Dieter Smolka
Sisyphusarbeit
Gegen Gewalt und Mobbing
Zivilcourage zeigen. Verantwortung übernehmen. Nicht weg
sehen, nicht schweigen, wenn andere gemobbt werden. Wie kann dies
bei Jugendlichen erreicht werden? Das Buch von Christina Zitzmann
gibt konkrete und praxisnahe Antworten und zeigt, wie
zivilcouragiertes Handeln in Schule und Jugendarbeit gefördert
werden kann.
Studien zeigen, dass Mitschüler in Mobbing-Situationen
verschiedene Rollen einnehmen. Es gibt Schüler, die den
Täter anfeuern oder aktiv unterstützen.
Eine etwa gleich große Gruppe versucht sich aus dem
Geschehen herauszuhalten. Selten erhält ein Opfer Hilfe durch
Mitschüler. Als Begründung dafür geben viele
Schüler an, dass dies nicht ihre Angelegenheit ist und sie
Angst haben, selbst zum Opfer zu werden.
Das Verhalten von Lehrkräften kann ein weiterer
Bedingungsfaktor für das Entstehen von Mobbing sein. Mehrere
Studien bestätigen, dass ein niedriges pädagogisches und
soziales Engagement von Lehrern in Zusammenhang mit häufiger
Aggression zwischen Schülern steht. "Aggressives
Schülerverhalten ist verbunden mit einem mangelnden
Lebensweltbezug von Lerninhalten, geringen
Mitbestimmungsmöglichkeiten für Schüler sowie mit
einer geringen Attraktivität und einer hohen
Dysfunktionalität des Schulraums", betont die Autorin.
Mut wächst mit dem Üben
Zivilcourage ist pädagogische Sisyphusarbeit. Nur durch
kontinuierliches Ausprobieren, verbunden mit der Aufforderung zur
Reflexion des Gelernten, können Jugendliche Selbstsicherheit
in schwierigen Situationen gewinnen. Der Mut wächst mit dem
Üben.
Um couragiert handeln zu können, müssen Jugendliche
über spezifische Kompetenzen verfügen. Diese müssen
in der Schule geübt werden, so die Autorin.
Übungsbeispiel Außenseiter: Die Jugendlichen erleben
durch ein ausgefeiltes Rollenspiel eine Außenseitersituation
und können nachvollziehen, wie sich jemand fühlt, der von
einer Gruppe ausgeschlossen wird. Dadurch wird die Empathie
für die Situation von Außenseitern erhöht.
Übungsbeispiel Verhalten in Konflikten: Durch ein
szenisches Spiel sollen die Jugendlichen eigenes und fremdes
Konfliktverhalten bewusst wahrnehmen und ihr individuelles
Kommunikationsverhalten in Konflikten reflektieren. Den
Jugendlichen soll bewusst werden, welche Merkmale ihr
persönlicher Kommunikationsstil aufweist und wie dieser auf
andere wirkt.
Jugendliche können in der Schule lernen, Verantwortung zu
übernehmen. Es ist daher wichtig, junge Menschen in ihren
Fähigkeiten und Fertigkeiten zu stärken, Selbstsicherheit
im couragierten Handeln zu entwickeln. Konkrete Übungen zeigen
Jugendlichen gewaltfreie Strategien in Gewaltsituationen und
erweitern ihr Handlungsrepertoire. Auch der Film "Das Frankfurter
U-Bahn-Experiment" (ausleihbar bei allen Landesfilmdiensten) wird
als Trainingsbeispiel für Zivilcourage vorgeschlagen.
Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert. Zu Beginn werden
theoretische Überlegungen zum Themenkomplex Gewalt, Mobbing
und Zivilcourage angestellt. Im zweiten Kapitel wird das Projekt
"Alltagshelden" mit seinen konzeptionellen Grundlagen, Zielen und
der Zielgruppe vorgestellt. Im Hauptteil werden sieben in der
Praxis erprobte Konzepte zu den Themen Kommunikation, Vorurteile,
Mobbing, Gewalt und Zivilcourage erläutert. Jedes Konzept
besteht aus einem einführenden Text, der Zielbeschreibung, der
Erläuterung des thematischen Ablaufes, der detaillierten
Methodenbeschreibung und hilfreichen, sofort einsetzbaren
Kopiervorlagen. Dieses ausgezeichnete Praxishandbuch bietet allen,
die in Schule und Jugendarbeit mit Gewalt und Mobbing konfrontiert
werden, eine wissenschaftliche Grundlage, reichhaltige Materialien
und viele wertvolle Anregungen für die eigene Praxis. Die
Konzepte sind detailliert und praxisnah beschrieben und verfolgen
das Ziel, zivilcouragiertes Handeln von jungen Menschen zu wecken,
zu unterstützen und zu fördern. Sehr empfehlenswert.
Christina Zitzmann
Alltagshelden. Aktiv gegen Gewalt und Mobbing - für mehr
Zivilcourage.
Praxishandbuch für Schule und Jugendarbeit.
Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts. 2004: 240 S., 24,80
Euro
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