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Herbstkonferenz der OSZE PV in Rom vom 09. bis 11. Oktober 2003

Die traditionelle Herbstsitzung der OSZE PV beinhaltete diesmal neben der Sitzung des Ständigen Ausschusses zwei Konferenzforen: Konferenz zum Thema Religionsfreiheit und das Forum Mittelmeerraum. Die Tagung fand auf Einladung des italienischen Abgeordnetenhauses in Rom statt. Mehr als 160 Abgeordnete aus 49 Ländern nahmen teil. Der deutschen Delegation, geleitet von Prof. Gert Weisskirchen (SPD), gehörten die Abgeordneten Rolf Kramer (SPD), Kurt-Dieter Grill (CDU/CSU), Thomas Kossendey (CDU/CSU), Claudia Nolte (CDU/CSU), Hans Raidel (CDU/CSU) und Helmut Rauber (CDU/CSU) an.

Übereinstimmend wurde die Bedeutung der Religionsfreiheit sowohl für den Einzelnen als auch für das Staatswesen betont. Neben einer Gesetzgebung, die diese Freiheit absichere, sei entscheidend ein Klima von Toleranz und Dialogbereitschaft. Eine Reihe von Beiträgen befasste sich mit dem Missbrauch von Religionsfreiheit durch die Berufung auf Religion als Ursache oder Rechtfertigung terroristischer Akte.

Die Bedeutung des Mittelmeerraums als Faktor für Stabilität und Instabilität weit über seine geografischen Grenzen hinaus wurde am zweiten Konferenztag herausgestellt, wobei im Mittelpunkt der Konflikt im Nahen Osten zwischen Israel und Palästina stand. Zu weiteren Verhandlungen und der Road map gebe es keine Alternative. Thematisiert wurde der Gedanke, das OSZE-Modell einer Konferenz nach Ende des aktuellen Konflikts anzuwenden.

Konferenz zum Thema Religionsfreiheit

Der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer, Pier Fernando Casini nannte die OSZE und ihre PV einen wichtigen Bezugsrahmen über die Grenzen der EU hinaus, der gerade auch für den Mittelmeerraum von Bedeutung sei. Der Präsident der Versammlung, Bruce George, betonte die inhaltliche Verknüpfung der beiden Konferenzthemen. Seit der Schlussakte von Helsinki 1975 seien Freiheit und Religionsfreiheit ein wichtiges Thema für die OSZE.

Zum Thema "Beziehung zwischen Religion und Staat" sprach Prof. Silvio Ferrari (Universität Mailand). Unterschiedliche Kulturen hätten zu unterschiedlichen Systemen geführt. Religionsfreiheit habe zunächst eine individuelle Dimension. Die kollektive Dimension könne verschiedene Formen umfassen: von enger Verbindung bis vollständiger Trennung vom Staat. Religionsgemeinschaften müssten bestimmte Rechte in Anspruch nehmen können, um fortzubestehen, wie z.B. das Versammlungsrecht. Eine Eintragung dürfe nicht an Voraussetzungen geknüpft werden, die zur Ausgrenzung führen. Heute werde Religion oft missbraucht, um damit Gewaltanwendung zu rechtfertigen.

In der Sitzung über Religiöse Toleranz in Pluralistischen Gesellschaften, sprach Prof. Catherine Cookson (Universität Virginia) und ging auf die verschiedenen Konzepte ein, die mehr oder weniger Konflikte zulassen: von der vollständigen Einheit von Religion und Staat im Gottesstaat bis zur vollständigen Trennung in Demokratien, die das größtmögliche Konfliktpotential zulassen. Prof. Brigitte Basdevant-Gaudemet (Univ. Paris) verwies auf den nachlassenden Einfluss der großen Religionen, was aber nicht zu weniger Religiösität führe, sondern zu mehr Diversität. Die entscheidende Frage sei in den meisten Gesellschaften die Organisation und Finanzierung, die sehr unterschiedlich geregelt sei, von Finanzierung durch den Staat bis hin zu der Finanzierung durch Spenden.

Ba Babacar (Organisation der Islamischen Konferenz) erläuterte die geschichtliche Entwicklung des Islam, der zur Bereicherung der Kultur beigetragen habe und immer ein Verfechter von Religionsfreiheit sowohl gegenüber Christen als auch gegenüber Ungläubigen gewesen sei. Zu Unrecht erfolge heute oft eine Gleichsetzung zwischen Islam und Terrorismus.

Der Vertreter des ODIHR (Office for Democratic Institutions and Human Rights) verwies auf das seit 2000 eingerichtete Panel zum Thema Religionsfreiheit, das mit seiner Sachkenntnis den Mitgliedern der OSZE zur Verfügung stehe. Die Arbeitsgruppe veranstalte Seminare, wirke auf Erziehungsmaßnahmen hin, denen eine Schlüsselfunktion zukomme. Man versuche, eine umfassende Debatte einzuleiten, wozu Roundtables mit NGOs, Regierungsvertretern etc. gehörten.

Prof. Amnon Rubinstin, Radziner Law School Israel, verwies auf die Prägung seines Landes durch die Religion. Er unterstrich, dass man auch islamische Erziehung finanziere. Israel müsse sich mit dem Problem auseinandersetzen, dass Juden sich teilweise nicht mehr der speziellen Rechtsprechung beugen wollen, dass es Klagen wegen Diskriminierung von arabischen/christlichen Kirchen gebe.


Forum Mittelmeerraum

Cesare Salvi, Vizepräsident des italienischen Senats, betonte, die Frage des Mittelmeerraums sei nach Ende des Ost-West Konflikts immer virulenter geworden. Die Erweiterung der EU solle nicht neue Barrieren schaffen, sondern Dialog. Beim Friedensprozess habe die KSZE/OSZE immer als "sanfte" Organisation agiert, ohne vertragliche Grundlage, aber sehr wirksam. Zur Arbeit der multilateralen Organisationen bei der Konfliktlösung, deren Scheitern im Irak-Krieg beklagt wurde, gebe es keine Alternative.

Abg. Jerry Grafstein (Kanada) schlug in seinem Vortrag zur Stärkung der Sicherheit im Mittelmeerraum als Kernpunkt die Beschleunigung der Einführung einer Freihandelszone vor. Handel habe schon häufig als Katalysator gewirkt, aufbauend auf dem Handel sei eine Verstärkung des Wohlstandes zu erwarten und positive Auswirkungen auf die Stabilität.

Der italienische Außenminister Franco Frattini schlug vor, dass das OSZE - Modell unter bestimmten Bedingungen dazu genutzt werden könne, Stabilität im Nahen Osten zu schaffen. Dieses Mittel könnte wirksam werden, wenn die akute Krisensituation überwunden sei, was leider noch nicht der Fall sei. Jede Anstrengung müsse jedoch unternommen werden, um die Phase der akuten Krise zu überwinden und sich der Umsetzung der road map zuzuwenden, zu der es keine Alternative gebe. Ein weiterer Vorschlag sei ein Zentrum für Konfliktverhütung im Mittelmeerraum.

Jan Kubis, Generalsekretär der OSZE stellte Aktivitäten der OSZE zu dem Themenkreis vor. Hierzu gehörten regelmäßige Treffen der Außenminister bzw. Statements im Ministerrat, Themenkonferenzen etc. Die Kooperationspartner seien u.a. aufgerufen, sich an der Erarbeitung der "OSZE - Strategie zur Antwort auf die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts" zu beteiligen.

Christian Juret, Berater für Nah-Ost Fragen bei der EU, beschrieb die Entstehung der aktuellen Konfliktlage in Israel und betonte die Notwendigkeit der Beteiligung der internationalen Gemeinschaft. Die EU habe großes Interesse an dem Prozess im Hinblick auf die Stabilität. Eine Lösung könne nicht nur im Sicherheitsbereich liegen, sondern müsse die Politik umfassen. Die Palästinenser brauchten ihrerseits einen tragfähigen Staat, um Sicherheit zu gewährleisten. Eine Lösung des Flüchtlingsproblems müsse von beiden Seiten erarbeitet und getragen werden. Wichtig sei auch eine bessere Einbindung der islamischen Gemeinschaft durch Präsenz in der Region z.B. bei der Institutionenbildung. Schließlich könne man eine internationale Konferenz einberufen.

Unter Vorsitz von OSZE PV VP Alcee Hastings (USA) wurde abschließend über Menschenrechte und Demokratie diskutiert. Erstmals sei mit der OSZE die Menschliche Dimension auf der gleichen Ebene eingestuft worden wie Politik und Sicherheit. Menschenrechte seien keine inneren Angelegenheiten. Sicherheit im Mittelmeerraum müsse auf Dialog und Prävention beruhen. Er forderte alle Staaten zur Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus auf, was aber nicht benutzt werden dürfe, um Menschenrechte zu verletzen.

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/internat/osze/archiv/sonst_konf/rom_bericht/kurzbericht
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