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Das Parlament
Nr. 49 / 05.12.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Karl-Otto Sattler

Harter Kampf ums schwarze Gold

Saar-Regierung scheitert mit partiellem Förderstopp vor Gericht
Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt. Fast schon im Wochenrhythmus protestieren Hunderte aufgebrachte Bürger gegen Erderschütterungen über Kohleförderzonen. Doch auch die Gegenseite macht mobil: Ebenfalls zu Hunderten versammeln sich Bergleute bei Mahnfeuern vor Zechen, Kraftwerken und Zulieferbetrieben, um gegen die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren. Zudem steigt an der Saar auf der politischen Ebene die Spannung, wobei vor allem CDU-Ministerpräsident Peter Müller zusehends in die Bredouille gerät: Bereits zweimal scheiterte die Regierung vor Gericht mit dem Versuch, einen Flöz zwecks Verhinderung neuer Beben stillzulegen. Und obendrein wird es mit dem von Müller proklamierten "Auslaufbergbau" auf absehbare Zeit nichts, weil es nicht zu einer schwarz-gelben Bundesregierung kam und die Union in der Großen Koalition eine solche Strategie gegen die SPD nicht durchsetzen kann.

Die Frontlinien beim Kampf ums "schwarze Gold" sind nicht neu, noch nie war aber die Lage derart aufgeheizt wie momentan. Im Saarland, wo einst 60.000 Kumpel ihr Geld unter Tage verdienten, existiert unter dem bundesweiten Dach der Deutschen Steinkohle AG (DSK) nur noch ein Bergwerk, das in der Region Lebach an mehreren Stellen Kohle abbaut. Angesichts geologischer Besonderheiten kam es seit April schon zu mehr als 30 teils recht massiven Erschütterungen. An nicht wenigen Gebäuden entstehen Schäden, oft laufen Bewohner in Panik ins Freie. Bürgerinitiativen fordern, unterstützt von Grünen und FDP, das Ende des Bergbaus.

Allerdings ist die Kohle nach wie vor ein enormer Wirtschaftsfaktor. Für 7.000 Arbeitsplätze beim Bergwerk sowie 5.000 Jobs in angegliederten Branchen ist weit und breit kein Ersatz in Sicht. Die DSK, die Bergbaugewerkschaft und die SPD-Opposition lehnen denn auch einen Auslaufbergbau strikt ab. Michael Riedel als DGB-Chef an der Saar droht Müller bereits mit Massenprotesten, falls der CDU-Politiker nicht von seinem Kurs abgeht: "Dann muss die Regierung mit mindestens 15.000 Demonstranten rechnen." Gebäudeschäden werden von der DSK finanziell abgegolten.

Die von Bergbauschäden Betroffenen hier, die Kumpel mit ihren Existenzsorgen dort: Der Ministerpräsident spricht von einem "unauflösbaren Widerspruch". Müllers Konzept, einen Auslaufbergbau ohne betriebsbedingte Kündigungen in Verbindung mit einer stärkeren Berücksichtigung der Belange der Bewohner zu erreichen, erwies sich bislang als nicht sonderlich erfolgreich. So scheiterten die Aufsichtsbehörden schon zweimal vor dem Verwaltungsgericht mit dem Vorstoß, der DSK den Abbau über einem besonders neuralgischen Flöz zu verbieten. Justitias Begründung hat für die Regierung etwas Blamables: Der Antrag auf Förderstopp sei "offensichtlich rechtswidrig". So hatten die Behörden körperliche Beschwerden bei Bürgern als Konsequenz der Beben mit den Angaben einiger weniger Mediziner zu untermauern versucht - wobei diese Erhebung auch noch vor Beginn der Serie von Erschütterungen stattfand. Das Bergamt genehmigte der DSK dieser Tage im Übrigen die Erschließung eines neuen Abbaugebiets, für eine weitere Förderzone wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung vereinbart.

Christoph Hartmann, FDP-Fraktionsvorsitzender im Landtag, wirft der Regierung ein "Herumgeeiere" vor. Hubert Ulrich, sein Kollege von den Grünen, hält Müller vor, es durch seinen "Zickzackkurs" mit einem Ausstieg aus der Kohle nicht ernst zu meinen.

Der Ministerpräsident setzt auf die für 2006 vereinbarten Verhandlungen über die Zukunft des "schwarzen Golds" in Deutschland, bei denen er erneut für einen Auslaufbergbau eintreten will. Bei diesen Gesprächen stehen sich die Kabinette in Düsseldorf und Saarbrücken sowie der Unionsteil der Bundesregierung auf der einen und SPD, DSK sowie die Gewerkschaft auf der anderen Seite gegenüber, wobei dieses Lager auf Dauer einen Sockelbergbau in einem gewissen Umfang erhalten will. Unter der alten Bundesregierung war vereinbart worden, den Kohleabbau bundesweit von 26 Millionen Tonnen auf 16 Millionen Tonnen im Jahr 2012 zu reduzieren. Rechtsverbindlich sind die Zusagen für die entsprechenden Subventionen bislang nur bis 2008. Da die Weltmarktpreise steigen und der Staat lediglich die Differenz zwischen diesen Preisen und den teureren heimischen Förderkosten für die Kohle bezahlt, sinkt nun der Zuschussbedarf: Dies macht die Position der Ausstiegsbefürworter nicht einfacher. Wie die Verhandlungen ausgehen werden, ist völlig offen.

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