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Martin U. Müller
Keiner aus der Anzugträgerfraktion
Johannes Vogel ist seit kurzem
Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen
Wenn ihre Freunde auf Partys gehen, sitzen sie noch in
irgendeinem Gremium oder im Ortsverein. Jede freie Minute widmen
sie ihrer Organisation, ihrer Partei, setzen sich für ihre
Überzeugungen ein. Der Weg ist lang. Ehrgeizige Talente gibt
es in allen Parteien und Nichtregierungsorganisationen - trotz
aller Nachwuchssorgen. "Das Parlament" stellt einige Jungpolitiker
und Aktivisten vor:
Turnschuhe, ein T-Shirt und in den Haaren etwas Gel. Keine
Krawatte, kein Anzug, ja noch nicht mal eine auffällige
Armbanduhr. Kein äußeres Klischee, das er bedient. Auf
dem Stuhl in einem Café in der Innenstadt von Bonn sitzt
Johannes Vogel, Bundesvorsitzender der FDP-Jugendorganisation
"Junge Liberale" (JuLi), und streckt bequem die Beine aus. Heute
Nacht um drei Uhr sei er mit dem Zug aus Berlin angekommen, sagt
er.
Der aus dem rheinisch-bergischen Wermelskirchen stammende
Johannes Vogel ist seit Ende März diesen Jahres
Bundesvorsitzender der nach eigenen Angaben 10.000 Mitglieder
vereinenden Jugendparteiorganisation. Eigentlich sollte er beim
Magdeburger Bundeskongress in seiner Position als Stellvertreter im
Vorstand der Jungliberalen bestätigt werden. Doch nach der
unrühmlichen Aussage seines Vorgängers Jan Dittrich in
der Rentendebatte, die Älteren "sollten den Löffel
abgeben", wurde plötzlich der Vorstandsposten vakant. "Ich
hatte ein paar Minuten, um mein Rede-manuskript zu
überarbeiten", sagt er heute. Drei oder vier Ergänzungen
seien es gewesen, Schriftgröße 18 Arial. "Ich bin kein
rhetorisches Ausnahmetalent wie etwa Gerhard Schröder", sagt
Johannes Vogel bescheiden. Doch überzeugte er die Delegierten,
die ihn kurz darauf mit 76,4 Prozent der Stimmen wählten.
So klar war der Karriereweg des heute 23-Jährigen, der sich
selbst als eher "linksliberal" bezeichnet, nicht immer: Im Alter
von 15 Jahren engagierte er sich zunächst bei den Grünen.
Sein Elternhaus bezeichnet Vogel als liberal. Der Vater, ein
Manager bei einem Nahrungsmittelkonzern, wähle eher SPD oder
FDP, während seine Mutter nicht nur niedergelassene
Psychologin, sondern auch überzeugte Wählerin der
Grünen sei. "Ich habe 1998 gegen Helmut Kohl Plakate geklebt."
Der Altkanzler war für ihn mit den Attributen des Stillstandes
verbunden. Gesellschaftspolitik sei für einen jungen Menschen
von gerade mal 15 Jahren natürlich interessanter als
Steuermodelle oder gar Rentenpolitik, gibt Johannes Vogel zu. "Vor
allem den ökologischen Blickwinkel der Grünen fand ich
für mich sehr interessant", so Vogel. Doch genau diese
ökologischen Grünen waren ihm schon bald zu wenig
tolerant. "Die hatten als Altachtundsechziger so ihre Vorurteile
gegen Yuppies in Zeiten der New Economy", resümiert Johannes
Vogel. "Verblüffend" seien für ihn die
Übereinstimmungen mit dem Programm der Jungliberalen schon
damals gewesen. Und so lag ein Wechsel nahe, der schließlich
einen Eintritt Vogels zu den Jungliberalen nach sich zog. "Ich sehe
mich nicht unbedingt als Vertreter der Anzugträgerfraktion",
schränkt er sein Toleranzargument ein, ergänzt aber
schnell: "Als Liberaler muss man das auf jeden Fall akzeptieren."
Überhaupt seien die JuLis "ein sehr heterogener Verband". Mehr
als die Hälfte der Mitglieder passe nicht in das Klischeebild
von den Anzug- oder Kostümträgern mit
"Budapester"-Schuhen und Start-up-Unternehmen.
Johannes Vogel über Johannes Vogel: "Ich habe immer gerne
programmatischen Input geliefert." Nicht unbedingt die dankbarste
Aufgabe in einer Organisation, in der sich junge
Funktionsträger auch schon mal mit einer Zigarre im Mund
abbilden lassen. Doch man glaubte an seine Sacharbeit fernab jeder
Profilierung und übertrug Johannes Vogel 2003 die
Chefredaktion der Mitgliederzeitung "Jung und liberal", einem Blatt
mit einer Auflage von etwa 12.000 Exemplaren. "Die Berichte sind
natürlich nie so richtig investigativ über die eigene
Organisation", gibt Johannes Vogel zu. Aber man könne
"Denkanstöße" liefern. Medien im Allgemeinen hält er
in der großen Politik für sehr einflussreich und scheut
auch selbst keine medienwirksamen Aktionen. So setzte sich Johannes
Vogel einst in einen wassergefüllten Holzbottich und ließ
dazu den Slogan verbreiten: "Der Jugend steht das Wasser bis zum
Hals." Doch das im Bundestagswahlkampf 2002 eingesetzte Guido-Mobil
- ein teils bizarr eingerichtetes Wahlkampfvehikel auf
Wohnmobil-Basis - geht ihm dann doch "einen Tick zu weit".
Johannes Vogel ist am 29. April 1982 geboren - genau vier Jahre
früher und rund 400 Kilometer weiter westlich als Julia Bonk,
die jüngste Landtagsabgeordnete der deutschen
Parlamentsgeschichte. Der Wunsch in ein Parlament einzuziehen,
liegt von außen betrachtet auch für den
JuLi-Bundesvorsitzenden nahe. Doch der erteilt dem Gedanken eine
Abfuhr: "Momentan fühle ich mich dazu noch zu jung." Auch habe
er Angst, dass er endgültig in der Politik bleiben
könnte. "Mit 40 merkt man dann, was einem im Gegensatz zu
Gleichaltrigen verloren gegangen ist", sagt Johannes Vogel. Er
sieht die Aufgabe, zum Volksvertreter gewählt zu werden, eher
als Ehre denn als Pflicht. "Vielleicht ja in fünf Jahren oder
später", lächelt Johannes Vogel und es macht den
Eindruck, als sei seine Zurückhaltung nicht gespielt.
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