Sabine Quenot
Marmor für das Mexiko-Feeling
Botschaften in Berlin (III): Die Vertretung
Mexikos
Für den dritten Teil unserer Serie
über die Botschaften in Berlin haben wir uns in der
mexikanischen Botschaft umgesehen. Sie gehört mit Sicherheit
zu den größten Überraschungen in der neueren
Architekturlandschaft Berlins: Verarbeitet wurde nicht etwa
schnödes Sichtbeton, sondern eine Mischung aus Zement und
Marmormehl. Die Architekten hoffen jetzt nur eines: Dass sich das
Weiß der Fassade in der Berliner Luft nicht so schnell grau
färben wird wie Beton in der trüben Luft von
Mexiko-Stadt.
Die Architekten der Mexikanischen Botschaft
in Berlin haben die eigene mexikanische Art, mit Beton zu bauen, in
mitteleuropäische Gefilde importiert: Beton wird in Mexiko
sehr häufig verbaut, schließlich gehören die
Mexikaner zu den größten Betonlieferanten der Welt. Doch
wirken die ständig feucht gewischten Gebäude dort eher
warm, frisch und verspielt; hier sind sie oft nur grau, stumpf und
erschlagen den Betrachter mit ihrer Rohheit.
Um dieses Beton-Feeling mit einzugießen,
haben die Erbauer für das Material, aus dem die markante
Fassade der Botschaft in der Klingelhöferstraße am Rande
des Tiergartens besteht, ein besonderes Finish verwendet und
mischten dem Zement anstelle von Sand und Kies kleine
Marmorstücken und Marmormehl bei. Um die Wirkung der
extravaganten Betonmischung zu verstärken, wurden die
sichtbaren Oberflächen mit Pressluftmeißeln bearbeitet.
Der Effekt ist wunderschön: eine grobe, aber zugleich feine,
leicht funkelnde Oberfläche.
Für die 40 Menschen, die hier arbeiten,
Diplomaten, Mitarbeiter und Techniker, ist der Bau ein
"phantastisches Geschenk". Sie sind stolz darauf, denn für sie
ist das Gebäude "typisch mexikanisch": Moderne und indianische
Kultur sind in einem Objekt vereint. Die Architekten Teodoro
González de León und Francisco Serrano verleihen der
Botschaft die charakteristischen Merkmale der mexikanischen
Architektur: offene große Repräsentationsräume sowie
starke architektonische Elemente.
Die Fassade ist transparent und monumental
zugleich. Sie besteht aus 18 Meter hohen, zum Teil schräg
gesetzten Pfeilern aus jenem edlen Beton. Die 40 Stützen der
repräsentativen Vorderseite öffnen wie Längslamellen
den Blick auf den Eingang und gestatten auch Einblicke in das
Innere des Gebäudes. Je nach Standpunkt des Betrachters
verschiebt sich die Fassade zu immer neuen Ansichten.
Deutschland als einer der wichtigsten
Handelspartner wird von den Mexikanern so geschätzt, dass hier
die schönste und bedeutendste mexikanische Botschaft Europas
entstanden ist. "So einen Hauptstadtwechsel gibt es wohl nur ein
Mal auf der Welt", sagt Lino Santacruz, Presseattaché im
Hause. Den haben die Mexikaner genutzt, um aus der prominenten
Adresse Adenauerallee 100 in Bonn mitten in Berlins neues
politisches Zentrum umzuziehen.
Innen zieht das zylindrisch geschnittene
Atrium magisch an. Wie die Fassade ist es 18 Meter hoch und
beträgt im Durchmesser 14 Meter. Inspiriert von dem
prähispanischen Observatorium in der Maya-Stadt Chichen
Itzá, birgt es zahlreiche geometrische Formen, wie einen
pyramidenförmigen Treppengarten und einen Türsturz aus
einem Dreieck ohne Spitze, wie er in den Eingängen zu den
Pyramiden von den Mayas konstruiert wurde. Die rund 400 kleinen
Bullaugen im Zylinder lassen Strahlen herein, die wechselnde
Lichtspiele an die Wand werfen. Das runde Dach ist verglast und
schafft selbst bei grauem Himmel oder Schnee ein lichtes Zentrum,
zu dem das gesamte Gebäude in Beziehung steht.
Hier erzählte auch der Kunstsammler
Heinz Berggruen einst bei einer Lesung von seiner Affäre mit
Frida Kahlo - eine deutsch-mexikanische Beziehung, die nur kurz
weilte.
Insgesamt soll die Botschaft ein Ausdruck
für die ausgezeichneten Beziehungen zwischen Deutschland und
Mexiko sein. Beide Länder verbindet eine wichtige Erfahrung:
die einer friedlichen unblutigen Revolution in ihrer jüngeren
Geschichte - Deutschland 1989 und Mexiko 2000.
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