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Helmut Merschmann
Mit einem Klick im Orient
Ein virtuelles Museum versammelt die
Schätze islamischer Kunst
Vieles, was mit dem Islam zusammenhängt, stößt
hierzulande auf Ressentiments. Nicht erst seit dem 11. September
2001 werden der Islam und seine Kultur kritisch beäugt und
manchmal voreilig mit Islamismus gleichgesetzt. Dem
europäischen Blick gilt der Orient traditionell als das Fremde
und Andersartige. Dabei gibt es eine lange Tradition des
kulturellen Austauschs, die bis in die Antike reicht, wo die
Wurzeln auch der europäischen Kultur zu finden sind.
Islamische Kunst und Architektur haben die europäischen
Künste nachhaltig beeinflusst. Rund um das Mittelmeer, sind
die vom Orient geprägten Kulturschätze noch heute zu
bewundern.
Inzwischen muss man aber nicht mehr weit reisen: Ab Freitag
dieser Woche lädt ein Online-Museum mit dem etwas sperrigen
Namen "Discover Islamic Art" (www.discoverislamicart.org) dazu ein,
die Vielfältigkeit der islamischen Kunst zu entdecken. Ein
Zusammenschluss von 17 koordinierenden Museen aus 14 Ländern
Europas, Nordafrikas und des Nahen Ostens hat dieses virtuelle
Museum ermöglicht. Da-runter befinden sich das Islamische
Museum in Kairo, das syrische Nationalmuseum in Damaskus, das
spanische Museo Arquelógico Nacional in Madrid und das Museum
für Islamische Kunst im Berliner Pergamonmuseum. 25 weitere
Museen stellen Materialien zur Verfügung. Eine beachtliche
Sammlung von über 850 Kunstwerken und 385 Bauwerken ist
bislang in einer ständigen Sammlung zusammengetragen und im
Internet verfügbar gemacht worden. Kulturschätze aus der
Zeit der syrischen Kalifen (ab 661) bis zum Ende des Osmanischen
Reiches (1922) finden sich dort.
Neun so genannte Ausstellungsstraßen führen durch
einzelne Regionen und machen mit den dort vorhandenen
Kunstschätzen vertraut. Wählt man beispielsweise
"Islamische Kunst im Mittelmeergebiet" lassen sich die Sammlungen
einzelner Nationalmuseen betrachten, die verlinkt sind mit
vergleichbaren Kunstwerken anderer Regionen. Texte liegen in der
jeweiligen Nationalsprache des Landes sowie auf Englisch,
Französisch und Arabisch vor. Freilich sind die
Ausstellungsstücke nur als Fotografien zu betrachten.
Wählt man jedoch die höhere Auflösung, wird in der
Vergrößerung ein erstaunlicher Detailreichtum erzielt.
"Die virtuelle Realität gibt Details zu erkennen", zeigt sich
Projektleiterin Eva Schubert überzeugt, "die in der
Realität nicht zu sehen sind."
Eine weitere Besonderheit von "Discover Islamic Art" liegt in
der Form der Zusammenarbeit. Als "internationale Kooperation in
Augenhöhe", bezeichnet Günther Schauerte,
stellvertretender Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin,
die Teamarbeit von 120 Beteiligten, die seit einem Jahr an diesem
Projekt arbeiten. Dass die Kunstwerke aus der jeweiligen
Länderperspektive gezeigt und in der Nationalsprache
vorgestellt werden, könnte als Impuls der Wiedergutmachung
verstanden werden. Denn viele Schätze islamischer Kunst sind
in europäischen Museen anzutreffen, wohin sie aufgrund eines
bisweilen kolonialistisch auftretenden Forschungsinteresses gegen
Ende des 18. Jahrhunderts gelangten.
"Discover Islamic Art", von der Initiative "Museum ohne Grenzen"
ins Leben gerufen und realisiert, achtet peinlich genau auf darauf,
jeglichen Anschein von Subordination zu vermeiden. Es herrscht eine
"Gleichwertigkeit der beteiligten Museen", wie Projektleiterin
Schubert sagt. Das virtuelle Museum gilt weltweit als die erste
internationale Museumskooperation dieser Größenordnung.
Seine Projektkosten von rund 3,15 Millionen Euro sind zum
überwiegenden Teil vom Euromed Heritage Fond der
Europäischen Union aufgebracht worden sowie von weiteren
Sponsoren. Für Hans-Günter Gnodtke vom Auswärtigen
Amt verbindet sich mit dem weltweit zugänglichen Online-Museum
die Chance eines einmaligen Kulturdialogs mit dem Islam.
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