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Juni 01/1998
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Soziale Mindeststandards nötig

(as)Die Bundesregierung wird die deutsche Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union im kommenden Jahr unter das Motto "Für ein wirtschaftlich und sozial starkes Europa" stellen. Ihr Ziel sei es, so die Regierung im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung am 27. Mai, daß die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der EU gleichlaufen. Dazu sei es notwendig, ein Konzept für soziale Mindeststandards zu erarbeiten. Man habe die Sorge, daß die soziale Entwicklung in Europa etwas hinterherhinke.
Es sei notwendig, das gemeinschaftliche Recht auf dem Gebiet der Sozialpolitik, zum Beispiel beim Arbeitsschutz und beim Arbeitsmarkt weiter zu entwickeln. Man habe in diesem Bereich allerdings nicht die "Stunde Null", sondern es sei bereits sehr viel geschehen. Es müsse auf diesem Weg jedoch fortgeschritten werden. Eine Harmonisierung der sozialen Sicherungssysteme sei aber nicht gewollt.
Während ihrer Ratspräsidentschaft, so die Bundesregierung, wolle sie versuchen, die Kommission zu veranlassen, Richtlinienvorschläge zur Regelung grenzüberschreitender Kooperation bei der Leiharbeit sowie zur Chancengleichheit Behinderter im Arbeitsleben zu erarbeiten. Auch strebe sie lange Übergangsfristen für die vollständige Freizügigkeit der Arbeitnehmer für die Beitrittsstaaten Mittel- und Osteuropas an. Die Sozialdemokraten wiesen darauf hin, angesichts der Bundestagswahlen im September sei es noch offen, durch wen die deutsche Regierung im nächsten Jahr bei der EU-Ratspräsidentschaft vertreten werde. Die SPD verwies zudem auf die langen Vorlaufzeiten, die sich bei der Erarbeitung von Kommissionsvorschlägen ergeben. Für die Bürgerinnen und Bürger der EU sei es notwendig, das Aktionsprogramm zur Beschäftigung konkreter zu gestalten und die Europäische Union nicht zu einer reinen Wirtschafts- und Währungsunion zu machen.
Im übrigen müsse auch die neue Fassung des Richtlinienvorschlags für Betriebsübernahmen im Fachausschuß diskutiert werden. Die Sozialdemokraten plädierten ebenfalls für soziale Mindeststandards, die bislang überhaupt noch nicht erkennbar seien, was zu einer "Enttäuschung über Europa" führe. Bislang werde alles überdeckt von dem freien Waren- und Dienstleistungsverkehr. Die Bundesregierung müsse sehr viel aktiver werden, um auch die soziale Gemeinschaft voranzubringen.
Während auch die CDU/CSU für soziale Mindeststandards plädierte, wandten die Freien Demokraten ein, Gemeinschaftskompetenz gebe es lediglich beim Waren- und Dienstleistungsverkehr nicht aber im sozialen Bereich, der unter das Subsidiaritätsprinzip falle. Dem hielt die SPD entgegen, der Amsterdamer Vertrag weise der EU eine klare Kompetenz auch im sozialen Bereich zu. Die Bundesregierung bestätigte die sozialdemokratische Interpretation des EU-Vertrages, fügte jedoch hinzu, soziale Sicherheit und Beschäftigungspolitik lägen weiterhin in nationaler Kompetenz.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9801/9801031a
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