Hartmut Hausmann
EU-weites Verbot für Weichmacher
Kinderspielzeug und Babyartikel
Nach fünfjährigem Tauziehen zwischen dem
Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten wird es in
der Europäischen Union zu einem weitgehenden Verbot von
Phthalaten in Spielzeugen und Babyartikeln kommen. Die
Europaabgeordneten stimmten am 5. Juli in Straßburg mit
großer Mehrheit einer entsprechenden Richtlinie zu. Damit
verbietet die EU sechs Phthalate in allen Spielzeugen und
Babyartikeln, die in den Mund genommen werden können.
Phthalate werden als Weichmacher zur Erhöhung der
Elastizität in Kunststoffen, vor allem in PVC, eingesetzt.
Besonders bei Babyartikeln für Kinder unter drei Jahren, die
in den Mund genommen werden können (zum Beispiel Schnuller und
Beißringe), werden die Weichmacher freigesetzt.
Nach wissenschaftlicher Risikobeurteilung sind sie als
krebserzeugend, erbgutverändernd und
fortpflanzungsgefährdend eingestuft. Für die besonders
gefährlichen drei Phthalate DEHP, DBP und BBP besteht schon
seit 1999 ein vorläufiges Verbot ohne Altersbegrenzung, das
aber jährlich von der Kommission erneuert werden muss und nun
endgültig werden soll. Der Grenzwert liegt bei 0,1
Prozent.
Weil einige EU-Staaten aber auch bei den anderen drei
Weichmachern DINP, DIDP und DNOP schon weitergehende Verbote
erlassen haben, drängte die Kommission auf eine einheitliche
Lösung, um Vermarktungsprobleme im Binnenmarkt zu vermeiden.
Doch der EU-Ministerrat wollte mit dem gleichen Grenzwert nur ein
Verbot bei Artikeln für Kleinkinder unter drei Jahren
zugestehen.
Diese Altersunterscheidung mache einfach keinen Sinn,
kritisierte die im Verbraucherschutz engagierte deutsche
Vizepräsidentin des Parlaments, Dagmar Roth-Behrendt (SPE):
Gerade Kleinkinder fänden alles Bunte spannend. Auch
könne von den Eltern nicht verlangt werden, ständig
darauf zu achten, dass das Kleinkind nicht an der Barbie-Puppe der
älteren Geschwister lutsche.
Nach der verabschiedeten Richtlinie gilt das Verbot nun für
alle Spielzeuge, die in den Mund genommen werden können. Auf
allen anderen Spielsachen wird eine Kennzeichnung über das
Vorhandensein der gefährlichen Substanzen informieren. Zudem
dürfen die Phthalate durch ungefährlichere Stoffe ersetzt
werden. Außerdem wurde eine Übergangszeit von einem Jahr
eingeräumt, damit sich die Industrie auf die neue Situation
einstellen kann.
Die Grünen im Europaparlament nannten das Verbot nur einen
ersten Schritt. Sie verlangten einen Ausstieg aus der Nutzung von
Weich-PVC, vor allem bei medizinischem Material wie
Infusionsschläuchen und Blutbeuteln.
Die EU-Kommission begrüßte das Weichmacher-Verbot.
Durch die Entscheidung finde eine mehrjährige Phase der
Unsicherheit ein Ende, lobte Industriekommissar Günter
Verheugen in Brüssel nach der Abstimmung. Die neue, stabilere
Rechtslage werde mehr Planungssicherheit für die Industrie
bringen. 25 einzelstaatliche Regelungen in der EU würden durch
EU-weit einheitliche Vorschriften ersetzt. Dies stärke den
Binnenmarkt, so die EU-Kommission.
Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) in Berlin hat
die EU-Entscheidung gegen Weichmacher in Kinderspielzeug
begrüßt. "Das ist ein positives Signal für die
Chemikalienpolitik und bringt den stockenden REACH-Prozess wieder
in Gang", sagte Verbandssprecher Christian Fronczak. Jetzt sei es
wichtig, dass die in REACH, dem künftigen europäischen
Chemikaliengesetz, gesammelten Substanz-Informationen auch an die
Verbraucher weitergegeben werde. "Das muss in Form von
Kennzeichnungen der Produkte geschehen."
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