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Ines Gollnick
Auch eine Frage der Perspektive
UNESCO - Kulturelles Welterbe
Das Kultur- und Naturerbe der Menschheit zu schützen, liegt
nicht allein in der Verantwortung eines einzelnen Staates, sondern
ist Aufgabe der Völkergemeinschaft. Um dieses Ziel zu
erreichen, wurde 1972 die UNESCO-Welterbekonvention verabschiedet.
180 Staaten haben dieses "Übereinkommen zum Schutz des Kultur-
und Naturerbes der Welt" seit der Verabschiedung unterzeichnet. Zum
Kulturerbe der Welt gehören unter anderem Städteensemble
wie seit jüngstem die Städte Macao (China) und Le Havre
(Frankreich). Die Entscheidung über die Aufnahme von
Heidelberg wurde in der Sitzung in Durban (Südafrika) auf 2006
vertagt, aber die Chancen für die Aufnahme stehen nicht
schlecht. Daneben zählen Baudenkmäler wie seit
jüngstem die Brücke von Mostar und archäologische
Stätten zum Kulturerbe. So hat die UNESCO 2005 die Liste des
Weltkulturerbes um den alt-römischen Limes in Deutschland und
16 weitere "archäologische Wunder" erweitert. Außerdem
umfasst das Naturerbe, ein Begriff der weniger vertraut ist als
Kulturerbe, geologische Formationen, Naturlandschaften und
Schutzreservate von Tieren und Pflanzen, die vom Aussterben bedroht
sind.
Universeller Charakter entscheidend
Mit der Benennung von Kultur- und Naturstätten für die
UNESCO-Liste verpflichten sich die betreffenden Staaten, diese
durch gesetzliche, technische und andere Schutzmaßnahmen
langfristig zu erhalten. Insgesamt verzeichnet die "Liste des
Kultur- und Naturerbes der Menschheit" jetzt 812 Stätten in
137 Ländern, darunter 160 Naturerbestätten und 24
gemischte Stätten. Deutschland ist jetzt mit 31 Anerkennungen
repräsentiert. Offiziell zählt seit kurzem auch das
Elbtal Dresden zum Weltkulturerbe, ein 18 Kilometer langer Streifen
entlang der Elbe, der zwischen 500 Meter und drei Kilometer breit
ist.
Kriterien, nach denen das Komitee entscheidet, sind unter
anderem "Einzigartigkeit" und "Authentizität" (historische
Echtheit) eines Kulturdenkmals oder die "Integrität" eines
Naturdenkmals. Außerdem muss ein überzeugender
Erhaltungsplan vorliegen. Als alt und schön eingestuft zu
sein, reicht also nicht. Die Kulturstätte muss von
universellem Charakter sein.
Schlagzeilen macht in jüngster Zeit ein deutsches
Baudenkmal, das die UNESCO auf der "Roten Liste" platziert, also
für gefährdet hält: der Kölner Dom. Dabei
präsentiert sich die gotische Kathedrale so ansehnlich wie
nie. Die Hauptfassade glänzt zum Weltjugendtag wie seit 60
Jahren nicht mehr. Die Westfassade ist eine gerüstfreie Zone.
Wer das Denkmal kennt, weiß, wie ungewöhnlich das ist.
Tausende von Menschen, die den angrenzenden Bahnhof verlassen,
führt die einladende Domtreppe, die auch erst wenige Tage vor
dem Weltjugendtag freigegeben wurde, zum immer wieder
beeindruckenden Hauptportal des wichtigsten Kulturdenkmals von
Nordrhein-Westfalen. Wenn dem 157 Meter hohen Bauwerk die
Aberkennung des Titels "Welterbestätte", ein Titel mit einem
besonderen Klang, der auch zusätzliche Aufmerksamkeit erzeugt,
wenn es darum geht, Touristen aus nah und fern anzulocken,
aberkannt würde, wäre das ein Ansehensverlust. Allerdings
besitzt so ein Titel auch nur dann Qualität und Aussagekraft,
wenn er nicht inflationär vergeben wird, ein Aspekt, denn das
Komitee möglicherweise gezielter in Augenschein nehmen sollte,
soll die Bezeichnung "Welterbe" wirklich Universelles
hervorheben.
Wie geht das nun zusammen: ein Hauptportal das so schön
anzusehen ist wie nie seit Kriegsende, eine Domtreppe mit weit
ausgestreckten Armen sozusagen, die das einmalige Bauwerk aufwertet
und auf der anderen Seite das Risiko, von der Welterbeliste
gestrichen zu werden? "Das Problem ist die Pufferzone",
erläutert Dieter Offenhäußer, Pressesprecher und
stellvertretender Generalsekretär der Deutschen
UNESCO-Kommission, im Gespräch mit "Das Parlament". Er bezieht
sich damit auf die Hochhäuser, die im gegenüberliegenden
Deutz am Rheinufer gebaut werden beziehungsweise gebaut werden
sollen. Der im Rohbau vollendete 103 Meter hohe Turm des
Landschaftsverbandes Rheinland ist eines von fünf
Hochhäusern, die im rechtsrheinischen Stadtteil geplant sind.
Unter anderem wird die Europäische Weltraumbehörde ESA
dort einziehen. Die UNESCO vertrete die Position, dass die visuelle
Integrität verändert würde, sollte der Dom zugebaut
werden, so Offenhäußer. Seine Wirkung von der rechten
Rheinseite aus gesehen würde beeinträchtigt. Das
hört sich - aus einer bestimmten Perspektive - plausibel an.
"Wir wollen die Weltkulturerbestätten nicht musealisieren",
unterstreicht Offenhäußer ausdrücklich, "sondern wir
wollen "ein harmonisches Wechselspiel mit der Umgebung". Die
Vernachlässigung der Pufferzonenfrage erklärt der
UNESCO-Mitarbeiter durchaus mit "Verschlafenheit" auf Kölner
Seite.
Der Verbleib auf der "Roten Liste" war wie eine Art "Kopfnuss"
für die verantwortlichen Stadtplaner, die zwar seit eineinhalb
Jahren mit der UNESCO intensiv im Gespräch sind, aber die
architektonischen Pläne, die das gotische Bauwerk hätte
berühren können, vor Jahren anging, ohne sich mit der
UNESCO ins Benehmen zu setzen. Welterbestätten kommen dann auf
die "Rote Liste", wenn sie durch Kriege, Naturkatastrophen oder
durch menschliche Eingriffe besonders bedroht sind.
Gleichzeitig hält Offenhäußer aber auch fest:
"Wenn die Kölner wirklich glaubwürdig deutlich machen
können, dass die Optionen, die sie gewählt haben,
durchdacht sind", dann würden die Rheinländer auch auf
Verständnis stoßen. Kölns Baudezernenten Bernd
Streitberger jedenfalls hat die Schärfe der Kritik von Seiten
der UNESCO überrascht, sagte er gegenüber "Das
Parlament". Sie sei auch nur schwer nachvollziehbar. Andere
Welterbestätten seien wesentlich stärker bedroht.
Außerdem vertritt er die Position, dass die rechtsrheinische
Uferpromenade keine Weltkulturerbestätte sei. Als Baudezernent
steht er genau wie der Oberbürgermeister jetzt vor der
Aufgabe, Kosten und Nutzen abzuwägen. Es bleibt nun noch ein
knappes Jahr Zeit, das Problem zu lösen.
Das Beispiel macht deutlich, dass ein sensibler Umgang mit
Welterbestätten und ihrem Umfeld gefragt ist. Der Schutz des
Kultur- und Naturerbes ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem
umfassenden Tätigkeitsgebiet der UNESCO. Doch die Konvention
genießt einen Sonderstatus: Sie ist das bislang bedeutendste
internationale, völkerrechtlich verbindliche Instrument zum
Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt. Viele betrachten sie
als ersten Ansatz einer Weltkulturpolitik.
Internet: www.unesco.de
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