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Claudia Heine
Aufgekehrt...
Mit visionären Konzepten müssen Politiker vorsichtig
sein. Allzu schnell schraubt man die Erwartungen der Wähler
hoch. Ein Weg der kleinen Schritte ist weniger gefährlich,
auch Angela Merkel stellte in ihrer Regierungserklärung fest,
ein solcher Weg sei modern.
Ein neuer Beitrag dazu drang jüngst aus dem "Ländle" -
laut Eigenwerbung die Erfinderhochburg der Republik - nach Berlin.
Die patentverdächtige Neuerung kam diesmal vom Minis-
terpräsidenten persönlich, von Günther Oettinger.
Zwar schickt sich der 52-jährige Landesvater aus
Baden-Württemberg an, dort im kommenden Jahr die Wahlen zu
gewinnen, doch nun dies: Mit 40 Jahren, verkündete Oettinger
kürzlich auf einem Bezirksparteitag der CDU, überschreite
der Mensch seinen Leis- tungshöhepunkt. Von da an gehts also
bergab. Und wenn es nach Oettinger ginge, sollte das Gleiche auch
mit Löhnen und Gehältern passieren.
Tja, wie alt war doch schnell seine Herausforderin von der SPD?
Ute Vogt ist gerade mal 41 Jahre alt, der Leistungsabfall nach
Oettinger-Rechnung also noch minimal. Muss die Äußerung
des Landesvaters etwa als versteckte Wahlempfehlung verstanden
werden? Da ist was dran: Warum jemanden wählen, bei dem die
Leistungskurve schon seit zwölf Jahren am Sinken ist, wenn wir
auch eine Politikerin haben können, die fast noch auf dem
Höhepunkt ihrer Schaffenskraft steht? Hat Oettinger schlicht
keine Lust mehr, oder möchte er - im Gegenteil - Stimmen damit
gewinnen, indem er sein Ministerpräsidentengehalt freiwillig
reduziert? Das Motto "je älter, desto billiger" ließe
sich in seinem Fall durchaus gewinnbringend umsetzen.
Da eine richtige Politikerkarriere erst mit 40 beginnt,
eröffnen sich ganz neue finanzielle Einsparmöglichkeiten.
Entwickelt sich hier gar jener Billiglohnsektor, den einige
Politiker schon länger fordern? Immerhin liegt das
Durchschnittsalter des neuen Bundes- kabinetts bei 54,8 Jahren!
Das könnte, nach Oettinger, künftig allein von den
Wählern abhängen, deren Kreuze dann eine ganz neue
Dimension bekommen würden: Die Entscheidung zwischen der
teuren, aber leistungsstarken Variante (so um die 40) und der
billigeren, aber leistungsschwächeren (so um die 60 Jahre)
läge dann ganz bei ihnen. Leistung soll sich zwar lohnen, aber
"Geiz ist geil" ist immer noch in Mode.
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