wurden so genannte Zentren
für Lehrerbildung gegründet, die als Schnittstelle
zwischen Universität, Studienseminaren und Schulen dienen
sollen. Beteiligt sind Wissenschaftler, Studierende sowie Vertreter
der Studienseminare und der Prüfungsämter.
Praxis vom ersten Tag an
"Praxis vom ersten Tag an" verspricht sich der
rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen E.
Zöllner (SPD) von der Reform, zu der auch die geplante
Einführung des neuen Ausbildungsbereichs
"Bildungswissenschaften" gehört. Von Beginn an soll den
Lehramtskandidaten die Chance zur Überprüfung
eröffnet werden, ob sie auch anwenden können, was sie
gelernt haben. Per Gesetz beschlossene Sache ist außerdem die
Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. "Wir
wollen nicht, dass sich die Lehrerbildung abkoppelt von der
Gesamtentwicklung im Hochschulsystem", begründet Zöllners
Amts- und Parteikollegin aus dem Bildungsministerium, Doris Ahnen,
diesen Schritt. Die Stärkung der bildungswissenschaftlichen
Kompetenz erachtet sie als "dringend notwendig". Von
Rückmeldungen aus ihrer Lehrerschaft weiß sie, dass sich
eigentlich niemand über die wissenschaftliche Qualifikation
beschwert hat. Aber Lernen im Beruf bereite den Lehrern Sorge, sagt
Ahnen.
Beispiel Hessen: Hier bleibt es nach der Anfang des Jahres in
Kraft getretenen Gesetzesänderung zwar bei den zwei Phasen aus
Studium und Referendariat. Aber auch Kultusministerin Karin Wolff
(CDU) will mit Modulen das Studium inhaltlich und organisatorisch
umkrempeln, mit dem Ziel, die Vergleichbarkeit, Gleichwertigkeit
und Überprüfbarkeit der Studiengänge
sicherzustellen. Am Ende eines jeden Moduls, das Fachwissenschaft,
Didaktik und Erziehungswissenschaft kombiniert, gibt es dann Noten
und Leistungspunkte, mit denen man sich bis spätestens zum
Ende des vierten Semesters zur - ebenfalls neuen -
Zwischenprüfung anmelden muss. Grundschullehrer müssen in
Hessen außerdem neuerdings Deutsch und Mathematik als
Hauptfächer belegen sowie eine musisch-kreative
Grundausbildung absolvieren. Ferner sollen mehr Praktika und
sofortiger Praxisbezug den Studierenden bei der Orientierung
helfen. Gemeint ist, ihren Willen zum Dasein als Grundschullehrer
so schnell wie möglich auf die Probe zu stellen. Da der Zwang
zum lebenslangen Lernen eben auch für Lehrer gilt, müssen
sie ihre Fortbildungen jetzt nachweisen, sich gegenüber der
Schulleitung rechtfertigen - und zur Not in ihrer Freizeit
nachsitzen. Mal abgesehen davon, dass sonst das Erreichen der
nächsten Dienstaltersstufe gebremst werden könnte.
Der Autor ist Redakteur bei der Tageszeitung "Die Rheinpfalz",
Ludwigshafen.
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