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Sabine Rennefanz
Der Holocaust-Leugner David Irving
Stichwort
Großbritannien mag keine rechten Despoten produziert haben,
die Angst und Schrecken über den Kontinent brachten, wohl aber
Einzelgänger, die unter dem Denkmantel der Wissenschaft die
liberale Umgebung benutzten, um dumpfe Ideologien zu verbreiten.
Zum Beispiel David Irving. Irving galt einst als einer der
talentiertesten britischen Historiker. Der Sohn eines
Marineoffiziers, der nach einem abgebrochenen Physikstudium im
Ruhrgebiet als Stahlwerker jobbte, hatte sich einen Namen damit
gemacht, entlegene Zeugen der Nazizeit aufzuspüren und bislang
unbekannte Quellen zu verwerten. Er wurde jahrelang als Instanz in
Sachen Drittes Reich angesehen. Doch seine Zeugen schienen allzu
großen Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Er begann über
die Jahre als Redner aufzutreten, zunehmend im rechtsradikalen
Milieu. Schließlich wurde er als rechtsradikaler
Holocaust-Leugner und Geschichtsfälscher entlarvt. Im
Frühjahr 2002 musste Irving Bankrott anmelden, nachdem er die
Kosten für einen verlorenen Gerichtsprozess in Höhe von
zwei Millionen Pfund nicht aufbringen konnte. Zuvor hatte Irving in
London eine Aufsehen erregende Verleumdungsklage gegen die
amerikanische Wissenschaftlerin Deborah Lipstadt und den
Penguin-Verlag angestrengt. Lipstadt hatte den Briten in einem Buch
als Parteigänger Hitlers und einen der gefährlichsten
Holocaust-Leugner bezeichnet
Ihre Äußerungen bezogen sich auf Irvings Pamphlet
"Hitlers Kriege", das 1977 in Großbritannien erschienen war
den Verlauf des Zweiten Weltkrieges aus Hitlers Sicht beschreibt.
Irving behauptet darin, dass der Nazi-Führer bis 1943 nichts
vom Holocaust gewusst und im übrigen niemals den Befehl zur
Auslöschung der europäischen Juden gegeben habe. Der
Autor bestreitet zudem, dass die massenhafte Ermordung der Juden in
Auschwitz und anderen KZs jemals stattgefunden habe.
Das Buch machte ihn zum Chefideologen der europäischen
rechten Szene. In mehreren Ländern wird ihm seitdem die
Einreise verweigert, darunter auch in Deutschland. Im April 1990
hatte er sich im Müncher Löwenbräukeller
anläßlich eines "Revisionisten"-Kongresses, wie folgt
geäußert: "Man weiß inzwischen, dass die den
Touristen in Auschwitz gezeigte Gaskammer eine Attrappe ist, die
nach dem Kriegsende von den Polen erbaut wurde."
Doch es dauerte bis zu dem Prozess Lipstadts gegen Irving, den
Untergang des Historikers sicherzustellen. Die Aufgabe
übernahm Richard Evans, Professor für moderne Geschichte
in Cambridge: Evans wies in einer beeindruckend klaren Analyse
nach, dass Irving Aussagen verzerrt wiedergegeben, wissentlich
falsch übersetzt und historische Fakten ungenau dargestellt
habe, um sie seiner braunen Ideologie anzupassen. Irving habe die
wissenschaftlichen Standards, die unter Historikern üblich
sind, derart verletzt, dass er es nicht verdiene, Historiker
genannt zu werden, urteilte Evans. Der Richter vor dem High Court
in London, Charles Gray, bezeichnete Irving als einen aktiven
Holocaust-Leugner, einen Antisemiten und Rassisten, der mit
rechtsextremen Neonazis verbunden sei, und lehnte die Klage ab.
Eine Berufungssklage, die Irving mithilfe von Unterstützung
aus den USA angestrengt hatte, wurde 2001 abgewiesen. Der
britischen Tageszeitung The Observer war es kurz zuvor gelungen, in
den Besitz einer Liste seiner Geldgeber zu kommen. Auf der Liste
sind 4.017 Namen genannt, davon 2.495 allein in den Vereinigten
Staaten und Kanada. Zu seinen wichtigsten Unterstützern
zählt der auf Hawaii lebende ehemalige deutsche
U-Boot-Kommandant Henry Kersting, der sich in den USA einen Ruf als
Spezialist für die Umgehung von Steuerzahlungen erworben hat.
Nach allem, was man weiß, verbringt Irving inzwischen seine
überwiegende Zeit in Florida. Glaubt man seiner Website,
unternimmt er regelmäßig Vortragsreisen in Ländern,
in denen seine hanebüchenen Theorien willkommen sind. Ein
Besuch in Griechenland, der laut Irvings Website für diesen
Oktober geplant war, wurde aber nach Protesten der dortigen
Journalistengewerkschaft verhindert.
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