Abschied vom Bundestag
Die Abgeordneten:
Jeder Dritte kommt nicht wieder
Der Bundestag erhält ein neues
Gesicht. Wie kaum zuvor in seiner über 50-jährigen
Geschichte wird sich die Zusammensetzung des Parlamentes nach der
Bundestagswahl tiefgreifend verändern. Die Verkleinerung des
Bundestages um 58 auf 598 Abgeordnete sowie der Weggang fast der
gesamten Nachkriegsgeneration markieren eine deutliche Zäsur.
Wie schwer fällt der Abschied aus dem Parlament? Ist es ein
Abschied auch von der Politik? Was war ermutigend, was
enttäuschend? Blickpunkt Bundestag fragte zwölf
scheidende Abgeordnete nach ihren Trennungsgefühlen. So
unterschiedlich ihre Erfahrungen, so übereinstimmend doch ihr
Fazit: Die Arbeit im Bundestag war oft anstrengend, aber
lohnend.
Langsam den Job ausklingen lassen? Sich auf den Erfolgen
ausruhen? Mit einem Bein schon im politischen Ruhestand? Nein, die
meisten "Aussteiger" rackern im Bundestag bis zur buchstäblich
letzten Minute. Für Wehmut bleibt angesichts des
parlamentarischen Endspurts keine Zeit. Möglicher
Abschiedsschmerz wird verdrängt oder auf später
verschoben. "Business as usual" lautet die selbstschützende
Devise.
Dabei steht der Bundestag vor einem tiefen Wandel. Fast ein
Drittel seiner jetzigen 666 Abgeordneten wird in der nächsten
Legislaturperiode nicht zurückkehren, darunter fast die ganze
alte Garde derjenigen, die das Bild der Bundesrepublik
mitgeprägt und die deutsche Einheit vollendet haben.
Altkanzler Helmut Kohl, 15 frühere Minister, unter ihnen
Norbert Blüm, Heiner Geißler, Friedrich Bohl, Rudolf
Seiters, Rita Süssmuth, Carl-Dieter Spranger, Theo Waigel
(alle CDU/CSU), Anke Fuchs (SPD), Andrea Fischer (Grüne) sowie
Klaus Kinkel und Irmgard Schwaetzer von der FDP verabschieden sich
aus dem Parlament.
Der Abschied erfolgt meist freiwillig, aus der Erkenntnis, dass
die Zeit reif ist für den Rückzug. Mancher aber ist auch
Opfer der Verhältnisse: der Verkleinerung des Bundestages und
des damit verbundenen Neuzuschnitts vieler Wahlkreise, des harten
Wettbewerbs um einen erfolgreichen Platz auf den Landeslisten der
Parteien oder schlicht der Stimmungslage im Wahlkreis. Frust und
Enttäuschung sind dennoch selten. Es überwiegt die
Stimmung, etwas geleistet zu haben für unser Land. Manchmal
ist sogar von Dankbarkeit die Rede.
Theo Waigel, CSU
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Offiziell sitzt Theo Waigel (63) seit 30 Jahren im Parlament.
Rechnete man seine Zeit als Bundesfinanzminister (1989 bis 1998)
ironisch, wie er selbst es gerne tat, als "Hundejahre", die mit
sieben zu multiplizieren seien, käme der Mann mit den
markanten Augenbrauen sogar auf stolze 86 Jahre. Auf jeden Fall
sagt er heute: "Genug ist genug. Jetzt müssen die
Jüngeren dran." Mit politischen Entzugserscheinungen rechnet
der langjährige CSU-Vorsitzende nicht. Im Gegenteil: "Ich
werde es genießen, am Montag in der Frühe aufzustehen und
zu wissen: Du musst jetzt nicht nach Berlin fliegen." Waigel freut
sich, endlich mehr Zeit zu haben für seinen jüngsten Sohn
Konstantin (10). Arbeitslos wird er ohnehin nicht. Waigel will
weiter in einer Anwaltskanzlei arbeiten, Vorträge halten und
wohl auch ein Buch schreiben über die ungewöhnlich
spannende Zeit von 1989 bis 1998, die für ihn "das
stärkste Jahrzehnt der deutschen Politik im letzten
Jahrhundert" ist. Bei der deutschen Einheit, der europäischen
Einigung und der Einführung des Euro an "vorderster Front" mit
dabei gewesen zu sein, erfüllt ihn mit großer Genugtuung
und Dankbarkeit. Der Abschied "von Funktionen und Amt" fällt
ihm jetzt leicht, der Abschied von einigen Menschen im Berliner
Parlament allerdings schwer.
Heidi Lippmann, PDS
In der Lobby des Reichstagsgebäudes, dort also, wo sich
Politik, Medien und Verbände ein Stelldichein geben, treffen
wir Heidi Lippmann (46). Die PDS-Abgeordnete ist erst seit vier
Jahren im Parlament, deshalb fällt ihr der Abschied auch
schwer. "Ich bin mit Herz und Seele Politikerin", sagt die gelernte
Auslandskorrespondentin, die aus persönlichen Gründen
– ein Kind ist chronisch krank – den Bundestag
verlässt. Obwohl sie mit ihrer kritischen Haltung zu den
Auslandseinsätzen der Bundeswehr "öfter angegiftet"
wurde, hat ihr die Arbeit im Verteidigungsausschuss viel Freude
bereitet. "Insgesamt war das Klima professionell und kollegial."
Gekämpft hat sie auch für die Freilassung der beim
G8-Gipfel in Genua festgenommenen Demonstranten. Ein "bisschen
Wehmut" ist dabei, wenn Heidi Lippmann jetzt den Bundestag
verlässt. Aber wenn die Familiensituation es zulässt,
will sie wieder "irgendwo in der Politik" mitmischen: "Ohne Politik
kann ich nicht sein."
Detlev von Larcher, SPD
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Aufs Fahrrad bittet Detlev von Larcher (65). Wer stets politisch
agil war, will auch privat fit bleiben. Nach zwölf Jahren
verlässt der Sprecher der SPD-Linken nun "aus freien
Stücken" das Parlament: Das Hobby Segelfliegen lockt. Ein
politischer Mensch aber wird er bleiben, als Vize des "Forums
demokratische Linke 21" und Organisator der Linken auf
europäischer Ebene. Hat ihn etwas gestört an der Arbeit
des Bundestages? "Ja, wir fahren zu sehr auf die Medien mit ihrem
Verlangen nach Konflikten ab und machen unsere eigenen Debatten
langweilig", findet von Larcher. Stolz ist er darauf, dass es "uns
Linken zusammen mit anderen gelungen ist, in der Asylfrage die SPD
auf einem liberalen Kurs zu halten". Als tiefste Enttäuschung
in seiner Abgeordnetenzeit sieht er, dass es nicht gelungen ist,
Kriege wie den am Golf und im Kosovo zu verhindern. Sehr frustriert
hat ihn der Rücktritt von Oskar Lafontaine: "Das war
Fahnenflucht." Mit leicht gemischten Gefühlen zieht der
gelernte Diplomsozialwirt jetzt in den letzten Lebensabschnitt.
Aber mit Wehmut scheidet Detlev von Larcher nicht aus dem
Parlament, eher "mit einem lachenden und weinenden Auge".
Irmgard Schwaetzer, FDP
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In der großen Eingangshalle des Paul-Löbe-Hauses
treffen wir Irmgard Schwaetzer (60). Die prominente FDP-Politikerin
hat diesen Ort sehr bewusst gewählt, hat sie doch dieses
architektonische Glanzstück der Berliner Parlamentsbauten als
frühere Bundesbauministerin selbst mit auf den Weg gebracht.
Nach 22 "sehr spannenden" Jahren im Bundestag mit einer steilen
Karriere – Generalsekretärin der FDP, stellvertretende
Vorsitzende der Partei, Staatsministerin im Auswärtigen Amt,
Bauministerin – nimmt sie nun Abschied von der "Politik in
der ersten Reihe", selbstbestimmt und selbst gewollt, so wie sie es
immer gehalten hat. Wird sie Entzugserscheinungen haben? "Aber klar
doch!", lacht sie, schließlich sei Politik wie eine Droge.
Aber sie hat vorgesorgt. Als Vorsitzende einer NGO –
Non-Government Organization – im Einzugsbereich des
Außenministeriums und bei der Friedrich-Naumann-Stiftung der
FDP will sie weiter aktiv bleiben. Worauf sie stolz ist? Auf die
Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Rentenrecht. Die
Sozialpolitikerin Irmgard Schwaetzer: "Als ich in den Bundestag
kam, gab es das nicht. Dabei hatte ich bei meiner Mutter gesehen,
wie schlimm es ist, wenn man fünf Kinder erzogen hat und
dennoch Angst vor dem Alter haben muss."
Oswald Metzger, Bündnis 90/Die Grünen
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Ich bin leidenschaftlicher Parlamentarier und hätte gerne
weitergemacht", gesteht Oswald Metzger (47), als wir uns dort
treffen, wo er sich seine Meriten geholt hat: im
Haushaltsausschuss. Hier hat der grüne Abgeordnete seine
Schlachten geschlagen – notfalls auch gegen die eigene
Mehrheit. Das Budgetrecht des Parlaments ist ihm heilig, und auch
heute findet er: "Wir brauchen mehr aufrechte Parlamentarier, die
notfalls auch die eigene Spitze in die Schranken verweisen." Dass
er von der eigenen Partei nicht wieder aufgestellt wurde, kann
Oswald Metzger "rational nachvollziehen". Schließlich
heiße Demokratie "Mandat auf Zeit". Persönlich aber
schmerzt der Abschied doch: "Es tut weh." Denn Politik sei wie eine
Droge: "Im Mittelpunkt zu stehen, gefragt zu sein – das hat
schon was". Deshalb hofft er auch, irgendwann wieder mit dabei zu
sein. In der Politik müsse ja nicht das Motto des Sports
gelten: "They never come back." Was ihn gestört hat im
Parlament? "Dass zu viele Abgeordnete vor ihren Oberen stramm
stehen." Und gefreut? "Dass man auch als Einzelner Spuren
hinterlassen kann."
Norbert Blüm, CDU
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Man kommt sich ja schon vor wie auf der eigenen Beerdigung",
brummt Norbert Blüm (66), als wir ihn in seinem
Abgeordnetenbüro an der Wilhelmstraße nach seinen
Abschiedsgefühlen befragen. Nein, Wehmut habe er nicht, sagt
der CDU-Mann, der 16 Jahre lang Helmut Kohls Arbeitsminister war,
schließlich habe er seinen Abgang selbst programmiert: "Bevor
man vertrocknet wie eine Zitrone in der Sahara, muss man
aufhören. Ich will kein Cassius Clay sein, der zwei
Kämpfe zu viel gemacht hat." Norbert Blüm ist mit sich im
Reinen, strahlt eine innere Ruhe aus. Auf die Politik blickt er mal
amüsiert – "Von 30 Jahren Bundestag habe ich vermutlich
zehn Jahre in Sitzungen verbracht, davon waren mindestens zwei
Jahre überflüssig" -, mal wütend zurück: "Dass
die Pharmaindustrie bei der Gesundheitsreform Plakate klebte mit
der Aufschrift: 'Keine Medikamente mehr für Aids- und
Krebskranke', war jenseits jeder Tabugrenze. Solche Sauerei
vergesse ich nie." Als Privatmann will Norbert Blüm "viel
wandern, lesen und neugierig bleiben". Aber ganz ohne Politik wird
er nicht sein: "Mein Thema sind und bleiben die Kinder, die in
vielen Ländern der Erde ausgebeutet werden: als
Kinderarbeiter, Soldaten und als Prostituierte. Für sie werde
ich mich immer einsetzen."
Klaus Kinkel, FDP
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Von der Reichstagskuppel, unter der wir uns treffen, geht der
Blick hinüber zu seinem verglasten Abgeordnetenbüro im
nahen Jakob-Kaiser-Haus, das zu den schönsten
Arbeitsplätzen im Regierungsviertel zählt. Doch Klaus
Kinkel (65) mag nicht protzen und spricht bescheiden vom
"Austragsstüberl", das man halt dem "Altbauern" zugeordnet
habe. Überhaupt nimmt der frühere FPD-Chef, Justiz- und
Außenminister betont nüchtern Abschied vom Parlament, in
dem er seit acht Jahren ein Mandat hat. Obwohl er die deutsche
Einheit als Minister mitformte, fühlt er sich weiter eher als
"Seiteneinsteiger" der Politik. Die längste Zeit seines
Berufslebens sei er Beamter gewesen: "Ich bin wohl der einzige
Minister, der sämtliche Beamtenurkunden, die es nur gibt,
besitzt". Gleichwohl spricht Kinkel von einer "faszinierenden
Zeit", die er begleiten durfte. Dafür sei er dankbar. "Ich
hatte Glück im Leben", sagt er. Bescheiden gibt er sich auch
für die Zukunft. Die Rolle des "elder statesman" will er nicht
spielen, Rat nur geben, wenn der gefragt ist. Dennoch bleibt die
Politik wichtig für ihn. Aber nicht, wenn sie beliebig und
flach wird. "Für zirzensische Vorstellungen bin ich
ungeeignet."
Sabine Kaspereit, SPD
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Auf gleicher Augenhöhe sein mit den Menschen – das
ist ihr wichtig. Deshalb treffen wir Sabine Kaspereit (56) in ihrem
Büro im Jakob-Kaiser-Haus mit Blick auf Spree und Reichstag.
"Die Leute können mir direkt ins Arbeitszimmer schauen", freut
sich die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende aus
Sachsen-Anhalt. Als "große Errungenschaft" empfindet sie,
"dass sich die Bevölkerung einmischen kann auf allen Ebenen."
In einer Demokratie selbstverständlich, in der DDR, in der sie
groß geworden ist, ein Traum. Vor allem für die neuen
Länder hat sie sich eingesetzt – und viel erreicht. "Der
Solidarpakt zwischen Ost und West ist eine großartige Sache."
Ein bisschen traurig ist sie über die übergroßen
Erwartungen im Osten: "Die konnte niemand erfüllen." Nach acht
Jahren Bundestag will Sabine Kaspereit sich jetzt "ein paar private
Jahre" gönnen. Stillstand aber wird es für sie nicht
geben: "Ich bleibe aktiv in vielen Ehrenämtern und im Vorstand
der Friedrich-Ebert-Stiftung." Für die Zeit im Bundestag ist
sie dankbar: "Sie war bei aller Arbeit ein großes
Geschenk."
Christa Luft, PDS
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Die große Dame der PDS hat ein spannendes Leben hinter
sich: anerkannte Volkswirtschaftlerin, Wirtschaftsministerin und
stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates der DDR, seit 1994
Bundestagsabgeordnete, zuletzt stellvertretende
PDS-Fraktionsvorsitzende. Die gerafften Kurzbiografien im
Bundestagshandbuch findet sie zu "glatt": "Die geben nicht die
Brüche im Leben wieder." Wir treffen Christa Luft (64) in der
Kuppel des Reichstagsgebäudes mit dem weiten Blick hin zum
Fernsehturm am Alexanderplatz. Den Ostdeutschen "Gewicht und
Stimme" gegeben und den Westdeutschen ein bisschen die Furcht vor
der PDS genommen zu haben, darauf ist sie stolz. Als Genugtuung
empfindet sie, dass Selbstverständlichkeiten der DDR wie
Ganztagsschulen und Abitur nach zwölf Schuljahren nun in ganz
Deutschland als Innovation gelten. Sie geht freiwillig aus dem
Bundestag, um wieder mehr Zeit für sich zu haben. Aber das
Ausscheiden fällt ihr schwer: "Das waren sehr prägende
Jahre." Fast gerührt zitiert sie einen Romantitel: "Jeder
Abschied ist ein kleines Sterben."
Annelie Buntenbach, Bündnis 90/Die Grünen
Sie blickt zwar ohne Bitterkeit zurück, aber doch mit
Ernüchterung und wohl auch einer Prise Zorn. Denn sie
wäre gern noch geblieben im Bundestag. Aber weil für sie
Fragen von Krieg und Frieden wichtiger sind als Parteiräson
und Karriere, wird Annelie Buntenbach (47) nach acht Jahren das
Parlament verlassen. "Freiwillig und nicht von der Partei
gezwungen", wie die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die
Grünen betont. Die gelernte Schriftsetzerin, die später
Geschichte studierte, ist ein ganz und gar ziviler Mensch, der
"Militär als Mittel der Politik" grundsätzlich ablehnt.
Dass sie dafür den Preis des Ausscheidens aus dem Parlament
zahlt, schmerzt. Aber: "Ich bin mit mir im Reinen." Die Probleme
der Globalisierung und der Kampf gegen Rechtsextremismus werden
weiter ihre Themen bleiben: "Da hängt mein Herzblut dran."
Deshalb werde sie sich weiter einmischen. Wo und wie, weiß die
Friedensrebellin noch nicht.
Monika Brudlewsky, CDU/CSU
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Wir treffen Monika Brudlewsky (56) auf der Jungfernbrücke.
Auf diese hat die Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt schon
herabgeblickt, als die Winde der Wende sie 1990 in die erste freie
Volkskammer wirbelten, die ausgerechnet hier, im alten
SED-Gebäude, ihren Sitz nahm. Heute wohnt sie auf der anderen
Seite der Brücke. Brückenschläge zwischen Ost und
West, Arm und Reich, ehemals Mächtigen und ehemals Verfolgten
waren für die engagierte Katholikin auch im Bundestag das
Thema. Auch wenn es manchmal beschwerlich war. "Ich habe gelernt,
dass Politik wirklich das Bohren dicker Bretter ist." Trotzdem war
die Arbeit im Menschenrechtsausschuss befriedigend: "Hier kann man
wirklich etwas bewegen." Die neue Wahlkreisaufteilung hat sie
bewogen, nach zwölf Jahren freiwillig den Rückzug ins
Privat- und Familienleben zu suchen. Ein bisschen traurig ist sie
schon, denn: "Es waren für mich sehr spannende und lehrreiche
Jahre, und ich lasse viele Freunde zurück." Was Monika
Brudlewsky bedauert, ist, dass "der frische Wind der Stunde null,
den wir Ostler 1990 mit unserer Unbedarftheit in den Bundestag
brachten, schon wieder vorbei ist."
Konrad Gilges, SPD
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Eigentlich wollte Konrad Gilges (61) schon vor vier Jahren
aufhören. Dann aber war er doch neugierig auf Berlin und
darauf, ob sich die Politik vom neuen Umfeld beeinflussen
lässt. Seine Erfahrung: "Auch in Berlin leben die meisten
Abgeordneten genauso im Raumschiff wie in Bonn." Zufrieden ist der
gelernte Fliesenleger, engagierte Gewerkschafter und
SPD-Abgeordnete dennoch mit den 22 Jahren, die er im Bundestag
saß: "Das waren gute, wichtige und zufrieden stellende Jahre."
Deshalb verlässt er das Parlament auch ohne Wehmut, zumal er
sich weiter in seiner Heimatstadt Köln für die
Integration ausländischer Kinder einsetzen wird. Beim Blick
zurück ist er froh darüber, "dass wir Linken bei der
Friedenspolitik Flagge gezeigt haben". Einen Rat an die Nachfolger
hat er auch: "Immer in großen Linien denken!" Und dafür
sorgen, dass sich das Parlament nicht von den Menschen abschottet.
Gilges: "Der Einsatz von immer mehr Technik und die hohen
Sicherheitsmaßnahmen im Bundestag dürfen nicht zu einem
Gefühl führen: 'Wir da drinnen, die da
draußen.'"
Text: Sönke Petersen/Fotos:
Phalanx