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Aschot Manutscharjan
Ohne Ressentiments und Vorurteile
Staatsgründung Israels
Der international renommierte israelische Historiker und
Journalist Tom Segev forschte drei Jahre lang in Archiven; er las
zahllose unveröffentlichte Tagebücher von Juden und
Arabern, um die Entstehungsgeschichte des Staates Israel und die
Wurzeln des Nahost-Konfliktes nachzuzeichnen. Dabei ist ihm eine
hervorragend recherchierte wissenschaftliche Monographie gelungen,
die zudem so interessant geschrieben ist, dass der Leser das
umfangreiche Buch fast wie einen historischen Roman
"verschlingt".
Die Tatsachen sind bekannt: Segev erinnert an die
Balfour-Deklaration, die Einwanderung der Juden nach
Palästina, die Machtkämpfe im Nahen Osten während
des Ersten und Zweiten Weltkrieges, die Auseinandersetzungen
zwischen Juden und Arabern untereinander und mit
Großbritannien bis zur Proklamation des Staates Israel. Er
bleibt jedoch nicht an der Oberfläche, sondern geht den
Ereignissen auf den Grund und versucht dabei, die einzelnen
menschlichen Schicksale einzubeziehen. So vergisst er nicht, die
seit langem vergessenen ersten Opfer der Terroranschläge in
Palästina zu erwähnen: Unter ihnen befanden sich sowohl
Araber als auch Juden.
Ausführlich berichtet Segev über die Entstehung, die
Motive und die weitere Entwicklung des arabischen und
jüdischen Terrorismus in Palästina. Anschaulich legt er
die Haltung dar, die Araber und Juden damals zu diesen
Gewaltaktionen einnahmen und die bis heute den
arabisch-israelischen Konflikt entscheidend prägen. Aus
Tagebüchern erfuhr der Autor von bislang unbekannten
Auseinandersetzungen in der damaligen jüdischen Gemeinde. Er
beschreibt, wie die unterschiedlichen Strömungen innerhalb des
Zionismus auf die Gründung des Staates Israel Einfluss zu
nehmen suchten. Weiter schildert er, welche mitunter obskuren Wege
Juden einschlugen, um arabisches Eigentum käuflich zu
erwerben, darunter der Versuch, sich die Klagemauer anzueignen.
Im Unterschied zu vielen israelischen und nichtarabischen
Historikern bringt Segev dem Leser auch die arabische Haltung nahe
und bagatellisiert dabei nicht die zionistische Politik des
"Bevölkerungstransfers". Gerade hier ist ihm eine objektive
Darstellung der Fakten gelungen. Dafür hat er mutig mit vielen
Klischees und Tabus der israelischen Geschichtsschreibung
gebrochen. Insgesamt hat Tom Segev nicht mehr und nicht weniger als
ein neues Standardwerk über einen höchst komplizierten
Zeitraum in der Geschichte Palästinas verfasst.
Tom Segev
Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der
Staatsgründung Israels.
Siedler Verlag. München 2005; 671 S., 28,- Euro
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