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Das Parlament
Nr. 34 - 35 / 22.08.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Ines Gollnick

Editorial

Es gibt viele, die der Kultur nahe stehen und für sie eintreten und diejenigen, die von ihr leben (wollen) und es doch nur schwer können und solche, die sie nutzen: Politiker, Förderer, Lobbyisten, Produzenten und Konsumenten. Und trotz aller Beliebtheit und Fürsprache hat es die Kultur schwer, sich immer wieder zu behaupten. In den Städten und Gemeinden, wo das meiste Geld für die Kultur - wie Theater, Oper, Bibliotheken und Museen - ausgegeben wird, ist sie eine freiwillige Leistung. Freiwilligkeit heißt jedoch nicht Beliebigkeit. Überflüssig darüber zu stöhnen, dass der Kampf um Geld für die Kultur zurzeit besonders hart ist, weil öffentliche Etats schrumpfen und sich Kämmerer zwischen der Förderung von Kindergärten und Museen entscheiden müssen.

Dass der Deutsche Bundestag eine Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" eingesetzt hat, die sich mit einer Bestandsaufnahme von Kunst und Kultur eine bemerkenswerte Aufgabe gestellt hat, ist deshalb ein ganz wichtiges Signal in die Kunst- und Kulturszene hinein. Vor 30 Jahren hat es die letzte umfassende Analyse mit dem "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe" gegeben. Das Signal der Politik an die Künstler und Künstlerinnen war überfällig. Und das nicht nur, weil eine Fülle von Bundesgesetzen die Existenzbedingungen für diese Berufsgruppe so maßgeblich mitbestimmen wie das Gesetz zur Künstlersozialkasse oder auch die Hartz-IV-Gesetzgebung. Einstimmig hat sich die Kommission für die Verankerung von Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz ("Der Staat schützt und fördert die Kultur.") ausgesprochen, auch um eine Gleichstellung zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu erreichen. Die Aufnahme sei zwingend erforderlich und könnte eine argumentative Hilfe für die Kommunen sein. Gleichzeitig wird betont, dies sei kein Angriff auf die Kulturhoheit der Länder. Dass zudem in verschiedenen politischen Lagern diskutiert wird, Kultur nach der Wahl auf Bundesebene "in den Ministerrang zu heben" - es muss damit nicht zwangsläufig ein eigenes Ministerium einhergehen -, belegt, dass Kultur in Deutschland in vielen Köpfen einen neuen Stellenwert bekommen hat Kultur zu definieren, ist nicht immer einfach. Es fällt dagegen leicht, zu sagen, was sie nicht ist und sein darf: Sie ist weder Luxus, noch Freizeitvergnügen, obwohl sie natürlich vergnüglich sein kann. Viele ihrer Rollen sind unbestritten: als Feld für die kulturell-ästhetische Bildung und die Verortung einer Gesellschaft, als Standortfaktor für die Wirtschaft, als Instrument zur Außendarstellung in der Politik oder als Kommunikationsmittel schlechthin.

"Das Parlament" widmet diesem facettenreichen "schönen" Ressort nach 1999 und 2001 erneut eine Themenausgabe und nimmt nun die Arbeit der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" des Bundestages zum Anlass, die Wirkung von Kultur, ihre Förderung, Aspekte des Strukturwandels, Existenzbedingungen und gesellschaftlichen Stellenwert zu betrachten. Es ging der Enquete darum, für alle politischen Ebenen - Bund, Länder und Kommunen - Erkenntnisse, vor allem neues Basismaterial, aufzubereiten, damit daraus politische Konsequenzen gezogen werden können. Das vorzeitige Ende der Legislaturperiode hat einen Abschlussbericht der Enquete mit den so genannten Handlungsempfehlungen an die Bundestagsfraktionen zwar verhindert. Aber es wird bis zum Jahresende einen Tätigkeitsbericht geben. Alle Fraktionen haben signalisiert, mit dem neuen Bundestag wieder eine Kultur-Enquete einsetzen zu wollen, um die Arbeit abzuschließen. Was Kultur leistet, hat Christina Weiß, Beauftragte des Bundes für die Kultur, einmal so formuliert: "Kultur umgrenzt das Spielfeld der Auseinandersetzungen einer Gemeinschaft mit ihren Traditionen, ihren Werten, ihren Zielen und Konflikten." Für eine Gesellschaft sei sie also "Überlebensmittel".


Die Autorin ist freie Journalistin, Bonn.

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