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Dezember 05/1998
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"Strategie statt Nostalgie"

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9805/9805068
W. Gerhardtvon Wolfgang Gerhardt, Vorsitzender der F.D.P.-Bundestagsfraktion Über mehr als dreißig Jahre hat die F.D.P. Regierungspolitik in Deutschland gestaltet, haben liberale Minister Verantwortung getragen. Jetzt hat die F.D.P. eine neue Aufgabe. Die F.D.P. ist auf die Arbeit als Oppositionspartei programmatisch und personell vorbereitet. Aus der Regierungsverantwortung scheidet sie ohne Wehmut. Strategie statt Nostalgie - das ist der Leitsatz der F.D.P. für die Oppositionsarbeit.
Die F.D.P.-Bundestagsfraktion wird sich in der laufenden Legislaturperiode nicht darauf beschränken, die rot-grüne Haushaltspolitik und Gesetzgebungsverfahren zu begleiten. Wir werden gegenüber Rot/Grün, aber auch gegenüber CDU/CSU die klarste Oppositionspartei sein und unsere liberale Grundhaltung deutlich machen.
Die F.D.P. muß die Vernunft gegen das "Weiter so" mobilisieren. Der Überbietungswettbewerb staatlicher Sozialtransfers ist am Ende angekommen. Wir werden am Kurs der Modernisierung konsequent festhalten und den Modernisierungs- und Reformwillen angesichts des gegenläufigen Beharrungsstrebens von Rot/Grün zu einem Alleinstellungsmerkmal machen.
Folgende Leitsätze für eine klare liberale Oppositionsarbeit lassen sich aufstellen:
Die F.D.P. ist der Bürgeranwalt gegen die Übermacht von organisierten Interessengruppen und Veto-Organisationen, die sich gegen jede Veränderung wenden.
Die F.D.P. hält an der Notwendigkeit umfassender Reformen fest. Sie will Steuer- und Abgabensenkungen mit mehr Netto für alle. Sie will ein neues Staatsangehörigkeitsrecht mit besseren Integrationschancen für die hier geborenen Kinder ausländischer Eltern. Sie will neue Investitionen und neue Strukturen für ein leistungsfähiges Bildungs-system in Deutschland. Sie will im Interesse von Generationengerechtigkeit die Reform des Sozialstaates fortsetzen. Sie will Privatisierung und Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt fortführen.
Die F.D.P. ist aber auch offen für konstruktive Mehrheiten über die Grenzen der Regierung und Opposition hinaus. Sie stützt Vernunft überall dort, wo Vernunft es schwer hat, sich durchzusetzen. Sie wird einzelne Reformbekenntnisse aus den Reihen der SPD beim Wort nehmen.
Die F.D.P. wird ihre außenpolitische Kompetenz und Erfahrung zur Meßlatte der Gestaltung der deutschen EU-Präsidentschaft durch Rot/Grün und des Verhaltens der Regierung auf den internationalen Regierungskonferenzen machen.
Mit unseren Anträgen im Plenum des Deutschen Bundestages werden wir die Grünen im Spannungsfeld zwischen Regierungswunsch und Programmtreue, zwischen Machtbewußtsein und Glaubwürdigkeit immer wieder auf die Probe stellen.
Die F.D.P.-Bundestagsfraktion steht vor einem gewaltigen Arbeitsprogramm. Aber die Liberalen sind es gewohnt, Politik zu gestalten und Lösungen konstruktiv zu suchen. Dabei wird es auch in der Opposition bleiben.