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Das Parlament
Nr. 49 / 05.12.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Günter Pursch

Diäten stehen auf dem Prüfstand

Eine Erhöhung von Abgeordnetenentschädigungen kommt immer zu früh
Eine Erhöhung von Abgeordnetendiäten kommt immer zum falschen Zeitpunkt. Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten sollten sich die Parlamentarier bitte zurückhalten. Das gilt dann gleichermaßen bei einem Aufschwung. Da ist die Zeit noch nicht reif. So heißt es immer wieder und so will es jedenfalls die veröffentlichte Meinung. Eine rational-sachliche Diskussion ist kaum möglich. Vor allem dann nicht, wenn gewisse Medien mit großen Balken-Überschriften dies zum Anlass einer Art von Neidkampagne nehmen.

Fakt ist, dass der Bundestagspräsident verpflichtet ist, einen Vorschlag zur Diätenregelung und einer möglichen Anhebung für die Mitglieder des "Hohen Hauses" zu machen. Diesen Vorschlag muss der neue Präsident Norbert Lammert bis Juni des kommenden Jahres vorlegen. Für den Fall, dass der Bundestagspräsident höhere Diäten anregt, müssen dann die Abgeordneten nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts selbst entscheiden, ob sie dem Präsidenten folgen wollen.

Gerade dieses Verfahren wird in der Öffentlichkeit immer wieder kritisiert. Von "Selbstbedienungsladen" ist häufig die Rede. So hat Lammert kurz nach seinem Amtsantritt angeregt, die Abgeordneten sollten in Zukunft nicht mehr selbst über die Höhe ihrer Diäten entscheiden. Gegenüber der "Berliner Zeitung" erklärte er, durch eine externe Expertenkommission könnten die Bundestagsmitglieder vom Verdacht der Selbstbegünstigung befreit werden. "Ein Segen für den deutschen Parlamentarismus" wäre es, so betonte er, wenn die Abgeordneten nicht selber über die Höhe und Entwicklung ihrer Diäten beschließen würden. Solange man selbst die Anhebungen festlege, werde es diesen Verdacht der Selbstbegünstigung geben. Außerdem würde jedes externe Gremium für die Abgeordneten günstigere Regelungen beschließen, als es sich der Bundestag selbst erlauben könnte. Er räumte jedoch ein, dass Anläufe für eine solche Reform in der Vergangenheit stets gescheitert seien. Einen neuen Versuch wollte er jedoch nicht ausschließen.

Wohl vor diesem Hintergrund kündigten die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD, Volker Kauder und Peter Struck, eine entsprechende Inititiave zur Neuregelung der Abgeordnetendiäten an. Gegenüber dem Magazin "Focus" erklärte Struck, dass das jetzige System, "in dem Abgeordnete hohe Altersbezüge erhalten, ohne vorher etwas eingezahlt zu haben", schwer vermittelbar sei. Dies sah Kauder ähnlich. Nach seiner Meinung könne Grundlage für eine Reform der Diäten und der Abgeordnetenpensionen das "Düsseldorfer Modell" sein. Zur Zeit erhalten Bundestagsabgeordnete monatliche Diäten in Höhe von 7.009 Euro, die versteuert werden müssen, sowie 3.589 Euro als steuerfreie Kostenpauschale.

Auf Einladung des Bundestagspräsidenten soll es bereits im Januar 2006 zu einem Allparteien-Gespräch sowohl über die Reform der Bezahlung als auch über die Altersversorgung der Abgeordneten kommen. Wie bereits das Bundesverfassungsgericht 1977 in einem Urteil festlegte, unterstrich Lammert, dass die Abgeordneten auch danach Anspruch auf eine angemessene Entschädigung haben. Die geplanten Änderungen dürften deshalb nicht nur unter dem Aspekt von Einsparungen gesehen werden. Die Regelung kann nach Auffassung von Struck bis Ende 2006 zu Stande kommen. Er räumte allerdings ein, dass es nicht leicht sein werde, eine solche Reform durchzusetzen. Die Diäten müssten "fast verdoppelt, jedenfalls deutlich erhöht werden". Ob man jedoch angesichts des öffentlichen Drucks die Kraft für eine solche Initiative habe, könne angezweifelt werden.

Der Vorstoß von CDU/CSU und SPD stieß bei der Opposition auf grundsätzliche Zustimmung. Die Grünen und die Linkspartei forderten jedoch weitergehende Regelungen. "Wir sollen vom Vorwurf der Selbstbedienung weg", erklärte Jörg van Essen, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion. Für die Linkspartei schlug die Abgeordnete Dagmar Enkelmann vor, dass für die Parlamentarier die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse Pflicht werde. "Es ist höchste Zeit, dass auch Abgeordnete ihren Beitrag zur Solidargemeinschaft leisten", erklärte sie. Van Essen wandte sich gegen eine Koppelung der Diäten mit der Besoldung eines Richters oder eines hohen Beamten. "Abgeordnete sind keine Beamte", und verglich ihre Arbeit mit der eines Freiberuflers. Er setzte sich wie Lammert für die Einrichtung einer unabhängigen Kommission ein. Die FDP hat mittlerweile eine Gesetzesinitiatve ergriffen.

Nach Meinung der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth müsse in einem Gesamtkonzept auch die Besoldung von Ministern und Parlamentarischen Staatssekretären, die auch ein Bundestagsmandat haben, neu geregelt werden. Weiterhin ist sie der Auffassung, dass auch die Regelungen über Nebeneinkünfte von Politikern verschärft werden müssten.

Zu diesem Thema stellte die in Karlsruhe erscheinende Zeitung "Badische Neueste Nachrichten" fest: "Nicht die Diäten der Abgeordneten sind das Problem, im Gegenteil. Für das, was die Volksvertreter in ihren Wahlkreisen und im Bundestag leisten für die Verantwortung, die sie haben, sind sie schlicht unterbezahlt. In der freien Wirtschaft sind für Führungskräfte ganz andere Summen üblich. Das wahre Problem sind die üppigen Altersbezüge und das System der Mehrfachversorgung. Hier muss dringend was geschehen."

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