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Alles bleibt beim Alten
Arzneimittelversorgung bei Kindern und
Jugendlichen
Gesundheit und Soziale Sicherung. Gegen einen Vorstoß der
Union, rezeptfreie Medikamente für Jugendliche bis zum
vollendeten 18. Lebensjahr wieder in den Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen, hat sich der
Bundestag am 17. Juni ausgesprochen. Er lehnte auf Empfehlung des
Gesundheitsausschusses (15/5700) einen Gesetzentwurf der
CDU/CSU-Fraktion (15/5318) ab, in dem sie sich für die
Ausweitung der Erstattungsfähigkeit für Jugendliche unter
18 einsetzt. Die FDP enthielt sich der Stimme.
Nach dem geltenden Recht ist dies nur möglich, wenn bei den
Patienten Entwicklungsstörungen vorliegen. Nach Angaben der
Union leiden etwa eine Million Jugendliche an Allergien,
Neurodermitis, Rheuma und anderen chronischen Erkrankungen. Bei
Inhalationsallergien oder Neurodermitis gehöre die Behandlung
mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln zum
Therapiestandard. Da diese Medikamente von den gesetzlichen
Krankenkassen nicht mehr erstattet würden, verzichteten
einkommensschwache Eltern oft auf eine Behandlung ihrer Kinder.
Dies habe zur Folge, dass die Erkrankungen einen schweren Verlauf
nehmen und sich bis hin zu einer Dauerschädigung entwickeln
können. Die Finanzierung dieser Änderung ist nach Ansicht
der Union durch die bereits erzielten Einsparungen infolge der
Gesundheitsreform zu decken.
Die geltende Regelung zur Verordnungsfähigkeit rezeptfreier
Medikamente für gesetzlich Versicherte hat sich nach Meinung
der Koalitionsfraktionen dagegen bewährt. In einem Antrag
(15/5688), den der Bundestag annahm, widersprechen SPD und
Bündnis 90/Die Grünen damit indirekt der Befürchtung
der Union, die mit der Gesundheitsreform beschlossene Herausnahme
nicht verschreibungspflichtiger Arzneien aus dem Leistungskatalog
der gesetzlichen Krankenkassen führe zur Unter- oder
Fehlversorgung bei Jugendlichen, vor allem in einkommensschwachen
Familien.
Die Antragsteller weisen darauf hin, dass für Kinder unter
zwölf Jahren und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen
bis 18 Jahren apothekenpflichtige rezeptfreie Arzneimittel
grundsätzlich verordnungsfähig sind. Damit gebe es
weitreichende Ausnahmen, die den Versorgungsbedarf bei
schwerwiegenden chronischen Erkrankungen sowie bei Kindern und
Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen gewährleisten.
Dies sahen die meisten Experten bei einer öffentlichen
Anhörung des Gesundheitsausschusses am 13. Juni anders und
unterstützten in ihren Stellungnahmen den Vorschlag der Union.
Er sei "ein erster Schritt in die richtige Richtung", so unter
anderen der Sozialverband Deutschland (SoVD) und der Deutsche
Generikaverband. Eine generelle Wiederaufnahme rezeptfreier
Arzneien in den Leistungskatalog forderte der Sozialverband VdK
Deutschland. Rezeptpflicht sei kein geeignetes Abgrenzungskriterium
für die Erstattungsfähigkeit von Medikamenten. Sie
orientiere sich an der Sicherheit von Arzneimitteln, nicht aber an
der therapeutischen Notwendigkeit und dem Nutzen. Auch der Deutsche
Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützte das Unionsanliegen und
wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass er die geltende
Neuregelung "als einseitige Belastung der Patienten" gleich
abgelehnt habe.
Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der
Krankenkassen befürchtete dagegen Mitnahmeeffekte, die Kosten
in Höhe von 100 bis 200 Millionen Euro verursachen
könnten. Sorgen wegen der erwarteten Mehrkosten machte sich
auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA).
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