Hagen Richmann
Eine Weltmacht stößt an ihre
Grenzen
Internationale Konflikte: Die USA zwischen
Nordkorea und Irak
Das internationale Engagement der USA und ihr
Selbstverständnis als Weltmacht führen sie in
Verwicklungen mit globalen Auswirkungen. Im Zentrum dieser
sicherheitspolitischen Einflussnahmen der USA stehen Nordkorea und
der Irak. Allerdings sind sie in ihren Gegebenheiten ganz
unterschiedlich. Peter Scholl-Latour widmet sich in seinem
jüngsten Buch den politischen, gesellschaftlichen und auch
militärischen Hintergründen dort. Er sieht die USA in
diesem Kräftespiel als einen Koloss auf tönernen
Füßen.
Entlang ausführlicher Reiseberichte in die Vereinigten
Staaten, nach Nordkorea, Vietnam und in den Irak stellt er die
unterschiedlichen Bedingungen, Abläufe, Ereignisse und
Aussichten der aktuellen Krisen und Konflikte vor. Interessant sind
dabei vor allem die Schilderungen der Verhältnisse in
Nordkorea und der Erlebnisse im Irak. Ebenso eindrucksvoll sind die
Wiedergaben der vielen Hintergrundgespräche mit Diplomaten und
Zeugen der Geschehnisse vor Ort. Daneben verarbeitet Scholl-Latour
ausführlich seine Erlebnisse und Erkenntnisse aus dem
Vietnam-Krieg.
Aus dem vielfältigen Material kristallisieren sich folgende
Schlussfolgerungen heraus: Die Bedingungen in Nordkorea würden
sich hinsichtlich eines möglichen militärischen
Eingreifens der USA zu den Vorbedingungen des Irak-Krieges deutlich
unterscheiden. Nordkoreas Nachbar China verlange eine andere
Rücksichtnahme als das geopolitische Umfeld des Irak. Eine
Eskalation wäre nicht auszuschließen und auch nicht
kalkulierbar.
Gleichzeitig biete der Einsatz der amerikanischen
Streitkräfte im Irak derzeit keinen Ausblick auf eine schnelle
oder gar friedliche Lösung. Dazu seien die Verhältnisse
zu kompliziert. Unterschiedliche ethnische und religiöse
Konflikte und Interessen würden mit Gewalt ausgetragen. Ein
Ende sei nicht in Sicht. Mit militärischen Mitteln allein sei
dieser Konflikt nicht mehr regelbar. Mit diesen Herausforderungen
könnten die USA auf Dauer nicht allein fertig werden. Dazu, so
ist die Ausarbeitung von Scholl-Latour auch zu verstehen, sind die
Verknüpfungen der Krisengebiete mit weltweit agierenden
Terrorismusgruppen und mit den anderen politischen Mächten zu
vielgestaltig.
Scholl-Latour hat einen Reisebericht vorgelegt, dessen
Schilderungen einladen, sich nachdrücklicher mit den
internationalen Krisen auseinander zu setzen. Die Bilder des
Alltags zeigen eindrucksvoll das Leben vor Ort und helfen
verstehen, welchen Belastungen und Nöten die Menschen in
Diktaturen und Bürgerkriegen ausgesetzt sind.
Peter Scholl-Latour
Koloss auf tönernen Füßen. Amerikas Spagat
zwischen Nordkorea und Irak.
Propyläen Verlag, Berlin 2005; 351 S., 24,- Euro
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