bob/mik/vom
Lob für eindrucksvolle Solidarität
Flutkatastrophe in Asien
Entwicklungszusammenarbeit/Menschenrechte/Haushalt/Tourismus.
Nach am 19. Januar vorliegenden Schätzungen gab es in den von
der Flutkatastrophe verwüsteten Ländern 175.000
Todesopfer. Von weiteren Verstorbenen ist auszugehen. Dies
berichtete Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die
Grünen) im Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe. Mittlerweile hat sich nach Agenturberichten
die Zahl der ums Leben gekommenen Opfer deutlich erhöht. Es
stünden außerdem 581 vermisste Deutsche auf den Listen,
berichtete der Außenminister am 19. Januar.
Staatssekretär Klaus Scharioth vom
Auswärtigen Amt bestätigte im Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit die Zahl von 60 zweifelsfrei
identifizierten toten Bundesbürgern. Die
Leichenidentifizierung vor Ort durch Experten des
Bundeskriminalamts ist nach den Worten Fischers eine "fast
übermenschliche Arbeit", die noch andauere.
Die Größenordnung des Seebebens
übersteige jede menschliche Vorstellungskraft, so Fischer
weiter. Der Außenminister lobte außerdem die
"beeindruckende Solidarität in unserem Land", aber auch in
anderen Regionen der Welt. Gleiches hatte zuvor auch die
Entwicklungshilfeministerin getan. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD)
bezeichnete die Spendenbereitschaft der Bundesbürger als
"eindrucksvolle Bewegung der Mitmenschlichkeit".
Die beiden großen Fraktionen und die FDP
sprachen im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit vor
allem das Vorhaben der Bundesregierung an, in den nächsten
drei bis fünf Jahren Hilfe in Höhe von 500 Millionen Euro
für die Region zu leisten. Die SPD äußerte, die
schnelle Bereitschaft zum Angebot dieser Hilfe sei zu
begrüßen. Aber sie beinhalte auch eine Hypothek: Die
richtigen Gebiete in den Krisenländern müssten
ausgewählt werden. Die Summe dürfe nicht etwa nur
touristischen Regionen zur Verfügung stehen. Der Betrag
dürfe andererseits auch nicht zu Lasten anderer Länder,
wie Kongo oder der Provinz Darfur im Sudan, gehen.
Die CDU/CSU sprach sich für einen
Finanzierungsplan aus, den die Regierung vorzulegen habe. Man
brauche Gewissheit, woher das Geld aus dem Haushalt komme und wohin
es fließe. Es könne zum Beispiel nicht heißen, "wir
bauen die Slums von vorher wieder auf". Die FDP bescheinigte der
Regierung, sie habe "sehr schnell und sehr professionell reagiert".
Nun seien Planungen und Überlegungen zur Verwendung der Mittel
erforderlich. Bundesministerin Wieczorek-Zeul sicherte zu,
"für absolute Transparenz" zu sorgen. 100 Millionen Euro
für dieses Jahr seien schon gesichert.
Im Haushaltsauschuss erläuterte das
Bundesfinanzministerium (BMF), dass die Bundesregierung zur
Unterstützung der Sofortmaßnahmen der Vereinten Nationen
50 Millionen Euro zugesagt habe. Davon entfielen 40 Millionen auf
den Etat des Entwicklungshilfeministeriums und 10 Millionen auf das
Auswärtige Amt. Als humanitärer Beitrag der Bundeswehr
sei der Einsatztruppenversorger "Berlin" - einschließlich
Marineeinsatzrettungszentrum und zwei Hubschrauber - in die Region
Nordsumatra entsandt worden. Die Verlegung eines
landsgestützten Rettungszentrums sei ebenfalls vorgesehen. Die
Kosten dieser Hilfeleistungen sollen für drei Monate rund 15
Millionen Euro betragen. Alle Mittel sollen laut BMF im
Haushaltsvollzug erwirtschaftet werden.
Schuldenmoratorium beschlossen
Die Entwicklungshilfeministerin wies im
zuständigen Ausschuss außerdem auf das von
Geberländern beschlossene Schuldenmoratorium bis zum Ende
dieses Jahres hin. Sri Lanka werde das Angebot offenbar annehmen,
Indonesien aus Sorge um seine Kreditwürdigkeit
nicht.
Im Übrigen sprach Wieczorek-Zeul von
einer "überwältigenden Reaktion" auf die von
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angeregte
Städtepartnerschafts-Initiative. Mehr als 530 Anfragen seien
aufgelaufen, darunter viele konkrete Projekte. Scharioth lobte
außerdem die exzellente Zusammenarbeit mit den Partnern in der
Europäischen Union. Über 7000 deutsche Urlauber seien in
den ersten zehn Tagen zurückgeholt worden. Ohne die Hilfe aus
den EU-Staaten hätte dies niemals geklappt.
Im Menschenrechtsausschuss lobten alle
Fraktionen das "beeindruckende" Krisenmanagement des
Auswärtigen Amtes und den Einsatz der Mitarbeiter dort. Die
SPD hielt es darüber hinaus für wichtig, ein gutes
Warnsystem für auftretende Tsunami zu installieren. Über
den Prozess des Erkennens und Meldens hinaus, der auch schon am
zweiten Weihnachtstag vorigen Jahres funktioniert habe, seien vor
allem gute Warnsysteme erforderlich, um Menschenleben zu
retten.
In beiden Ausschüssen wurden die
Bürgerkriege in den am heftigsten heimgesuchten Ländern
Indonesien und Sri Lanka angesprochen. Die Regierung Indonesiens
habe angekündigt, dass binnen einer Frist von drei Monaten
alle Soldaten fremder Länder aus der Provinz Aceh abzuziehen
seien. Und auch in Sri Lanka bereite der andauernde
Bürgerkrieg zwischen hinduistischen Tamilen und der von
buddhistischen Singhalesen dominierten Zentralregierung Sorgen. Es
dürfe nicht sein, so ein Vertreter der Union, dass es das Los
von Waisenkindern sei, die bei der Katastrophe ihre Eltern verloren
hätten, in "Terrorarmeen" als Kindersoldaten ihr Dasein
fristen zu müssen.
Im Tourismusausschuss teilte die Regierung
mit, in Sri Lanka sei die Infrastruktur an der Küste
weitgehend zerstört, 49 Hotels seien geschlossen. Dort sei mit
Einbußen bei den Touristenzahlen zu rechnen. Dagegen seien
indische Touristengebiete nur minimal betroffen. Von Reisen auf die
Malediven rate das Auswärtige Amt nicht ab, dort erwirtschafte
der Tourismus ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts, und die
Schäden seien nicht so hoch wie in Thailand oder Sri Lanka. In
das südwestliche Küstengebiet in Thailand mit Khao Lak
und Phuket könne man nicht reisen, dort sei die
Tourismusindustrie fast völlig zerstört. In Indonesien
sei vor allem Nordsumatra betroffen, das allerdings kein
Touristengebiet sei. In Myanmar (Burma) seien Badeorte für
Ausländer nicht geschädigt.
Die Regierung berichtete ferner, die
Flutkatastrophe habe einige kleinere deutsche Reiseveranstalter in
Liquiditätsschwierigkeiten gebracht. Das
Wirtschaftsministerium prüfe derzeit, wie diesen Unternehmen
geholfen werden könne.
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