Jörg van Essen
Wir halten uns an die bewährten Regeln
Geschäftsordnungsdebatte zur Festlegung der
Zahl der Stellvertreter des Bundestagspräsidenten
Herr Präsident, ich darf Ihnen zunächst im Namen der
FDP-Bundestagsfraktion ganz herzlich gratulieren. Sie hatten das
Vertrauen unserer Fraktion bereits im Amt des Vizepräsidenten
und Sie werden es mit Sicherheit auch in Ihrer neuen Funktion
rechtfertigen.
Wir haben uns insbesondere über Ihre kritischen Bemerkungen
hinsichtlich der Verhaltensregeln sehr gefreut. Wir haben
nämlich deshalb auch eine Erklärung nach § 31 der
Geschäftsordnung dazu abgegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Bundestagsfraktion ist
erstaunt, wie mit den hohen Ämtern in einem der wichtigsten
Verfassungsorgane, dem Bundestag, umgegangen wird. Da hören
wir zunächst, dass auf Wunsch der SPD-Fraktion in der
konstituierenden Sitzung möglicherweise kein Präsidium
gewählt werden soll, weil das Amt des
Bundestagspräsidenten in die Koalitionsverhandlungen
einbezogen werden soll.
Für uns war die Linie von Anfang an klar und eindeutig: Wir
halten uns an die bewährten Regeln des Deutschen
Bundestages.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Diese Regeln besagen, dass selbstverständlich die
stärkste Fraktion den Präsidenten stellt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der
Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN])
Zu den bewährten Regeln gehört auch folgende: Wir
haben uns nach langer Dis-kussion darauf verständigt - ich
finde, dass das für die Demokratie in unserem Lande spricht -,
dass sich jede Fraktion, auch die kleinste - in diesem Fall die
Grünen -, im Präsidium wiederfindet. Wenn eine Fraktion
hinzukommt wie die der Linkspartei, dann gibt es für uns gar
keine Diskussion darüber, dass dann ein Amt für die
Linkspartei zur Verfügung stehen muss. Das gehört zur
Demokratie dazu.
Wir können aber keinerlei Grund erkennen - Herr Kollege
Röttgen, Sie haben das auch in Ihrer Rede nicht deutlich
gemacht -, warum es notwendig ist, einen weiteren
Vizepräsidenten im Deutschen Bundestag zu installieren. Der
Arbeitsanfall gebietet es jedenfalls nicht. Auch ein kleineres
Präsidium hat uns vorzüglich geleitet. Noch viel
wichtiger ist ein anderer Aspekt - Sie haben bereits den
Kostenfaktor angesprochen -: Nach den Koalitionsverhandlungen
gestern Abend war zu hören, wie schwierig die Finanzlage in
unserem Land ist. Das heißt, wir, der Bundestag, werden
unseren Bürgern viel zumuten müssen. Das erste Signal des
neu gewählten Bundestages darf daher nicht sein, dass wir,
ohne dass ein nachweisbarer Anlass dazu besteht, die Zahl der
Vizepräsidenten um eine weitere Position erhöhen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich darf zum Schluss aus der schon erwähnten Debatte von
1994 zitieren. Ein Kollege hat damals gesagt: Wir muten den
Bürgern Sparmaßnahmen zu. Wenn dem so ist, darf es nicht
sein, dass der Bundestag als Ers-tes eine Erweiterung des
Präsidiums beschließt. - Derjenige, der das damals gesagt
hat, ist der heutige Ministerpräsident des Landes
Nordrhein-Westfalen, der Kollege Rüttgers. Recht hat er. Die
FDP-Bundestagsfraktion wird deshalb einer Erweiterung des
Bundestagspräsidiums ihre Zustimmung nicht geben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und der LINKEN)
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