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Stephanie Holzmeier
Aus kleinen Forschern könnten große
Wissenschaftler werden
Ein Besuch im "Kinderreich" in
München
Hier ist es laut. Richtig laut. Am liebsten würde man sich
die Ohren zuhalten. "Geht's nicht auch ein bisschen leiser?", fragt
ein Vater. Typisch Erwachsener halt. Die Antwort kommt
unvermittelt: "Nein!" Julia (4), Sarah (6) und ihre Freundin Carina
(7) schlagen mit ihren Sticks wild auf verschiedene Trommeln ein.
Sie haben richtig Spaß am Krachmachen. Doch sie verursachen
nicht nur einen Höllenlärm, sie lernen dabei auch
spielend: "Hey cool", unterbricht Sarah plötzlich ihre
Freundin. "Leg' mal deine Hand auf die Trommel, während ich
drauf schlage. Das kitzelt." Sarah hat den Schall erfahren. Hinter
ihr, an der Wand hängt die wissenschaftliche Erklärung
für ihre Entdeckung: "Schlägt man auf einen Gegenstand,
so schwingt er leicht..." Weil auch Eltern nicht immer alles
wissen, gibt es in jedem der acht Wissensbereiche kurze Hinweise
zum Nachlesen.
Seit Februar 2003 ist das 1.300 Quadratmeter große
Kinderreich im Keller des Deutschen Museums in München - einem
der weltweit größten Technikmuseen - untergebracht. Hier
können Buben und Mädchen zwischen drei und acht Jahren
die Welt erforschen. "Wir wollen Kinder dazu anregen, die Welt auf
eigene Weise zu erkunden. Der Spaß am Denken ist der
Schlüssel zur Innovation", erklärte Generaldirektor Wolf
Peter Fehlhammer bei der Eröffnung die Zielsetzung. "Denn nur
so werden aus kleinen Forschern große Wissenschaftler."
Jährlich kommen rund 700.000 Kinder mit ihren Eltern hierher,
in Spitzenzeiten sind es bis zu 65.000 Besucher pro Monat.
Julia, Sarah und Carina verlassen den drei mal drei Meter
großen Raumwürfel, den Klangbereich. Das kühle Nass
zieht sie magisch an. Ein Wasserfall eröffnet die lange
Straße mit Kanälen, Wasserrädern, Schrauben und der
großen Schleuse. Ein gewagter Sprung - und die drei
Mädchen spielen mit dem Wasserkanal. Julia geht das Schleusen
nicht schnell genug. Flugs greift sie nach einem Schiffchen und
hebt es in das tiefere Bassin, bevor es Sarah und Carina gelingt,
die Schleusentore zu öffnen. "Passt auf, dass ihr ruch nicht
nass macht", ruft im Hintergrund die Mutter. In diesem Fall
unbegründet, die Mädchen sind vorsichtig. Sollte doch mal
ein Kind ins Wasser fallen: "Für den Notfall haben wir einen
Trockner und Wechselwäsche", besagt ein Hinweisschild an der
Wand.
Wenig Anklang findet das so genannte Lichtspiel. Hier soll das
Phänomen des Lichtes erklärt werden. Bis die Sonne einmal
über der Modellstadt auf- und untergeht - das dauert den
Mädels zu lange. "Da passiert ja nichts", sagt Carina
gelangweilt. Und hat auch schon ein Auge auf das Tangra-Theater
geworfen. So heißt der große Zauberkasten, der die Kinder
klein macht. Die Bühne, die hier steht, zeigt die Menschen
verkleinert. Personen in Puppengröße. "Das ist lustig",
freut sich Sarah. Zumal noch Sachen zum Verkleiden herumliegen.
Sarah greift nach einem Prinzessinnen-Umgang, wirft ihn sich
über die Schultern und stolziert auf die Bühne. Carina
und Julia klatschen - und nehmen das Wissen mit nach Hause, dass
Wissenschaft, wie hier die Optik, richtig lustig sein kann.
Das Kinderreich ist für Leiterin Tina Franz "ein
großer Spielplatz mit niederschwelligem Bildungsangebot". Es
soll "Lust machen, sich Dinge selbst zu erschließen, indem sie
die Dinge anlangen, ausprobieren". Spaß steht an erster
Stelle, das Lernen und Verstehen kommt ganz von selbst dazu.
Erfahren die Kinder ein Erfolgserlebnis, "ist der Köder
gelegt. Sie haben Lust, weiter zu spielen, zu forschen". Es gibt
elf Wissensbereiche. Die Wasserstraße und das Feuerwehr-Auto
in Originalgröße kommen am besten bei den kleinen
Forschern an - "weil wir die Kinder direkt bei ihrer Lebenswelt
abholen", erklärt Tina Franz.
Wer hierher kommt, mache "den ersten Schritt in die Welt der
Technik", die heutzutage die Welt dominiere. Eine
Auseinandersetzung mit dem Thema sei auch im 21. Jahrhundert immer
noch nicht selbstverständlich, Frauen gingen beispielsweise
immer noch zaghaft an das Thema heran. Deshalb bietet das
Kinderreich-Team jetzt Weiterbildungskurse für Erzieherinnen
zum Thema "Technik und Kinder" an. Sind sie doch wesentliche
Vermittler für die kommende Generation. Nach zwei Stunden
ziehen die drei Mädchen ein begeistertes Fazit vom
Kinderreich: "Toll" sei es hier gewesen. Ihr einhelliges Urteil:
"Das Pritschen hat am meisten Spaß gemacht." Und Julia
fügt hinzu: "Nur schade, dass ich nicht ins Becken springen
durfte." Eins ist nach diesem Besuch ganz sicher: Wenn die Eltern
das nächste Mal sagen: "Lasst uns ins Museum gehen", werden
die Mädchen kein langes Gesicht ziehen. Denn Museen
können wirklich spannend sein. Auch für Kinder.
Die Autorin ist Redakteurin beim "Münchner Merkur".
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