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Ines Gollnick
Editorial
Es gibt viele, die der Kultur nahe stehen und für sie
eintreten und diejenigen, die von ihr leben (wollen) und es doch
nur schwer können und solche, die sie nutzen: Politiker,
Förderer, Lobbyisten, Produzenten und Konsumenten. Und trotz
aller Beliebtheit und Fürsprache hat es die Kultur schwer,
sich immer wieder zu behaupten. In den Städten und Gemeinden,
wo das meiste Geld für die Kultur - wie Theater, Oper,
Bibliotheken und Museen - ausgegeben wird, ist sie eine freiwillige
Leistung. Freiwilligkeit heißt jedoch nicht Beliebigkeit.
Überflüssig darüber zu stöhnen, dass der Kampf
um Geld für die Kultur zurzeit besonders hart ist, weil
öffentliche Etats schrumpfen und sich Kämmerer zwischen
der Förderung von Kindergärten und Museen entscheiden
müssen.
Dass der Deutsche Bundestag eine Enquete-Kommission "Kultur in
Deutschland" eingesetzt hat, die sich mit einer Bestandsaufnahme
von Kunst und Kultur eine bemerkenswerte Aufgabe gestellt hat, ist
deshalb ein ganz wichtiges Signal in die Kunst- und Kulturszene
hinein. Vor 30 Jahren hat es die letzte umfassende Analyse mit dem
"Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und
soziale Lage der künstlerischen Berufe" gegeben. Das Signal
der Politik an die Künstler und Künstlerinnen war
überfällig. Und das nicht nur, weil eine Fülle von
Bundesgesetzen die Existenzbedingungen für diese Berufsgruppe
so maßgeblich mitbestimmen wie das Gesetz zur
Künstlersozialkasse oder auch die Hartz-IV-Gesetzgebung.
Einstimmig hat sich die Kommission für die Verankerung von
Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz ("Der Staat schützt und
fördert die Kultur.") ausgesprochen, auch um eine
Gleichstellung zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu
erreichen. Die Aufnahme sei zwingend erforderlich und könnte
eine argumentative Hilfe für die Kommunen sein. Gleichzeitig
wird betont, dies sei kein Angriff auf die Kulturhoheit der
Länder. Dass zudem in verschiedenen politischen Lagern
diskutiert wird, Kultur nach der Wahl auf Bundesebene "in den
Ministerrang zu heben" - es muss damit nicht zwangsläufig ein
eigenes Ministerium einhergehen -, belegt, dass Kultur in
Deutschland in vielen Köpfen einen neuen Stellenwert bekommen
hat Kultur zu definieren, ist nicht immer einfach. Es fällt
dagegen leicht, zu sagen, was sie nicht ist und sein darf: Sie ist
weder Luxus, noch Freizeitvergnügen, obwohl sie natürlich
vergnüglich sein kann. Viele ihrer Rollen sind unbestritten:
als Feld für die kulturell-ästhetische Bildung und die
Verortung einer Gesellschaft, als Standortfaktor für die
Wirtschaft, als Instrument zur Außendarstellung in der Politik
oder als Kommunikationsmittel schlechthin.
"Das Parlament" widmet diesem facettenreichen "schönen"
Ressort nach 1999 und 2001 erneut eine Themenausgabe und nimmt nun
die Arbeit der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" des
Bundestages zum Anlass, die Wirkung von Kultur, ihre
Förderung, Aspekte des Strukturwandels, Existenzbedingungen
und gesellschaftlichen Stellenwert zu betrachten. Es ging der
Enquete darum, für alle politischen Ebenen - Bund, Länder
und Kommunen - Erkenntnisse, vor allem neues Basismaterial,
aufzubereiten, damit daraus politische Konsequenzen gezogen werden
können. Das vorzeitige Ende der Legislaturperiode hat einen
Abschlussbericht der Enquete mit den so genannten
Handlungsempfehlungen an die Bundestagsfraktionen zwar verhindert.
Aber es wird bis zum Jahresende einen Tätigkeitsbericht geben.
Alle Fraktionen haben signalisiert, mit dem neuen Bundestag wieder
eine Kultur-Enquete einsetzen zu wollen, um die Arbeit
abzuschließen. Was Kultur leistet, hat Christina Weiß,
Beauftragte des Bundes für die Kultur, einmal so formuliert:
"Kultur umgrenzt das Spielfeld der Auseinandersetzungen einer
Gemeinschaft mit ihren Traditionen, ihren Werten, ihren Zielen und
Konflikten." Für eine Gesellschaft sei sie also
"Überlebensmittel".
Die Autorin ist freie Journalistin, Bonn.
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