|
|
Daniela Weingärnter
Kaum noch Chancen für EU-Finanzpaket
Mit Verhandlungsergebnis wird erst unter
österreichischer Präsidentschaft gerechnet
Nur wenige Tage vor dem entscheidenden Treffen der
europäischen Regierungschefs in Brüssel scheint ein
Kompromiss beim umstrittenen Finanzpaket für die Jahre 2007
bis 2013 kaum mehr möglich. Zwar will die britische
Ratspräsidentschaft kurz vor dem Sondertreffen der
Außenminister am 7. Dezember einen konkreten Zahlenvorschlag
auf den Tisch legen. Doch Tony Blairs Ankündigung, das
Sparziel durch Kürzung der Strukturförderung für die
neuen Mitgliedstaaten um zehn Prozent zu erreichen, hat bereits
Proteststürme ausgelöst. Die ärmeren Länder
Osteuropas werden den Vorschlag ablehnen.
Für die Nettozahlerländer Großbritannien,
Deutschland, Frankreich, Österreich, Schweden und die
Niederlande, die mehr in den EU-Topf einzahlen als sie
herausbekommen, würde der britische Vorschlag die Belastungen
verringern. Sie hatten gefordert, die Brüsseler Ausgaben auf
ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu begrenzen.
Während Ende Juni das letzte Angebot der Luxemburger
Ratspräsidentschaft noch 1,06 Prozent des BIP ergeben hatte,
kämen beim britischen Ansatz 1,03 Prozent heraus.
Außerdem müsste Blair keine Abstriche beim "Britenrabatt"
machen und Frankreich keine Kürzungen bei den Agrarzahlungen
hinnehmen.
Polen, Ungarn, die Tschechische Republik und die Slowakei - die
Visegrad-Gruppe - schickten am 29. November einen offenen Brief an
Blair, in dem sie daran erinnern, dass Strukturpolitik als
wichtigstes Instrument angesehen wird, um die Lebensbedingungen in
der EU anzugleichen. Der ungarische Premier Ferenc Gyurcsany drohte
in einem Interview mit der "Financial Times", die Westeuropäer
müssten "mit äußerst ernsten Konflikten zwischen den
verschiedenen Teilen Europas" rechnen. Die spanische Regierung
kündigte an, die Osteuropäer zu unterstützen.
Während die Mehrheit der Mitgliedsstaaten die
Verhandlungsführung der britischen Ratspräsidentschaft
für die Blockade verantwortlich macht, erinnert das
EU-Parlament daran, dass auch ohne mehrjährige Finanzplanung
auf europäischer Ebene nicht der Stillstand droht. Der
EVP-Haushaltsexperte Reimer Böge sagte: "Ich schließe
mich der Chaostheorie nicht an. Wenn wir keinen Kompromiss finden,
bricht deshalb noch lange keine Haushaltskrise aus."
Böge rechnet damit, dass der Rat im kommenden Halbjahr
unter österreichischer Präsidentschaft zu einem
Verhandlungsergebnis kommt. Beim Gipfel im vergangenen Juni unter
Luxemburger Regie hatte bereits ein Kompromiss auf dem Tisch
gelegen, dem fast alle Delegationen zustimmen konnten. Statt auf
dieser Grundlage weiter zu arbeiten, hatten die Briten eine
Grundsatzdiskussion über die Verteilung der Ausgaben begonnen.
Fast die Hälfte der EU-Mittel wird für Agrarbeihilfen
ausgegeben. Auf deutsch-französische Initiative hatte der Rat
im Dezember 2002 einstimmig beschlossen, daran bis zum Jahr 2013
nicht zu rütteln. Nun wollen die Briten Gelder aus dem
Agrartopf in Forschung und Entwicklung umleiten, um das Wachstum
anzukurbeln. Frankreich, das am meisten von den Agrarhilfen
profitiert, hat aber sein Veto eingelegt.
Sollten die Österreicher eine Lösung finden, die
sowohl Paris als auch London akzeptieren kann, muss das
EU-Parlament dem Paket aber ebenfalls zustimmen. Die Parlamentarier
lehnen es ab, das Budget, wie von den Nettozahlern im Rat
gefordert, auf ein Prozent des BIP zu begrenzen. Sie argumentieren,
dass die EU sich nicht ständig für neue Politikfelder
zuständig erklären kann, ohne dafür mehr Mittel
bereitzustellen. Es könne auch nicht angehen, dass die Union
Forschung und Entwicklung als Schlüssel zu mehr Wachstum
ausbauen wolle und dann den Forschungsetat kürze.
Falls das Finanzpaket noch magerer ausfallen sollte als der
Luxemburger Vorschlag im Sommer, will das Parlament nicht
zustimmen. Man will dann auf der Grundlage jährlicher
Haushaltsverfahren weiterarbeiten.
Zurück zur
Übersicht
|