Alexander Weinlein
Diskussion über längere Legislatur
Koalition erwägt fünfjährige
Wahlperiode / Opposition will mehr Direktdemokratie
Die Große Koalition erwägt eine Verlängerung der
Wahlperiode von vier auf fünf Jahre. Nach Angaben von
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer vereinbarten die
Fraktionsspitzen von SPD und CDU/CSU, die Parlamentarischen
Geschäftsführer mit der Prüfung der Frage zu
beauftragen. "Dafür gibt es nicht wenig Sympathie in den
Fraktionen", erklärte Ramsauer am 1. Dezember in Berlin.
Angesichts der Anlaufzeit einer Legislaturperiode und der
Wahlkampfzeit am Ende, blieben bei einer vierjährigen
Wahlperiode "netto" nur zweieinhalb Jahre Arbeitszeit für
Parlament und Regierung.
Auch von Seiten der drei Oppositionsfraktionen wurde
prinzipielle Zustimmung zu einer Verlängerung der
Legislaturperiode auf fünf Jahre signalisiert - allerdings
unter bestimmten Bedingungen. "Wenn der Bürger damit weniger
Möglichkeiten der Mitgestaltung durch Wahlen hat, dann
müssen die plebiszitären Elemente verstärkt werden",
forderte Jörg van Essen, Erster Parlamentarischer
Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, in der
"Leipziger Volkszeitung" vom 2. Dezember. Zugleich sprach sich der
Liberale dafür aus, Wahltermine im Bund und in den
Ländern so zu bündeln, "dass nur noch ein-, allenfalls
zweimal pro Jahr Wahlen stattfinden, um der Gefahr eines
Dauer-Wahlkampfes zu entgehen".
Auch die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra
Pau, forderte die Verankerung von direktdemokratischen Elementen in
der Verfassung, nur dann sei eine Verlängerung der
Legislaturperiode denkbar: "Unter dem Strich darf für die
Bürgerinnen und Bürger nicht weniger Demokratie
herauskommen."
In diesem Sinn äußerte sich auch der Erste
Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die
Grünen, Volker Beck. Er forderte CDU/CSU und SPD zudem auf,
eine Entscheidung nur in Zusammenarbeit mit der Opposition
herbeizuführen: "Die Spielregeln der parlamentarischen
Demokratie sollte man nur im breiten Konsens ändern." Sollte
die Große Koalition "ihre verfassungsändernde Mehrheit
ohne Rücksicht auf die Opposition" nutzen, dann drohe "das
demokratische Miteinander Schaden zu nehmen".
CDU/CSU und SPD verfügen mit 448 Mandaten über die
benötigte Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag, um die in Artikel
39 festgelegte Dauer der Legislaturperiode von vier Jahren zu
verändern. Im Bundesrat - alle Grundgesetzänderungen
müssen auch in der Länderkammer mit Zweidrittel-Mehrheit
verabschiedet werden - könnte die Große Koalition dies
jedoch nur zusammen mit der FDP erreichen.
Bereits 1998 hatte es einen entprechenden Vorstoß vom
SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck gegegeben. Damals fand sich
jedoch keine Mehrheit im Bundestag.
Zu einer verlängerten Legislaturperiode könnte es
regulär frühestens 2009 mit der Wahl zum 17. Deutschen
Bundestag kommen, da Änderungen am Wahlrecht prinzipiell erst
mit Beginn einer neuen Legislaturperiode in Kraft treten
können.
Nur noch in drei der 16 Bundesländer - in Bremen, Hamburg
und Mecklenburg-Vorpommern - gilt die vierjährige
Legislaturperiode. In allen anderen Ländern werden die
Wähler alle fünf Jahre zu den Urnen gerufen.
Nordrhein-Westfalen hatte ab 1970 die fünfjährige
Legislaturperiode. In den 90er-Jahren änderte eine Reihe von
Bundesländern ebenfalls ihre Wahlrecht in diesem Sinne:
Rheinland-Pfalz 1991, Baden-Württemberg 1996, Bayern und
Niedersachsen 1998 und Berlin 1999. Hessen entschied sich im
September 2002 in einem Volksentscheid für die
fünfjährige Legislatur. Auch in Sachsen-Anhalt wird
gemäß einer Entscheidung des Landesparlamentes vom 13.
August im März nächsten Jahren der Landtag erstmals auf
fünf Jahre gewählt.
Auf fünf Jahre wird auch das Europäische Parlament
gewählt. In den EU-Staaten Frankreich, Großbritannien und
Italien gilt ebenfalls eine fünfjährige
Legislaturperiode.
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