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K.Rüdiger Durth
Berlin verärgert über Bahn-Chef
Mehdorn
Kontroverse unter Landespolitikern
Bahnchef Hartmut Mehdorn steht mit den Berlinern
seit langem nicht mehr auf gutem Fuß. So wird der neue
Hauptbahnhof im Schatten des Kanzleramtes ab kommendem Mai nicht
mehr im Untertitel "Lehrter Bahnhof" heißen und im Bahnhof Zoo
sollen keine ICE- und IC/EC-Züge mehr halten. Nun aber hat
sich Mehdorn endgültig um das Wohlwollen der Hauptstädter
gebracht, weil er die Bahnzentrale von der Spree nach Hamburg
verlegen will.
Zwar informierte der Bahnchef
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee über seine
Pläne, nicht aber den rot-roten Senat unter dem Regierenden
Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Als die Umzugspläne
bereits publik waren, kam er dem Gesprächswunsch von
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) nach,
während Klaus Wowereit per Telefon alle möglichen
Sozialdemokraten in der neuen Bundesregierung anrief, um Mehdorns
Umzugsplan zu stoppen. Nicht ganz erfolglos. Nach dem Nein der
Bundesregierung aus "strukturpolitischen Gründen"
erklärte Wowereit: "Berlin bleibt der am besten geeignete
Standort für die Zentrale der Bahn."
Am Potsdamer Platz ist die Bahnzentrale nur
Mieter. Der Mietvertrag läuft 2010 aus. Außerdem ist dem
Bahnvorstand sowohl die Miete zu hoch als auch der Arbeitsplatz zu
klein geworden. Denn von den 20.000 Bahn-Arbeitsplätzen in
Berlin und Umgebung, womit die Bahn der größte
Arbeitgeber in der Bundeshauptstadt ist, entfallen rund 1.000 auf
die Hauptverwaltung. Und für diese sucht Mehdorn schon seit
längerem eine neue geeignete Bleibe.
An Möglichkeiten mangelt es freilich
nicht. Da ist zum einen der neue Hauptbahnhof mit seinen
Bürotürmen. Aber auch am Nordbahnhof (einer
S-Bahnhaltestelle) verfügt die Deutsche Bahn über
reichlich Grundstücke, auf denen sich jederzeit eine neue
Bahnzentrale errichten ließe. Doch offensichtlich fühlt
sich Mehdorn in der Bundeshauptstadt nicht mehr wohl und strebt
deshalb nach Hamburg.
Überspannter Bogen
Hamburger Hafen und Hochbahn kann Mehdorn gut
gebrauchen, um aus dem noch 100-prozentigen Bundesunternehmen einen
der größten Logistiker der Welt zu machen. Doch diesmal
scheint er den Bogen mit den Berlinern überspannt zu haben.
Auch wenn er nach wie vor verkündet, die Verhandlungen seien
ja noch gar nicht abgeschlossen und erst im Frühjahr 2006
wisse man Näheres über den endgültigen Standort der
DB-Zentrale. Aber an dem Nein des Bundeskabinetts wird er nicht
vorbeikommen.
Bei den jüngsten Auseinandersetzungen
zwischen dem Senat und der Deutschen Bahn AG darf nicht
übersehen werden, dass Berlin mit einer Arbeitslosenquote von
mehr als 18 Prozent auf jeden Arbeitsplatz angewiesen ist.
Außerdem steht der Regierende Bürgermeister unter dem
starken Druck der Opposition im Abgeordnetenhaus. CDU, FDP und
Grüne werfen dem rot-roten Senat vor, nicht genügend
für die Ansiedlung neuer Unternehmen zu tun. Schließlich
kann Berlin nicht nur von seiner Hauptstadtfunktion leben.
Dafür sind zu viele industrielle Arbeitsplätze nach der
Wende weggefallen, nämlich weit mehr als 200.000.
Für den Chef der CDU im Berliner
Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer, handelt es sich bei dem
zunächst einmal durch die Bundesregierung beigelegten Streit
um einen "Warnschuss". Er ist überzeugt ist, dass das Nein der
Bundesregierung allein der neuen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu
verdanken sei. Diese aber sei nicht immer zur Stelle, wenn der
Regierende Bürgermeister Fehler mache. Soll heißen, die
Opposition wirft Wowereit und dem Senat vor, sich nicht
genügend um die Firmen zu kümmern, die in Berlin
ansässig sind oder für einen Umzug an die Spree zu
gewinnen seien. Für Volker Ratzmann von den Grünen im
Berliner Landesparlament befindet sich der Senat nicht am
"wirtschaftspolitischen Puls der Zeit".
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Berliner
Abgeordnetenhaus, Martin Lindner, zeigt sich entsetzt, wie der
Regierende Bürgermeister mit einem großen Unternehmen wie
der Bahn umgehe, und für die CDU ist das Verhältnis
zwischen Landesregierung und Bahn "zerrüttet", was
schnellstmöglich aber wieder in Ordnung gebracht werden
müsse. Die SPD sieht das freilich alles ganz anders. Sie habe
alles getan, um die Bahn in Berlin zu halten.
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