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Zehetmair: Die Sprache mit dem Volk
versöhnen
Rechtschreibreform
Kultur und Medien. Mit Unverständnis hat der
Kulturausschuss am 15. Juni auf die Entscheidung der
Kultusministerkonferenz (KMK) vom 3. Juni reagiert, die umstrittene
Rechtschreibreform am 1. August in weiten Teilen in Kraft treten zu
lassen, obwohl sich der im vergangenen Dezember von der KMK zur
Überprüfung des Reformwerks berufene Rat für
deutsche Rechtschreibung noch längst nicht mit allen
Streitfragen befasst hat.
Der Vorsitzende des Rates und frühere bayerische
Kultusminister Hans Zehetmair berichtete in der Sitzung über
die Ergebnisse der bisherigen Arbeit des Sprachgremiums. Es sei
"ein mühsames Geschäft", angesichts der sehr heterogenen
Kräfte im Rat ein Ergebnis mit der verbindlichen
Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Dennoch "kommen wir mit Erfolg
voran", so Zehetmair, der sich sehr zufrieden zeigte, dass er auch
prominente Reformgegner, darunter Vertreter der Deutschen Akademie
für Sprache und Dichtung, zur Mitarbeit als ordentliche
Mitglieder im Rat gewinnen konnte. Der Rat sei politisch
völlig unabhängig und kein "verlängerter Arm der
KMK". In seiner Arbeit gehe Substanz und Qualität vor
Zeitplan. Das Ziel sei, die Einheit der deutschen Sprache zu
bewahren und "die Sprache mit dem Volk zu versöhnen".
Die Tendenz der Beschlüsse im Rat, so Zehetmair, sei ein
sinnorientiertes Schreiben: Es müsse weiterhin sprachlich zu
unterscheiden sein, ob es sich um einen "vielversprechenden
Politiker" oder um einen "viel versprechenden Politiker" handele;
auch sei es ein Unterschied, ob man einen Fraktionsfreund
"kaltstellt" oder "seinen Kaffee kalt stellt". In vielen Fragen
gebe es eine "gewisse Offenheit", um "unnötige Erschwernisse
für Lernende" zu beseitigen. Es dürfe bei der
Überprüfung der Reform und bei der Reform selbst nicht um
"wissenschaftliche Rechthaberei" gehen. "Ich lege großen Wert
auf den Usus", so Zehetmair. So solle es künftig möglich
sein, "kennenlernen" und "kennen lernen" zu schreiben. Bei "Leid
tun" und "Not tun" müsse wieder die alte Rechtschreibung
gelten - klein und zusammengeschrieben, weil da kein Gegenstand
angetastet wird wie das Leid oder die Not. Es gehe bei der
Rechtschreibung um Sinnunterschiede, die durch den Sprach- und
Schreibgebrauch wieder besser zum Ausdruck kommen müssten.
"Bei Fremdwörtern sind wir sehr gelassen", meinte der
Ratsvorsitzende. Wer sich leisten könne, ins Restaurant zu
gegen, sollte es auch richtig schreiben können, und wer
Portemonnaie statt Geldbörse schreibe, sollte auch den
Ursprung des Wortes kennen.
In der anschließenden Abstimmung lehnte der Ausschuss zwei
Anträge zur Rechtschreibreform ab: einen Gruppenantrag
(15/4249), der eine Rücknahme der Reform fordert, und eine
Unionsinitiative (15/4261), der die Kultusminister und die
Bundesregierung auffordert, entsprechende Schritte zur "raschen
Beseitigung der zunehmenden Unsicherheit bei der Bevölkerung
einzuleiten".
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