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Peter Manstein
Umweltruin ist Selbstruin
Das Jahrbuch Ökologie 2005
In dem bewährten Jahrbuch aus Umweltpolitikanalyse,
umweltinstitutioneller Selbstdarstellung, markanten Kurzzitaten und
Satirischem geht es zunächst in eher allgemein-theoretische
Sphären: Dies muss das Umweltbewusstsein immer wieder tun,
will es sich denn selbst begreifen und weiterentwickeln.
Hervorzuheben ist der Begriff "Homo sustiniens": All die zum
Teil sich scheinbar auch widersprechenden Bedeutungen des
lateinischen "sustinere" - empor- und standhalten, wagen und
verzögern, bewahren, ernähren und anhalten - spielen in
diesen Begriff vom Menschen hinein. Mit Recht kann man
Umweltmissachtung als Selbstmissachtung, Umweltzerstörung als
Selbstzerstörung deuten. Aber selbst darin scheint das auf,
was den Menschen ausmacht: Er kann sich über bloße
Zwänge erheben, er muss folglich nicht notwendigerweise
zerstörerisch wirken. Nur wenn man eine solche optimistische
Vorstellung von dieser Spezies hat, kann man sich auch vorstellen,
dass sie sich langfristig auf der Erde halten kann.
Angesichts der "alarmierenden Zögerlichkeit beim
praktischen ökologischen Strukturwandel" fragt sich der
Mitherausgeber, Günter Altner, ob das Grundübel im
reichen Westen nicht in der abendländischen "Anthropozentrik"
liegt, die die Natur immer nur im Sinne der Verwertbarkeit für
den Menschen "bearbeitet". Dem kann man entgegenhalten: Zum einen
ist der Mensch ja selbst auch Natur - eine Trennung hier Natur, da
Mensch rein logisch also irreführend -, zum anderen gibt es im
Abendland auch eine reiche, an die Offenbarung und das Christentum
geknüpfte Traditionslinie, die Natur (und sich selbst) als
Schöpfung aufzufassen und mit dieser "Leihgabe" entsprechend
pfleglich und ebenbildlich-schöpferisch umzugehen.
Kunst und Umwelt bei Beuys
Altner schildert, wie "innig" sich Kultur und Kunst mittlerweile
mit Natur und dem Umweltthema befassen, man denke nur an Beuys'
"Honigpumpe" oder seine Aktion der "7000 Eichen". Auch hier steckt
der Gedanke dahinter: Man muss den Menschen jenseits aller
strukturellen Zwänge, in denen er steckt, bei seinem
Bewusstsein packen; dies kann, dies muss er ändern. Kultur und
Kunst können dabei gute Dienste leisten, anders als die bisher
ganz auf Zurichtung, Messung und Verwertung verengte
Naturwissenschaft.
Neben dem Thema "nachhaltiges Wirtschaften" und
"Ressourcenkonflikte" (die zum Teil kriegerisch ausgetragen werden)
geht es schwerpunktmäßig um "regenerative Energien", so
über die Wirkungen von Offshore-Windparks auf die Fauna: Wenn
die Potenziale der Windenergie zu Lande bereits fast
ausgeschöpft sind, und diese Art der regenerativen Energie
Zukunft haben soll, dann könnte die offene See mit ihrem
Dauerwind theoretisch ein guter Standort auch in deutschen
Gewässern werden. Bisher kommt die ökologische
Begleitforschung zu den 30 Windparkprojekten eher zu einer
kritischen Einschätzung: Zwar würden sich an den
Fundamenten der Anlagen Schwämme, Seepocken, Muscheln
ansiedeln und ein reicher Fischbestand wäre die Folge , aber
das wiederum zöge die Schweinswale und Seehunde an, wenn sie
nicht bereits durch die Geräuschkulisse der Anlage
vergrätzt werden und dadurch eventuell Lebensraum
verlieren.
Es könnte aber auch eine Gewöhnung mit der fatalen
Folge eintreten, dass die Seehunde quasi "schwerhörig" werden
und damit an Überlebensfähigkeit einbüßen.
Bisher sind nicht alle wichtigen Zusammenhänge
aufgeklärt, worunter auch die Einwirkungen auf die See- und
Zugvögel zählen. Erst wenn diese Forschung geleistet ist,
kann und sollte man sich für solche Anlagen entscheiden, und
dann eben an relativ umweltverträglichen Standorten.
Im Buchteil "Exempel, Erfahrungen, Ermutigungen" wird berichtet
von neuen Impulsen für die Umweltbildung an Schulen durch den
Dialog mit Unternehmen, über Sinn und Zweck des neuen
Nordeifel-Nationalparks und der Möglichkeit, den
Lärmpegel in Discos "lustverträglich" zu mindern, bis zur
Webside für zukunftsfähige Lebensstile unter
"www.lifeguide-muenchen.de", um nur einiges zu nennen. Insgesamt
und erneut ein sehr reichhaltiges, konstruktiv-anregendes
Umweltlesebuch.
Günter Altner (Hrsg.)
Jahrbuch Ökologie für 2005.
Verlag C.H.Beck Verlag (becksche reihe 1598),
München 2004; 288 S., 14,90 Euro
Der Autor ist freier Journalist in Bonn.
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