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April 04/2000
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"Ich bleibe trotzdem Optimist"

Interview mit Christoph Matschie (SPD)

Christoph Matschie (SPD)
Christoph Matschie (SPD)

Blickpunkt Bundestag: Wird der Atomausstieg zu einer Zerreißprobe für den Umweltausschuss werden? Belastet der Konflikt Ihre Arbeit?

Christoph Matschie: Die Arbeit im Umweltausschuss ist konstruktiv. Dass Konflikte in der Sache bestehen, gehört zu einer politischen Auseinandersetzung. Gelegentlich streiten wir laut und heftig. Aber ich würde den politischen Streit nicht überbewerten, denn das gemeinsame Ziel, für die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt zu arbeiten, verbindet uns trotz allem über die Parteigrenzen hinweg.

Schon jetzt ist aber klar, dass es über die Novelle des Atomgesetzes keine Einigung zwischen Koalition und Opposition geben wird. Dieses Thema sorgt immer wieder für kontroverse Debatten. Insofern wird der Ausstieg aus der nuklearen Energieversorgung ein heißes Eisen für den Umweltausschuss bleiben. Die Debatte könnte jedoch merklich abkühlen, wenn es – worauf ich setze – zu einem Kompromiss mit der Atomwirtschaft in den Energiekonsensgesprächen kommt. Dann werden es die Befürworter der Atomenergie schwerer haben, ihre Ablehnung plausibel zu begründen.

Könnte der Atomausstieg nicht auch die rot-grüne Koalition vor schwierige Entscheidungen stellen?

SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sich auf die grundsätzlichen Bedingungen für einen Atomausstieg geeinigt. Die Eckdaten und eine zeitliche Perspektive sind benannt, und diese sind Inhalt der Konsensgespräche. Scheitern die Konsensgespräche mit der Industrie, wird es trotzdem ein von den Regierungsfraktionen getragenes Ausstiegsgesetz geben.

Ist Umweltpolitik angesichts der großen – manche meinen unlösbaren – Herausforderungen nicht eigentlich eine eher deprimierende Aufgabe?

Die Fakten erscheinen oft erdrückend. Der Klimawandel, das Artensterben oder die jüngste Umweltkatastrophe in Rumänen – also dies sind Probleme, die uns scheinbar über den Kopf wachsen. Aber ich bleibe trotzdem Optimist. Denn wir kennen die Ursachen der Probleme und wissen in vielen Fällen auch, wie sie zu lösen sind. Und dass wir – wenn auch manchmal nur in kleinen Schritten – Probleme lösen können, lässt sich an vielen Beispielen zeigen. So haben wir etwa in den neuen Bundesländern große Fortschritte bei der Luft- und Gewässerreinhaltung erzielt. Mit dem Gesetz über die erneuerbaren Energien ist eine verbesserte Förderung einer umweltfreundlichen Energieversorgung gelungen. Auch international kommen wir voran. Beim Schutz des Klimas, dem Verbot von Substanzen, die die Ozonschicht zerstören oder in Fragen des Artenschutzes und der biologischen Sicherheit haben wir deutliche Fortschritte erzielt. Allerdings geht das alles noch zu langsam.

Sie würden also trotz der großen Umweltprobleme noch Kinder in die Welt setzen?

Ich bin gerade vor vier Wochen Vater geworden.

Wo sehen Sie die größten Defizite in der deutschen Umweltpolitik?

Wir müssen das Umweltrecht einfacher, durchschaubarer und damit durchsetzbarer machen. Die Komplexität, die das Umweltrecht mittlerweile erreicht hat, verhindert zuweilen bereits seine notwendige und angemessene Umsetzung. Deswegen will die Regierungskoalition ein einheitliches Umweltgesetzbuch. Aber es braucht in der Umweltpolitik mehr als nur Ordnungsrecht und Grenzwerte. Umweltschutz ist kein lästiges Thema, mit dem Bürger und Wirtschaft gegängelt werden sollen. Umweltschutz bietet die Basis für Innovationen bei Technologien, Materialen und neuen, intelligenten Produkten. Deutschland ist in vielen Bereichen der Umwelttechnologie Weltspitze. Innovation kann man natürlich nicht durch die Politik verordnen. Wir setzen daher auf Kooperation. Aufgabe der Politik ist es, gesellschaftliche Zielvorgaben zu formulieren und die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Entwicklung zu setzen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0004/0004071
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