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Dezember 05/1998
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Notfallkonzept war im Fall Pallas "unzureichend"

(um/vb) Eine Weiterentwicklung des Notfallkonzepts für die Nord- und Ostsee hat der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Franz Müntefering (SPD), gefordert. Er erklärte am 18. November im Fachausschuß, es müsse künftig verhindert werden, daß "halbwegs schrottreife Schiffe" mit Besatzungen, die ihr Handwerk nicht beherrschten, auf die deutschen Küsten zutrieben. Müntefering dankte - ebenso wie sein Parlamentarischer Staatssekretär Lothar Ibrügger vor dem Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - den an den Rettungs- und Brandbekämpfungsmaßnahmen beteiligten Personen für ihren schweren und zum Teil lebensbedrohlichen Einsatz. Ibrügger zufolge sind bis zum 15. November etwa 30 Kubikmeter Öl aus dem Frachter "Pallas" vor der Nordseeinsel Amrum ausgetreten. Den Vorwurf der Medien, die für Notschleppeinsätze von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nord gecharterte "Oceanic" sei zu spät zur Bekämpfung der Umweltkatastrophe eingesetzt worden, wies Ibrügger zurück. Die "Oceanic" habe zum Zeitpunkt der ersten Meldung über den brennenden Frachter am 25. Oktober noch einen anderen Auftrag gehabt. Ein mit 48.000 Tonnen Bauxit beladenes Schiff sei am 24. Oktober im Bereich des niederländischen Festlandsockels wegen Maschinenausfalls in Seenot geraten. Dieses sei, so auch ein Vertreter des schleswig-holsteinischen Umweltministeriums, ein typischer Hochseeschleppfall gewesen, für den die "Oceanic" in erster Linie vorgesehen sei. Daher seien die Fahrzeuge "Neuwerk", "Mellum" und "Meerkatze" und der vom Reeder des Havaristen für die Bergung georderte Schlepper "Alex Gordon" in Richtung "Pallas" ausgelaufen. Der Einsatz der "Oceanic" sei am 26. Oktober um 20 Uhr beendet gewesen. Danach habe der Hochseeschlepper zunächst für mögliche andere Fälle eine "Stand-by-Position" vor Helgoland bezogen. Erst am 27. Oktober sei ein Einsatz der "Oceanic" zur Brandbekämpfung am Havaristen "Pallas" notwendig geworden, da die "Neuwerk" wegen einer in die Schraube geratenen Leine vorübergehend nicht voll einsatzfähig gewesen sei.
Die SPD wies darauf hin, daß der damalige Verkehrsminister Wissmann ursprünglich den Vertrag der "Oceanic" zum 31. Oktober dieses Jahres auslaufen lassen wollte. Dann sei er aber "zum Glück" doch bis zum Frühjahr nächsten Jahres verlängert worden. Diese Umweltkatastrophe habe nun ganz deutlich gezeigt, wie wichtig dieser Schlepper für die Sicherheit des Wattenmeeres sei. Eine Vertragsverlängerung über das Frühjahr 1999 hinaus sei daher unbedingt wünschenswert.
Die F.D.P. betonte, ihrer Ansicht nach wäre die Katastrophe vorherzusehen gewesen. Seit dem 25. Oktober sei für die Bevölkerung und für die Medien klar gewesen, was passieren würde, nur für einige Personen in den Behörden offensichtlich nicht. Es sei daher völlig unverständlich, warum das Umweltministerium von Schleswig-Holstein bis zum 11. November keinerlei Anzeichen für eine Ölkatastrophe sah und erst danach ein Krisenstab gebildet wurde.
Im Umweltausschuß wurden des weiteren zwei Anträge zum Thema vorgelegt, die allerdings nicht abschließend beraten wurden. SPD und Bündnisgrüne fordern in einer gemeinsamen Initiative die Bundesregierung unter anderem dazu auf, alle notwendigen Entscheidungen zu treffen, um weitere Schäden "für das international einmalige Ökosystem Wattenmeer" durch Ölpest, Schiffs- und Chemikalienunfälle zu verhindern. Die noch nicht beendete Ölkatastrophe im schleswig-holsteinischen Wattenmeer durch die Havarie und den Brand des Holzfrachters stelle, so die Fraktionen, die "immer befürchtete Katastrophe" für dieses besonders empfindliche Ökosystem dar. Nur bei einem Öl- oder Chemietankerunfall wären die Folgen noch schlimmer gewesen. Daher gelte es jetzt vor allem, die eingetretene Katastrophe einzudämmen und weitere Schäden an den Meeres- und Wattentieren zu verhindern. Dabei sei insbesondere zu beachten, daß nach der Bewältigung der noch andauernden Katastrophe die Ursachen und Verantwortlichen festgestellt werden müßten, um eine Wiederholung der "völlig unkoordinierten, zögerlichen und offensichtlich unzureichenden Maßnahmen zur Schadensverhinderung" in Zukunft zu vermeiden. Gleichfalls müßten die bestehenden Konzepte zur Schadensbegrenzung überprüft und auf ihre Anwendbarkeit bei schwerem Wetter korrigiert werden. Das "offensichtlich unzureichende Notfallkonzept" für die Deutsche Bucht soll nach dem Willen von Sozialdemokraten und Bündnisgrünen in Zusammenarbeit mit den Ländern, europäischen Nachbarn und internationalen Institutionen überarbeitet und mit den notwendigen Mitteln für ein wirksames ökologisches Sicherheitskonzept ausgestattet werden. Unsichere, "schrottreife und unter Billigflagge fahrende Schiffe mit unzureichend ausgebildeten Mannschaften" müßten durch internationale Bestimmungen und Kontrollen an der freien Fahrt in der sensiblen deutschen Bucht gehindert werden. Nicht zuletzt müsse die Haftung der Reeder für Umweltschäden und zur Katastrophenbekämpfung so geregelt werden, daß das Verursacherprinzip durchgesetzt werden könne.

Fehler aufdecken

Die CDU/CSU erklärt in ihrem Entschließungsantrag, das Krisenmanagement des Umweltministers von Schleswig-Holstein sei den Herausforderungen des Schiffsunglücks nicht gewachsen gewesen. Es sei unverständlich, daß Hilfsangebote des Landesinnenministers an das schleswig-holsteinische Umweltministerium nicht genutzt und Hilfeleistungen des Bundes gar nicht erst eingefordert worden seien. Mit "Befremden" stellt die Unionsfraktion weiterhin fest, die Bundesregierung sei noch am 12. November davon ausgegangen, das Krisenmanagement sowie die Bund-Länder-Zusammenarbeit liefe problemlos ab. Die Abgeordneten fordern eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die rückhaltlos Fehler und Mängel aufdeckt und Vorschläge für die daraus zu ziehenden Konsequenzen vorlegt.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9805/9805060
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