Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft
14. Wahlperiode
DEUTSCHER BUNDESTAG Protokoll-Nr.
14/88
Ausschuss für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
14. Wahlperiode
22 38- 24 50
Wortprotokoll
der
88. Sitzung
des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
(10. Ausschuss)
Öffentliche Anhörung
-Perspektiven der deutschen
Fischerei und Fischwirtschaft in der EU-
am Montag, 18. März 2002, 11.00 Uhr
(Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.900)
Vorsitz: Peter Harry Carstensen (Nordstrand), MdB
Seite
Einziger Punkt der Tagesordnung 8 - 123
-Perspektiven der deutschen Fischerei und Fischwirtschaft in der EU-
dazu die Stellungnahmen der Sachverständigen
- 14/652 Deutscher Anglerverband-
- 14/653 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten
- 14/654 Institut f. Binnenfischerei, Prof. R. Knösche
- 14/656 Deutscher Fischereiverband e.V. (DFV)
Verband der Deutschen Kutter- und Küstenfischer e.V.
Verband der Deutschen Binnenfischerei e.V.
Deutscher Hochseefischereiverband e.V.
Küstenfischer an der schleswig-holsteinischen Westküste e.V.
- 14/657 Umweltstiftung WWF Deutschland -Fachbereich Meere und
Küsten -
Der Vorsitzende: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die 88. Sitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu unserer öffentlichen Anhörung zum Thema ?Perspektiven der deutschen Fischerei und Fischwirtschaft in der EU? und begrüße ganz herzlich die Vertreter der Bundesregierung, die Mitglieder des Ausschusses sowie weitere interessierte Gäste.
Ich begrüße insbesondere unsere Sachverständigen und bedanke mich für die von Ihnen erstellten Antworten zum Fragenkatalog, die Sie auf den A-Drs. 14/652 bis 14/657 finden. Diese sind den Abgeordneten per E-Mail übermittelt worden und liegen auch im Sitzungssaal aus. Außerdem liegt eine Stellungnahme des Landesverbandes der Berufsfischer und Teichwirte in Baden-Württemberg, die nicht als Sachverständige geladen sind, auf A-Drs. 14/670 aus.
Hinsichtlich des zeitlichen Rahmens rechne ich mit einer Dauer von gut drei Stunden, wobei zum Ende durchaus Spielraum besteht, denn wir möchten gerne eine umfassende Anhörung und eine umfassende Behandlung der Probleme der Fischerei ermöglichen.
Ich möchte die Sitzung nicht eröffnen, ohne dem Präsidenten des Deutschen Fischereiverbandes, Martin Brick, ganz herzlich zum Geburtstag zu gratulieren.
Ebenso möchte ich es nicht versäumen, Frau Friedenstab, unserer Referendarin, die heute ihre letzte Sitzung im Ausschuss hat, für eine außerordentlich erfreuliche Zusammenarbeit zu danken und ihr für die Zukunft alles Gute zu wünschen.
Ich würde vorschlagen, dass wir von den eingeladenen Verbänden und den Einzelsachverständigen ein Eingangsstatement hören, das bei fünf Minuten liegen sollte, so dass wir ein bisschen ins Thema kommen und einen Überblick über die Problematik der deutschen Fischerei erhalten. Es ist üblich, hier offen, sehr offen zu reden, denn wir möchten Informationen haben und es sollte nichts unter der Decke bleiben, denn nur dann kann diese Anhörung ein Erfolg werden.
Volker Kuntzsch, Bundesverband der Deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels: Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland rangiert auf der Liste der wichtigsten Fischfangnationen nicht unter den ersten 50. Deutschland spielt aber eine bedeutende Rolle im Handel mit Fisch und ist der sechstgrößte Importeur weltweit. Der überwiegende Anteil der Einfuhren wird weiter verarbeitet. Die Fischindustrie und der Fischgroßhandel beschäftigen im Jahr 2000 knapp 14.000 Personen, das sind ungefähr 30 % aller Beschäftigten der Deutschen Fischwirtschaft.
Die Nachfrage auf dem deutschen Markt nach Fisch und Fischwaren wurde in 2000 zu 86 % von Importen aus EU-Staaten und Drittländern gedeckt. Bei den für die verarbeitende Industrie wichtigen Grundfischarten, wie Alaska-Seelachs, Seehecht, Hoki und Kabaljau, beträgt der Anteil der Importe nahezu 100 %. Auf Grund unserer Bedeutung im weltweiten Handel mit Fisch, spielt Deutschland eine Vorreiterrolle in der Forderung an seine Lieferländer, ein bestandserhaltendes Fischereimanagement umzusetzen. Die Initiative ?Bestandserhaltende Fischerei? wurde 1996 durch die Fischwirtschaft ins Leben gerufen, um sicherzustellen, dass wir unsere Konsumenten mit Fisch aus nachhaltigen Ressourcen versorgen. Unterstützt werden wir in unserem Bestreben auch durch deutsche Forschungseinrichtungen, die weltweit einen hervorragenden Ruf in der Fischerei und der Aquakultur genießen.
Unsere Initiative unterstützt auch den ?Marine Stewardship Council? (MSC) oder ?Rat zur Bewahrung der Meere?, der auf Basis des ?FAO Code of Conduct for Responsible Fisheries? Prinzipien und Kriterien entwickelt hat, die als Grundlage für eine Zertifizierung bestandserhaltender Fischereien dienen. Weltweit sind bereits einige Fischereien, z. B. der Wildlachs Alaska, der Hoki Neuseelands und die westaustralische Languste, zertifiziert worden und setzen unsere Konsumenten in die Lage, diese Produkte anhand des MSC-Siegels im Einzelhandel zu erkennen. Im Gegensatz zu anderen Ökosiegeln, die sich mit der Qualität der eingesetzten Rohstoffe, des Ursprungs, der Produktsicherheit u. a. auseinandersetzen, ist das MSC-Siegel, zur Zeit das einzige Siegel, das auf der Grundlage international abgestimmter Kriterien eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände bescheinigt.
Zusammenfassend möchten wir die folgenden Punkte hervorheben:
1. Die hohe Abhängigkeit von Importen und die Notwendigkeit, den Nachfragedruck auf einzelne Fischarten zu reduzieren, erfordern eine weitere Liberalisierung des Handels.
2. Unsere Bemühungen, das Bestandserhaltungskonzept bei unseren Lieferländern umzusetzen, sollten durch die Bundesregierung bzw. die EU stärker unterstützt werden. Dieses setzt voraus, dass auch die EU-Fischereien bestandserhaltend verwaltet werden.
3. Die Entwicklung weiterer Ökosiegel muss dem Konsumenten die Möglichkeiten klarer Differenzierung bieten und sicherstellen, dass, außer der Aquakultur, auch der Fang natürlicher Ressourcen als ökologisch unbedenklich zertifizierbar sein muss.
4. Die deutsche Fischereiforschung muss finanziell und personell unterstützt werden, um weiterhin unseren wissenschaftlichen Einfluss auf unsere Lieferländer geltend machen zu können.
Bernd Mikulin, Deutscher Anglerverband: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte auf vier Punkte besonders aufmerksam machen.
1. Der jährliche Umsatz der Angelfischerei in Deutschland beziffert sich auf 1,5 Mrd. Euro, rund 20.000 Arbeitsplätze hängen daran, insbesondere was den Bereich des Tourismus und der Freizeitgestaltung anbelangt, und dies sind relativ zurückhaltend bezifferte Werte. Es ist überhaupt kein Problem, bei einer relativ attraktiven Urlaubsgestaltung für den Tourismus auch für ausländische Bürger, die ihren Urlaub in Deutschland verbringen, diesen Umsatz zu vervielfachen, wobei wir hierfür die wesentliche Unterstützung erwarten. Die Problematik der Umsetzung einer nachhaltigen Fischereipolitik wird eigentlich durch die Gesetzgebung in Deutschland behindert. Es ist Fakt, dass Fischereirecht Landesrecht ist und es ist sehr schwer, einem ausländischen Gast zu erklären, welche Hürden er nehmen muss, um in Deutschland einmal angeln gehen zu können.
2. Es ist für uns außerordentlich bedeutsam, in einer sehr engen Zusammenarbeit, vor allem mit den Binnenfischereibetrieben in Deutschland, dafür zu sorgen, dass die Binnenfischerei einen Absatzmarkt für den Besatz von Angelgewässern in unseren Bundesländern hat, und ich denke, dass wir unseren Kollegen Berufsfischern hier auch wesentlich helfen, ihren Umsatz abzusichern.
3. Die Angler in Deutschland leisten jährlich etwa 6 Mio. unbezahlte freiwillige Arbeitsstunden bei der Hege und Pflege der Gewässer. Auch das ist eine Zahl, die sicherlich noch erweiterungsfähig ist. Diese 6 Mio. freiwilligen Arbeitsstunden stellen einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung der Natur dar.
4. Als ein zunehmend großes Problem stellen sich für uns die zunehmenden Kolonien an Fisch fressenden Tieren, insbesondere Kormoran und Graureiher, dar. Die entsprechenden Bemerkungen und Zuarbeiten haben wir sowohl an den Deutschen Fischereiverband als auch an den VDBI gemacht. Ich denke, hier ist es notwendig, dass die Bundesregierung sozusagen als Koordinator zwischen den Bundesländern etwas dafür tut, einheitliche Regelungen zu schaffen, die die Verluste, die wir durch Graureiher und Kormorane zweifelsfrei in großem Rahmen haben, zu minimieren.
Martin Brick, Deutscher Fischereiverband: Herr Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst darf ich einmal Dank sagen, dass heute die gesammelte Fischerei hier vor einem Ausschuss etwas zur Fischerei sagen kann. Darauf warten unsere 1,1 Mio. Mitglieder, und sie werden das sicher dankend aufgreifen. Gestatten Sie mir zunächst eine Bemerkung zur Seefischerei. Das galt früher einmal als der freieste Beruf, es kam eigentlich nur darauf an, wie der Wind weht, wie das Wetter ist, und es hing vom Fangglück ab, ob der Fischer erfolgreich war oder nicht. Das ist lange her. Es gibt also heute nicht nur Quoten für Fische, d. h. wie viele in welchem Gebiet gefangen werden dürfen. Es gibt auch technische Maßnahmen, wie Mindestgrößen und Mindestmaschenweiten und weitere genaue Vorschriften zur Netzgestaltung. Außerdem sind Fischereiaufwandsregeln erlassen worden, die die maximale Anzahl von Seetagen für bestimmte Fangschiffe festlegen. Es gibt ein automatisches Ortungssystem, das es erlaubt, den genauen Standort des Schiffes und die Geschwindigkeit und Fahrtrichtung von Land aus festzustellen. In der Nordsee sind z. B. für die Seezungenfischerei drei verschiedene Mindestmaschengrößen je nach Region festgelegt.
Der Fischer hat inzwischen so viele Vorschriften neben den seemännischen Auflagen zu beachten, dass es ihm kaum möglich ist, nicht gegen einzelne Anordnungen zu verstoßen. Allein die Bekanntmachung für den Fischfang durch deutsche Betriebe der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, die vor 10 Jahren noch aus einem Drei-Seiten-Papier bestand, weist heute nahezu 20 Seiten auf. Wenn der Fischer alle Verordnungen und Regelungen, die zu beachten sind, mit an Bord nimmt, hat er kaum noch Raum, um die gefangenen Fische mit an Land zu bringen. Wir hatten die Hoffnung, dass diese Regelungswut eingedämmt wird, aber die Geschwindigkeit, mit der neue Vorschriften erlassen werden, hat ständig zugenommen.
Für die Ostsee hat man das Sommerfangverbot für Dorsch auf drei Monate vom 01.06. bis 31.08. verlängert, obwohl die Wissenschaftler erklären, dass das Sommerfangverbot keinen großen Effekt für den Dorschbestand hat. Hinzu kommen noch 30 Stilllegungstage in einer festgelegten Zeit für die Inanspruchnahme der Sozialprämien. Wenn man dann noch die Sturmtage im Herbst und Winter abzieht, so bleibt nur eine sehr kurze Zeitspanne für die Fischerei. Die Fischer können in dieser kurzen Zeit nicht genug verdienen, um das Jahr zu überstehen. Wir brauchen daher dringend einen finanziellen Ausgleich für diese lange Sommerpause. Das zieht sich durch alle Papiere, die aus der Politik kommen, die den Rahmen setzt. Es gibt dort keine Sozialmaßnahmen, die angedacht sind. Außerdem brauchen wir eine Beifangregelung für Dorsch bei der Plattfisch-Fischerei, damit die Fischer, die Flundern fangen, die zwangsläufig mitgefangenen wenigen Dorsche nicht als Discards über Bord werfen müssen. Die Dorsche sind ohnehin tot, wenn sie an Bord kommen und werden auch durch den Rückwurf nicht wieder lebendig. Außerdem erwarten die Touristen, die in dieser Zeit an der Küste ihren Urlaub verbringen, auch einmal einen frischen Dorsch auf der Speisekarte.
Ein weiteres großes Problem für die Fischerei ist der Zugang zu den Fanggebieten. Dem Fischer sind viele Fangplätze genommen worden bzw. werden ihm streitig gemacht. Das geht von Walschutzgebieten, über Null-Nutzungszonen, Mausergebiete bis hin zu FFH-Gebieten usw. Das ist die eine Seite, das andere ist die wirtschaftliche Seite. Denn hinzu kommen noch die anderen Nutzungen der Meeresgebiete durch Gas- und Ölplattformen, allein in der Nordsee gibt es 86 Bohrinseln, durch Kies- und Sandabbau, durch Verkehrstrennungsgebiete, durch Munitionsverklappungsgebiete, durch militärische Nutzung und nicht zuletzt durch riesige Windparks und Kabelverlegungen. Wenn man sich die Nutzungskarte der ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee anschaut, fragt man sich, wo überhaupt noch Fischerei möglich ist. Diese Karten sind von uns an Sie verteilt worden.
Ich habe noch ein weiteres Problem hier vorzubringen, was vielleicht doch nicht so bekannt ist. Hierbei geht es um den Aalbesatz. Der Aal kann in heimischen Gewässern nicht reproduziert werden. Wir sind auf den natürlichen Aalbesatz in Form von Glasaalen angewiesen und ich mache darauf aufmerksam, es sind die Fischer und Angler, die den Aal überhaupt noch in unsere Flüsse und Seen im Binnenland bringen. Ich will damit vorbeugen, dass irgendjemand auf die Idee kommt, den Aal jetzt unter Artenschutz zu stellen. Wir müssen feststellen, dass ein großer Teil von diesen Glasaalen, etwa 4.000 gehen auf ein Kilogramm, vor der französischen und spanischen Küste gefangen wird, der in den direkten Konsum geht, ein großer Teil geht in die Aquakulturanlagen in China. Die Preise für die so knapp gewordenen Glasaale sind exorbitant gestiegen, so dass die Berufs- und Angelfischer kaum noch die finanziellen und materiellen Aufwendungen für den Besatz in den heimischen Gewässern aufbringen können. Wir haben daher, auch das sollen Sie wissen, eine Resolution sowohl an die EU als auch an das zuständige Ministerium mit der Bitte geschickt, sich doch dafür einzusetzen, dass diesem Unwesen Einhalt geboten wird. Wenn man dann noch sieht, dass viele Aale von den zahlreichen Kleinkraftwerken an den Flüssen quasi gehäckselt werden, dann ist diese Situation sozusagen unerträglich.
Wir haben, und das ist der dritte große Komplex, das Gefühl, dass Deutschland eine nicht ausreichende Vertretung der eigenen fischereilichen Belange sowohl gegenüber der Kommission als auch beim Rat der EU hat. Im Rat gibt es ein Gremium der Freunde der Fischerei, hierzu gehören Frankreich, Spanien und Portugal. Deutschland gehört nicht dazu. Wir fordern, bei den Bewirtschaftungsmaßnahmen für die Fischerei ein Co-Management, d. h., die Fischer müssen bei allen anstehenden Maßnahmen ein Mitspracherecht haben. Die Wissenschaft kann nicht alle Fragen beantworten. Sie wird auch immer mehr abgebaut, siehe Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg. Auch hier sind die Fischer einzubeziehen. Wir haben Stellungnahmen zu vielen Vorschlägen der EU, aber auch zu nationalen Gesetzen, wie z. B. zum Naturschutzgesetz, abgegeben. Leider konnten wir unsere Stellungnahme in dem beschlossenen Gesetz nicht annähernd wiederfinden, vielleicht bis auf ein Komma. Wir fordern von allen für die Fischerei zuständigen Gremien ein Bekenntnis zur Fischerei, damit auch in Deutschland die Berufs- und Angelfischerei erhalten bleiben kann.
Ich habe Themen ausgelassen, zu denen die Fachverbände nachher sicher noch kommen werden. Themen wie Forschung, Kontrolle, Echtzeitregelung, Flottenpolitik, MAPs, Nichtförderung, Alter unserer Schiffe im Zusammenhang mit der Entschließung des Europäischen Parlaments und die Harmonisierung des Rechts in Europa. Ich darf abschließend bemerken, Deutschland hat einen Flottenanteil in der Europäischen Union von 2,5 % und einen Quotenanteil von 15 %. Es wird uns ein Rätsel bleiben, wie man da von Kapazitätsabbau spricht, anstatt ein Modernisierungs- und Erneuerungsprogramm aufzulegen. Ich behaupte sogar, selbst wenn die ganze deutsche Flotte verschwinden würde, hätte dies überhaupt keinen Einfluss auf die Fischbestände. Wir erwarten, dass man mit uns Gespräche führt und sich mit uns für die deutsche Fischerei einsetzt. Das ist wichtiger, als sich Zeit für Reisen zu nehmen, um sich um Wale zu kümmern. Ich darf auch hier feststellen, deutsche Fischer fangen keine Wale.
Klaus Hartmann, Deutscher Hochseefischereiverband: Meine Damen und Herren, ich möchte Ihren Blick auf einige wesentliche Punkte richten, die die Hochseefischerei betreffen. Wir haben ausführlich Stellung genommen in den schriftlichen Antworten. Die Hochseefischerei unter deutscher Flagge umfasst inzwischen 12 Fabrikschiffe, die im Nordatlantik und bis an die afrikanische Küste arbeiten. Ein wichtiges Thema, das immer wieder aufkommt, ist die Frage des Zustandes der Fischbestände, bei der wir uns wünschen, dass man die Dinge wirklich sehr differenziert betrachtet. Ich will als Beispiel den Kabeljau nehmen. Wir sprechen hier im Nordatlantik von fünf Kabeljaubeständen, die wir unterscheiden müssen. Es ist richtig, dass der Nordseekabeljaubestand in einem schlechten Zustand ist. Es ist auch richtig, dass da entsprechende Managementmaßnahmen wie etwa der Cod Recovery Plan, der von uns unterstützt wird, stattfinden müssen. Es ist aber genauso auch Tatsache, dass z. B. der Kabeljaubestand in der Barentssee, der für die große Hochseefischerei von Bedeutung ist, in stabilem Zustand ist. Wir haben dort seit Jahren ansteigende Durchschnittsfänge zu verzeichnen, und auch der Rotbarschbestand lässt nach unseren Erfahrungen eine stabile Fischerei zu. Wichtig ist, dass man die Dinge wirklich immer differenziert, regional und bestandsspezifisch betrachtet und auch entsprechende Managementmaßnahmen einleitet. Auch muss man bedenken, dass wir neben der fischereilichen Sterblichkeit auch immer einen hohen natürlichen Einfluss auf die Bestände haben. Wassertemperaturänderungen, große regionale Strömungsveränderungen und daraus resultierende Wanderbewegungen von Fischen sind hierbei von Bedeutung.
Für uns war in den vergangenen Monaten besonders eine Bestandsdiskussion wichtig, das war der blaue Wittling, der von der Forschung auch als sehr gefährdet betrachtet wird und wo dringend ein Management stattfinden muss. Um Zahlen zu nennen, es wurden im letzten Jahr von allen beteiligten Nationen 1,6 Mio. Tonnen gefangen, und es wird jetzt angestrebt, die Fischerei auf 500 bis 600 Tonnen herunterzufahren. In diesem Fall hat die EU sehr gut und verantwortungsbewusst gehandelt, ist aber auf Widerstand bei einigen anderen Drittländern, die mit uns gemeinsam im Atlantik fischen, also Norwegen, Island, Färöer-Inseln, gestoßen. Es zeigt sich dort ein Zwiespalt zwischen verantwortungsvoller bestandserhaltender Handlungsweise und, überspitzt gesagt, egoistischen nationalen wirtschaftlichen Interessen, die noch über einen Zeitraum von einigen Jahren durchzusetzen versucht werden, um über ein paar Jahre noch weiter catch records aufzubauen, die dann bei den Quotenverhandlungen wichtig sind.
Ein weiterer Punkt ist die Flottenkapazität.
Mit den Zahlen des letzten Jahres hat die deutsche Fischerei 52 % der zur Verfügung stehenden Fangquoten genutzt. Auch dies muss man differenziert sehen. Es sind sicherlich Bestände dabei, die für uns sehr wichtig sind, und die wir zu fast 100 % nutzen. Man kann auch mit den Schiffen nicht gleichzeitig überall sein und es gibt saisonale Unterschiede, die es praktisch unmöglich machen, 100 % zu erreichen. Insgesamt ist aber sicher noch Luft in den Fangquoten für die deutsche Fischerei. Wenn wir davon sprechen, die Fangkapazität unter deutscher Flagge zu reduzieren, dann sollten wir das wirklich angepasst an die Situation der regionalen Bestände und angepasst an die Fangquoten tun, und da meinen wir, dass nur in vereinzelten und seltenen Fällen eine Kapazitätsreduzierung überhaupt notwendig ist.
Dringend notwendig erscheint uns, wie auch schon vorher gesagt wurde, eine Modernisierung der Schiffe, denn wir haben Schiffe, die zum Teil über 30 Jahre alt sind, die die modernen Vorschriften zur Arbeitssicherheit nicht mehr in guter Weise erfüllen können und die auch keine attraktiven Arbeitsplätze für junge Leute sind. Wir haben große Schwierigkeiten, junge Menschen für den Beruf des Hochseefischers zu motivieren, und ich für meinen Teil, für meinen Betrieb, sehe für die Zukunft nur noch Hoffnungen in Osteuropa. Das ist jedoch nichts, was wir uns unbedingt wünschen. Wenn weiter Kapazitäten reduziert werden und noch mehr Fangquoten unter deutscher Flagge nicht befischt werden, dann hat das zur Folge, dass andere Mitgliedstaaten in der EU Begehrlichkeiten anmelden. Die nicht befischten Fangquoten werden dann umverteilt.
Wir wünschen uns bei den Fischquoten einen Ansatz, der mehrere Arten gleichzeitig betrachtet, so dass Arten, die auf See zusammenleben, wie z. B. Kabeljau und Schellfisch, auch quotenmäßig gemeinsam betrachtet werden. Wir wünschen uns auch, dass Fangquoten nicht immer nur vom 1. Januar bis zum 31. Dezember, sondern über einen größeren Zeitraum, also mehrjährig, verteilt werden. Damit könnten wir Fischerleute mehr in eigener Verantwortung handeln. Um diese Dinge gut zu managen, ist eine ausreichende Forschung notwendig, die unserer Meinung nach bis heute sehr zu wünschen übrig lässt. Nicht, dass der Wille zur Forschung fehlt, sondern es fehlt an Kapazität, um die Fragen, die uns ständig gestellt werden, jedes Jahr neu zu beantworten. Da wünschen wir, und das ist in der EU-Strukturpolitik für die nächsten Jahre so gewollt und vorgesehen, eine starke Unterstützung der Forschung.
Die Einhaltung der Fangquoten, die gegeben werden, sollte hart kontrolliert werden. Wir sind der Meinung, dass eine klare Kontrolle sehr wichtig ist, eine Kontrolle, die EU-einheitlich stattfindet und nationale Unterschiede, wie wir sie in der Vergangenheit immer wieder beobachten konnten, verhindert. Wir wünschen uns dort auch abschreckendere Sanktionen, als das bisher der Fall ist. Ein gutes Beispiel in diese Richtung ist die Erfahrung, die wir mit Norwegen machen. Wenn wir in norwegischen Gewässern fischen, haben wir mit sehr klaren Richtlinien und sehr scharfen Kontrollen und sehr harten Sanktionen zu tun und wir stellen fest, dass alle Fischer sich dort vorbildlich verhalten. Zu Ihrem Verständnis möchte ich darauf hinweisen, dass es auf See wesentlich schwieriger ist zu kontrollieren und an die Eigenverantwortung der Fischer zu appellieren. Wenn ein Bauer auf Land ein Feld vor sich hat, dann kann er für dieses eine Feld verantwortlich sein, und seine Grenzen sind klar abgesteckt. Auf See dagegen ist alles ständig in Bewegung. Ein Fischer, der sich vorbildlich verhält und seinen Quoten entsprechend fischt und rechtzeitig Schluss macht, wird sehr verärgert reagieren wenn er sieht, dass ein Fischer unter anderer Flagge genau auf diese Fischarten weiterfischt. Die Verhältnisse auf See sind also wesentlich komplizierter. Sehr wichtig für unsere Hochseefischerei sind auch, da wir in zum Teil weit entfernten Gebieten arbeiten, die Verträge mit Drittländern, also Norwegen, Grönland und auch afrikanischen Ländern. Wir wünschen uns deshalb sehr, dass Deutschland auch in den nächsten Jahren sehr aktiv am Halten dieser Drittlandverträge mitarbeitet und versucht, auch neue Drittlandverträge abzuschließen, z. B. mit Russland und den USA.
Wir wünschen uns ebenso eine Gleichstellung der Hochseefischerei mit den anderen Betrieben der Seeschifffahrt, also mit den Frachtschiffen. Hier wurden in den letzten Jahren viele Vergünstigungen gewährt, die den Hochseefischern versagt bleiben. Ich nenne da Tonnagesteuer und die Unterstützung der Ausbildung der Jugendlichen in der Seeschifffahrt.
Eine große Hoffnung haben wir, wenn wir die Punkte in der neuen EU-Strukturpolitik betrachten. Da wird gesprochen von Regional Councils, also örtlichen Räten, die Expertengruppen sein sollen, die in Zukunft mehr Verantwortungs- und Entscheidungsgewalt haben und die EU in ihrer Arbeit unterstützen sollen. Davon versprechen wir uns eine größere Akzeptanz der Maßnahmen innerhalb der Fischereikreise, wenn wir selbst mit in der Verantwortung stehen können.
Jürgen Ohlzen, Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten: Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fischindustrie. Wir haben ca. 50.000 Beschäftigte in den verschiedensten Sparten der deutschen Fischwirtschaft, einschließlich Fischgastronomie und Fischeinzelhandel. In der Fischerei sind es ca. 8.400 und in der Fischwirtschaft mit den Seefischmärkten 11.430. In den letzten Jahren sind die Beschäftigtenzahlen insbesondere durch Zusammenlegung von Firmen und durch Rationalisierungsmaßnahmen stetig rückläufig. Die Nematodenkrise führte in Deutschland zu einem starken Arbeitsplatzabbau. Danach, und das trotz steigenden Umsatzes, konnten die Arbeitsplatzzahlen nie wieder erreicht werden. Erst durch die BSE-Krise wurden Anfang 2001 wieder zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt. Inzwischen ist der Effekt nicht mehr da und auch die Arbeitsplätze, zumeist befristete, sind abgebaut worden. Auch durch verstärkte Verlagerung von Produktionen ins Ausland wurden und werden in Deutschland Arbeitsplätze abgebaut. Die NGG setzt sich, und das wird sie auch weiterhin tun, für eine bestandserhaltende Fischerei ein. Fischbetriebe sind in der Regel in strukturschwachen Gebieten vorhanden. Es ist also von hoher Wichtigkeit, hier Ersatzarbeitsplätze anzubieten. Im Hinblick auf ständig neue Gesetze, die wir auch wünschen und fordern, ist es daher auch erforderlich, die Weiterbildung voranzutreiben, und zwar nicht nur auf betrieblicher, sondern auch auf überbetrieblicher Ebene. Kleinere Fischbetriebe sind hierzu nicht allein in der Lage. Steuerliche Gleichbehandlung und damit auch einhergehend keine Wettbewerbsverzerrung sind weitere Voraussetzungen für die Sicherung der Standorte. Nicht durch Subventionen oder immer höhere Investitionen darf die eine Region gegen die andere ausgespielt werden. Es ist schon erstaunlich, dass dort, wo die geringsten Löhne gezahlt werden, eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht.
Johannes Rosenzweig, Landesvereinigung Schleswig-Holsteinischer Erzeugerorganisationen für Nordseekrabben und Küstenfischer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, meine Organisation vertritt rund 100 Kutterbetriebe an der schleswig-holsteinischen Westküste und ich darf Ihnen zunächst im Namen meiner Mitglieder für die Einladung danken. Es liegen folgenreiche politische Entscheidungen vor uns und es ist sehr begrüßenswert, dass wir unsere Vorstellungen auf diesem Wege in den Entscheidungsprozess einbringen können.
Meine Vorredner haben bereits unser Problem mit der Überalterung der Flotte dargestellt. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen, sondern nur mit allem Nachdruck die Dringlichkeit der Sache betonen. Bitte stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten mit 30 Jahre alten Produktionsmitteln im europäischen Wettbewerb bestehen. Welcher landwirtschaftliche Betriebe wäre dann mit 30 Jahre alten Traktoren und Maschinen konkurrenzfähig. Die Niederlande habe ihre Flotte trotz MAP insbesondere in den letzten Jahren erneuert und vergrößert. Die Niederlande haben im Jahr 2001 viele Umsatzrekorde im Fischereisektor gebrochen. Sie haben außerdem durch ihre verstärkte Flotte den deutschen Krabbenfischern die führende Position in Europa abgenommen. Nach meiner Einschätzung ist das vor allem eine Frage des politischen Willens und des politischen Einfallsreichtums. Politischer Einfallsreichtum ist an der Nordseeküste auch bei der Auseinandersetzung mit den Nationalparkgesetzen gefragt. Im Moment stehen neue Fanggebietsbeschränkungen für die Fischerei in einem Mausergebiet von Brandenten auf der Tagesordnung. Die jahrelange Beschäftigung mit dem Nationalparkthema hat mich dazu gebracht, die Fischerei einmal mit anderen Nutzformen von anderen Ökosystemen zu vergleichen, insbesondere an Land. Nehmen wir z. B. den Öko-Landbau. Das völlig ungenutzte Öko-System in der Norddeutschen Tiefebene wäre ein Öko-System, das großflächige Moore enthält. Selbst ein Öko-Landbau nach härtesten Kriterien führt zu einer vollständigen Verdrängung der ursprünglichen Wald- oder Moor-Öko-Systeme. Die wildlebende Pflanzenwelt würde fast vollständig verdrängt. Viele wildlebende Tiere würden komplett beseitigt. Durch tiefgreifende Bodenbearbeitung und Entwässerung durch die Landwirtschaft kommt es zu einer schwerwiegenden Veränderung der Standorteigenschaften. Die Seefischerei dagegen ermöglicht den Fortbestand der standorttypischen Öko-Systeme und ihrer Bestandteile. Feststellbar ist lediglich eine Veränderung der Häufigkeit einzelner wildlebender Arten. Von den substanziellen Umgestaltungen der Öko-Systeme, wie sie an Land überall vorhanden sind, sind wir im Marinenbereich weit entfernt. Die Seefischerei düngt nicht und es werden keine züchterischen Veränderungen der Erzeugnisse wie beim Landbau vorgenommen. Aus diesen Vergleichen ziehe ich den Schluss, dass die Seefischerei die von ihr genutzten Öko-Systeme und ihre Erzeugnisse wesentlich weniger beeinflusst, als der Öko-Landbau vergleichbare Öko-Systeme an Land. Von anderen Nutzungen der Land-Öko-Systeme durch den Menschen, die wir alle wie selbstverständlich hinnehmen, will ich gar nicht anfangen.
Mit diesen Betrachtungen möchte ich Sie ermuntern, sich guten Gewissens mit allem Nachdruck für eine wettbewerbsfähige deutsche Fischereiflotte einzusetzen. Die Krabbenflotte soll ausschließlich deshalb weiter abgebaut werden, weil wir gelegentlich am Plattfischfang teilnehmen. Dazu möchte ich nur zur Kenntnis geben, dass die niederländischen Schollenfischer seit Monaten Rekordfänge tätigen. Es gibt eine regelrechte Schollenschwemme, die schon zu Absatzproblemen auf dem Markt führt.
Die Nationalpark-Diskussion hat ein weiteres Defizit in Deutschland in schmerzhafter Weise auf den Tisch gebracht. Die deutsche Fischereiforschung ist aus meiner Sicht nicht mehr in der Lage, die wichtigen Fragen des Zeitgeschehens zu bearbeiten, deswegen übernehmen alle möglichen Naturschutzorganisationen dieses Arbeitsfeld. Vor Jahren gab es in der Bundesforschungsanstalt für Fischerei (BFA) noch ein Institut für Küsten- und Binnenfischerei. Inzwischen ist die Küstenfischerei als wichtigste deutsche Fischereisparte aus dem Organigramm der Anstalt völlig verschwunden. Krabben- und Muschelfischerei machten in den letzten Jahren mehr als 50 % der deutschen Inlandsanlandungen aus. Mit der eigentlichen Krabbenfischerei beschäftigt sich noch ein einziger Wissenschaftler der BFA auf ernst zu nehmende Art und Weise, in der Fangtechnik gibt es noch vereinzelte Aktivitäten, aber die Muschelfischerei ist aus dem Tätigkeitsbereich der BFA vollständig gestrichen worden. Sowohl hinsichtlich der deutschen Verbraucherinteressen als auch in Bezug auf den Bedarf nach Politikberatung war die Küstenfischerei in den letzten Jahren Top-Thema. Durch das Bundesnaturschutzgesetz und FFH wird es auch so bleiben. Der Verweis auf die Zuständigkeit der Länder hilft hier nicht weiter. Die Länder haben erst recht keine ausreichende Fischereiforschung, und es stellt sich dann die Frage, warum die Küstenfischerei früher einen so hohen Stellenwert in der BFA gehabt hat. Unsere Krabbenfischer sind längst nicht nur in der 12-Seemeilen-Zone aktiv. Ein ureigenes Bundesthema wäre außerdem die Untersuchung befischungswürdiger Vorkommen von Trogmuscheln außerhalb der 12-Seemeilen-Zone, z. B. im Bereich der Offshore-Windparks und in Bereichen der Sandentnahmestellen. Hier ist absolute Fehlanzeige. Stattdessen wird mit hohem Aufwand in der Antarktis herumgeforscht. Ich frage mich, wo hier die deutschen fischwirtschaftlichen Interessen oder die Belange des Verbraucherschutzes bleiben.
Außer einer leistungsfähigen Forschung brauchen wir öffentlich finanzierte Spezialberater, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 90er Jahre hinein eingesetzt wurden. Betriebswirtschaftliche Berater sorgten für eine möglichst gute Integration der Fischereibetriebe in die soziale Marktwirtschaft. Auch bei der Gründung der Erzeugergemeinschaften im Rahmen der europäischen Marktstrukturordnung haben wir eine wichtige Arbeit im öffentlichen Interesse geleistet. Technische Spezialberater waren im Einsatz, um nach der Bewältigung der Anfangsschwierigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland die steigenden Anforderungen an die Hygiene, z. B. durch den Einbau von Kühleinrichtungen auf den Küstenkuttern, zu begleiten. Heute benötigen wir diese Beratung zur Umsetzung der Erkenntnisse aus der Forschung und zur Bewältigung des Kommunikationsaufwandes, der z. B. im Rahmen der Wiederherstellungspläne für Bestände und zur stärkeren Beteiligung des Sektors an Entscheidungsprozessen von uns gefordert wird. Das Grünbuch schlägt außerdem die Einrichtung von regionalen Ausschüssen vor und verlangt eine stärkere Berücksichtigung von Umweltaspekten in der Fischerei. Diese und andere Ansätze zur Mitwirkung können wir begrüßen, aber aus eigener Kraft kann der deutsche Fischereisektor diese ganze Arbeit nicht leisten. Wir sind keine Politiker, Kaufleute oder Spezialisten für Öffentlichkeitsarbeit. Wir sind deutsche Fischer und Seeleute, und das wollen wir, genauso wie unsere Kinder, auch bleiben.
Dr. Christian von Dorrien, Umweltstiftung WWF Deutschland (World Wide Fund For Nature), Fachbereich Meere und Küsten: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren, als Erstes möchte ich mich im Namen des WWF für die Einladung bedanken. Auf diese Weise ist wenigstens ein Umweltverband hier vertreten. Das werten wir als sehr positives Zeichen und wünschen uns für die Zukunft, dass vielleicht die versammelten Umweltverbände oder auch Verbraucherschutzorganisationen hier mit vertreten sind. Unsere ausführliche Stellungnahme zu den vorliegenden Fragen haben Sie auch alle bekommen. Ich will nochmals kurz sagen, was der WWF insgesamt als Organisation möchte. Er möchte der weltweiten Naturzerstörung Einhalt gebieten und eine Zukunft gestalten, in der Mensch und Natur in Harmonie leben können. Dazu müssen wir aber gemeinsam die biologische Vielfalt der Erde bewahren und erneuerbare Ressourcen naturverträglich nutzen und damit sind wir bei dem heutigen Thema, nämlich der Meeresfischerei. Insgesamt gibt es eine weitgehende Übereinstimmung in der Analyse, dass die derzeitige europäische Fischereipolitik gescheitert ist, eine nachhaltige Nutzung der Meeresfische zu gewährleisten. Das sieht man daran, dass die Mehrzahl der Fischbestände überfischt ist und dass andere Arten und die Meeresumwelt insgesamt geschädigt werden, da sie nicht ausreichend vor den Auswirkungen einer übermäßigen Fischerei geschützt sind, z. B. vor hohen Beifängen. Deswegen bietet die jetzt anstehende Reform der EU-Fischereipolitik eine einmalige Chance, grundlegende Verbesserungen und Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen die Fischerei insgesamt nachhaltig wird, d. h., ressourcen- und umweltschonend durchgeführt wird. In diesem Zusammenhang begrüßen wir auch die Position der deutschen Bundesregierung und des Ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft für eine Neugestaltung dieser Fischereipolitik. Auch der WWF setzt sich dieses Jahr ganz besonders dafür ein, im Rahmen einer europaweiten Kampagne auf EU-Ebene die notwendigen Schritte in dieser Reform mit durchzusetzen und dass sind im Wesentlichen vier zentrale Forderungen an eine zukünftige EU-Fischereipolitik, die Fischbestände, Meeresumwelt und die Fischerei langfristig sichern kann.
Als Erstes muss die Umwelt in das Fischereimanagement mit einbezogen werden, auch in ein Öko-System bezogenes Management, das dem Vorsorgeansatz folgt, um dadurch die negativen Einflüsse der Fischerei zu minimieren und damit alle Arten und Lebensräume im Meer langfristig zu erhalten.
Ganz wichtig ist, dass die von Wissenschaftlern auf 40 % geschätzte Überkapazität, die zur Zeit innerhalb der gesamten EU-Flotte besteht, innerhalb der nächsten fünf Jahre abgebaut wird, und zwar unter strikter Befolgung der wissenschaftlichen Empfehlungen, aber basierend auf einer regionalen und auf die Bestände bezogenen Analyse.
Es muss eine Reform der Subventionspolitik geben, um vor allem die sog. schädlichen Subventionen zu eliminieren, das sind all die Subventionen, die zu einer weiteren Erhöhung der ohnehin vorhandenen Überkapazität der Flotte führen. Hierzu gehören z. B. Subventionen für Neubauten, solange die Flotte immer noch zu groß ist.
Der vierte Punkte ist, dass es faire und nachhaltige Fischereiabkommen geben muss, mit allen Drittländern, die vor allem die Ansprüche der lokalen Bevölkerungen in Entwicklungsländern respektieren und internationalen Abkommen und Standards entsprechen.
Wilhelm Jakobs, Verband der Deutschen Kutter- und Küstenfischer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie uns die Gelegenheit geben, Ihnen unsere Sorgen und Nöte der Kutter- und Küstenfischerei vorzubringen. Ich werde hier nicht über schlechte Preise klagen. Ich möchte auch nicht das wiederholen, was unser Präsident Martin Brick schon vorgetragen hat. Unser Hauptanliegen besteht darin, dass man es den Fischern immer schwerer macht, ihren Beruf überhaupt noch auszuüben. Wir müssen inzwischen mit über 30 Jahre alten Fahrzeugen aufs Meer hinausfahren, um Fische zu fangen. Eine Erneuerung unserer Flotte lässt die EU und unsere Regierung nicht zu. Wie wir Ihnen bereits in den Antworten auf Ihrem Fragebogen erläutert haben, hat die deutsche Flotte, gemessen an der gesamten EU-Flotte einen Kapazitätsanteil von 3,7 % bei der Tonnage, 2,1 % bei der Motorleistung und 2,4 % bei der Anzahl der Schiffe. Der deutsche Anteil bei den gesamten Konsumfischquoten liegt bei ca. 9 %.
Wir sind mit dieser veralteten Flotte nicht in der Lage, die uns zugeteilten Quoten auszufischen, wobei hinzu kommt, dass der umsatzstärkste Teil der deutschen Kutterflotte, die Krabbenfischerei noch nicht einmal einen quotierten Bestand befischt. Die mittelfristigen Ausrichtungsprogramme (MAP) haben dafür gesorgt, dass die Flotte immer kleiner wurde. Die MAP lassen eine Erneuerung der Flotte nur zu, wenn entsprechende Alttonnage herausgenommen wird. Die deutsche Flotte in der Kutter- und Küstenfischerei besteht aus Familienbetrieben. Der teure Ankauf von Alttonnage und dann noch die Kosten für den Neubau eines Kutters aufzubringen, kann allerdings nur noch durch Kapitalgesellschaften bewerkstelligt werden. Hierdurch geht die traditionelle Familienstruktur an der Küste verloren. Jungfischer können sich überhaupt keinen Fischkutter mehr leisten, so dass uns auch in der Kutter- und Küstenfischerei der Nachwuchs fehlt. Hier muss unbedingt gegengesteuert werden.
Für dieses Jahr wurde im Rahmen der verschärften MAP die Abwrackprämie durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft auf 2.300 Euro heraufgesetzt. Mit dieser Hilfe versucht man, noch mehr Fahrzeuge zum Aufgeben zu bewegen. Alle mit dieser Hilfe abgewrackten Fahrzeuge dürfen nicht wieder ersetzt werden. Was wir brauchen, um in den Häfen von der holländischen bis zur polnischen Küste Fischereibetriebe zu erhalten, ist ein ?Neubau- und Erneuerungsprogramm?. Wir haben im letzten Jahr lediglich zwei Quoten - nämlich die Schollen- und die Seelachsquote - in der Nordsee ausgefischt. Alle andere Quoten, auch die umkämpfte Dorschquote in der der Ostsee, wurden nicht ausgefischt.
Wie andere Länder mit dem MAP umgehen, möchte ich Ihnen an einem Beispiel erläutern. Unsere Nachbarn, die Holländer, haben im Segment der Krabbenkutter mit einer Tonnage von 4.423 Bruttoraumzahl (BRZ) die von der EU festgesetzte Obergrenze von 2.813 BRZ um 60 % überschritten. Dies führte dann dazu, dass die Niederländer im letzten Jahr mit 13.010 Tonnen und 44.4 Mio. Euro Umsatz das erste Mal die deutsche Krabbenfischerei mit nur 11.579 Tonnen und 35 Mio. Euro Umsatz überholt haben.
In Deutschland hält man sich sehr strikt an die MAP-Vorgaben der EU. Hier mussten Kutter, die einen neuen Motor brauchten und einen Zuschuss hierfür beantragten, die Leistung ihres Fahrzeuges um 30 % vermindern, obwohl die Höchstgrenze bei Krabbenkuttern ohnehin bei 221 kW liegt. Dies ist jedoch gar nicht möglich, da eine solch kleine Maschine das Fahrzeug mit den Baumkurren kaum noch schleppen kann. Die See-Berufsgenossenschaft würde aus Sicherheitsgründen dieses Fahrzeug stilllegen. Hierbei ist noch zu bedenken, dass Krabben unquotiert sind und somit eine Überfischung gar nicht oder kaum möglich ist. Für dieses Jahr hat die Bundesregierung sogar einer Verschärfung der Regelung von 30 auf 35 % Reduzierung zugestimmt. Ich habe ein Beispiel aus der Krabbenfischerei gewählt. Bei den anderen Kuttern an der Nord- und Ostsee ist es nicht besser. Die gleiche Problematik wie in der Krabbenfischerei ist auch bei allen Betrieben der Kutter- und Küstenfischerei an der Nord- und Ostsee gegeben.
Ich bin Ihnen für den Zeitpunkt dieser Anhörung sehr dankbar, da in diesem Jahr ein neues Strukturpaket der EU, das dann ab dem Jahr 2003 gilt, verabschiedet werden soll. Ich hoffe, dass Sie auf unsere Regierung einwirken können, um klar zu machen, dass Deutschland keine Verminderung der Flotte, sondern eine Erneuerung und Vergrößerung seiner Flotte dringend braucht. Hierbei muss man auch an die kleinen Häfen denken, in denen der größte Teil der deutschen Kutter- und Küstenfischerei beheimatet ist.
Ich komme aus dem kleinen Sielhafen ?Neuharlingersiel? in Ostfriesland. Hier hängen nicht nur die Fischerfamilien an dem Betrieb, sondern auch Abnehmer- und Zulieferbetriebe und auch der Fremdenverkehr. Denn die Touristen wollen nicht nur am Stand liegen, sondern auch einen lebendigen Hafen sehen. Ohne Fischerei ist der Hafen tot!
Ich will abschließend noch auf Folgendes hinweisen: Das EU-Parlament hat festgestellt, dass die meisten Unfälle und Havarien auf Fischereifahrzeugen stattfinden, die mehr als 20 Jahre alt sind. Die Europa-Abgeordneten haben deshalb empfohlen, alle Schiffe über 20 Jahre stillzulegen. Würde man diese Empfehlung umsetzen, dann wären in fünf Jahren von 166 niedersächsischen Fisch- und Krabbenkuttern nur noch 25 in Fahrt! Wir sind sehr gespannt, was die EU in ihre Verordnungen hineinschreibt, um zu verhindern, dass einige Mitgliedstaaten sich auf Kosten anderer Wettbewerbsvorteile verschaffen. Vielen Dank.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich bei Herrn Jakobs und darf an dieser Stelle nochmals sagen, das Lob für diese Anhörung gebührt nicht nur dem Vorsitzenden, sondern auch dem Kollegen Holger Ortel, der die erste Idee für diese Anhörung gehabt hat.
Dr. Christian Proske, Verband der Deutschen Binnenfischerei: Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, die kleine Sparte der Binnenfischerei findet in Ihrer unmittelbaren Umgebung statt. Wenn Sie aus dem Fenster schauen, findet sich dort ein Binnenfischereigewässer und es ist schon erstaunlich, dass es innerhalb Deutschlands in diesem dicht besiedelten Land, eine noch so intakte Produktion gibt, eine Naturproduktion, die wir nutzen können. Die Sparte der Binnenfischerei fällt nochmal auseinander in vier verschiedene Produktionsrichtungen. Sie haben einmal die Fluss- und Seenfischerei, also die Nutzung der natürlichen Ressourcen, dann haben sie die Karpfen-Teich-Wirtschaft, die künstlich errichtet ist, aber sehr naturnah wirtschaftet, dann haben wir die Forellen-Teich-Wirtschaft, eine hocheffiziente Art der Fischproduktion, die heute auch im europäischen Maßstab wettbewerbsfähig ist, und dann haben wir schließlich das, was man allgemein Aquakultur nennt, also die intensive Fischhaltung, die sich in Deutschland allerdings noch nicht so richtig durchsetzen konnte, also die Haltung in Becken, in Kreislaufanlagen etc. Alle diese verschiedenen Sparten haben sehr unterschiedliche Probleme, zum Teil auch gegenläufige und werden deshalb mit Gesetzen, die für alle gemeinsam gemacht werden, nur sehr schwer fertig. In der Regel ist es so, dass neue Gesetze und Verordnungen schneller kommen, als Fischer im Allgemeinen lesen können. Das hat zu einer Haltung geführt, dass über viele Dinge hinweggesehen wird und man sich gar nicht darum kümmert, welche neuen Gesetze und Verordnungen bestehen. Die Ursache liegt aber auch in der höchst unterschiedlichen Struktur der Fischereibetriebe. Wir haben sehr kleine Betriebe, viele Familienbetriebe, der Nebenwerb spielt eine große Rolle in unserer Branche und diese Leute haben gar nicht die Zeit, sich intensiv mit den gesetzlichen Regelungen auseinanderzusetzen. An sich ist die Branche aber sehr offen für die Forderungen des Verbraucherschutzes was auch daran liegt, dass wir einen verhältnismäßig großen Anteil an Selbstvermarktung haben. Wer mit dem Verbraucher direkt in Kontakt ist und selber vermarktet, der weiß ganz genau, was die Leute wollen und ist auch bereit, dem Verbraucher das zu geben, was er wünscht. Ein Teil unserer Produktion, vor allem die Fluss- und Seenfischerei und die Karpfen-Teich-Wirtschaft stehen sehr unter dem Druck von Importen, und zwar in preislicher Hinsicht, denn an sich können wir hier im Bundesgebiet gar nicht die Fische produzieren, die die Verbraucher wollen. Aber wir haben auch ein Preisproblem auf Grund der Verhältnisse in der Vergangenheit. Die Staatshandelsländer haben unter anderen Gesichtspunkten produziert und unsere neuen Nachbarn im Osten, die demnächst aller Voraussicht nach Mitglied in der EU werden, haben andere soziale Voraussetzungen, als sie bei uns gegeben sind. Das liegt natürlich vor allem an den niedrigen Lohnkosten, aber auch sonstige betriebliche Verhältnisse sind sehr unterschiedlich. Wir müssen also hier eine gewisse Übergangszeit haben, um einer völligen Öffnung der Grenzen, die heute sowieso schon zu ca. 90 % gegeben ist, entgegenzuwirken und uns darauf einstellen zu können. Die Binnenfischerei hat in vielerlei Hinsicht sehr enge Verbindungen zur Landwirtschaft und auch mit der landwirtschaftlichen Förderung. Sie passt daher eigentlich nicht unbedingt in das Gebiet der Fischerei. Eine wesentliche Schwierigkeit liegt auch darin, dass die Fischerei Ländersache ist. Dies hat traditionelle Ursachen, macht aber das Leben innerhalb der EU für die Binnenfischerei nicht leichter, weil uns eine starke Vertretung in der EU fehlt. Es müssen immer erst alle Länder unter einen Hut gebracht werden, bevor man in der EU mit einer Stimme sprechen kann. Welche Lösungsmöglichkeiten hierfür gegeben sind, weiß auch ich nicht. Aber man sollte darüber nachdenken, ob es nicht bessere Lösungen gibt. Dann hätten wir auch Chancen, künftig in der EU stärker vertreten zu sein. Interessant ist z. B., dass die Forellen-Leute in der EU besser vertreten sind, einfach deshalb, weil in den anderen EU-Ländern die Forellen-Teich-Wirtschaft sehr viel stärker vertreten ist, während die Karpfen-Produktion jetzt erst langsam beginnt, ihren Anspruch bei der EU anzumelden.
Ein bereits angesprochenes Problem sind die Fisch fressenden Vögel. Es ist nicht so, dass wir Binnenfischer nicht schon immer mit diesen Vögeln gelebt haben, auch zukünftig leben wollen, aber es muss in einem Land, in dem keine reine Natur mehr herrscht, eine effiziente Kontrolle dieser Vögel stattfinden, weil sonst die betriebswirtschaftlichen Verluste nicht mehr zu tragen sind. Wir haben einzelne Betriebe, in denen 80 bis 90 % der Produktion von Kormoranen gefressen wird und mit diesen Verlusten können die betroffenen Betriebe nicht überleben.
Ansonsten plädiere ich auch dafür, die Forschung zu erhalten, denn wir haben auch hier einen Abbau. Es wird heute sehr viel in ökologischer Hinsicht geforscht, aber gerade die Fischproduktion ist verhältnismäßig knapp vertreten. Es wird zwar manches aufgefangen, dadurch dass die Länder eine gewisse Kapazität vorhalten und inzwischen ihr Vorgehen untereinander auch besser abstimmen, aber trotzdem wäre es wünschenswert, wenn hier noch etwas mehr getan würde, um uns in die Lage zu versetzen, unsere Produktionstechniken zu verbessern. Ich bedanke mich.
Direktor und Prof. Dr. Gerd Hubold, Bundesforschungsanstalt für Fischerei, Institut für Seefischerei: Herzlichen Dank Herr Vorsitzender. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war mir nicht ganz sicher, welche Art von Stellungnahme ich hier abgeben soll. Ich habe sehr vieles gehört, das auch von meiner Seite ganz ähnlich dargestellt worden wäre. Ich will mich deshalb sehr kurz fassen und auf die Punkte konzentrieren, die von Seiten eines Fischereiforschers etwas zu vertiefen sind.
Wir haben tatsächlich ein Problem, so wie es auch im Fragenkatalog angesprochen worden ist, dass die Fischbestände, zumal in der Nordsee, in den letzten 30 Jahren deutlich abgenommen haben. Das ist Fakt, das belegen 30 Jahre Gutachten des Internationalen Rates für Meeresforschung. Es betrifft vor allen Dingen bzw. ausschließlich die Rund- und Plattfische, es betrifft fast nicht die belagischen Fische und die Kleinfische. Wir haben durch diesen Bestandsabbau eine Fangverringerung bzw. eine Anlandemengen-Verringerung von ehemals 1,1 Mio. Tonnen 1970 auf nur noch 330.000 Tonnen in der Nordsee an diesen wertvollen Grundfischen und das ist ein ganz immenser ökologischer Verlust aus diesem Gebiet. Die Ursachen für diese starke Biomasse - und damit auch Fangreduktion - sehen wir tatsächlich hauptsächlich in der sog. Überfischung, d. h., wir entnehmen laufend zu viel aus diesen Beständen, mehr als nachwachsen kann. Die damit dann verringerten Bestände sind wiederum weniger reproduktionsstark, das ist relativ klar und es kommt noch hinzu, dass sie auch anfälliger sind für Umweltschwankungen, für natürliche Variationen, d. h., wir sind auch immer stärker abhängig von guten Nachwuchsjahrgängen. Bleiben diese aus, und das ist in den letzten Jahren immer öfter geschehen, dann ist die Fischerei plötzlich ohne ihre Quelle, denn sie hat keine Altfische mehr im Wasser, auf die man sich stützen kann in Jahren, in denen kein guter Nachwuchs vorhanden ist. Das ist eine Entwicklung, die erkannt wurde und der man zu begegnen versucht, indem man die Gesamtfangmengen beschränkt hat. Es hat sich aber rausgestellt, dass die traditionellen Mittel, die wir haben, wie die Gesamtfangmengenbeschränkung und die technischen Maßnahmen, z. B. Maschenweiten usw., den tatsächlichen fischereilichen Entnahmeanteil nicht genug reduziert haben. Wir haben zwar geringere Fänge, aber wir entnehmen weiterhin, beispielsweise beim Nordseekabeljau, jedes Jahr mehr als 50 % der am Jahresanfang vorhandenen Fischbiomasse der fangbaren Fische. Jedes Jahr 50 % wegzunehmen, kann dieser Bestand jedoch auf Dauer nicht ertragen. Das Resultat ist, dass der Bestand des Kabaljaus tatsächlich der ist, der uns im Moment am meisten Sorge macht. Wir haben auch keinen guten Nachwuchs, wie ihn die Natur uns manchmal gewährt, bekommen.
Das heißt, das Ziel für das Fischereimanagement und die Fischerei muss heißen, diese Fischbestände wieder aufzubauen, dort wo sie zu klein geworden sind. Wir brauchen mehr Fische im Wasser, damit wir jedes Jahr mehr Fische herausnehmen können. Das heißt, die Fischbiomasse muss wachsen, das muss das Ziel sein.
Wir haben gesehen, dass es mit TAC?s-Quoten und technischen Maßnahmen allein nicht funktioniert und die EU hat das selbst kritisch sehr klar festgestellt. Das heißt aber auch, es bleibt im Grunde nur, wenn die vorgenannten Maßnahmen nicht funktionieren, das Mittel des Flottenabbaues. Flottenabbau heißt hier Gesamtflotte und wie wir gehört haben, ist die deutsche Flotte wahrscheinlich wirklich kaum betroffen, allenfalls in einigen speziellen Segmenten. Aber wir haben eben eine europäische Fischerei und alle Mitgliedstaaten greifen auf die Fischbestände zu und die Gesamtkapazität ergibt sich nicht nur aus der Anzahl der Schiffe, sondern auch aus der Effizienz. Dabei hat vor allem die Effizienz zugenommen, was grundsätzlich positiv ist, denn wir wollen eine effiziente Fischerei, nur wir müssen diese effiziente Fischerei ausbalancieren mit dem, was im Meer produziert werden kann. Dieses Ausbalancieren hat mit den Gesamtanlandemengen, den sog. TAC?s u. a. deshalb nicht funktioniert, weil wir ganz etwas anderes fangen, als wir anlanden. Damit spreche ich das Problem der Discards an. Wir fangen viel zu viel mit oder bei, und diese Beifänge werden dann verworfen. Der sehr, sehr gute 1999er Schellfisch-Jahrgang, den uns wirklich der liebe Gott geschenkt hat, auf der Basis eines ganz, ganz kleinen Elternbestandes, dieser sehr große Schellfisch-Bestand ist zu weit über 50 % weggeworfen worden und es wird noch weiter weggeworfen. Das heißt, hier hat sich die Fischerei, es waren vor allem schottische Fischer, den eigenen Ast abgesägt. Das zeigt, dass wir hier ein immenses Problem im Beifangbereich haben. Die Jungfische der eigenen kommerziellen Arten werden vernichtet und fehlen dann später im kommerziellen Fang.
Es ergibt sich ein zweites Problem, denn, was nicht an Bord behalten wird und damit auch nicht in die Statistik eingeht, weil es nicht angelandet wird, geht auch nicht in die wissenschaftlichen Modelle ein. Die wissenschaftlichen Modelle sind damit zum Teil schlecht, was dazu führt, dass die Fischerei sich an diese auch nicht hält. Ich dagegen plädiere dafür, die Modelle zu verbessern und sich von Seiten der Fischerei, jedenfalls so gut es geht, auch an die schlechten Modelle zu halten, denn ohne Modelle ist das Risiko einfach noch größer. Zudem werden diese Modelle durch fehlende Daten, die von der Fischerei nicht gegeben werden, auch weiter beschädigt. Schließlich können die Discards bzw. Beifänge auch ökologische Auswirkungen haben, teilweise positive, zumeist aber auch negative. Das heißt, die Vermeidung von Discards und Beifängen ist das oberste Ziel im technischen Bereich zur Umsetzung einer besseren Fischereipolitik. Und wenn wir schon unvermeidbare Beifänge haben, sollten wir überlegen, dass wir diese nutzen, sie also anlanden und nicht wegwerfen. Nun ist allerdings das Anlanden von Beifängen ökonomisch unattraktiv, denn sie bringen kein Geld. Deshalb wäre hier der Einsatz von Fördergeldern meines Erachtens eine gute Sache. Es ist sinnvoller, Beifänge zu subventionieren, als diese Gelder an anderer Stelle einzusetzen, damit wir dieses Problem in den Griff bekommen. Ich möchte aber dazu sagen, dass all diese Regeln, ob wir Beifänge verbieten oder nicht, ob wir die Maschen erhöhen oder nicht, am grünen Tisch beschlossen werden, jedoch entscheidet sich an diesem grünen Tisch nicht das Schicksal der Fischbestände. Dies entscheidet sich vielmehr tagtäglich auf See, und zwar durch das Verhalten jedes einzelnen Fischers. Nur wenn die Fischer sich dieser Verantwortung stellen, und ich denke, es gibt inzwischen viele davon, Herr Hartmann hat heute Morgen auch solche Beispiele gebracht, dann können wir die Meere tatsächlich nachhaltig bewirtschaften. Ich plädiere sehr stark dafür, dass wir neben den vielfach angesprochenen Defiziten, wie den Bedarf an einer besseren Forschung oder den Stopp des Abbaus der Kapazitäten in diesem Bereich, eine neue Politik brauchen, die die Fischerei stärker in die Verantwortung nimmt und sie in den Mittelpunkt stellt, so dass sich die Fischerei auch überlegt, was sie selbst tun kann. Dies würde auch die Konfrontation zwischen den da oben und uns hier draußen auf See abbauen helfen und den Weg freimachen, gemeinsame Modelle zu finden, wie Beifänge vermieden werden können. Ich würde mir wünschen, in das Zentrum der neuen Fischereipolitik tatsächlich die Fischerei in die Verantwortung zu stellen, vielleicht sogar in eine gewisse finanzielle Verantwortung, um dann zu sagen, jetzt machen wir es gemeinsam, Forschung, Management und Fischerei. Vielen Dank.
Prof. Dr. habil. Reiner Knösche, Institut für Binnenfischerei: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, ich möchte mich auch recht herzlich bedanken, dass ich die Probleme der Binnenfischerei hier einmal darlegen kann. Die Binnenfischerei produziert jährlich etwa 65.000 Tonnen Fisch und von diesen 65.000 Tonnen sind rund 3.800 Arbeitskräfte abhängig, die in der Berufsfischerei tätig sind. Ich möchte den von Herrn Proske genannten Säulen der Berufsfischerei noch eine Säule hinzufügen, nämlich die Angelfischerei, denn das halte ich für die künftige Entwicklung für sehr wichtig. Lassen Sie mich kurz stichpunktartig die einzelnen Säulen der Binnenfischerei beleuchten und eine kurze Situationsbeschreibung geben.
In der Seen- und Flussfischerei haben wir im letzten Jahrzehnt stabile Erträge auf niedrigem Niveau. Wir befinden uns hier sozusagen auf der linken Seite der Fischereiaufwands-Ertragskurve, die Hochseefischerei, das haben wir eben gehört, befindet sich schon auf der rechten Seite. Die Vermarktung in der Seen- und Flussfischerei ist eigentlich ausschließlich Direktvermarktung. Die wirtschaftliche Basis unserer Binnenfischer ist der Aal, zu dem schon einiges gesagt worden ist. Die Aalsbestände sind im Rückgang begriffen, wofür es verschiedene Gründe gibt, von denen ich drei nennen will. An erster Stelle stehen aus unserer Sicht Veränderungen im ozeanischen Klima, die ein verringertes Glasaalaufkommen zur Folge haben, an zweiter Stelle stehen die immens gestiegenen Besatzkosten, die mit dem ersten Faktor in Verbindung stehen, aber auch mit einem Export von Glasaalen nach Fernost und last but not least setzt auch der Kormoran dem Aal ganz erheblich zu. Unsere Seen- und Flussfischer haben eine sehr schlechte Eigenrentabilität in ihrer eigentlichen Fischproduktion, was dazu zwingt, nach zusätzlichen Standbeinen zu suchen. Dies tun sie mehr oder weniger erfolgreich. Perspektiven für die Zukunft sehe ich z. B. in der Seen- und Flussfischerei und in der Ausweitung der Angelfischerei. Die Seen- und Flussfischer müssen sich mehr und mehr als Dienstleister für die Angelfischer verstehen, wobei wir nicht davon ausgehen können, dass die Erträge nennenswert steigen werden.
Nun zur Karpfenteichwirtschaft, bei der wir die Situation haben, dass nach Durchschreiten eines Minimums der Erzeugung Mitte der 90er Jahre in den letzten Jahren ein langsamer Anstieg der Produktion erfolgte. Wir haben zwei Gruppen von Unternehmen, die Klein- und Nebenerwerbsbetriebe, die vor allem in den Mittelgebirgsregionen angesiedelt sind und die großen Unternehmen, die in den großen Teichlandschaften in der Lausitz, aber auch im Eischgrund angesiedelt sind. Die Klein- und Mittelunternehmen vermarkten fast ausschließlich über Direktvermarktung, die anderen Unternehmen müssen über den Großhandel vermarkten, weil sie einfach nicht so viele Verbraucher in ihrer Region haben, in der sie ansässig sind. Es erscheint mir überhaupt kein Problem zu sein, die Produktion in der Teichwirtschaft um mindestens 50 % auszudehnen, wobei aus unserer Sicht keinerlei negative ökologische Folgen zu erwarten sind. Was mit der Teichwirtschaft in den nächsten Jahren passiert, hängt davon ab, wie es gelingen wird, den Eintritt der osteuropäischen Beitrittsländer in die Union zu meistern. Hier plädiere ich auch für einen vorsichtigen und allmählichen Übergang, wobei man den Beitrittsländern einen Anreiz geben muss, ihre Produktion zu extensivieren und nicht zu intensivieren um zu vermeiden, dass sie Deutschland mit Karpfen auf Grund ihrer derzeit noch günstigeren Rahmenbedingungen, vor allem der Löhne, praktisch zuschütten.
Die Aquakultur möchte ich gemeinsam behandeln mit der Forellenproduktion, denn ich betrachte beides als Aquakultur, ebenso wie Herr Proske es bereits ausgeführt hat. Die Forellenproduktion ist mit 22.000 Tonnen der produktionsstärkste Zweig der deutschen Binnenfischerei, hat aber auch keine übermäßig gute Eigenrentabilität. Das zwingt auch die kleinen Unternehmen zur Direktvermarktung, wobei hier die Angelteiche ganz besonders zu nennen sind. Die Angelteiche stehen unter starkem Druck von Seiten des Tierschutzes. Kreislaufanlagen haben keine Bedeutung.
Nun noch ein Wort zur Angelfischerei. Wir haben in Deutschland 1,48 Mio. Angler, das sind auch 1,48 Mio. Wähler, und wenn man die Angehörigen dazu zählt, noch ein bisschen mehr. Studien die uns vorliegen, lassen auf einen Gesamtumsatz der deutschen Angler von 1,6 bis 2,2 Mrd. DM schließen. Wenn man also die 106.000 DM Bruttosozialprodukt pro Erwerbstätigen zugrunde legen, ergibt das 15.000 bis 21.000 Arbeitsplätze, die durch die Angelfischerei in Deutschland erhalten werden.
Ich habe noch einmal stichpunktartig die Hauptprobleme aufgelistet, vor der die Binnenfischerei steht, die Reihenfolge soll keine Wertung sein. Da ist einmal der Widerspruch der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern. Der Bund betrachtet sich für die Binnenfischerei als nicht zuständig, die Länder sind zuständig, was dazu führt, dass die Binnenfischerei der Regelungswut der EU schutzlos ausgesetzt ist. Dann ist zu nennen der Streit um die gute fachliche Praxis, der mit dem neuen Naturschutzgesetz auf uns zukommen wird. Hier ist es notwendig, eine für alle Seiten verbindliche Definition zu finden. Dann der Kormoran sowie der Streit ums Wasser, der überwiegend die Karpfenteichwirtschaft betrifft. Weiterhin die Vorstellung der Bundesregierung über die Einstellung der Förderung der Verarbeitung. Wenn wir das auf die Karpfenteichwirtschaft übertragen, dann sind die 50 % Produktionssteigerung von vornherein gestorben. Lebend lassen sich diese Fische nicht absetzen.
Ferner ist Nachwuchsmangel zu nennen, das ist ein gravierendes Problem, sowohl in den unteren Bereichen bis hoch zu einem Mangel an Führungskräften, obwohl wir eine fischereiliche Ausbildung in Berlin haben. Schließlich ist noch zu nennen der Zugang zu den Fischereigewässern, das betrifft überwiegend die Angler, aber zu befürchten ist auch, dass über Fischereiverbote auch die Berufsfischerei mehr und mehr beeinträchtigt wird.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich bei Prof. Knösche und bei all denjenigen, die vorgetragen haben. Nach den Fragen, die ich mir aufgeschrieben habe, können wir noch bis um fünf Uhr tagen und ich habe das Gefühl, das sehen die Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den anderen Parteien sicherlich genauso. Wir haben deutlich gemacht bekommen, wie vielschichtig und vielfältig die Probleme in der Fischerei sind. Es war sicherlich auch wichtig, dass wir die Binnen- und Angelfischerei mit eingeladen haben, damit auch die, die weit weg sind von der Küste, sehen, wie stark wir in die Probleme der Fischerei involviert sind. Ich habe das Gefühl, dass wir sicherlich nicht wieder vier Jahre warten, um eine weitere Anhörung zur Fischerei zu machen. Da gibt es so viele Fragen und ich glaube, wir müssen uns in einige Dinge stärker einklinken. Das ist bei uns zwar auch immer eine Frage der Zeit, bei den vielfältigen Sachen, die im Bereich Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft anfallen. Zunächst aber erst einmal ein ganz herzliches Dankeschön für die umfassende Information, die wir mit dieser Einführungsrunde bekommen haben.
Ich darf bei dieser Gelegenheit Herrn Mollenhauer vorstellen, der ab 1. April Mitarbeiter in unserem Ausschuss sein wird. Herr Mollenhauer, ich finde es nett, dass Sie heute schon dabei sind.
Wir kommen zur ersten Fragerunde, erste Wortmeldungen, Herr Ortel, Frau Naumann, Frau Sehn.
Abg. Holger Ortel: Ich darf mich zunächst dem Dank des Vorsitzenden an alle die hier vorgetragen haben anschließen. Wenn der Vorsitzende sagt, wir könnten heute bis fünf tagen, so glaube ich, wir könnten auch drei Ausschuss-Sondersitzungen machen, um das abzuarbeiten, was mir heute auf den Tisch gekommen ist.
Meine erste Frage geht an Herrn Hartmann im Zusammenhang mit dem, was Prof. Hubold vorgetragen hat.
Herr Hartmann, sehen Sie Probleme, wenn Sie Discards zukünftig in die Quoten einbeziehen müssten, bzw. Discards auch anlanden müssten?
An den Deutschen Fischereiverband die Frage zum Thema Gammelfischerei unserer dänischen Freunde.
An Herrn Rosenzweig und an Herrn Jakobs die Frage, was gehört zu den Einschränkungen der Fischerei durch die Windparks im Offshore-Bereich? Da hat es bereits schon Anhörungen gegeben, vielleicht können Sie hier kurz vortragen, wie Sie dieses bewerten.
Vielleicht auch noch eine ketzerische Frage zu den Krabbenfischern. Hat man sich hier nicht von einem Holländer die Butter vom Brot nehmen lassen, und kann man da vielleicht noch ein bisschen gegenhalten?
An Herrn Kuntzsch oder Herrn Dr. Keller die Frage, die uns in den letzten Wochen auch im Ausschuss bewegt hat, zur Fischetikettierung. Da gibt es inhaltlich im Grunde keinen Streit, da gab es nur auf der Zeitschiene einige Wünsche, denen wir aber, glaube ich, nachgekommen sind, vielleicht sagen Sie da noch etwas zu. Das wär?s für die erste Runde.
Abg. Kersten Naumann: Ich gehöre zu den Personen, die nichts unmittelbar mit Fischerei zu tun haben, denn ich komme aus Thüringen, und trotzdem war das für mich zunächst mal sehr aufschlussreich. Ich habe aber einen großen Widerspruch gehört. Einmal sagt der Deutsche Hochseefischereiverband, dass sie nur 52 % der Quote ausfischen, was auch die Kutter- und Küstenfischer bestätigt haben, zum anderen habe ich aber vom WWF und Prof. Hubold gehört, dass es eine Überfischung gibt und die Flotte zu groß ist. In der Forderung zur Reduzierung der Flotte bei gleichzeitiger Nichtausschöpfung der Quote sehe ich einen Widerspruch. Der EU-Ministerrat hat zudem meines Erachtens die Quote wieder erhöht, was mich vermuten lässt, dass mit der Quote irgendetwas nicht stimmt. Mich interessiert in diesem Zusammenhang, wie sich Deutschland hierzu im EU-Ministerrat verhält. Da gab es von der EU-Kommission auch andere Vorstellungen, was die Quote betrifft, und mich interessiert, welche Vorstellungen Sie von der Höhe der Quote haben und die NGG fordert auch die Verringerung der Flotte, wozu sie jetzt allerdings nichts gesagt haben, deswegen würde ich dazu gern nochmal Herrn Ohlzen und Herrn Prof. Hubold sowie den Vertreter des Deutschen Hochseefischereiverbands, Herrn Hartmann, um Stellungnahme bitten, wie sie diesen Widerspruch beurteilen und wie man ihn aus ihrer Sicht auflösen kann.
Abg. Marita Sehn: Meine erste Frage zu den Windparks im Offshore-Bereich hat Kollege Ortel schon gestellt, die zweite Frage geht an den WWF. Wir sind heute hier, um die Situation der deutschen Fischereiwirtschaft zu beleuchten, und wir haben alle ein Interesse daran, dass diese Fischerei in Deutschland weiter möglich sein wird. Ich habe von Ihnen aber nur Globales gehört und hätte deswegen gerne von Ihnen gewusst, welche Vorschläge Sie haben, damit unsere Fischer wirklich weiter bestehen können.
Drittens interessiert mich die Frage, wie beurteilt die Branche die Diskussion, die wir im Zusammenhang mit Chloramphenicol aus Verbrauchersicht im Moment führen, und hat das Auswirkungen auf sie gehabt.
Der Vorsitzende: Ich habe auch noch ein paar Fragen. Von Herrn Mikulin, vom Deutschen Anglerverband und Herrn Vizepräsident Prof. Dr. Kallwitz würde ich gerne etwas wissen über die Verzahnung in der Bewirtschaftung der Gewässer und der Verzahnung der Berufs- und Angelfischerei. Die Angelfischerei ist, Prof. Dr. Knösche ist darauf eingegangen, nicht gerade ein unbedeutender Faktor, wenn es darum geht, Fische aus dem Wasser zu holen. Das ist auch Ernte, was dort gemacht wird. Es ist also zum Teil Ergänzung, aber es mag auch Konkurrenz sein, vielleicht können Sie dazu etwas sagen.
An den Deutschen Fischereiverband und auch an Herrn Prof. Hubold und an Herrn von Dorrien eine Frage, die anschließt an das, was Kollegin Naumann gerade eben schon deutlich gemacht hat. Quote und Flottenkapazität ist etwas, über das man länger nachdenken muss. Auf der einen Seite wird gesagt, wir haben eine Quotierung in der Fischerei, die wir nicht ausschöpfen, und auf der anderen Seite wird gesagt, wir brauchen Kapazitätsabbau bei den Flotten. Da sage ich zunächst einmal, wir leben auch in der Landwirtschaft mit Quotierung, etwa bei der Milch und mich interessiert im Grunde genommen überhaupt nicht, wieviel Milch- oder Kuhställe es gibt, denn wenn ich eine Quotierung habe, spielt es doch überhaupt gar keine Rolle, ob ich eine hohe Flottenkapazität oder eine niedrige habe. Wenn die Quote richtig gesetzt ist und kontrolliert wird, und wenn das vielleicht eingearbeitet wird, was Prof. Hubold gesagt hat, nämlich, dass wir den Beifang mit bewerten und verwerten. Da sollte man keinen Streit zwischen Fischereiforschern und Naturschutz führen, sondern man sollte darüber nachdenken, wie es möglich ist, Beifang vernünftig zu verwerten. Kein Fischer schmeißt Beifang gerne über Bord. Das tut er nur, weil er es muss. Es gibt schließlich auch Länder, wo dies nicht so ist. Wenn ich das richtig weiß, muss z. B. in Norwegen Beifang mit angelandet und mit auf die Quote angerechnet werden. Es gilt also hier, andere Möglichkeiten zu finden.
Zweiter Punkt, Herr von Dorrien, zum Stichwort überalterte Flotte. Sehen Sie nicht auch Möglichkeiten, besser, schonender, bestandserhaltender, nachhaltiger mit neuen Technologien zu fischen und gerade mit einer neuen Flotte auch in Ihrem Sinne der bestandserhaltenden und nachhaltigen Fischerei neue Techniken einzusetzen, um besser zu werden, d. h., dass auch eine Unterstützung der Naturschutzverbände, gerade des WWFs, bei der Forderung der Fischerei zur Erneuerung der Flotte und nicht ein Abbau einer überalterten Flotte sinnvoll wäre?
Eine Frage an die Binnenfischerei, betreffend den Einsatz oder Zusatz und die Zulassung von Medikamenten. Ich kann mich erinnern, dass wir vor einigen Jahren die Diskussion über Standardzulassungen hatten, z. B. für Kochsalz. Ich habe das als Glosse veröffentlicht, als die Bundesregierung gefordert hatte, es dürfe nur standardisiertes Kochsalz eingesetzt werden. Es darf also nur aus der Apotheke gekauft werden. Vielleicht können Sie dazu etwas sagen, zumal wir ähnliche Fragestellungen auch in der Lückenindikation beim Pflanzenschutz in der Landwirtschaft haben.
Von Herrn Hubold hätte ich gerne noch etwas zur Fischereiforschung gewusst. Wir haben gehört, dass es nur noch eine Person gibt für die Forschung in der Kutter- und Küstenfischerei gibt, und vielleicht können Sie etwas dazu sagen, dass der Aal der einzige Fisch in der Europäischen Union ist, der meines Wissens kein Mindestmaß hat, d. h., dass hier vom Glasaal bis hin zum großen Aal alles verwertet werden kann. Das soll für die erste Runde reichen, wobei ich darum bitte, dass diejenigen, die nicht direkt angesprochen sind, sich zu Wort melden, wenn sie etwas beitragen können.
Dr. Matthias Keller: Zur Frage der Zeitschiene hinsichtlich des Etikettierungsgesetzes haben wir auch gesagt, dass wir den Artikel 9 nicht wünschen, nämlich die Beschlagnahme, die aus unserer Sicht ein Übermaß bedeutet, wenn bei Falschetikettierungen nicht nur die Ware zurückgerufen, sondern sogar Etikettierungsmaschinen beschlagnahmt werden können. Wir halten Artikel 9 nach wie vor für ein Übermaß und sehen die sonstigen Sanktionsmöglichkeiten für ausreichend an. Ansonsten haben wir gegen das Gesetz überhaupt nichts einzuwenden, wenngleich wir auch nicht unbedingt darauf warten, denn die Umsetzung des Gesetzes hat für die Branche erhebliche Investitionskosten zur Folge. Die Umsetzung ist nicht ganz einfach, denn es gibt sehr viele Fische, die in verschiedene Niederlassungen zentral angeliefert, dort etikettiert und weitergeliefert werden. Das geht heute nicht mehr ganz einfach. Deshalb brauchen wir auch die Zeit, die wir jetzt noch haben, um diese Etikettierungsmaschinen zu installieren, die DV-mäßige Dokumentation vorzubereiten und sicherzustellen, dass diese Unterlagen am Ende auch beim Endverbraucher vorhanden sind. Das ist das Wesentliche. Die ganzen Unterlagen müssen vom Fang über den Großhändler und Zwischenhändler am Ende beim Einzelhändler zur Verfügung stehen, damit dieser den Verbraucher richtig und umfassend informieren kann. Vor diesem Hintergrund ist uns jede Zeit, die wir haben, um dieses Gesetz umsetzen zu können, willkommen. Unsere Hoffnung ist, dass am Ende in allen Bundesländern mit gleicher Elle gemessen wird. Es ist das große Problem, was wir noch sehen, dass dort auch auf Grund des unterschiedlichen Wissens in der Überwachung eine unterschiedliche Beanstandungspraxis zu verzeichnen sein wird. Es gibt ein zentrales Verzeichnis der Handelsbezeichnungen, wobei unsere holländischen Kollegen vergessen haben, viele Fische in dieses Verzeichnis aufzunehmen. Das führt dazu, dass wir nach Holland exportierte Ware mit dem Hinweis zurückbekommen, dass dieser Fisch nicht in der Liste steht, was natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Wir hoffen aber, dass sich diese Probleme in Zukunft noch lösen lassen.
Zur Frage nach den Auswirkungen von Chloramphenicol kann ich Folgendes sagen: Vergessen wurde bei all der Aufregung, dass am wenigsten die Garnelen uns belastet haben, sondern sehr viel mehr das globale Verbot, das ausgesprochen wurde und dazu geführt hat, dass über 80.000 Tonnen gefrorene Seelachsfilets nicht mehr in die Gemeinschaft bzw. nach Deutschland eingeführt werden können. Dieser Fisch wurde von russischen Schiffen gefangen, nach China exportiert und dort filetiert, was von den Kosten sehr viel günstiger ist. Das betrifft z. B. auch Kabeljau und Rotbarsch, bei dem wir beim Import aus China allein 630 % Steigerung gehabt haben. Im Jahr 2000 haben wir 863 Tonnen Fanggewicht an Rotbarsch eingeführt. Wir haben in diesem Jahr 6.306 Tonnen Rotbarsch aus China eingeführt. Es ist deutlich, dass Arbeit verlagert wird, in ein Gebiet, wo Arbeitskräfte nicht so teuer sind. Diese Fische werden also von russischen oder chinesischen Trawlern in den jeweiligen Fanggebieten gefangen, gefroren nach China geliefert, dort aufgetaut und filetiert und dann wiederum als gefrorene Filetrohware in die ganze Welt verschickt. Das geht nicht nur in die Europäische Gemeinschaft, sondern auch nach Amerika, nach Asien und ist gang und gäbe. Wir beobachten das z. B. auch beim Kabeljau. Wir haben im letzten Jahr aus der Volksrepublik China 2.484 Tonnen Kabeljau eingeführt, im Jahr 2001 ist diese Menge auf 6.745 Tonnen angestiegen. Ein anderes Beispiel ist der Alaska-Seelachs, der von 140.000 Tonnen auf 197.000 Tonnen Einfuhrgewicht aus China gestiegen ist. Wir haben nach Bekanntwerden dieses globalen Übermaßes aus China sofort alle Einfuhren, die nach Deutschland gekommen sind, auf Chloramphenicol testen lassen. In keiner einzigen Lieferung konnte Chloramhenicol nachgewiesen werden. Wir haben deshalb in einem Schreiben vom 1. März an die EU-Kommission und auch an den EU-Kommissar Fischler diesen Tatbestand übermittelt und den Hinweis erhalten, dass möglicherweise in der zweiten Aprilhälfte der Ausschuss für Tiergesundheit und Nahrungsmittel sich damit beschäftigen werde, eine Ausnahmeregelung für gefrorene Seefischereierzeugnisse, also die angesprochenen Filets von Alaska-Seelachs, Kabeljau und andere zu beraten. Wir halten dies für absolut notwendig, da nicht ohne weiteres mal eben 60.000 bis 80.000 Tonnen Filetware vom Markt fernbleiben kann.
Im Übrigen werden in den chinesischen Produktionsstätten technologische und hygienische Höchstleistungen erbracht, und es ist deshalb überhaupt nicht einzusehen, dass Investitionen, die über lange Jahre auch von deutschen Unternehmen eingebracht wurden, von heute auf morgen brach liegen sollen. Dankeschön.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich sehr, das waren die beiden Fragen von Kollegin Sehn und Kollegen Ortel.
Prof. Dr. Günter Keiz, Verband Deutscher Sportfischer: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, wenn es hier um den Zusammenhang zwischen Berufs- und Angelfischerei geht, ist dazu Folgendes zu bemerken: In früheren Jahren gab es große Diskrepanzen zwischen diesen beiden Organisationen. Diese sind inzwischen abgebaut worden. Wir haben heute Einvernehmen zwischen Berufs- und Angelfischerei. Es geht bei der Ausübung der Fischerei um die Nachhaltigkeit. Diese wird zur Zeit durch Landesgesetzgebung geregelt, wonach Angelscheine mit zum Teil unterschiedlichen Beschränkungen ausgegeben werden, dergestalt, dass bestimmte Fangquoten pro Tag oder nur bestimmte Köder oder Fanggeräte erlaubt werden. Innerhalb der Fischereiverwaltung werden bestimmte Quoten festgesetzt, so dass nicht jeder Fischereirechtsinhaber unbegrenzt Erlaubnisscheine oder Fischereischeine ausgeben kann. In der Berufsfischerei haben wir in der Regel den Pachtvertrag, mit dem etwa der Umfang des Fischereirechts und die Dauer der Befischung festgelegt werden, nicht jedoch Beschränkungen hinsichtlich des Fanggeräts oder der Entnahmemenge. Dies wird vielmehr in der Regel gesondert reglementiert in sog. Fischereiordnungen, die von der Verwaltungsbehörde erlassen werden und in denen auch die Ausgabe eines bestimmten Kontingents an Erlaubnisscheinen an die privaten Angelfischer vorgesehen werden kann. Wir sehen also hier keine Differenzen zwischen der Berufs- und der Angelfischerei. Was allerdings eine Rolle spielt, sind die Probleme mit invasiven Vogelarten, etwa dem Kormoran, dem Graureiher oder dem Gänsesäger. Diese Vögel suchen sich insbesondere südliche Gewässer aus, weil es dort besonders klares Wasser gibt, und wirken dort sehr nachteilig, so dass Besatzmaßnahmen für die Katz sind. Wir haben auch für ganze Gewässerbereiche Hegegenossenschaften, die etwa festlegen, wie viel Fischnachwuchs zur Stabilisierung der Bestände eingesetzt werden soll. Hierbei geht es also nicht um eine Steigerung der Erzeugung, sondern darum, den Bestand zu erhalten oder neu aufzubauen. Dieses gilt z. B. für den Lachs. Hier werden große Bemühungen unternommen, so z. B. in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die auch bereits zu ersten Wiederfängen führen. Auch hier ist die EU zum Handeln aufgefordert, denn die Lachse ziehen aus den heimischen Binnengewässern auf See hinaus, und es ist bekannt, dass irische Fischer unsere markierten Fische gefangen haben. Damit ist jedoch die Rückwanderung der Laicher unterbunden. Hier bedarf es Regelungen auf EU-Ebene. Das ganze System ist also auf Nachhaltigkeit aufgebaut und versteht sich auch im Sinne des Naturschutzes so. Die Angelfischereiorganisationen sind im Übrigen zu einem Großteil sog. 29er Verbände nach dem Bundesnaturschutzgesetz und damit verpflichtet, sich überwiegend für Naturschutz einzusetzen, und dem genügen sie auch.
Bernd Mikulin: Zwei Bemerkungen dazu. Einmal möchte ich verdeutlichen, was Angler pro Jahr an Nahrungsmitteln entnehmen. Es gibt da leider zur Zeit nur geschätzte Zahlen, die liegen bei etwa 20.000 Tonnen Speisefisch pro Jahr. Das ist eine Hochrechnung über die Auswertung der Fangstatistiken, unabhängig davon wollen wir aber noch genauere Zahlen haben, und im Rahmen einer Dissertation an der Humboldt-Universität beschäftigt sich ein engagierter Wissenschaftler damit, diese sozio-ökonomische Bedeutung des Angelns in Deutschland so exakt wie möglich zu ermitteln. Für mich ist wichtig zu sagen, dass dort, wo eine gute Kooperation mit den Berufs- und Binnenfischern funktioniert, sich dies auch auszahlt.
Was den Nachbesatz anbelangt, macht der Deutsche Anglerverband 40 % in Eigenproduktion und 60 % kommen von den Berufsfischern. Das ist damit auch ein entscheidender Beitrag für die Existenz der Berufsfischer, und es gibt durchaus Chancen, diese Kooperation noch zu erweitern, etwa dort, wo die Anglervereine oder Anglerverbände als Großpächter von Angelgewässern auftreten und sich eines Berufsfischers bedienen, der die Bewirtschaftung dieser Gewässer unter den zu erwartenden Bedingungen im gesetzlichen Rahmen durchführt. Insoweit gibt es in der Zukunft auch für die Berufsfischer in der Kooperation mit den Anglerverbänden eine echte Zukunftschance.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich ganz herzlich und darf eine Empfehlung aussprechen. Es ist, glaube ich, dringend notwendig, dass wir einmal wissen, wie viel Fisch von der Angelfischerei aus den Gewässern geholt wird, denn wir können nicht in anderen Bereichen das Entnahmevolumen auf das Kilo genau messen und im Bereich der Angelfischerei nur auf Schätzungen angewiesen sein. Es wäre eine Aufgabe der Verbände darauf zu drängen, dass die Fangstatistiken etwas genauer werden. Es ist mit Sicherheit eine größere Menge als wir gemeinhin denken.
Martin Brick: Ich bin zur Gammelfischerei befragt worden und zur Haltung des Deutschen Fischereiverbandes dazu. Wir müssen feststellen, die Gammelfischerei ist ein Wirtschaftsunternehmen, beschäftigt Leute und produziert etwas, was auch in der Fischerei, vor allem in der Binnenfischerei gebraucht wird, aber auch in der Landwirtschaft, nämlich Fischmehl. Die Dänen haben unlängst die Gammelfischerei befristet, besser gestoppt. Wir sind dagegen durchaus nicht der Meinung, dass man die Gammelfischerei total einstellen muss. Man muss sie vielmehr differenziert sehen. Der Ursprung war einmal der Sandaal, der keine Konkurrenz zur menschlichen Ernährung darstellte und zu Fischmehl verarbeitet wurde. Wenn aber die Gammelfischerei auf Sprotten geht, dann muss man mit Beifängen rechnen und dabei in hohem Maße mit Hering. Die Gammelfischerei soll maximal 50 % betragen und hat jetzt 90 % eingenommen, was den Stopp der Dänen zur Folge hatte. Vor diesem Hintergrund ist das Verbot durchaus berechtigt und dürfte auch unbefristet angewendet werden.
Dann hatte ich noch die Frage zum Mindestmaß des Aals. In der Tat gibt es kein Mindestmaß für den Aal, und schon gar nicht für den Glasaal. Aber selbstverständlich hat ein gut organisierter deutscher Angler ein Mindestmaß für den Aal.
Der Vorsitzende: Hintergrund meiner Frage ist, dass wir das einheitliche Maß für den Aal, das wir haben müssten, in der Europäischen Union nicht durchsetzen können.
Lothar Fischer: Es ist richtig, für Aal, aber auch für manche andere Fischart gibt es keine Mindestgrößen. Wenn wir die hätten, wir haben es bei der Kommission versucht, wären wir auf der sicheren Seite, denn dann wäre es verboten, diese Fische zu fangen oder anzulanden. Es kann durchaus Ausnahmeregelungen geben, die es im deutschen nationalen Recht auch gibt, wo wir ein Mindestmaß haben, nämlich für Besatzzwecke. Ich will hierzu nur eine Zahl nennen. Wir haben festgestellt, dass bis Ende Februar in Frankreich an der Loire-Mündung 90 Tonnen Glasaal gefangen wurden. Wenn Sie das in Individuen umrechnen, dann sind das 3.000 bis 4.000 Stück pro Kilogramm. Da bekommt man eine ganze Menge Nullen hintendran. Der Preis liegt im Moment bei ca. 300 Euro pro Kilogramm. Weil die Franzosen diese 90 Tonnen einfach in der Schleppnetzfischerei fangen, sind von diesen 90 Tonnen fast 60 Tonnen tot angelandet worden. Diese Fische sind direkt nach Spanien in den Konsum gegangen. Dort werden sie auch gut bezahlt. Es gab keinen großen Anreiz, diese Fische schonender zu fangen. Dagegen würde eine Zulassung nur für den Besatzfang eine schonendere Fangmethode notwendig machen. Hier spielt dann auch die Beifangregelung eine Rolle. Ich habe auch die Aalresolution des Deutschen Fischereiverbandes mitgebracht und wäre dankbar, wenn ich diese vorne auslegen darf. Wir haben uns um dieses Thema sehr bemüht. Vielen Dank.
Der Vorsitzende: Ich hatte noch die Frage zur Quote und dem Abbau der Fischereiflotte gestellt. Vielleicht kann vom Fischereiverband noch jemand etwas dazu sagen.
Martin Brick: Wir haben festgestellt, dass der Anteil der Quoten und der Flotten in Europa unterschiedlich geregelt ist. Wir stellen auch fest, dass es überwiegend politische Quoten gibt. Anders lässt sich das Geschachere hierum nicht erklären. Wir meinen, dass der Kapazitätsabbau mit den Quoten nichts zu tun hat, weil es keine EU-Flotte gibt und auch keine EU-Quoten, sondern es gibt immer nur Quoten für die Mitgliedstaaten, und es gibt auch nur Flotten, wenn man so will, in mehreren Segmenten, bei den Mitgliedstaaten. Insofern ist es völliger Unsinn, wenn man jetzt auf den Kapazitätsabbau pocht, denn es spielt überhaupt keine Rolle, ob ich meine Quote mit 10 oder mit 100 Schiffen ausfische. Ich muss meine Existenz dabei sichern, und ich muss nachhaltig wirtschaften können. Das ist entscheidend. Zur Nachhaltigkeit hat sich die Fischerei im Übrigen auch bekannt, genauso wie zum Öko-Label und letztendlich, wenn auch unter Schwierigkeiten, zur Fischetikettierung. Wir meinen, die Ausfischung der Quoten muss besser kontrolliert werden, und zwar nicht nur jeder für sich, sondern es muss möglich sein, auch gegenseitig zu kontrollieren, was sehr schwierig werden wird. Das ist für uns entscheidend, wenn es um Quoten überhaupt geht.
Lothar Fischer: Lassen Sie mich kurz ergänzen. Wir haben in Deutschland nur zwei Fischarten, die wir auf die einzelnen Betriebe verteilt haben. Das ist der Dorsch in der Ostsee, und das ist der Seelachs in der Nordsee. Alle anderen Fischarten, und wir haben eine riesige Liste an Fischarten und -quoten, haben wir nicht aufgeteilt. Wir bewirtschaften nebenher nur noch die Plattfische, Scholle und Seezunge, wobei wir hier nur vierteljährliche Fangmengen festlegen. Aber die nächste Kategorie in der Kutter- und Küstenfischerei ist völlig freigestellt, daran kann sich jeder beteiligen. Er braucht sich vorher nicht mal zu melden. Ob das Schiff alt oder neu, klein oder groß ist, es kann fischen, auch den Ostsee- oder den Nordseehering, auch Schellfisch oder Kabeljau, wobei die Kabeljauquote hier schon sehr stark angesprochen worden ist. Dies ist deswegen überraschend, weil 10 Jahre lang von der Wissenschaft zur Kabeljauquote nichts zu hören war. Dass der Kabeljau in der Nordsee knapp geworden ist, haben wir schon lange festgestellt. Bei uns hat sich die Flotte aus der Kabeljaufischerei in der Nordsee schon vor fünf/sechs Jahren verabschiedet. Es gibt keine direkte Kabeljaufischerei von deutschen Schiffen in der Nordsee. Deswegen hat uns die drastische Beschränkung der Kabeljauquote im letzten Jahr auch nicht betroffen, weil wir keine direkte Kabeljaufischerei haben, wobei uns verwundert hat, um das noch vorsichtig auszudrücken, dass die Quote in diesem Jahr sogar leicht erhöht worden ist.
Ein Wort noch zur Kontrolle der Fischer. Wenn es die Mitgliedstaaten wollen, sind die Fischer so stark kontrolliert, wie es wohl kaum anderen ergeht. Ich will Ihnen hierzu ein Beispiel nennen: Der Fischer hat ein Logbuch auszufüllen. Dort muss er sein Fanggebiet angeben, er muss angeben, was er an Bord genommen hat, wobei er sich durchaus verschätzen kann, aber darunter kommt das Anlandegewicht, was er angelandet hat. Zudem muss er auch den hierfür erhaltenen Erlös ausweisen. Ferner wird auf See, jedenfalls bei Fahrzeugen ab 20 m, über automatische Ortungssysteme kontrolliert, wo es sich befindet und wann es wo war. Einen solch gläsernen Unternehmer haben Sie sonst nirgendwo. Wenn man diese Kontrolldienste flächendeckend ausdehnen würde, könnten Sie hier im Deutschen Bundestag die Steuern ganz schön senken.
Der Vorsitzende: Wir haben aber auch gehört, dass diese Kontrollen zum Teil umgangen werden.
Lothar Fischer: Das bestreite ich nicht, aber die Kontrollen werden in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgeführt, und ich möchte nur daran erinnern, dass in einem Mitgliedstaat mal ein Minister wegen nachgewiesener mangelnder Kontrolle gehen musste. So etwas hat es bei uns nicht gegeben. Deutsche Kontrollen sind ziemlich gut, und das wissen die Fischer.
Ich verstehe nur die Diskussion um die Reduzierung der Flotten nicht, denn es ist bei einer gut kontrollierten Flotte egal, mit wie vielen Schiffen man fischt. An die EU-Flotte, die es nur in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt, müsste man nicht mit den MAPs rangehen, sondern hier hilft nur Aufkaufen und Verschrotten. Ich habe das auch in Brüssel schon mehrfach zur Sprache gebracht, dass dort, wo Überkapazitäten vermutet werden, Brüssel die Schiffe aufkaufen solle und die Flotte so verkleinert. Die mittelfristigen Ausrichtungsprogramme sorgen nur dafür, dass Alttonnage immer teurer wird, denn wenn ich neu bauen will und der Prozentsatz für herauszunehmende Alttonnage immer höher gesetzt wird, so dass ich 150 % herausnehmen muss, um 100 % zu bauen, dann steigert das nur den Preis, und es sind nur die glücklich, die Alttonnage haben. Aber es gibt keinen neuen Marktzugang. Das können sich, wenn die Preise gut sind, nur noch Kapitalgesellschaften leisten.
Klaus Hartmann: Zu der Frage nach den Discards bzw. Rückwürfen: Wenn der Fischer auf die See fährt und das Netz im Wasser hat, dann ist er nicht in der Situation des Kunden im Supermarkt, der gezielt Produkte aus dem Regal nehmen kann, sondern in der natürlichen Umgebung fängt er immer eine Auswahl dessen, was am Meeresgrund schwimmt. Mit neuer Elektronik und entsprechenden Fanggeräten kann er zwar schon gezielt fischen, aber man wird nie ausschließen können, dass andere Arten mitgefangen werden. So schwimmen etwa Kabaljau und Seelachs zusammen, so dass der auf Kabeljau gehende Fischer, der seine Seelachsquote ausgefischt hat, diesen zur Zeit zurückwerfen muss. Wir haben kein Problem damit, diese Rückwürfe einzustellen und Beifänge an Bord zu behalten. Wir sind vielmehr bereits daran gewöhnt, weil es in anderen Gewässern, z. B. vor Norwegen, diese Regelung bereits gibt. Wenn ich in Norwegen Beifänge, für die meine Quote schon ausgeschöpft ist, im Netz habe, dann behalte ich diese Art an Bord, bin aber dann verpflichtet, den Fangplatz zu wechseln, d. h., ich muss wenigstens 10 bis 15 Meilen weiterdampfen oder 50 m tiefer gehen, um dann einen Testhol von maximal einer halben Stunde zu machen, um die Zusammensetzung der Fische zu testen und zu sehen, ob ich dort gezielt auf die Fischarten weiterfischen kann, für die ich noch Quoten habe. Das ist aus unserer Sicht eine durchaus praktikable und akzeptable Regelung. Es gibt zudem technische Maßnahmen, um diese ungewollten Fänge zu reduzieren. Ich erwähne z. B. Sortiergitter, die im Netz angebracht sind und die wir schon seit Jahren in der Hochseefischerei benutzen. Es gibt ferner, wie schon erwähnt, die Maßnahme des Fangplatzwechsels, und es gibt die sehr wirkungsvolle Maßnahme der Gebietssperre für eine bestimmte Zeit. Wir haben z. B. in Norwegen eine ständige Kontrolle der Fänge durch die coast guard und auch durch die Fischereiforschung, und es ist nicht ungewöhnlich, dass man über UKW erfährt, dass in diesem Gebiet mehr als 15 % untermaßige Fische sind. Die Fischerei wird dann gestoppt, wir kriegen die Koordinaten und verlassen das Gebiet. Nach ca. zwei Wochen wird festgestellt, die kleinen Fische sind durchgezogen, und wir können dort wieder rein. Das sind durchaus akzeptable und praktikable Lösungen, wie wir sie uns auch in der EU in Zukunft wünschen. Eine weitere Maßnahme wäre die Vielarten-Fangquote, die eben auch Rücksicht nimmt auf Bestände, die natürlich zusammenleben und die wir zusammen befischen können.
Zuammengefasst eine klare Antwort: Wir können durchaus mit dem Anbordbehalten der Discards leben und vielleicht wird dadurch auch der Handel ermuntert, sich mal mit Arten auseinanderzusetzen, die er bisher nicht so einfach verkaufen konnte. Die Franzosen sind in dieser Hinsicht sehr experimentierfreudig, die Asiaten essen viele Fischarten, die die deutsche Hausfrau nicht anschauen mag. Hier gibt es sicherlich einen großen Raum für Entwicklungen. Vielleicht auch Entwicklungen, die von der Forschung unterstützt und begleitet werden können.
Zur zweiten Frage des Widerspruchs von Kapazitäten und Fangquoten zeigt ein Blick in die Vergangenheit, dass wir am Anfang nur Fangquoten und gerade hier in Deutschland sehr gute Fangquoten für die Hochseefischerei hatten, da Deutschland traditionell eine große Fernfischerei erhalten hat und eine der hochentwickelten und modernen Fischereinationen war. Im Zuge der Seerechtsentwicklungen, erst 12 Meilen-, dann 50 und dann 200 Meilen-Zonen um Island und um andere Länder, wurde diese früher freie Hochseefischerei mehr und mehr zurückgedrängt. Wir haben aus dieser Zeit eine relativ gute Fangquote erhalten können. Die Kapazitäten in Deutschland sind aber aus wirtschaftlichen Gründen zurückgegangen, meist bevor es von den MAPs gefordert wurde. Erst die Feststellung, dass durch mangelnde Kontrollen und nicht hinreichende Sanktionen das Quotensystem keine hinreichenden Erfolge zeigte, führte in der EU zum nächsten Schritt, nämlich Aufwandsbeschränkungen einzuführen. Damit kam man jedoch in einen Bereich der Strukturpolitik, der noch schwieriger zu kontrollieren ist. Denn Aufwandsbeschränkungen, wie Begrenzung der Seetage, Kilowatt-Tage und ähnliches sind eben noch schwieriger zu kontrollieren, als die reinen Fangquoten und die Anlandemengen. Deswegen müsste man meiner Meinung nach auf den ersten Schritt zurückgehen und sagen, wir wollen klare Fangquoten haben, und wir werden diese ganz hart auf EU-Ebene kontrollieren und auch mit entsprechenden Sanktionen begleiten. Genau dies geschieht allerdings nicht, sondern es findet eine Kriminalisierung der Fischer statt und als einzige Möglichkeit wird die Flottenreduzierung favorisiert. Dies wiederum ist sehr schwierig, weil die Schiffe Eigentum der Fischer sind und nicht einfach verschrottet werden können. Deswegen sehe ich als einzigen Ausweg nur, die Fischer künftig mehr in sog. Regional Councils, in Räten, mit in die Verantwortung zu nehmen und damit eine höhere Akzeptanz und mehr Einsicht bei den Fischern zu erzielen. Es ist sonst für die Charaktere der Fischer sehr schwierig, so komplizierte Regularien einzusehen und einzuhalten. Wenn Sie aber bei der Entstehung dieser Regularien mitwirken, dann sehe ich eine Chance darin, dass wir das im Zuge der nächsten EU-Politikphase in den Griff bekommen.
Der Vorsitzende: Herr Hartmann, ich bedanke mich ganz herzlich, insbesondere für die letzten Sätze. Vielleicht können wir im weiteren Verlauf darauf noch näher eingehen.
Jürgen Ohlzen: 1992 hatten wir bereits eine Konferenz der Arbeitnehmer in Bremerhaven. Dort wurde schon von uns in Verbindung mit dem WWF eine weltweite Flottenreduzierung gefordert. Denn wir haben schon zu diesem Zeitpunkt festgestellt, dass es einige Flotten gibt, die besonders viel fangen, Herr Keller hat es erwähnt, hierzu gehört auch China. Das hat zur Folge, dass es auch für die Arbeitnehmer immer schwieriger wird, denn es wird immer Länder geben, die billiger produzieren. So liegt der Stundenlohn z. B. in Bremerhaven zur Zeit bei 7,30 DM, das sind im Monat 1.204 DM, und wenn wir davon sprechen, dass wir Mindestlöhne von 1.300 DM fordern, würden wir in diesem Bereich sogar noch eine Aufwertung bekommen. Nach wie vor fordern wir auch bessere Kontrollen und härtere Sanktionen, denn auch das ist weiter ein großes Problem.
Die Krabbenfischerei ist ebenfalls angesprochen worden. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es Zeiten gab, in denen die Krabben in Bremerhaven, in Cuxhaven und auch in Rostock gepult wurden. In der Zwischenzeit machen sie eine nette Reise nach Marokko, werden dort gepult und kommen dann wieder zurück. Ich denke, das ist ökologischer und ökonomischer Wahnsinn.
Johannes Rosenzweig: Zu den Offshore-Windanlagen und den Sandentnahmestellen und ihren Auswirkungen auf die Fischerei lassen Sie mich Folgendes sagen: Wir haben in der Nordsee 29 Anträge auf Genehmigung von Wind-Offshore-Anlagen, das ist eine Fläche von 8.700 qkm und entspricht der Größe von 1.740 Sportplätzen. In der Ihnen vorliegenden Karte rot unterlegte Gebiete sind die, in denen Wind-Offshore-Anlagen gebaut werden sollen. Zu den Offshore-Parks soll die Fischerei noch einen Abstand von 500 m einhalten. Wenn Sie sich das anschauen ist die Frage, wo sollen wir noch fischen? Hinzu kommt noch die Frage der Trassenführung für die Verbringung des Windstroms an Land. Der Eon ist es abgelehnt worden, durchs Wattenmeer zu gehen. Es ist allerdings nicht unser Problem, aber unser Problem bleibt, dass wir nicht mehr fischen können, denn wir dürfen in diese Gebiete nicht rein. Unabhängig davon entsteht ein Gefährdungspotenzial für den Fall, dass ein Schiff in einen Windpark reinläuft. Dies freizuschleppen dürfte kaum möglich sein. Was das für die Umwelt bedeutet, kann man sich leicht vorstellen.
Ein weiteres Problem haben wir mit den Sandentnahmen. Eine Sandentnahmefirma hat einen Antrag für die Region Weiße Bank gestellt zur Sandentnahme auf einer Fläche von 790 qkm, mit einer Tiefe bis zu einem Meter. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass bei einer Sandentnahme bis zu einem Meter Tiefe danach zunächst kein Lebewesen mehr dort erscheint. Insofern bedeuten auch diese Sandentnahmen eine immer stärkere Einschränkung der Fischerei. Die Forderung der Krabbenfischer an die Windmüller geht deshalb dahin, dass diese sich auf die Zone der 30 m Wassertiefe zurückziehen, um so beiden Betroffenen ein auskömmliches Dasein zu ermöglichen. Jedenfalls können wir mit dem Bau von Windparks auf einer Wassertiefe von 20 m nicht leben, weil das genau unser Fischgebiet ist.
Dr. Peter Breckling, Fischereiberater, Landesvereinigung Schleswig-Holstei-nischer Erzeugerorganisationen für Nordseekrabben und Küstenfischer: Herr Vorsitzender, zur Frage von Herrn Ortel: den Ausbau der niederländischen Flotte betreffend und den hieraus resultierenden höheren Zahlen der niederländischen Krabbenfischerei kann ich unter Bezugnahme auf die niederländische Fischereizeitung, die ich in dem Punkt für einigermaßen glaubhaft halte, darauf hinweisen, dass die Vorgaben der MAP nicht eingehalten bzw. ignoriert worden sind. Der Vorsitzende, Herr Jakobs, hat dies in seinem Statement schon dargestellt, die Niederländer dürfen 2.813 BRZ haben, tatsächlich haben sie 4.423 BRZ. Diese Überkapazität besteht nicht aus alten Kähnen, sondern es handelt sich um laufend neugebaute Schiffe, die gerade in den letzten drei/vier Jahren auf den Fangplätzen erschienen sind und in direkte Konkorrenz zu den deutschen Kuttern getreten sind. Die Finanzierung dieses Flottenaufbaus erfolgte im Plattfischsegment, von wo aus man die Schiffe in die Krabbenfischerei durchgeschoben hat. Die Niederländer verfügen über eine große aktive Plattfischflotte, haben dort Sanierungsbedarf, der auch aus öffentlichen Mitteln gedeckt wird, und sie haben diese Fahrzeuge auch ins Krabbensegment durchgeschoben. So konnten sie auf Neubauförderung verzichten.
In Deutschland wird dieses Durchschieben seit Jahren nicht mehr gemacht. Zuletzt ist das im MAP III geschehen, das kann Herr Wendisch sicher bestätigen. Außerdem haben die Niederländer historische Kapazität nachgemeldet. Allein daraus erklärt sich allerdings nicht die gewaltige Überkapazität. Jedenfalls reicht dies nicht aus, um die 60 % Überkapazität zu legalisieren. Tatsache ist jedenfalls, die Kutter sind da, und nach Einschätzung der niederländischen Fischereizeitung wird man auch nicht darangehen, 30 oder 40 % dieser Kutter wieder stillzulegen. Kernproblem ist also die unterschiedliche Auffassung zur Verbindlichkeit der Vorgaben aus Brüssel. Dazu ist auch ganz bemerkenswert ein Zitat aus dem Bericht des Länderbeobachters aus dem letzten Fischereirat vom 27. November 2001. Ich zitiere. ?Mit der VO 1447/99 wurde eine Liste von Verhaltensweisen aufgestellt, die als Verstöße gegen den harten Kern der Fischereivorschriften der Gemeinschaft anzusehen sind. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, der Kommission Bericht über solche Verstöße zu erstatten. Diese Berichte waren zum Teil unvollständig oder unleserlich, Frankreich hat überhaupt keinen Bericht abgegeben. Bußgelder scheinen keine ernsthafte Abschreckung sicherzustellen, man spricht von ungenügenden Kontrollen bis hin zu unwirksamen Sanktionen. Kommissar Fischler kommt dann zu dem Schluss, dass derzeit keine effiziente Kontrolle der Einhaltung der gemeinsamen Fischereipolitik gegeben ist.? Das erklärt, wie die Niederländer auch im Krabbenbereich vorangekommen sind.
Der Vorsitzende: Von wem ist der Bericht, Herr Breckling?
Herr Breckling: Der Bericht ist vom Länderbeobachter der EU von der 2.390. Tagung und ist von Dr. Herwig unterzeichnet.
Der Vorsitzende: Herr von Dorrien, Frau Vesper, vielleicht können wir das Problem des Gegeneinanders von Fischerei und Umwelt verbinden, vielleicht sogar etwas auflösen. Ich frage Sie das ganz direkt, weil ich den Eindruck habe, dass man mit der Fischerei vieles gemeinsam machen kann. Vielleicht können Sie auf diesen Aspekt nochmal eingehen.
Dr. Christian von Dorrien: Dafür sind wir immer offen, Herr Vorsitzender. Es ist auch unser Anliegen, die Probleme gemeinsam mit der Fischerei zu lösen. Ich will versuchen, die verschiedenen Fragen möglichst zusammenhängend zu beantworten. Als erstes zur Frage der Regulierung über Fischereikapazität oder Quoten: Herr Brick hat ausgeführt, es sei ihm egal, ob das 10 oder 100 Schiffe sind. Stellen Sie sich bitte vor, in der Mitte liegt ein Teller mit 10 Brötchen. Es gibt 10 Esser. Dann reicht es für jeden. Voraussetzung ist die Einigung unter den Beteiligten, dass keiner mehr als eins nimmt. Wenn es 100 Esser sind, ist es praktisch unmöglich, den viel zu kleinen Brötchenteller auf alle gleichmäßig zu verteilen. Es ist auch als erstes angesprochen worden, dass das von der Wirtschaftlichkeit her nicht klappt. Das würde ich auch so sehen, nur das hat natürlich Folgen. Wenn viel Kapital in neue Trawler geflossen ist, die fischen wollen, dann ist natürlich ein gewisser Druck da, denn es sind zu viele Trawler vorhanden für das, was im Meer zu fischen ist. Es wurde auch immer wieder angesprochen, dass es politische Quoten gibt, d. h., die Quoten werden höher festgesetzt, als das von der Wissenschaft empfohlen wird, und außerdem wird es schwieriger, das was auf See passiert, zu kontrollieren. Ich möchte hierbei nicht Deutschland anführen, aber es gibt eben aus anderen Ländern Berichte über hohe Schwarzanlandungen, die durch diesen Druck entstehen. Dass das Quotensystem nicht funktioniert hat, sieht man im Übrigen auch an der Überfischung der Bestände. Deswegen ist nach unserer Auffassung am ehesten eine Regelung zu erreichen, wenn die Flottenkapazität insgesamt abgebaut wird. Dass das von Nation zu Nation und auch von Fischerei zu Fischerei unterschiedlich erfolgen muss, ist auch aus unserer Sicht richtig. Erste Ansätze hierfür hat das MAP IV erkennbar werden lassen, und da sind wir anderer Auffassung als Herr Hartmann, wenn er sagt, die Aufwandsbeschränkung habe nicht funktioniert, weil sie schwieriger zu kontrollieren sei. Es ist zwar sicher schwierig, die Fischereikapazität zu messen, aber sie hat vor allem deshalb nicht funktioniert, weil die Wissenschaftler für den Zeitraum 1996/1997 im Schnitt 40 %, für stark überfischte Bestände sogar bis zu 70 % Reduzierung der Kapazität empfohlen haben, herausgekommen ist, aber eine 30%ige Reduzierung für stark überfischte Bestände und 20 % für leicht überfischte. Also deutlich weniger als von der Wissenschaft empfohlen. Auch da hat der deutliche politische Wille gefehlt, das Problem an der Wurzel anzufassen, die Flotte insgesamt zu reduzieren und auf ein Maß zu bringen, das den vorhandenen Fischbeständen angemessen ist. Dabei ist es sicherlich schwierig, dem Steuerzahler zu erklären, dass die Überkapazitäten zunächst mit Subventionen aufgebaut wurden, um anschließend mit öffentlichen Steuergeldern in Form von Abwrackprämien wieder abgebaut zu werden.
Der Vorsitzende: Herr Dorrien, ich muss nochmal nachfragen. Mir ist die Geschichte zu wichtig, als hier jetzt darüber hinwegzugehen. Wir haben regionale Kapazitäten und regionale Quoten. Ihr System, die Flotte zu reduzieren, kann nur funktionieren, wenn wir die gesamte EU-Flotte stark heruntersetzen. Mir ist nicht klar, wie das praktisch funktionieren soll. Ich war am Freitag in Eckernförde, wo mir Fischer sagten, sie dürften im Sommer ein halbes Jahr Dorsch fischen. Sie sagten, sie haben ein großes Schiff. Im Moment haben sie glücklicherweise mal wieder gute Preise für Hering. Da können wir mit reingehen, aber ich frage mich, was soll bei den noch abgebaut werden? Der Fischer sagt mir, er habe soundso viele Stillliegetage, er habe soundso viele Tage Sturm, gerade in der Zeit, wo er fischen darf, und wenn er eine neue Maschine für sein Schiff brauche, muss er die Leistung um 35 % reduzieren, was ihm anschließend Schwierigkeiten mit der Seeberufsgenossenschaft beschert. Irgendwo stimmen diese Systeme auch nicht. Und jetzt will ich das vielleicht ein bisschen simpel mit dem System der Quotierung in der Milchwirtschaft vergleichen. Da wird keinem vorgeschrieben, mit wie vielen Kühen er das macht.
Der Landwirt kann 4.000 Liter pro Kuh melken, er kann aber auch 9.000 Liter pro Kuh melken. Er hat eine Quote von 250.000 Litern, und man sagt ihm, mehr darfst du nicht. Und jetzt kommen die Einschränkungen, die Sie genannt haben. Kontrolliere ich die Quote sauber, habe ich die Discards mit in der Quote drin, bin ich unvernünftig und schmeiße den essbaren Fisch wieder über Bord und bekomme das nicht mit eingesetzt, dann interessiert es mich überhaupt nicht, wenn einer schlecht fischt und einen großen Dampfer hat und die Quote ausgeschöpft ist, weil der Fischer morgens zu spät aufsteht oder im Sommer zu spät dran ist. Dann wird er seinen Dampfer irgendwann einmal verkaufen müssen. Müssen wir hier nicht einfach mal umdenken.
Dr. Christian von Dorrien: Ich würde Ihnen gerne Recht geben, wenn wir nicht die überfischten Bestände im Meer hätten. Diese zeigen ganz eindeutig, dass das System der Quoten nicht geklappt hat. Auch die Kritik an den zunehmenden Regularien liegt letztendlich daran, dass das, was an Fisch vorhanden ist, nicht für alle reicht. Wenn wir also z. B. den Dorsch auch für zukünftige Fischergenerationen erhalten wollen, und darum geht es, dann muss ich auch feststellen, dass es sehr viel schwieriger ist, eine Quote zu kontrollieren, als im Hafen Schiffe zu zählen und zu schauen, wie viel die fangen. Diese Auffassung ist auch von uns nicht neu erfunden worden, sondern das Grundproblem besteht darin, dass der Kuchen nicht für alle reicht. Die Frage, warum die Deutschen ihre Quote nicht ausfischen, kann ich aus Sicht eines Umweltverbandes insofern nicht beantworten, als ich nicht weiß, welche wirtschaftlichen Gründe hier eine Rolle spielen. Es bleibt nur festzustellen, dass andere es schaffen. Ein Grund ist mit Sicherheit, dass es z. B. beim Kabeljau auch sog. Papierquoten gibt. Diese liegen aus politischen Gründen höher, als das was wirklich da ist oder das, was man noch mit einigermaßen vertretbarem Aufwand fangen kann.
Zu Ihrer letzten Frage Herr Carstensen, auch der WWF ist nicht grundsätzlich gegen Subventionen. Wir sind aber gegen die Subventionen, die die Fangkapazität der ohnehin zu großen Flotte noch weiter erhöhen. Es geht nicht darum, Subventionen etwa für die Einführung von Sortiergittern, die die Fänge selektiver machen, oder für andere technische Maßnahmen zu kritisieren. Diese bedeuten vielmehr eine Unterstützung der Fischerei beim Übergang in eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände. Das finden Sie auch in unserer WWF-Position zur Reform der EU-Fischereipolitik.
Martin Brick: Wir haben keine Veranlassung, uns ausgerechnet mit dem WWF anzulegen, aber ich möchte nochmals ausdrücklich betonen, dass das, was vorgetragen wurde, kein deutsches Problem ist. Es ist auch nicht das Problem eines mangelnden Quotensystems, sondern es ist das Problem der mangelnden Kontrolle und der unterschiedlichen Bewertung von Verstößen gegen Verordnungen. Es ist einem deutschen Fischer nicht möglich, zwei Bruttoregisterzahlen zu erhöhen, weil er in der Kajüte seines Schiffes eine Dusche einbauen will, aber in anderen Ländern ist es möglich, ganze Schiffe neu zu bauen und wir haben es bei unserer Museumsflotte dringend nötig, zu modernisieren und zu erneuern. Wir haben aber auch das Problem, die uns zuerkannten Quoten auszufangen. Ich will auch nochmals darauf hinweisen, dass die hier immer wieder angesprochene Überfischung nicht ausschließlich eine Folge der Fischerei ist. Vielmehr spielen hier noch ganz andere Dinge hinein, um die sich kaum jemand kümmert, weil deren Lösung noch sehr viel schwieriger ist.
Dr. Christian von Dorrien: Ich möchte kurz etwas richtig stellen. Wir fordern nicht einen 40%igen Abbau der deutschen Flotte. Das will ich nochmals ganz klar machen. Ich habe immer wieder gesagt, wir fordern den Abbau der Flotte in den Segmenten, in denen eine Überfischung besteht. Dass die Zahlen hierfür noch nicht auf dem Tisch liegen, und wir sie Ihnen leider auch nicht liefern können, ist etwas anderes. Aber es geht uns nicht um eine Reduzierung der deutschen Flotte um 40 %.
Norbert Kahlfuß, Verband der Deutschen Kutter- und Küstenfischer: Vielen Dank Herr Vorsitzender. Vielleicht zur Ergänzung zu dem was Herr Rosenzweig vorgetragen hat. Die Problematik der Offshore-Anlagen gilt nicht nur für die Nordsee, sondern auch für die Ostsee. Ich möchte verhindern, dass dies in Vergessenheit gerät, weil in vielen Publikationen etwas einseitig auf die Nordsee hingewiesen wird. Lassen Sie mich aber auch noch einen Satz zur Gammelfischerei sagen. 1998 wurde die sog. Verordnung zur Gammelfischerei erlassen. Danach war, auf Grund der außerordentlich guten Heringsbestände in der Ostsee, eine Verwertung für andere als zur menschlichen Ernährung gedachte Zwecke, zugelassen. Fast parallel dazu sind ebenfalls von der EU die TAC?s für den Heringsfang in der Ostsee drastisch heruntergesetzt worden. Deutschland liegt für dieses Jahr bei 35.000 Tonnen, wir hatten mal 100.000 Tonnen. Die Verordnung gilt aber immer noch. Die Wissenschaft ist dabei der Auffassung, dass das Sommerfangverbot im Grunde nicht viel bringt, aber es wurde dennoch verlängert. Wir räumen ein, dass sich jeder, auch die Wissenschaft, mal irren kann. Aber wenn man erkennt, dass eine Verordnung Quatsch ist, dann sollte man sie auch wieder aufheben. Jedenfalls verstärken diese Fehlleistungen den Eindruck, dass deutsche Fischereiinteressen in der EU nicht hinreichend wahrgenommen werden.
Prof. Dr. Gerd Hubold: Ich nehme zu den Fragen der Quoten und der Fischereikapazitäten Stellung und der Forschung der BFAfi und zu den Küstenfragen. Zu den Quoten und Kapazitäten ist der Kern des Problems wirklich der, dass wir mit der erlaubten Gesamtanlandemenge nicht klar gekommen sind. Zwar ist das theoretisch der richtige Weg, wissenschaftlich fundiert festzusetzen, wie viel Fisch wir fangen können, ohne die Nachhaltigkeit der Bestände zu gefährden. Aber eben nur theoretisch. In der Praxis hat sich leider gezeigt, dass in keiner Fischerei weltweit dieses Mittel greift. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Überkapazität ist sicherlich einer der ganz wesentlichen Gründe, denn wenn die Fischer unter ökonomischem Zwang stehen, verhalten sie sich anders, als wenn dieser starke ökonomische Zwang nicht besteht.
Wir haben aber auch noch ein zweites Problem, das in Richtung Gesetzgeber und EU geht. Wir setzen diese erlaubten Anlandemengen fest, rechnen aber die angelandete Menge. Das heißt, wir setzen 100.000 Tonnen fest und zählen, wann diese an Land kommen. Inzwischen sind aber auf See 200.000 Tonnen gefangen worden. Und daran gehen die Bestände auch sehr schnell kaputt. An dieser Stelle haben wir ein systematisches Problem.
Das dritte große Problem sind aber nach wie vor die Schwierigkeiten, die wir bei der Durchsetzung entsprechender Regelungen auf See haben. Herr Hartmann hat für Norwegen optimistisch festgestellt, dass es dort funktioniert. Ich weiß jedoch, dass auch die Norweger es letztendlich nicht durchsetzen können, obwohl dort die Fischereistruktur wesentlich einfacher ist, als in den komplizierten Gewässern in Nord- und Ostsee, wo sich viele verschiedene Fischereien überlappen. Die Norweger sind zwar konsequenter was die Bestrafung angeht, und die Rechtsgrundlage ist eben auch konsequent, nur es wird auch dort nicht alles angelandet. Auch in Norwegen gibt es Discards, denn auch dort kann die Fischereikontrolle nicht überall zur gleichen Zeit hinsehen. Man kann also mit diesen Maßnahmen Verbesserungen erreichen, es ist aber nicht das Allheilmittel. Hinzu kommen muss eine Kapazitätsverringerung. Das vorhin genannte Beispiel mit den Brötchen ist leider korrekt. Wenn wir nur 10 Brötchen haben, ist es einfacher, vernünftige Maßnahmen durchzusetzen, wenn wir auch nur 10 Gäste haben. Bei 100 Gästen bekomme ich eine Regelung nicht durchgesetzt. Die Flottenreduktion wird im Moment international als das letzte mögliche Mittel gehandelt. Sie ist auch in anderen Ländern nicht beliebt, aber es ist in der Tat das letzte Mittel, um zusätzlich zu TAC?s und Quoten die Fischerei auch Flächen deckend anzupassen und nicht umgekehrt zu hoffen, dass sich die Fische an die Fischerei anpassen, denn das werden wir nicht hinkriegen.
Zur Forschung der Bundesforschungsanstalt und der Frage, was tun wir noch für die Küstenfischerei. Es ist richtig festgestellt worden, dass wir für die Binnenfischerei fast nichts mehr tun. Das ist Ländersache, und es ist uns von unseren Haushältern ganz nachdrücklich nahe gelegt worden, dieses Feld den Ländern zu überlassen. Im Küstenbereich ist es ganz ähnlich, denn bis zu 12 Seemeilen ist es Ländersache, womit z. B. die ganze Muschelfischerei in die Länderzuständigkeit fällt. Dies findet z. B. in Schleswig-Holstein in der Weise statt, dass aus den Einnahmen für die Vergabe von Lizenzen die Forschung finanziert wird. Ein gutes Beispiel auch für andere Länder.
Die Bundesforschungsanstalt hat ganz verschiedene Aufgaben. Ich erinnere nur daran, dass wir Anfang der 90er Jahre ein ganz neues Institut für die Fischereiumwelt bekommen haben. Dieses Institut hat mit Fischerei gar nichts zu tun. Dann haben wir das Lebensmittelinstitut, das mit der Fischereibestandsfrage ebenfalls überhaupt nichts zu tun hat. Es bleiben damit drei Institute, Fischereitechnik, Ostseefischerei, wobei beide ausschließlich für die Küstenfischerei arbeiten, und das Institut für Seefischerei, also mein Institut. Hier ist es in der Tat so, dass wir ganz stark reduzieren mussten. Die ganzen Aufgaben für die sehr wichtigen Fischereizweige mussten wir reduzieren, wobei wir in der Tat auch Antarktis-Forschung betreiben, was ich nicht für ganz abwegig halte, denn z. B. in Bremerhaven hat gerade eine florierende Krill-Verarbeitung begonnen. Das ist ein Thema der weltweiten langfristigen Nahrungsmittelsicherung. Zu unseren Aufgaben gehört neuerdings aber auch der Walschutz, alle Umweltmeeres-Schutzabkommen, die die Fischerei für sich entdeckt haben. Das alles bearbeiten wir im Sinne der Fischerei so neutral und objektiv wie möglich. Gleichwohl ist richtig, dass Forschungskapazitäten abgebaut und gleichzeitig entsprechende Kapazitäten in der Verwaltung aufgebaut werden. An dieser Entwicklung kann man in der Tat berechtigte Kritik üben, die ich hier auch durchaus zum Ausdruck bringen möchte.
Der Vorsitzende: Wir kommen jetzt noch einmal zur Binnenfischerei. Da gab es die Fragen zu Medikamenten und zur Zusammenarbeit und Ergänzung der Binnen- und Angelfischerei.
Herr Proske: Insgesamt brauchen wir in der Binnenfischerei sehr wenig Medikamente. Wir haben aber Schwierigkeiten beim praktischen Einsatz. Es sind speziell für die Binnenfischerei keine Medikamente mehr verfügbar, weil es sich schlicht und einfach für die Arzneimittelfirmen nicht lohnt, Medikamente für diesen Einsatzzweck zuzulassen. Ein zweites Problem sind fehlende Rückstandswerte, denn einige Mittel, die eigentlich keine Medikamente sind, die man aber in der Fischerei gut eingesetzt hat, dazu gehört z. B. das Kochsalz, der Brandkalk und das Kaliumpermanganat, sind Mittel, die jede Hausfrau zu Hause in der Küche zur Hygiene einsetzt, die aber im Rahmen der Binnenfischerei zur Behandlung von Fischen eben nicht eingesetzt werden dürfen. Sie dürfen eingesetzt werden zur Hygienisierung des Wassers, zur Behälterreinigung, aber in dem Moment, wo ich sie am Fisch einsetze, gelten sie als Arzneimittel und sind als solche nicht zugelassen, oder wir brauchen, wie etwa beim Kochsalz, 10 Jahre, um eine Standardzulassung durchzubringen, um diese dann aus der Apotheke zu beziehen. Dabei handelt es sich wohlbemerkt um ganz normales Küchenkochsalz. Das sind Dinge, die die Fischer einfach nicht mitmachen. Hier ist eine Verbesserung möglich, wenn man einfach mit dem gesunden Menschenver- stand herangehen würde und nicht zu sehr mit bürokratischen Vorstellungen, was denn im Einzelfall ein Medikament ist. Eine Erweiterung der Standardzulassung sehe ich jedenfalls im Moment nicht als sehr aussichtsreich an, denn die Arzneimittelindustrie hat uns bereits signalisiert, dass ein Interesse an diesem Weg nicht besteht.
Dr. Wolfgang Stiehler, Verband der Deutschen Binnenfischerei: Ich möchte das eben Gesagte noch mit ein paar Bemerkungen ergänzen. Es gebe grundsätzlich die Möglichkeit, Mittel, die in anderen EU-Ländern zugelassen sind, nach Deutschland zu importieren, und hier eine Zulassung anzupassen. Das scheitert allerdings zur Zeit an bürokratischen Hemmnissen, die man sich wirklich nicht vorstellen kann. Ich habe dazu Versuche unternommen und das Ergebnis ist einfach nur niederschmetternd. Wir sind also mittlerweile in einer Situation, wo wir, wenn wir es nicht illegal tun, gar nichts mehr tun können. Damit sind aber dem Tierhalter, etwa bei Parasitenbefall, der auch eine tierschutzrechtliche Komponente hat, die Hände gebunden.
Prof. Dr. Reiner Knösche: Zur Frage der Medikamentenzulassung kann ich nur aus der eigenen Praxis berichten, dass wir Anfang der 90er Jahre ein Projekt zu bearbeiten hatten, wo die Wirkung von synthetischen Huminsäuren als Therapeutikum und auch als Prophylaktikum für Fische zu testen war. Die Ergebnisse waren hervorragend, aber als es an die Zulassung ging, hat der Hersteller mit Blick auf die Kosten des Zulassungsverfahrens dankend abgewunken. Damals waren so etwa 150.000 DM in der Diskussion, die im Hinblick auf den zu erwartenden Umsatz wirtschaftlich nicht vertretbar waren.
Zur Zusammenarbeit der Angler und Berufsfischer ist jedem aus dem Metier bekannt, dass noch vor wenigen Jahrzehnten eine heftige, vermeintliche Konkurrenz um die Fische im Gewässer zwischen Berufsfischern und Anglern geherrscht hat. Mittlerweile ist die Erkenntnis herangereift, dass es eigentlich gar keine Konkurrenz ist. Die Fischbestände in unseren Binnengewässern sind derart gering genutzt, dass es für alle ohne weiteres reicht. Es gibt aber eine neue Konkurrenz, und das ist die um die Mitglieder. Ein Angler, der beim Berufsfischer seine Angelkarte kauft, wird natürlich weniger geneigt sein, einem Verband beizutreten. Hier sind aus meiner Sicht auch die Verbände gefordert, ihre Attraktivität für solche Leute zu erhöhen. Wir haben Daten, die zeigen, dass die Angler, die in größeren Berufsfischereigewässern angeln, signifikant mehr fangen, als Angler, die in Vereins- und Verbandsgewässern angeln.
Zum Problem des Mindestmaßes bei Aalen würde ich es auch begrüßen, wenn ein Mindestmaß für den Aal eingeführt würde. Dies würde allerdings in einem ersten Schritt nur ein Viertel des jetzigen Glasaalfanges betreffen, der nicht mehr der gegenwärtigen Verwendung zugeführt werden könnte. Das Hauptproblem des Exports nach China hätten wir nach wie vor. Ich sehe auch beim besten Willen keinen Weg, wie wir dieses Problem lösen können. Möglicherweise böte eine EU-weite Regelung zu einer Abgabe auf gefangenen Glasaal eine Lösungsmöglichkeit, mit der europaweit Besatz subventioniert werden könnte. Es ist allerdings nicht ganz klar, welche Wirkung das insgesamt haben würde. Ob es auch durchgesetzt werden könnte, ist dagegen noch eine ganz andere Frage, denn böse Zungen sprechen in diesem Bereich bereits von mafiosen Strukturen in der Glasaalwirtschaft.
Der Vorsitzende: Wir kommen damit zur nächsten Fragerunde.
Abg. Holger Ortel: Bei allem, was wir bisher gehört haben, den Flottenanteil, die EU-Quote, den Anteil der Quote, den wir ausgefischt haben, auch bei den weiteren Faktoren die Prof. Hubold hier genannt hat, habe ich trotz aller TAC?s und MAPs den Eindruck, dass Deutschland in den letzten Jahren in der EU wieder Musterschüler war, seine Hausaufgaben gemacht hat und viele andere eben nicht. Hier ist auch Dr. Wendisch aus dem BMVEL anwesend, und da will ich sagen, dass es nicht sein kann, dass Deutschland sich, wie vielleicht in den letzten Jahren, in der EU zurückgelehnt hat, wenn es denn um die anderen EU-Länder ging. Deutschland hat sich hier zu oft nicht durchsetzen können oder vielleicht auch geschwiegen. Ich denke, hier muss vom deutschen Ministerium im Fischereirat in Zukunft mit mehr Nachdruck darauf geachtet werden, was in den anderen EU-Ländern passiert, was Flottenanteile, was Quoten betrifft.
Ich habe eine etwas spezielle Frage an die Küstenfischer. Wir werden in den nächsten Jahren nochmal eine Elbvertiefung und eine Weservertiefung bekommen. Was bedeutet das für die Aussichten der Küstenfischerei, insbesondere der Krabbenfischerei?
Abg. Heinrich-Wilhelm Ronsöhr: Herr Prof. Hubold, Sie haben hier über Forschung gesprochen und auch in Ihren schriftlichen Antworten etwas dazu gesagt, nämlich, dass wissenschaftliche Erkenntnisse für die Fischereipolitik nicht in hinreichendem Maße vorliegen. Wann schätzen Sie denn, wenn es mit der Forschung so weitergeht, dass man national und international davon ausgehen könnte, dass genügend Erkenntnisse vorliegen, oder meinen Sie, dass mit den vorhandenen Forschungskapazitäten in der Bundesrepublik Deutschland dieses überhaupt nicht zu bewältigen ist? Vielleicht sagen Sie auch etwas zu Ihren Vorstellungen, wie man die Forschungskapazität verbessern kann.
Herrn Prof. Knösche möchte ich befragen zu dem, was wir zur Medikamentenzulassung vom Verband der Deutschen Binnenfischerei gehört haben. Dies ist ein wichtiges Thema, und wir sehen, dass die Industrie, weil sie zu hohe Hürden im Zulassungsverfahren für Stoffe, die wir im Ernährungsbereich benötigen, zu überschreiten hat, sehr zurückhaltend ist. Nun ist mir bekannt, dass zumindest bei der Zulassung von Tierarzneimitteln eine Londoner Behörde eingeschaltet ist, die offensichtlich sogar für die einzelnen Nationen in der Europäischen Union Vorgaben machen kann, die national nicht immer in Frage gestellt werden. Sehen Sie dort eine Möglichkeit, durch eine Europäisierung des Zulassungsverfahrens eine Lösung zu erreichen? Sie haben auch darauf hingewiesen, dass es möglich sein muss, wenigstens die Medikamente, die in anderen europäischen Ländern zugelassen sind, auch in Deutschland einsetzen zu können. Es ist schließlich schon eigenartig, dass Fische aus anderen europäischen Ländern importiert und hier verzehrt werden dürfen, die deutschen Fischer aber, die zur Herstellung dieser Fische eingesetzten Stoffe in Deutschland nicht verwenden dürfen. Es geht mir also darum, von Ihnen zu hören, welche Möglichkeiten Sie sehen, hier zu Verbesserungen zu kommen.
Der Vorsitzende: Herr Hartmann, die EU hat mit vielen Ländern dieser Erde Fischereiabkommen. Nutzen wir diese genügend aus? Ich habe manchmal das Gefühl, die deutsche Fischerei fühlt sich nur dann wohl, wenn richtig Sturm ist, aber vor der westafrikanischen Küste finde ich alle Fisch fangenden Nationen, jedoch nur selten ein deutsches Schiff. Ist das richtig, und wenn ja, warum?
Herr Ohlzen, eine Frage zur Ausbildung. Die Nachwuchsausbildung spielt für die Fischerei inzwischen eine riesige Rolle, denn es ist zu befürchten, dass wir die Kapazitätsprobleme vielleicht dadurch lösen, dass wir am Ende keine Kapitäne und keine Seeleute auf den Schiffen haben. Deswegen möchte ich Sie bitten, etwas zur Ausbildungssituation zu sagen.
Zur Anmeldung und Einbringung von Discards in die Nahrungsmittelkette hätte ich nochmals eine Frage an den WWF und Prof. Dr. Hubold. Sagen Sie mir bitte etwas darüber, welche Möglichkeiten wir haben, durch technische Maßnahmen zu einer verbesserten Fischerei zu kommen. Ein Problem in diesem Zusammenhang aus meinem Wahlkreis ist z. B. die Stellnetzfischerei in Verbindung mit Schweinswalen. Hier bekommen unsere Fischer Prügel, obwohl sie Stellnetzfischerei gar nicht betreiben. Andererseits haben Sie Warngeräte vorgestellt, die mit einem Stückpreis von 50 Euro den Beifang von Schweinswalen zu verhindern in der Lage sind. Für mich ist es immer unbegreifbar gewesen, warum wir immer über Altersgrenzen und Maße der Fische sprechen, obwohl wir mit technischen Maßnahmen in der Lage wären, nur reife Fische zu fangen.
Eine Frage an den WWF auch zu Ihrer schriftlichen Stellungnahme, wonach nicht nur die Flottenkapazität, sondern auch die Nachfrage nach Fisch eine Rolle für die Bestände spielt, bei der Deutschland allerdings mit ca. 15 kg pro Kopf und Jahr nicht gerade zu den führenden Nachfragern gehört. Dabei hat mich besonders gewundert, dass Sie überhaupt nichts davon halten, Aquakulturen auszubauen und in diesem Zusammenhang schreiben, durch Aquakulturen sei nicht ein Kilogramm Fisch weniger gefangen worden. Wie aber, wenn nicht z. B. durch Aquakultur, wollen Sie eine Entlastung der Fischentnahme erreichen?
Eine Frage an die Binnenfischerei zu den veränderten Verzehrgewohnheiten, die z. B. dazu führen, dass die Forelle nicht ausgewachsen ist, wenn wir sie in Portionsgröße kaufen. Beim Karpfen etwa ist dies nicht möglich. Es gibt durchaus die Behauptung, wir hätten heute einen Analphabetismus in der Küche, der etwa bei der Diskussion um den Tierschutz beim Verkauf von Lebendkarpfen deutlich wird. Vielleicht können Sie darauf eingehen, inwieweit diese Diskussion Auswirkungen auf die Vermarktung hat.
Klaus Hartmann: Zur Frage der Drittlandsfischereiabkommen und der Ausschöpfung von Fischereirechten wie etwa vor Westafrika ist zu sagen, dass wir nicht genügend Schiffe haben, um die Möglichkeiten die es gibt, wahrzunehmen. Es wären sicherlich bessere Verhandlungsergebnisse denkbar, wenn die Flottenkapazität da wäre. Wenn z. B. der Kabeljau vor Grönland, der zur Zeit infolge von Temperatur und Strömungsänderungen dort nicht zu fischen ist, wieder zurückkehrte, hätten wir überhaupt nicht die Schiffe, um unsere Quote dort zu befischen. Genauso verhält es sich etwa mit Schrimps, wo wir vor Spitzbergen Möglichkeiten hätten, die wir nicht befischen können. Wir haben allerdings in der Hochseefischerei in den letzten Jahren auch den Grundsatz verfolgt, keine Schiffe mit ausländischer Besatzung einzuchartern, um kurzfristig solche Möglichkeiten wahrzunehmen. Wir wollen vielmehr deutsche Schiffe unter deutscher Flagge mit deutschen Eigentümern fahren und damit arbeiten.
Lothar Fischer: Herr Hartmann ist vielleicht etwas zu bescheiden, auch auf seinen eigenen Betrieb einzugehen. Herr Hartmann hat in seinem Betrieb ein Schiff. Damit ist es einfach nicht möglich, im Nordatlantik vor Grönland zu fischen und auch noch die afrikanischen Quoten wahrzunehmen. Wir brauchen da mehr Kapazität, denn mit einem Schiff ist eine Reederei sehr schwierig zu betreiben. Wir haben vier Reedereien und 12 Schiffe in der Hochseeflotte.
Jürgen Ohlzen: Zum Thema Aus- und Weiterbildung kann ich sagen, dass es früher mal den Fischwerker gab, der heißt inzwischen Fachkraft für Lebensmitteltechnik, was dem Umstand geschuldet ist, dass auch in der Industrie die Technisierung fortgeschritten ist. Dies ist eine umfangreiche Ausbildung, die uns die Chance eröffnet, mit diesen Leuten nicht nur im Fisch zu arbeiten, sondern auch in andere Lebensmittelbereiche zu gehen. So sind etwa auch bei Kellogg?s, Jacobs oder Becks Fachkräfte für Lebensmitteltechnologie eingesetzt. Wichtig ist aber auch der Bereich der Fort- und Weiterbildung, denn die Vielfalt von Hygienerichtlinien und anderen Vorschriften müssen auch umgesetzt werden. Wenn ich bei der Firma Nordsee einen Fisch kaufen will, dann sollen die Verkäufer auch in der Lage sein mir zu sagen, woher der Fisch kommt. Da kann die Antwort nicht vom Großhändler Deutsche See sein, sondern ich erwarte konkrete Angaben über die Herkunft. Hierfür ist verstärkte Aus- und Fortbildung notwendig. Dies wird aus meiner Sicht zur Zeit noch vernachlässigt, und hier muss mehr getan werden. Fisch wird in seiner Gesamtheit auch viel zu wenig umworben. Fisch ist eben nicht nur das Fischstäbchen, sondern dass da sehr viel mehr dranhängt, wird zu wenig transparent. Wir haben hier ein sehr gesundes Nahrungsmittel, der Pro-Kopf-Verbrauch ist auch etwas gestiegen, aber hier könnte mehr getan werden. Das ist auch eine Aufgabe der Verbände, gemeinsam das gesunde Lebensmittel nach vorne zu bringen.
Herr Breckling: Ich würde gerne etwas zu den Auswirkungen der Vertiefungen der Elbe und Weser auf die Krabbenfischerei sagen. Bei der Fahrwasservertiefung wird die Hauptrinne tiefer, die Strömung nimmt zu, die Flachwasserbereiche verschlicken, was dazu führt, dass die Ertragskraft des Systems verlorengeht. Die Produktivkraft des Systems Flussmündung und SOA wird dadurch geringer, dadurch werden auch die Erträge geringer. Die Fanggebiete im Fahrwasser sind weniger gut befischbar; weil die Strömung wesentlich schneller läuft, werden die Kutter die mit der Strömung fischen auch stärker beansprucht und in der Fahrrinne selbst wird absolut weniger gefangen.
Das zweite Problem ist das fortgesetzte Baggern und Verklappen, das mit der Vertiefung verbunden ist. Die Klappstellen werden so ausgewählt, dass das Baggergut dort nicht liegen bleibt, sondern sich im System verteilt. Dieses ständig bewegte Sediment belastet die Fanggebiete, beeinträchtigt die Qualität des Fanges, was ein aufwendiges Sortieren erfordert. Zum Teil sind die Krabben verunreinigt, so dass allein durch diese Vertiefungsmaßnahmen Fanggebiete verloren gehen. Die Betriebe müssen zum Teil weiter seewärts ausweichen, wenn sie es denn können, oder sie geben auf. Wir haben Bereiche in der Jade und Ems, wo die fortgesetzte Vertiefung die Krabbenfischerei schon weitgehend hat zurückgehen lassen und diese heute längst nicht mehr die Bedeutung hat, die ihr früher zukam. Das ist belegt und wird mit weiteren Vertiefungen der Elbe und Weser so weitergehen.
Dr. Christian von Dorrien: Es gab eine Frage zu technischen Maßnahmen. Es gibt in der Tat verschiedenste Maßnahmen, um ungewollte Beifänge zu verringern, etwa durch höhere Maschenweiten, durch Sortiergitter und, was Sie besonders ansprachen, ist der Beifang der Schweinswale in der Stellnetzfischerei. Hier kommt es zu Beifängen die weit über das hinausgehen, was für den Erhalt dieser Schweinswalpopulation erträglich ist. Das liegt zum Teil bis zum Drei- bis Vierfachen höher. Diese Fänge erfolgen im Wesentlichen durch die dänische Fischerei, was auch unseren Publikationen zu entnehmen ist. Beteiligt ist ferner die britische und vermutlich auch die norwegische Fischerei. Im Ostseebereich gibt es auch durch die deutsche Fischerei, und zwar durch die nebenerwerbliche, entsprechende Beifänge. Dort sind die Bestandszahlen ohnehin so niedrig, dass eigentlich jeder gefangene Schweinswal einer zu viel ist. Das Hauptproblem ist, dass diese feinen kilometerlangen Netze für die Schweinswale nicht wahrnehmbar sind. Die Schweinswale orientieren sich über akustische Schallortung und die Netze werfen kein Echo zurück. Hier bieten die sog. Pinger eine Abhilfemöglichkeit. Diese können in bestimmten Abständen am Netz angebracht werden und senden akustische Signale aus, die von den Schweinswalen wahrgenommen werden können. Allerdings ist auch hier bei kilometerlangen Netzanlagen etwa in der Plattfischfischerei zu bedenken, dass weite Lebensräume akustisch praktisch vermüllt werden. Damit besteht die Gefahr, die Schweinswale aus großen Bereichen ihres natürlichen Habitats zu vertreiben.
Der Vorsitzende: Können Sie bitte auch etwas zur Lärmvermüllung durch Windkraftanlagen sagen.
Dr. Christian von Dorrien: Da sind wir sehr gespannt auf die Ergebnisse der Forschung, die dringend notwendig sind, um auch hier dafür zu sorgen, dass durch diese Windkraftanlagen nicht eine solche Verschallung stattfindet, dass große Lebensräume für z. B. Meeressäuger verloren gehen.
Der Vorsitzende: Wie stellt sich denn der WWF im Moment ganz konkret zu den Entscheidungen von BM Trittin, sehr schnell Referenzgebiete für Windkraftanlagen zu genehmigen?
Dr. Christian von Dorrien: Wir sind der Meinung, dass dringend Forschung notwendig ist, bevor es zu einer großflächigen Genehmigung von Windparks kommt. Diese sollte an Hand von ein oder zwei Pilotanlagen erfolgen, um die Folgen besser abschätzen zu können, und begleitet von weiterer Grundlagenforschung, die aus unserer Sicht dringend notwendig sind. Es muss insgesamt darauf geachtet werden, dass die Folgen für den Naturschutz nicht übermäßig sind.
Abg. Heinrich-Wilhelm Ronsöhr: Teilen Sie auch die Ansicht, dass die Fischerei hierdurch sehr stark beeinträchtigt werden könnte?
Dr. Christian von Dorrien: Wenn die Parks so angelegt werden, wie sie zur Zeit geplant sind, d. h. im Abstand von 300 Metern und wenn sich die Auffassung durchsetzt, dass in diesen Gebieten aus Sicherheitsgründen Schifffahrt nicht erlaubt ist, dann wird das für bestimmte Formen der Fischerei, insbesondere der Trawlfischerei, eine Einschränkung bedeuten.
Martin Brick: Lassen Sie mich kurz ein Wort zum Walschutz sagen. Tatsache ist doch, dass wir in Deutschland einen Walschutz gegen Fischer haben, die gar keine Wale fangen. Diejenigen, die in diesen Schutzgebieten fangen, bekommen wir damit aus diesen Zonen nicht heraus. Hier helfen also keine nationalen Vorschriften, sondern wir brauchen ein internationales Management, ähnlich wie beim Kormoran.
Nun zu den Windkraftanlagen. Ich habe es mit Wohlwollen gehört, wenn der WWF die Forschungsergebnisse zum akustischen Müll erwartet. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass das EEG eine Frist setzt, bis wann man in diesem Bereich etwas macht und bis wann man entsprechende Förderungen pro Kilowatt erhält. Ich habe das Gefühl, es werden Installationen erfolgen, ohne dass wir Ergebnisse haben, weil ein Abwarten der Investoren den Verlust von Förderung bedeuten würde. Wenn ich das richtig sehe, muss diese Entscheidung bis zum Jahre 2006 gefallen sein. Mir ist deswegen nicht ganz klar, wer bis dahin worüber forscht. Meines Erachtens sind die Betreiber im Rahmen der Genehmigungsverfahren veranlasst worden, selbst darüber zu forschen. Ich kann mir ungefähr vorstellen, was dabei rauskommt. Ich kenne darüber hinaus keine neutrale Einrichtung, die über die Auswirkungen von Windkraftanlagen umfassend forscht. Ich fürchte daher, dass die Anlagen errichtet sein werden, ohne dass entsprechende Forschungsergebnisse vorliegen, es sei denn, die Begrenzung der Förderung bis 2006 erfährt noch eine Änderung.
Dr. Christian von Dorrien: Ich will Herrn Brick nochmal ausdrücklich zustimmen, wenn er feststellt, dass es zum Walschutz eines internationalen Managements bedarf. Das gilt hier ebenso wie für die Fischerei, weil das Meer eben von vielen genutzt wird. Hierfür gibt es auch EU-Instrumente, wie etwa den EU-Rat 2000, die erreichen wollen, dass Gebiete mit einer Konzentration von Muttertieren und Kälbern, wie etwa vor Sylt, geschützt werden. Wir würden uns auch wünschen, dass dieser Bereich weiter nach Dänemark ausgedehnt wird.
Zur Frage der Kompensation bei steigendem Verbrauch von Aquakulturen lassen Sie mich Folgendes sagen: Die Bevölkerung wächst, und der Fischkonsum steigt ständig. Es ist aber nicht mehr Fisch in den Meeren, im Gegenteil, er ist zur Zeit eher abnehmend. Mit unserer Kritik an der Aquakultur meinen wir, dass die Meeresfischerei deswegen nicht zurückgegangen ist, und wenn Aquakultur zur Lösung der Welternährungsprobleme dienen soll, dann geht das nach unserer Auffassung allenfalls mit Pflanzen fressenden Arten, wie z. B. Karpfen. Es geht aber nicht mit Fleisch fressenden Arten wie Lachs, tropischen Garnelen oder Forellen, die ihrerseits 4 bis 5 kg Fisch in Form von Fischmehl brauchen, um in Aquakulturen gezüchtet zu werden.
Wilhlem Jacobs: Ich wäre dankbar, wenn man bei aller Kritik an der Fischerei auch sagt, wen man meint. Denn wir betreiben keine Steinbuttfischerei. Wir haben keine Treibnetzfischerei, wir haben keine Stellnetzfischerei, aber es heißt, die Fischer machen alles kaputt, und Gäste aus dem Binnenland zeigen inzwischen mit dem Finger auf die Fischer, und das können und wollen wir nicht mehr hinnehmen. Wenn Sie also meinen, dass das andere Nationen sind, dann sagen Sie es gefälligst. Aber bitte nicht die Fischer in ihrer Gesamtheit. Jedenfalls machen das meine Fischer an der Küste nicht. Dann sagen Sie, wer es macht.
Dr. Wolfgang Stiehler, Verband der Deutschen Binnenfischerei: Sie haben an mich eine Frage zu den Verzehrsgewohnheiten und dem Absatz von Karpfen gestellt. Da muss man zunächst sagen, dass es in Deutschland regional sehr unterschiedlich ist. In Franken spielt z. B. der Karpfenabsatz in der Gastronomie eine große Rolle, aber dies ist regional sehr begrenzt, auch wenn es uns freuen würde, wenn es überall so wäre. Dies ist jedoch nicht so. Die große Menge der 15.000 Tonnen jährlicher Karpfenproduktion in Deutschland wird nach wie vor in privaten Haushalten gegessen. Hier haben wir eigentlich das Problem, dass in den letzten Jahren viele Fischgeschäfte als Absatzmöglichkeit verschwunden sind. Zudem ändern sich im Zuge des Generationenwechsels die Verzehrgewohnheiten. Als Stichwort mag hier der Hinweis auf McDonalds genügen. Dass es noch zu keinem erheblichen Rückgang gekommen ist, ist den aus Osteuropa eingebürgerten Mitbürgern zu verdanken. Für diesen Personenkreis hat sich fast ein eigenes Marktsegment entwickelt, in dem Karpfen das ganze Jahr gut geht. Wir haben z. B. im Sommer des vorigen Jahres eine Verfünffachung des Absatzes gehabt, und zwar nur über diesen Markt, in dem es andere Verbrauchsgewohnheiten gibt. Wir bemühen uns darüber hinaus sehr stark, mit Karpfenfilet auf den Markt zu kommen. Das ist einerseits sehr verbraucherfreundlich, ist aber auch eine Gratwanderung, denn wir brauchen für den Rest des Karpfens, das sind etwa 35 %, eine Verwertung. Auf der anderen Seite reicht das, was als Filet produziert wird nicht aus, um den Markt zu befriedigen.
Ein weiteres Problem stellt die Werbung für diese Produkte dar, die zu finanzieren die Binnenfischerei allein nicht in der Lage ist.
Das Grundproblem der Binnenfischerei bleibt aber die unzureichende Vertretung in der EU, die der Länderzuständigkeit in Deutschland geschuldet ist. Der Verband bemüht sich hier, und es gibt hoffnungsvolle Ansätze, aber Länder mit zentraler Verwaltung für die Binnenfischerei haben eindeutige Vorteile zu verzeichnen. Hier Verbesserungen zu erreichen, wird in der Zukunft eine zentrale Rolle spielen.
Wilhelm Jacobs: Zur Ausbildungssituation ist Folgendes zu sagen: Wir in der Küstenfischerei bilden überregional aus. Man kann sagen, hieran ist die gesamte deutsche Küste beteiligt. Wir haben Blockunterricht in Schleswig-Holstein, und ich habe mich auch immer dafür eingesetzt, dass sich die Fischer, egal ob von der Ostsee, Nordsee, aus Schleswig-Holstein oder Niedersachsen, in der Ausbildung kennen lernen. Nur leider ist es so, dass der Fischer für zweieinhalb Monate Blockunterricht 1.500 Euro für seinen Mitarbeiter zuschießen muss. In der Berufsschifffahrt ist es dagegen so, dass ein Ausbildungsplatz von der Bundesregierung mit 25.000 Euro gefördert wird, weil es zu wenig deutsche Seeleute gibt. Aber auch wir bilden nicht nur für uns aus, sondern für die gesamte Küstenschifffahrt. Das ist einmal für die weiße Flotte, aber dann auch für Fahrzeuge der Länder und des Bundes. Uns lässt man jedoch ohne Förderung mit dem Hinweis, dies sei Aufgabe der Länder. Geht es dagegen um die Groß- oder Handelsschifffahrt, ist es auf einmal auch Sache des Bundes. Wir sehen hierin ein grobes Missverhältnis. Unsere Ausbildung wird lediglich zu 50 % von zwei Landkreisen gefördert. Wir werben bei uns für die Zukunft der Fischerei und würden uns wünschen, dass wir hierbei auch in der Ausbildung unterstützt werden. Wir wollen ausbilden, aber nicht nach einem Zwei-, Drei- oder Vier-Klassensystem.
Der Vorsitzende: Vielen Dank, das war ein guter Hinweis. Herr Keller, vielleicht können Sie noch etwas zur Ausbildung in der Binnenfischerei sagen, denn die einzige Universität, an der ein Zug für Fischerei eingerichtet ist, ist die Humboldt-Universität. Ich erwähne dies, weil dieser Ausschuss, in dem wir heute sitzen, vor einigen Jahren sehr intensiv um den Bestand der Humboldt-Universität und um den Erhalt dieser Fakultät gerungen hat. Dass dies gelungen ist, ist, glaube ich, zu einem großen Teil unser Verdienst gewesen.
Dr. Matthias Keller: Herr Vorsitzender, ich habe noch eine Antwort auf eine Frage, die noch nicht gestellt worden ist. Diese betrifft das Öko-Kennzeichen. Wir haben in der Zwischenzeit das Problem, dass wir überwiegend Fische handeln, bearbeiten und verkaufen, die vom lieben Gott geschaffen wurden und die bis zum Fang niemals einen Menschen gesehen haben. Die also auf hochdeutsch anthropogen nicht beeinflusst wurden. Diese Fische, obwohl es mehr Bio nicht gibt, dürfen nicht als biologische oder ökologische Produkte gekennzeichnet werden. Die Fische aber, die von Anfang an unter Kuratel des Menschen gehalten wurden, sollen als biogemäß produziert gekennzeichnet werden dürfen. Wir wollen den Verbrauchern natürlich gerne sagen, wie ökologisch Fisch ist. Aber wenn eine solche künstliche Differenzierung geschaffen wird, dann stiften wir mehr Verwirrung, als wir Sicherheit geben. Deshalb meine Bitte an den Ausschuss, sofern Sie sich in naher Zukunft mit diesem Thema einmal auseinandersetzen möchten, dann müssen Sie wissen, dass die Branche gegen ein gespaltenes Siegel ist und erwartet, dass es auch ein Zeichen für die wahren Biofische gibt.
Der Vorsitzende: Herr Knösche hat hierzu in seiner schriftlichen Stellungnahme auch einiges gesagt. Jetzt aber zunächst nochmal zur Ausbildungssituation.
Dr. Wolfgang Stiehler: Es gibt in Deutschland in der Binnenfischerei eine sehr gute Ausbildung für Binnenfischer. Wir haben auch keine Nachwuchsprobleme. Die Ausbildung läuft einmal zentral in Starnberg und in Königswarter, und in beiden Einrichtungen werden auch Fischwirtschaftsmeister in ausreichendem Maße ausgebildet. Was uns fehlt ist die Zwischenstufe vom Fischwirtschaftsmeister zum Hochschulabschluss, also zum Fachingenieur. Dort gibt es zur Zeit leider nichts Äquivalentes. Besonders erfreulich ist natürlich, das erwähnte der Vorsitzende, dass die Humboldt-Universität in Berlin weiterhin Absolventen in der Fachrichtung Fisch im Allgemeinen ausbildet.
Prof. Dr. Gerd Hubold: Zunächst nochmals zur Anlandung von Discards und technischen Maßnahmen zur Vermeidung unerwünschter Beifänge. Die grundlegende Philosophie, die wir zur Zeit verfolgen, schreibt dem Fischer vor, was er fangen soll, die Menge, die er fangen darf, wie er es fangen soll, also die Netze und die technischen Maßnahmen, die TAC?s und Quoten. Dies alles schreiben wir vor, und die Fischer versuchen zum Teil, zu Recht oder zu Unrecht, dieses auch zu umgehen. Das ist letztlich menschlich, denn je höher der Zwang ist, desto größer ist auch der Druck, diesen Zwang zu umgehen. Deshalb sollten wir bei den Discards und den technischen Maßnahmen wirklich versuchen, einmal eine andere Position zu beziehen. Wenn wir vorschreiben Discards anzulanden, müssen wir den Fischern diese Discards auch vergüten und sie auch verwenden. Zumindest auf kleinen Schiffen gefährdet ansonsten das An-Bord-Behalten der Discards das wirtschaftliche Überleben. Die Vergütung muss allerdings so bemessen sein, dass die Fischer überleben, die Discards aber weiterhin wirtschaftlich nicht attraktiv sind.
Der andere Punkt betrifft die Maßnahmen auf See. Wir schreiben z. B. 80 mm Netzgröße für Seezunge oder 120 mm für irgendeinen anderen Fisch vor. Der Fischer sieht das im Grunde nicht ein und es ist auch nicht einzusehen. Es wäre wahrscheinlich günstiger, eine gezielte, eine gewollte Fangzusammensetzung anzustreben. Diese kann man wissenschaftlich entwickeln für bestimmte Fischereien und z. B. sagen, ein gezielter Kabeljaufang sollte z. B. nicht mehr als 10 % untermaßige Fische haben. Dann sollte der Fischer versuchen, das hinzukriegen, und zwar aus eigenem Antrieb und eigener Kenntnis und sich z. B. Rat bei der Wissenschaft suchen. Auf dieser Basis würden wir zusammenarbeiten. Im Moment arbeiten wir de facto gegeneinander, denn wir schreiben etwas Ungewolltes vor. Ich denke, wir sollten versuchen, das Ergebnis vorzuschreiben und das in Verbindung mit einem Discard-Anlandegebot umzusetzen. Hierbei plädiere ich auch für den Einsatz öffentlicher Mittel zumindest bei kleinen Fischern, die Discards-Anlandungen, anders als große Schiffe, schwieriger verkraften können.
Lothar Fischer: Eine kurze Ergänzung bzw. Richtigstellung aus unserer Sicht. Wir arbeiten nicht gegeneinander. Wir vermissen es nur manchmal, dass die Forscher für die Fischer arbeiten.
Prof. Dr. Gerd Hubold: Herr Fischer, das sehe ich eigentlich auch so. Ich habe hier nur gemeint, dass die Fischer gegen die Maßnahmen arbeiten.
Die andere Frage von Herrn Ronsöhr bezog sich auf die Strukturen in der Wissenschaft und wie viel Forschung wir denn brauchen. Wir haben international im nordatlantischen Bereich eine hervorragende Forschungsstruktur über den Internationalen Rat für Meeresforschung. Die nationalen Institute arbeiten dort alle mit und arbeiten ihm zu. Das funktioniert sehr gut. Wir haben im internationalen Bereich das Problem der Privatisierung der Forschungsinstitute. Das ist in vielen Bereichen eine Katastrophe, denn diese Institute machen nicht mehr das, was die Fischerei braucht, sondern sie machen das, wo das Geld sitzt. Dies zudem noch ganz kurzfristig, so dass ganze Datenerhebungen wegbrechen. Das haben wir national glücklicherweise noch nicht. In unserem Bereich haben wir die Privatisierungsdiskussion bisher nur ansatzweise, und ich kann nur hoffen, dass das für den Ressortbereich der Grundlagenforschung, den wir vorhalten müssen, auch so bleibt. Wir haben allerdings eine 30%ige Reduktion der landwirtschaftlichen Ressortforschung und zwar im Zeitraum von 1995 bis 2000. Dagegen will ich grundsätzlich gar nichts sagen. Auch für uns als Teil der Landwirtschaftsforschung ist ein Abspecken um 30 % denkbar. Die Fischerei ist weniger geworden, so das alte Argument, warum soll die Forschung nicht auch abspecken. Wir haben hierzu mit dem Ministerium ein Rahmenkonzept erarbeitet, was die Zielvorgabe bis 2005 beinhaltet. Wir können mit diesem Rahmenkonzept leben. Was jetzt allerdings passiert ist, dass dieses Rahmenkonzept in Frage gestellt wird und der Stellenabbau in einer Art Sippenhaft so veranstaltet wird, dass die Bereiche, die bereits ihr Soll erfüllt haben, keine neuen Stellen bekommen, solange es irgendwo im Geschäftsbereich andere gibt, die das Soll noch nicht erfüllt haben. Das betrifft auch unsere Forschungsanstalt. Das Resultat ist, dass wir im Rahmen dieser Sippenhaft nichts nachbesetzen können. Mir würde es genügen, wenn man innerhalb des von uns anerkannten Sparkonzeptes inhaltlich vorgehen würde, also danach fragt, was wird gebraucht und welche Kapazitäten müssen nachbesetzt werden. Nur in sehr geringem Umfang würden wir allerdings gern sehen, dass wir für neue Aufgaben, für neue Wissenschaftler oder technische Mitarbeiter, ggf. auch befristet, Mittel bekommen. Dies gilt z. B. für die Entwicklung eines Mehrjahresmanagements und eines Mehrartenmanagements, die internationalen Forderungen entsprechen und die einen Aufwand erfordern, den wir so nicht leisten können.
Weitergehende Forderungen, ein Ausbau z. B., liegen auf dem Tisch. Der Beirat der Bundesforschungsanstalt und der Bundesrat haben im vergangenen Jahr massiv gefordert, die Fischereiforschung im Bereich Binnenfischerei auszubauen, ebenso in der Aquakultur, der Sozioökonomie und der Küsten- und Binnenfischerei. Hier wäre etwas Überzeugungsarbeit sinnvoll, diese Forderungen auch auf den Weg zu bringen.
Prof. Dr. Reiner Knösche: Zur Frage der Medikamentenzulassung ist zu sagen, dass auf dem Gebiet der Fischkrankheitsbekämpfung sicherlich nicht das große Geld liegt. Die Frage hat auch nicht mehr die Bedeutung, die sie vor 10 Jahren noch hatte, denn die Produktion ist längst nicht mehr so intensiv, und es ist eine altbekannte Tatsache, dass Probleme mit Fischkrankheiten steigen, je intensiver die Bewirtschaftung ist. Sehen Sie mir also bitte nach, dass ich hierzu nicht viel sagen kann. Eine EU-weit agierende Behörde für Zulassungen zu installieren, würde allerdings der Sache sicherlich weiterhelfen.
Die Frage, ob die Aquakultur Einbrüche in anderen Bereichen kompensieren kann, ist zu bejahen. Vor allen Dingen in unserem Bereich der Karpfenteichwirtschaft sind in absehbarer Zeit keine sonstigen Beeinträchtigungen zu befürchten, die einer Steigerung der Produktion entgegen stünden. Dies gilt auch für die Forellenproduktion. Es ist bereits schon darauf hingewiesen worden, man kann es allerdings nicht oft genug sagen, der Karpfen braucht für den Aufwuchs kein Fischmehl. Insofern entspricht die Karpfenhaltung in besonderem Maße den ökologischen Anforderungen. Bei den übrigen Fischfuttermitteln stehen wir in einer etwas schwierigen Situation. Tierkörpermehl war zwar ohnehin nicht im Fischfutter, aber Blutmehl. Letzteres ist jetzt verboten. Die Konsequenz hieraus ist, dass die Phosphorlast des Fischfutters und damit die Belastung der Umwelt gestiegen ist. Es gibt einige Entwürfe für ein Öko-Label, das auch die Verwendung von Fischmehl aus gefährdeten Arten untersagt, hier stehen wir, abgesehen von der Frage der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit, vor dem Problem, dass der Phosphorgehalt durch den höheren Knochenanteil noch weiter ansteigt, so dass wir mehr als eine Verdoppelung der Phosphorlast auf unsere Gewässer erreichen.
Noch eine kurze Bemerkung zu Schmerzen und Leiden bei Fischen, welche Kritik an Binnen-, vor allem aber auch an der Angelfischerei auslöst. Wir haben eine Reihe von Untersuchungen zu dieser Problematik durchgeführt, und es hat sich gezeigt, dass man das Schmerz- und Leidensempfinden bei Fischen nicht mit dem von Warmblütern und schon gar nicht von Menschen vergleichen kann. Das liegt vielmehr auf einer ganz anderen Ebene, als man gemeinhin angenommen hat.
Zur Frage der Ausbildung sehe ich zwei Probleme, die ich, soweit die Hochschulausbildung betroffen ist, aus eigenem Erleben schildern kann. Wir haben hier ein kontinuierliches Ansteigen der gewässerökologischen Ausrichtung dieser Studiengänge zu verzeichnen. Das hängt mit der unterschiedlichen Kapazität der beiden beteiligten Institute, das ist das IGB und das Institut für Binnenfischerei, zusammen. Wir verstehen uns als die Vertreter der Fischwirtschaft, wenngleich auch wir natürlich ökologische Fragen ebenfalls bearbeiten, wir können aber mit unserer geringen Kapazität die bestehende Tendenz nicht umdrehen. Das würde unsere Möglichkeiten übersteigen.
Das zweite Problem betrifft die Diplomfischerei-Ingenieure. Für die Besetzung von Führungspositionen finden wir keinen Absolventen, dem irgendjemand die Möglichkeit gegeben hätte, Erfahrung zu sammeln. Bevor sie Erfahrung sammeln können, sind sie entweder im elterllichen Betrieb versauert oder in andere, attraktivere Wirtschaftsbereiche abgewandert. Die Länderbehörden tun ein Übriges dazu, indem sie Fachkraftstellen nach Freiwerden mit Nichtfachkräften besetzen, und damit Einsparungen aus einem entsprechend niedrigeren Vergütungsniveau ziehen.
Ein Wort zum Öko-Fisch an meine Fischerkollegen, denken Sie bitte daran, dass Öko-Fisch nicht nur bedeutet, dass der Fisch ein einwandfreies gesundes Nahrungsmittel ist, sondern dass er auch ökologisch erzeugt worden sein soll. Wenn man also einen Kabeljau anbietet, der in der Stellnetzfischerei unter Beifängen von Schweinswalen gefangen ist, ist es äußerst schwierig, das als Öko-Produkt zu bezeichnen.
Der Vorsitzende: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedanke mich und habe das Gefühl, dass wir ausgesprochen viel an Informationen bekommen haben. Ich habe aber auch das Gefühl, das sich bei Anhörungen häufig einstellt, dass mit diesem Informationszuwachs die Fragen nicht weniger, sondern eher mehr werden. Unsere Zielsetzung, das gilt für den Kollegen Ortel sicherlich genauso wie für mich, war, der Fischerei in Deutschland auch in der Politik mal wieder einen höheren Stellenwert zu geben. Das haben wir heute getan, und Sie haben uns dabei geholfen. Sicherlich ist im Hinblick auf die Stellung der Fischerei in der deutschen Ernährungswirtschaft, und das ist auch angesprochen worden, anzumahnen, dass der Stellenwert der Fischerei auch in der Vertretung in Brüssel besser wird. Ich habe mich z. B. sehr geärgert, als zum Zeitpunkt der Verhandlung der Quoten diejenigen, die von Quoten etwas mehr verstehen, zu den Walgesprächen nach Japan fahren mussten und nicht nach Brüssel gefahren sind. Sicherlich brauchen wir auch im Bereich der staatlichen Forschung einen höheren Stellenwert der Fischerei. Auch dies ist heute deutlich geworden. Es sind also heute viele Informationen gegeben, aber auch viele neue Fragen gestellt worden und deshalb fällt es mir schwer zu sagen, so das war?s jetzt mit der Fischerei für die nächsten Jahre. Deshalb möchte ich gern einen Vorschlag machen, mit dem ich dazu kommen möchte, eine bessere Zusammenarbeit derer zu erreichen, die sich mit Fischerei beschäftigen. Dass dies sinnvoll ist, zeigen Erfahrungen aus der Vergangenheit. Als wir den Deutschen Hochseefischerverband noch nicht beim Deutschen Fischereiverband hatten, hatten wir jedes Jahr Ärger wegen der Verteilung der Seelachsquoten vor Norwegen. Seitdem der Hochseefischereiverband das selbst regelt, haben wir das im Ausschuss noch nicht einmal wieder verhandeln müssen. Ebenso hatten wir früher laufend Streit zwischen Berufs- und Sportfischerei im Bereich der Binnenfischerei. Inzwischen merkt man, wie sehr man sich ergänzt und in der Lage ist, seine Probleme gemeinsam zu vertreten. Wir haben unterschiedliche Auffassungen zu den Maßnahmen, wie sie die Wissenschaft vorschlägt, und Akzeptanz der in der praktischen Fischerei tätigen Beteiligten. Und es liegt mir daran, die Sachverständigen, die wir bei den Umweltverbänden, insbesondere beim WWF haben, mit einzubinden. Dies eröffnet die Möglichkeit, bei dem einen oder anderen die Scheuklappen auch etwas zu öffnen und zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen. Die deutsche Fischerei steht im Moment an kritischen Grenzen, denn wir haben zur Zeit nur noch um die 16 % Selbstversorgung. Deswegen mache ich den Vorschlag, dass wir in dem Sachverständigengremium, in dem wir hier sitzen, häufiger zusammen kommen, wenn Sie damit einverstanden sind. Ich würde jedenfalls dazu einladen. Ich glaube, wir müssen von Seiten der Politik mehr Gespräche, nicht nur alleine mit den Krabbenfischern, den Anglern, nicht nur alleine mit der Hochsee- oder der Binnenfischerei oder den Umweltverbänden führen, sondern wir müssen in der Politik die gemeinsamen Gespräche, wie wir sie heute gehabt haben, öfter führen. Ich schlage deshalb vor, dass wir nach den Wahlen in diesem oder einem ähnlichen Kreis wieder zusammenkommen, um weiterzukommen. Wenn wir das häufiger tun, kommen wir vielleicht auch mal wieder dazu, dass es einen richtigen Fischwirt im Ministerium geben wird. Zunächst aber einmal für heute meinen herzlichen Dank für Ihre Beiträge.
Martin Brick: Herr Vorsitzender, ich denke, der Dank ist ganz auf unserer Seite. Ich denke, als Vertreter des Dachverbandes darf ich das so ausdrücken. Es ist schön, wenn die Politik ein Bekenntnis zur Fischerei abgibt. Dass es uns wichtig ist, ist klar, und wir brauchen diese Rückenstärkung von denen, die mit verantwortlich sind für die Rahmenbedingungen, in denen wir leben und arbeiten müssen und unser Einkommen erwirtschaften. Deshalb nochmals herzlichen Dank, und wir sehen uns in der nächsten Legislaturperiode wieder.
Der Vorsitzende: Ich schließe die Sitzung mit dem Spruch der schon 1924 in Cuxhaven benutzt wurde, um für Fische zu werben: -Die Kräfte sind nicht mehr zu messen, von denen, welche Fische essen.- Kommen Sie gut nach Hause.
Der Vorsitzende schließt die Sitzung um 15.00 Uhr.
Ausschuss für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
14. Wahlperiode
22 38- 24 50
Wortprotokoll
der
88. Sitzung
des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
(10. Ausschuss)
Öffentliche Anhörung
-Perspektiven der deutschen
Fischerei und Fischwirtschaft in der EU-
am Montag, 18. März 2002, 11.00 Uhr
(Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.900)
Vorsitz: Peter Harry Carstensen (Nordstrand), MdB
Seite
Einziger Punkt der Tagesordnung 8 - 123
-Perspektiven der deutschen Fischerei und Fischwirtschaft in der EU-
dazu die Stellungnahmen der Sachverständigen
- 14/652 Deutscher Anglerverband-
- 14/653 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten
- 14/654 Institut f. Binnenfischerei, Prof. R. Knösche
- 14/656 Deutscher Fischereiverband e.V. (DFV)
Verband der Deutschen Kutter- und Küstenfischer e.V.
Verband der Deutschen Binnenfischerei e.V.
Deutscher Hochseefischereiverband e.V.
Küstenfischer an der schleswig-holsteinischen Westküste e.V.
- 14/657 Umweltstiftung WWF Deutschland -Fachbereich Meere und
Küsten -
Der Vorsitzende: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die 88. Sitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu unserer öffentlichen Anhörung zum Thema ?Perspektiven der deutschen Fischerei und Fischwirtschaft in der EU? und begrüße ganz herzlich die Vertreter der Bundesregierung, die Mitglieder des Ausschusses sowie weitere interessierte Gäste.
Ich begrüße insbesondere unsere Sachverständigen und bedanke mich für die von Ihnen erstellten Antworten zum Fragenkatalog, die Sie auf den A-Drs. 14/652 bis 14/657 finden. Diese sind den Abgeordneten per E-Mail übermittelt worden und liegen auch im Sitzungssaal aus. Außerdem liegt eine Stellungnahme des Landesverbandes der Berufsfischer und Teichwirte in Baden-Württemberg, die nicht als Sachverständige geladen sind, auf A-Drs. 14/670 aus.
Hinsichtlich des zeitlichen Rahmens rechne ich mit einer Dauer von gut drei Stunden, wobei zum Ende durchaus Spielraum besteht, denn wir möchten gerne eine umfassende Anhörung und eine umfassende Behandlung der Probleme der Fischerei ermöglichen.
Ich möchte die Sitzung nicht eröffnen, ohne dem Präsidenten des Deutschen Fischereiverbandes, Martin Brick, ganz herzlich zum Geburtstag zu gratulieren.
Ebenso möchte ich es nicht versäumen, Frau Friedenstab, unserer Referendarin, die heute ihre letzte Sitzung im Ausschuss hat, für eine außerordentlich erfreuliche Zusammenarbeit zu danken und ihr für die Zukunft alles Gute zu wünschen.
Ich würde vorschlagen, dass wir von den eingeladenen Verbänden und den Einzelsachverständigen ein Eingangsstatement hören, das bei fünf Minuten liegen sollte, so dass wir ein bisschen ins Thema kommen und einen Überblick über die Problematik der deutschen Fischerei erhalten. Es ist üblich, hier offen, sehr offen zu reden, denn wir möchten Informationen haben und es sollte nichts unter der Decke bleiben, denn nur dann kann diese Anhörung ein Erfolg werden.
Volker Kuntzsch, Bundesverband der Deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels: Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland rangiert auf der Liste der wichtigsten Fischfangnationen nicht unter den ersten 50. Deutschland spielt aber eine bedeutende Rolle im Handel mit Fisch und ist der sechstgrößte Importeur weltweit. Der überwiegende Anteil der Einfuhren wird weiter verarbeitet. Die Fischindustrie und der Fischgroßhandel beschäftigen im Jahr 2000 knapp 14.000 Personen, das sind ungefähr 30 % aller Beschäftigten der Deutschen Fischwirtschaft.
Die Nachfrage auf dem deutschen Markt nach Fisch und Fischwaren wurde in 2000 zu 86 % von Importen aus EU-Staaten und Drittländern gedeckt. Bei den für die verarbeitende Industrie wichtigen Grundfischarten, wie Alaska-Seelachs, Seehecht, Hoki und Kabaljau, beträgt der Anteil der Importe nahezu 100 %. Auf Grund unserer Bedeutung im weltweiten Handel mit Fisch, spielt Deutschland eine Vorreiterrolle in der Forderung an seine Lieferländer, ein bestandserhaltendes Fischereimanagement umzusetzen. Die Initiative ?Bestandserhaltende Fischerei? wurde 1996 durch die Fischwirtschaft ins Leben gerufen, um sicherzustellen, dass wir unsere Konsumenten mit Fisch aus nachhaltigen Ressourcen versorgen. Unterstützt werden wir in unserem Bestreben auch durch deutsche Forschungseinrichtungen, die weltweit einen hervorragenden Ruf in der Fischerei und der Aquakultur genießen.
Unsere Initiative unterstützt auch den ?Marine Stewardship Council? (MSC) oder ?Rat zur Bewahrung der Meere?, der auf Basis des ?FAO Code of Conduct for Responsible Fisheries? Prinzipien und Kriterien entwickelt hat, die als Grundlage für eine Zertifizierung bestandserhaltender Fischereien dienen. Weltweit sind bereits einige Fischereien, z. B. der Wildlachs Alaska, der Hoki Neuseelands und die westaustralische Languste, zertifiziert worden und setzen unsere Konsumenten in die Lage, diese Produkte anhand des MSC-Siegels im Einzelhandel zu erkennen. Im Gegensatz zu anderen Ökosiegeln, die sich mit der Qualität der eingesetzten Rohstoffe, des Ursprungs, der Produktsicherheit u. a. auseinandersetzen, ist das MSC-Siegel, zur Zeit das einzige Siegel, das auf der Grundlage international abgestimmter Kriterien eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände bescheinigt.
Zusammenfassend möchten wir die folgenden Punkte hervorheben:
1. Die hohe Abhängigkeit von Importen und die Notwendigkeit, den Nachfragedruck auf einzelne Fischarten zu reduzieren, erfordern eine weitere Liberalisierung des Handels.
2. Unsere Bemühungen, das Bestandserhaltungskonzept bei unseren Lieferländern umzusetzen, sollten durch die Bundesregierung bzw. die EU stärker unterstützt werden. Dieses setzt voraus, dass auch die EU-Fischereien bestandserhaltend verwaltet werden.
3. Die Entwicklung weiterer Ökosiegel muss dem Konsumenten die Möglichkeiten klarer Differenzierung bieten und sicherstellen, dass, außer der Aquakultur, auch der Fang natürlicher Ressourcen als ökologisch unbedenklich zertifizierbar sein muss.
4. Die deutsche Fischereiforschung muss finanziell und personell unterstützt werden, um weiterhin unseren wissenschaftlichen Einfluss auf unsere Lieferländer geltend machen zu können.
Bernd Mikulin, Deutscher Anglerverband: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte auf vier Punkte besonders aufmerksam machen.
1. Der jährliche Umsatz der Angelfischerei in Deutschland beziffert sich auf 1,5 Mrd. Euro, rund 20.000 Arbeitsplätze hängen daran, insbesondere was den Bereich des Tourismus und der Freizeitgestaltung anbelangt, und dies sind relativ zurückhaltend bezifferte Werte. Es ist überhaupt kein Problem, bei einer relativ attraktiven Urlaubsgestaltung für den Tourismus auch für ausländische Bürger, die ihren Urlaub in Deutschland verbringen, diesen Umsatz zu vervielfachen, wobei wir hierfür die wesentliche Unterstützung erwarten. Die Problematik der Umsetzung einer nachhaltigen Fischereipolitik wird eigentlich durch die Gesetzgebung in Deutschland behindert. Es ist Fakt, dass Fischereirecht Landesrecht ist und es ist sehr schwer, einem ausländischen Gast zu erklären, welche Hürden er nehmen muss, um in Deutschland einmal angeln gehen zu können.
2. Es ist für uns außerordentlich bedeutsam, in einer sehr engen Zusammenarbeit, vor allem mit den Binnenfischereibetrieben in Deutschland, dafür zu sorgen, dass die Binnenfischerei einen Absatzmarkt für den Besatz von Angelgewässern in unseren Bundesländern hat, und ich denke, dass wir unseren Kollegen Berufsfischern hier auch wesentlich helfen, ihren Umsatz abzusichern.
3. Die Angler in Deutschland leisten jährlich etwa 6 Mio. unbezahlte freiwillige Arbeitsstunden bei der Hege und Pflege der Gewässer. Auch das ist eine Zahl, die sicherlich noch erweiterungsfähig ist. Diese 6 Mio. freiwilligen Arbeitsstunden stellen einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung der Natur dar.
4. Als ein zunehmend großes Problem stellen sich für uns die zunehmenden Kolonien an Fisch fressenden Tieren, insbesondere Kormoran und Graureiher, dar. Die entsprechenden Bemerkungen und Zuarbeiten haben wir sowohl an den Deutschen Fischereiverband als auch an den VDBI gemacht. Ich denke, hier ist es notwendig, dass die Bundesregierung sozusagen als Koordinator zwischen den Bundesländern etwas dafür tut, einheitliche Regelungen zu schaffen, die die Verluste, die wir durch Graureiher und Kormorane zweifelsfrei in großem Rahmen haben, zu minimieren.
Martin Brick, Deutscher Fischereiverband: Herr Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst darf ich einmal Dank sagen, dass heute die gesammelte Fischerei hier vor einem Ausschuss etwas zur Fischerei sagen kann. Darauf warten unsere 1,1 Mio. Mitglieder, und sie werden das sicher dankend aufgreifen. Gestatten Sie mir zunächst eine Bemerkung zur Seefischerei. Das galt früher einmal als der freieste Beruf, es kam eigentlich nur darauf an, wie der Wind weht, wie das Wetter ist, und es hing vom Fangglück ab, ob der Fischer erfolgreich war oder nicht. Das ist lange her. Es gibt also heute nicht nur Quoten für Fische, d. h. wie viele in welchem Gebiet gefangen werden dürfen. Es gibt auch technische Maßnahmen, wie Mindestgrößen und Mindestmaschenweiten und weitere genaue Vorschriften zur Netzgestaltung. Außerdem sind Fischereiaufwandsregeln erlassen worden, die die maximale Anzahl von Seetagen für bestimmte Fangschiffe festlegen. Es gibt ein automatisches Ortungssystem, das es erlaubt, den genauen Standort des Schiffes und die Geschwindigkeit und Fahrtrichtung von Land aus festzustellen. In der Nordsee sind z. B. für die Seezungenfischerei drei verschiedene Mindestmaschengrößen je nach Region festgelegt.
Der Fischer hat inzwischen so viele Vorschriften neben den seemännischen Auflagen zu beachten, dass es ihm kaum möglich ist, nicht gegen einzelne Anordnungen zu verstoßen. Allein die Bekanntmachung für den Fischfang durch deutsche Betriebe der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, die vor 10 Jahren noch aus einem Drei-Seiten-Papier bestand, weist heute nahezu 20 Seiten auf. Wenn der Fischer alle Verordnungen und Regelungen, die zu beachten sind, mit an Bord nimmt, hat er kaum noch Raum, um die gefangenen Fische mit an Land zu bringen. Wir hatten die Hoffnung, dass diese Regelungswut eingedämmt wird, aber die Geschwindigkeit, mit der neue Vorschriften erlassen werden, hat ständig zugenommen.
Für die Ostsee hat man das Sommerfangverbot für Dorsch auf drei Monate vom 01.06. bis 31.08. verlängert, obwohl die Wissenschaftler erklären, dass das Sommerfangverbot keinen großen Effekt für den Dorschbestand hat. Hinzu kommen noch 30 Stilllegungstage in einer festgelegten Zeit für die Inanspruchnahme der Sozialprämien. Wenn man dann noch die Sturmtage im Herbst und Winter abzieht, so bleibt nur eine sehr kurze Zeitspanne für die Fischerei. Die Fischer können in dieser kurzen Zeit nicht genug verdienen, um das Jahr zu überstehen. Wir brauchen daher dringend einen finanziellen Ausgleich für diese lange Sommerpause. Das zieht sich durch alle Papiere, die aus der Politik kommen, die den Rahmen setzt. Es gibt dort keine Sozialmaßnahmen, die angedacht sind. Außerdem brauchen wir eine Beifangregelung für Dorsch bei der Plattfisch-Fischerei, damit die Fischer, die Flundern fangen, die zwangsläufig mitgefangenen wenigen Dorsche nicht als Discards über Bord werfen müssen. Die Dorsche sind ohnehin tot, wenn sie an Bord kommen und werden auch durch den Rückwurf nicht wieder lebendig. Außerdem erwarten die Touristen, die in dieser Zeit an der Küste ihren Urlaub verbringen, auch einmal einen frischen Dorsch auf der Speisekarte.
Ein weiteres großes Problem für die Fischerei ist der Zugang zu den Fanggebieten. Dem Fischer sind viele Fangplätze genommen worden bzw. werden ihm streitig gemacht. Das geht von Walschutzgebieten, über Null-Nutzungszonen, Mausergebiete bis hin zu FFH-Gebieten usw. Das ist die eine Seite, das andere ist die wirtschaftliche Seite. Denn hinzu kommen noch die anderen Nutzungen der Meeresgebiete durch Gas- und Ölplattformen, allein in der Nordsee gibt es 86 Bohrinseln, durch Kies- und Sandabbau, durch Verkehrstrennungsgebiete, durch Munitionsverklappungsgebiete, durch militärische Nutzung und nicht zuletzt durch riesige Windparks und Kabelverlegungen. Wenn man sich die Nutzungskarte der ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee anschaut, fragt man sich, wo überhaupt noch Fischerei möglich ist. Diese Karten sind von uns an Sie verteilt worden.
Ich habe noch ein weiteres Problem hier vorzubringen, was vielleicht doch nicht so bekannt ist. Hierbei geht es um den Aalbesatz. Der Aal kann in heimischen Gewässern nicht reproduziert werden. Wir sind auf den natürlichen Aalbesatz in Form von Glasaalen angewiesen und ich mache darauf aufmerksam, es sind die Fischer und Angler, die den Aal überhaupt noch in unsere Flüsse und Seen im Binnenland bringen. Ich will damit vorbeugen, dass irgendjemand auf die Idee kommt, den Aal jetzt unter Artenschutz zu stellen. Wir müssen feststellen, dass ein großer Teil von diesen Glasaalen, etwa 4.000 gehen auf ein Kilogramm, vor der französischen und spanischen Küste gefangen wird, der in den direkten Konsum geht, ein großer Teil geht in die Aquakulturanlagen in China. Die Preise für die so knapp gewordenen Glasaale sind exorbitant gestiegen, so dass die Berufs- und Angelfischer kaum noch die finanziellen und materiellen Aufwendungen für den Besatz in den heimischen Gewässern aufbringen können. Wir haben daher, auch das sollen Sie wissen, eine Resolution sowohl an die EU als auch an das zuständige Ministerium mit der Bitte geschickt, sich doch dafür einzusetzen, dass diesem Unwesen Einhalt geboten wird. Wenn man dann noch sieht, dass viele Aale von den zahlreichen Kleinkraftwerken an den Flüssen quasi gehäckselt werden, dann ist diese Situation sozusagen unerträglich.
Wir haben, und das ist der dritte große Komplex, das Gefühl, dass Deutschland eine nicht ausreichende Vertretung der eigenen fischereilichen Belange sowohl gegenüber der Kommission als auch beim Rat der EU hat. Im Rat gibt es ein Gremium der Freunde der Fischerei, hierzu gehören Frankreich, Spanien und Portugal. Deutschland gehört nicht dazu. Wir fordern, bei den Bewirtschaftungsmaßnahmen für die Fischerei ein Co-Management, d. h., die Fischer müssen bei allen anstehenden Maßnahmen ein Mitspracherecht haben. Die Wissenschaft kann nicht alle Fragen beantworten. Sie wird auch immer mehr abgebaut, siehe Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg. Auch hier sind die Fischer einzubeziehen. Wir haben Stellungnahmen zu vielen Vorschlägen der EU, aber auch zu nationalen Gesetzen, wie z. B. zum Naturschutzgesetz, abgegeben. Leider konnten wir unsere Stellungnahme in dem beschlossenen Gesetz nicht annähernd wiederfinden, vielleicht bis auf ein Komma. Wir fordern von allen für die Fischerei zuständigen Gremien ein Bekenntnis zur Fischerei, damit auch in Deutschland die Berufs- und Angelfischerei erhalten bleiben kann.
Ich habe Themen ausgelassen, zu denen die Fachverbände nachher sicher noch kommen werden. Themen wie Forschung, Kontrolle, Echtzeitregelung, Flottenpolitik, MAPs, Nichtförderung, Alter unserer Schiffe im Zusammenhang mit der Entschließung des Europäischen Parlaments und die Harmonisierung des Rechts in Europa. Ich darf abschließend bemerken, Deutschland hat einen Flottenanteil in der Europäischen Union von 2,5 % und einen Quotenanteil von 15 %. Es wird uns ein Rätsel bleiben, wie man da von Kapazitätsabbau spricht, anstatt ein Modernisierungs- und Erneuerungsprogramm aufzulegen. Ich behaupte sogar, selbst wenn die ganze deutsche Flotte verschwinden würde, hätte dies überhaupt keinen Einfluss auf die Fischbestände. Wir erwarten, dass man mit uns Gespräche führt und sich mit uns für die deutsche Fischerei einsetzt. Das ist wichtiger, als sich Zeit für Reisen zu nehmen, um sich um Wale zu kümmern. Ich darf auch hier feststellen, deutsche Fischer fangen keine Wale.
Klaus Hartmann, Deutscher Hochseefischereiverband: Meine Damen und Herren, ich möchte Ihren Blick auf einige wesentliche Punkte richten, die die Hochseefischerei betreffen. Wir haben ausführlich Stellung genommen in den schriftlichen Antworten. Die Hochseefischerei unter deutscher Flagge umfasst inzwischen 12 Fabrikschiffe, die im Nordatlantik und bis an die afrikanische Küste arbeiten. Ein wichtiges Thema, das immer wieder aufkommt, ist die Frage des Zustandes der Fischbestände, bei der wir uns wünschen, dass man die Dinge wirklich sehr differenziert betrachtet. Ich will als Beispiel den Kabeljau nehmen. Wir sprechen hier im Nordatlantik von fünf Kabeljaubeständen, die wir unterscheiden müssen. Es ist richtig, dass der Nordseekabeljaubestand in einem schlechten Zustand ist. Es ist auch richtig, dass da entsprechende Managementmaßnahmen wie etwa der Cod Recovery Plan, der von uns unterstützt wird, stattfinden müssen. Es ist aber genauso auch Tatsache, dass z. B. der Kabeljaubestand in der Barentssee, der für die große Hochseefischerei von Bedeutung ist, in stabilem Zustand ist. Wir haben dort seit Jahren ansteigende Durchschnittsfänge zu verzeichnen, und auch der Rotbarschbestand lässt nach unseren Erfahrungen eine stabile Fischerei zu. Wichtig ist, dass man die Dinge wirklich immer differenziert, regional und bestandsspezifisch betrachtet und auch entsprechende Managementmaßnahmen einleitet. Auch muss man bedenken, dass wir neben der fischereilichen Sterblichkeit auch immer einen hohen natürlichen Einfluss auf die Bestände haben. Wassertemperaturänderungen, große regionale Strömungsveränderungen und daraus resultierende Wanderbewegungen von Fischen sind hierbei von Bedeutung.
Für uns war in den vergangenen Monaten besonders eine Bestandsdiskussion wichtig, das war der blaue Wittling, der von der Forschung auch als sehr gefährdet betrachtet wird und wo dringend ein Management stattfinden muss. Um Zahlen zu nennen, es wurden im letzten Jahr von allen beteiligten Nationen 1,6 Mio. Tonnen gefangen, und es wird jetzt angestrebt, die Fischerei auf 500 bis 600 Tonnen herunterzufahren. In diesem Fall hat die EU sehr gut und verantwortungsbewusst gehandelt, ist aber auf Widerstand bei einigen anderen Drittländern, die mit uns gemeinsam im Atlantik fischen, also Norwegen, Island, Färöer-Inseln, gestoßen. Es zeigt sich dort ein Zwiespalt zwischen verantwortungsvoller bestandserhaltender Handlungsweise und, überspitzt gesagt, egoistischen nationalen wirtschaftlichen Interessen, die noch über einen Zeitraum von einigen Jahren durchzusetzen versucht werden, um über ein paar Jahre noch weiter catch records aufzubauen, die dann bei den Quotenverhandlungen wichtig sind.
Ein weiterer Punkt ist die Flottenkapazität.
Mit den Zahlen des letzten Jahres hat die deutsche Fischerei 52 % der zur Verfügung stehenden Fangquoten genutzt. Auch dies muss man differenziert sehen. Es sind sicherlich Bestände dabei, die für uns sehr wichtig sind, und die wir zu fast 100 % nutzen. Man kann auch mit den Schiffen nicht gleichzeitig überall sein und es gibt saisonale Unterschiede, die es praktisch unmöglich machen, 100 % zu erreichen. Insgesamt ist aber sicher noch Luft in den Fangquoten für die deutsche Fischerei. Wenn wir davon sprechen, die Fangkapazität unter deutscher Flagge zu reduzieren, dann sollten wir das wirklich angepasst an die Situation der regionalen Bestände und angepasst an die Fangquoten tun, und da meinen wir, dass nur in vereinzelten und seltenen Fällen eine Kapazitätsreduzierung überhaupt notwendig ist.
Dringend notwendig erscheint uns, wie auch schon vorher gesagt wurde, eine Modernisierung der Schiffe, denn wir haben Schiffe, die zum Teil über 30 Jahre alt sind, die die modernen Vorschriften zur Arbeitssicherheit nicht mehr in guter Weise erfüllen können und die auch keine attraktiven Arbeitsplätze für junge Leute sind. Wir haben große Schwierigkeiten, junge Menschen für den Beruf des Hochseefischers zu motivieren, und ich für meinen Teil, für meinen Betrieb, sehe für die Zukunft nur noch Hoffnungen in Osteuropa. Das ist jedoch nichts, was wir uns unbedingt wünschen. Wenn weiter Kapazitäten reduziert werden und noch mehr Fangquoten unter deutscher Flagge nicht befischt werden, dann hat das zur Folge, dass andere Mitgliedstaaten in der EU Begehrlichkeiten anmelden. Die nicht befischten Fangquoten werden dann umverteilt.
Wir wünschen uns bei den Fischquoten einen Ansatz, der mehrere Arten gleichzeitig betrachtet, so dass Arten, die auf See zusammenleben, wie z. B. Kabeljau und Schellfisch, auch quotenmäßig gemeinsam betrachtet werden. Wir wünschen uns auch, dass Fangquoten nicht immer nur vom 1. Januar bis zum 31. Dezember, sondern über einen größeren Zeitraum, also mehrjährig, verteilt werden. Damit könnten wir Fischerleute mehr in eigener Verantwortung handeln. Um diese Dinge gut zu managen, ist eine ausreichende Forschung notwendig, die unserer Meinung nach bis heute sehr zu wünschen übrig lässt. Nicht, dass der Wille zur Forschung fehlt, sondern es fehlt an Kapazität, um die Fragen, die uns ständig gestellt werden, jedes Jahr neu zu beantworten. Da wünschen wir, und das ist in der EU-Strukturpolitik für die nächsten Jahre so gewollt und vorgesehen, eine starke Unterstützung der Forschung.
Die Einhaltung der Fangquoten, die gegeben werden, sollte hart kontrolliert werden. Wir sind der Meinung, dass eine klare Kontrolle sehr wichtig ist, eine Kontrolle, die EU-einheitlich stattfindet und nationale Unterschiede, wie wir sie in der Vergangenheit immer wieder beobachten konnten, verhindert. Wir wünschen uns dort auch abschreckendere Sanktionen, als das bisher der Fall ist. Ein gutes Beispiel in diese Richtung ist die Erfahrung, die wir mit Norwegen machen. Wenn wir in norwegischen Gewässern fischen, haben wir mit sehr klaren Richtlinien und sehr scharfen Kontrollen und sehr harten Sanktionen zu tun und wir stellen fest, dass alle Fischer sich dort vorbildlich verhalten. Zu Ihrem Verständnis möchte ich darauf hinweisen, dass es auf See wesentlich schwieriger ist zu kontrollieren und an die Eigenverantwortung der Fischer zu appellieren. Wenn ein Bauer auf Land ein Feld vor sich hat, dann kann er für dieses eine Feld verantwortlich sein, und seine Grenzen sind klar abgesteckt. Auf See dagegen ist alles ständig in Bewegung. Ein Fischer, der sich vorbildlich verhält und seinen Quoten entsprechend fischt und rechtzeitig Schluss macht, wird sehr verärgert reagieren wenn er sieht, dass ein Fischer unter anderer Flagge genau auf diese Fischarten weiterfischt. Die Verhältnisse auf See sind also wesentlich komplizierter. Sehr wichtig für unsere Hochseefischerei sind auch, da wir in zum Teil weit entfernten Gebieten arbeiten, die Verträge mit Drittländern, also Norwegen, Grönland und auch afrikanischen Ländern. Wir wünschen uns deshalb sehr, dass Deutschland auch in den nächsten Jahren sehr aktiv am Halten dieser Drittlandverträge mitarbeitet und versucht, auch neue Drittlandverträge abzuschließen, z. B. mit Russland und den USA.
Wir wünschen uns ebenso eine Gleichstellung der Hochseefischerei mit den anderen Betrieben der Seeschifffahrt, also mit den Frachtschiffen. Hier wurden in den letzten Jahren viele Vergünstigungen gewährt, die den Hochseefischern versagt bleiben. Ich nenne da Tonnagesteuer und die Unterstützung der Ausbildung der Jugendlichen in der Seeschifffahrt.
Eine große Hoffnung haben wir, wenn wir die Punkte in der neuen EU-Strukturpolitik betrachten. Da wird gesprochen von Regional Councils, also örtlichen Räten, die Expertengruppen sein sollen, die in Zukunft mehr Verantwortungs- und Entscheidungsgewalt haben und die EU in ihrer Arbeit unterstützen sollen. Davon versprechen wir uns eine größere Akzeptanz der Maßnahmen innerhalb der Fischereikreise, wenn wir selbst mit in der Verantwortung stehen können.
Jürgen Ohlzen, Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten: Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fischindustrie. Wir haben ca. 50.000 Beschäftigte in den verschiedensten Sparten der deutschen Fischwirtschaft, einschließlich Fischgastronomie und Fischeinzelhandel. In der Fischerei sind es ca. 8.400 und in der Fischwirtschaft mit den Seefischmärkten 11.430. In den letzten Jahren sind die Beschäftigtenzahlen insbesondere durch Zusammenlegung von Firmen und durch Rationalisierungsmaßnahmen stetig rückläufig. Die Nematodenkrise führte in Deutschland zu einem starken Arbeitsplatzabbau. Danach, und das trotz steigenden Umsatzes, konnten die Arbeitsplatzzahlen nie wieder erreicht werden. Erst durch die BSE-Krise wurden Anfang 2001 wieder zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt. Inzwischen ist der Effekt nicht mehr da und auch die Arbeitsplätze, zumeist befristete, sind abgebaut worden. Auch durch verstärkte Verlagerung von Produktionen ins Ausland wurden und werden in Deutschland Arbeitsplätze abgebaut. Die NGG setzt sich, und das wird sie auch weiterhin tun, für eine bestandserhaltende Fischerei ein. Fischbetriebe sind in der Regel in strukturschwachen Gebieten vorhanden. Es ist also von hoher Wichtigkeit, hier Ersatzarbeitsplätze anzubieten. Im Hinblick auf ständig neue Gesetze, die wir auch wünschen und fordern, ist es daher auch erforderlich, die Weiterbildung voranzutreiben, und zwar nicht nur auf betrieblicher, sondern auch auf überbetrieblicher Ebene. Kleinere Fischbetriebe sind hierzu nicht allein in der Lage. Steuerliche Gleichbehandlung und damit auch einhergehend keine Wettbewerbsverzerrung sind weitere Voraussetzungen für die Sicherung der Standorte. Nicht durch Subventionen oder immer höhere Investitionen darf die eine Region gegen die andere ausgespielt werden. Es ist schon erstaunlich, dass dort, wo die geringsten Löhne gezahlt werden, eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht.
Johannes Rosenzweig, Landesvereinigung Schleswig-Holsteinischer Erzeugerorganisationen für Nordseekrabben und Küstenfischer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, meine Organisation vertritt rund 100 Kutterbetriebe an der schleswig-holsteinischen Westküste und ich darf Ihnen zunächst im Namen meiner Mitglieder für die Einladung danken. Es liegen folgenreiche politische Entscheidungen vor uns und es ist sehr begrüßenswert, dass wir unsere Vorstellungen auf diesem Wege in den Entscheidungsprozess einbringen können.
Meine Vorredner haben bereits unser Problem mit der Überalterung der Flotte dargestellt. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen, sondern nur mit allem Nachdruck die Dringlichkeit der Sache betonen. Bitte stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten mit 30 Jahre alten Produktionsmitteln im europäischen Wettbewerb bestehen. Welcher landwirtschaftliche Betriebe wäre dann mit 30 Jahre alten Traktoren und Maschinen konkurrenzfähig. Die Niederlande habe ihre Flotte trotz MAP insbesondere in den letzten Jahren erneuert und vergrößert. Die Niederlande haben im Jahr 2001 viele Umsatzrekorde im Fischereisektor gebrochen. Sie haben außerdem durch ihre verstärkte Flotte den deutschen Krabbenfischern die führende Position in Europa abgenommen. Nach meiner Einschätzung ist das vor allem eine Frage des politischen Willens und des politischen Einfallsreichtums. Politischer Einfallsreichtum ist an der Nordseeküste auch bei der Auseinandersetzung mit den Nationalparkgesetzen gefragt. Im Moment stehen neue Fanggebietsbeschränkungen für die Fischerei in einem Mausergebiet von Brandenten auf der Tagesordnung. Die jahrelange Beschäftigung mit dem Nationalparkthema hat mich dazu gebracht, die Fischerei einmal mit anderen Nutzformen von anderen Ökosystemen zu vergleichen, insbesondere an Land. Nehmen wir z. B. den Öko-Landbau. Das völlig ungenutzte Öko-System in der Norddeutschen Tiefebene wäre ein Öko-System, das großflächige Moore enthält. Selbst ein Öko-Landbau nach härtesten Kriterien führt zu einer vollständigen Verdrängung der ursprünglichen Wald- oder Moor-Öko-Systeme. Die wildlebende Pflanzenwelt würde fast vollständig verdrängt. Viele wildlebende Tiere würden komplett beseitigt. Durch tiefgreifende Bodenbearbeitung und Entwässerung durch die Landwirtschaft kommt es zu einer schwerwiegenden Veränderung der Standorteigenschaften. Die Seefischerei dagegen ermöglicht den Fortbestand der standorttypischen Öko-Systeme und ihrer Bestandteile. Feststellbar ist lediglich eine Veränderung der Häufigkeit einzelner wildlebender Arten. Von den substanziellen Umgestaltungen der Öko-Systeme, wie sie an Land überall vorhanden sind, sind wir im Marinenbereich weit entfernt. Die Seefischerei düngt nicht und es werden keine züchterischen Veränderungen der Erzeugnisse wie beim Landbau vorgenommen. Aus diesen Vergleichen ziehe ich den Schluss, dass die Seefischerei die von ihr genutzten Öko-Systeme und ihre Erzeugnisse wesentlich weniger beeinflusst, als der Öko-Landbau vergleichbare Öko-Systeme an Land. Von anderen Nutzungen der Land-Öko-Systeme durch den Menschen, die wir alle wie selbstverständlich hinnehmen, will ich gar nicht anfangen.
Mit diesen Betrachtungen möchte ich Sie ermuntern, sich guten Gewissens mit allem Nachdruck für eine wettbewerbsfähige deutsche Fischereiflotte einzusetzen. Die Krabbenflotte soll ausschließlich deshalb weiter abgebaut werden, weil wir gelegentlich am Plattfischfang teilnehmen. Dazu möchte ich nur zur Kenntnis geben, dass die niederländischen Schollenfischer seit Monaten Rekordfänge tätigen. Es gibt eine regelrechte Schollenschwemme, die schon zu Absatzproblemen auf dem Markt führt.
Die Nationalpark-Diskussion hat ein weiteres Defizit in Deutschland in schmerzhafter Weise auf den Tisch gebracht. Die deutsche Fischereiforschung ist aus meiner Sicht nicht mehr in der Lage, die wichtigen Fragen des Zeitgeschehens zu bearbeiten, deswegen übernehmen alle möglichen Naturschutzorganisationen dieses Arbeitsfeld. Vor Jahren gab es in der Bundesforschungsanstalt für Fischerei (BFA) noch ein Institut für Küsten- und Binnenfischerei. Inzwischen ist die Küstenfischerei als wichtigste deutsche Fischereisparte aus dem Organigramm der Anstalt völlig verschwunden. Krabben- und Muschelfischerei machten in den letzten Jahren mehr als 50 % der deutschen Inlandsanlandungen aus. Mit der eigentlichen Krabbenfischerei beschäftigt sich noch ein einziger Wissenschaftler der BFA auf ernst zu nehmende Art und Weise, in der Fangtechnik gibt es noch vereinzelte Aktivitäten, aber die Muschelfischerei ist aus dem Tätigkeitsbereich der BFA vollständig gestrichen worden. Sowohl hinsichtlich der deutschen Verbraucherinteressen als auch in Bezug auf den Bedarf nach Politikberatung war die Küstenfischerei in den letzten Jahren Top-Thema. Durch das Bundesnaturschutzgesetz und FFH wird es auch so bleiben. Der Verweis auf die Zuständigkeit der Länder hilft hier nicht weiter. Die Länder haben erst recht keine ausreichende Fischereiforschung, und es stellt sich dann die Frage, warum die Küstenfischerei früher einen so hohen Stellenwert in der BFA gehabt hat. Unsere Krabbenfischer sind längst nicht nur in der 12-Seemeilen-Zone aktiv. Ein ureigenes Bundesthema wäre außerdem die Untersuchung befischungswürdiger Vorkommen von Trogmuscheln außerhalb der 12-Seemeilen-Zone, z. B. im Bereich der Offshore-Windparks und in Bereichen der Sandentnahmestellen. Hier ist absolute Fehlanzeige. Stattdessen wird mit hohem Aufwand in der Antarktis herumgeforscht. Ich frage mich, wo hier die deutschen fischwirtschaftlichen Interessen oder die Belange des Verbraucherschutzes bleiben.
Außer einer leistungsfähigen Forschung brauchen wir öffentlich finanzierte Spezialberater, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 90er Jahre hinein eingesetzt wurden. Betriebswirtschaftliche Berater sorgten für eine möglichst gute Integration der Fischereibetriebe in die soziale Marktwirtschaft. Auch bei der Gründung der Erzeugergemeinschaften im Rahmen der europäischen Marktstrukturordnung haben wir eine wichtige Arbeit im öffentlichen Interesse geleistet. Technische Spezialberater waren im Einsatz, um nach der Bewältigung der Anfangsschwierigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland die steigenden Anforderungen an die Hygiene, z. B. durch den Einbau von Kühleinrichtungen auf den Küstenkuttern, zu begleiten. Heute benötigen wir diese Beratung zur Umsetzung der Erkenntnisse aus der Forschung und zur Bewältigung des Kommunikationsaufwandes, der z. B. im Rahmen der Wiederherstellungspläne für Bestände und zur stärkeren Beteiligung des Sektors an Entscheidungsprozessen von uns gefordert wird. Das Grünbuch schlägt außerdem die Einrichtung von regionalen Ausschüssen vor und verlangt eine stärkere Berücksichtigung von Umweltaspekten in der Fischerei. Diese und andere Ansätze zur Mitwirkung können wir begrüßen, aber aus eigener Kraft kann der deutsche Fischereisektor diese ganze Arbeit nicht leisten. Wir sind keine Politiker, Kaufleute oder Spezialisten für Öffentlichkeitsarbeit. Wir sind deutsche Fischer und Seeleute, und das wollen wir, genauso wie unsere Kinder, auch bleiben.
Dr. Christian von Dorrien, Umweltstiftung WWF Deutschland (World Wide Fund For Nature), Fachbereich Meere und Küsten: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren, als Erstes möchte ich mich im Namen des WWF für die Einladung bedanken. Auf diese Weise ist wenigstens ein Umweltverband hier vertreten. Das werten wir als sehr positives Zeichen und wünschen uns für die Zukunft, dass vielleicht die versammelten Umweltverbände oder auch Verbraucherschutzorganisationen hier mit vertreten sind. Unsere ausführliche Stellungnahme zu den vorliegenden Fragen haben Sie auch alle bekommen. Ich will nochmals kurz sagen, was der WWF insgesamt als Organisation möchte. Er möchte der weltweiten Naturzerstörung Einhalt gebieten und eine Zukunft gestalten, in der Mensch und Natur in Harmonie leben können. Dazu müssen wir aber gemeinsam die biologische Vielfalt der Erde bewahren und erneuerbare Ressourcen naturverträglich nutzen und damit sind wir bei dem heutigen Thema, nämlich der Meeresfischerei. Insgesamt gibt es eine weitgehende Übereinstimmung in der Analyse, dass die derzeitige europäische Fischereipolitik gescheitert ist, eine nachhaltige Nutzung der Meeresfische zu gewährleisten. Das sieht man daran, dass die Mehrzahl der Fischbestände überfischt ist und dass andere Arten und die Meeresumwelt insgesamt geschädigt werden, da sie nicht ausreichend vor den Auswirkungen einer übermäßigen Fischerei geschützt sind, z. B. vor hohen Beifängen. Deswegen bietet die jetzt anstehende Reform der EU-Fischereipolitik eine einmalige Chance, grundlegende Verbesserungen und Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen die Fischerei insgesamt nachhaltig wird, d. h., ressourcen- und umweltschonend durchgeführt wird. In diesem Zusammenhang begrüßen wir auch die Position der deutschen Bundesregierung und des Ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft für eine Neugestaltung dieser Fischereipolitik. Auch der WWF setzt sich dieses Jahr ganz besonders dafür ein, im Rahmen einer europaweiten Kampagne auf EU-Ebene die notwendigen Schritte in dieser Reform mit durchzusetzen und dass sind im Wesentlichen vier zentrale Forderungen an eine zukünftige EU-Fischereipolitik, die Fischbestände, Meeresumwelt und die Fischerei langfristig sichern kann.
Als Erstes muss die Umwelt in das Fischereimanagement mit einbezogen werden, auch in ein Öko-System bezogenes Management, das dem Vorsorgeansatz folgt, um dadurch die negativen Einflüsse der Fischerei zu minimieren und damit alle Arten und Lebensräume im Meer langfristig zu erhalten.
Ganz wichtig ist, dass die von Wissenschaftlern auf 40 % geschätzte Überkapazität, die zur Zeit innerhalb der gesamten EU-Flotte besteht, innerhalb der nächsten fünf Jahre abgebaut wird, und zwar unter strikter Befolgung der wissenschaftlichen Empfehlungen, aber basierend auf einer regionalen und auf die Bestände bezogenen Analyse.
Es muss eine Reform der Subventionspolitik geben, um vor allem die sog. schädlichen Subventionen zu eliminieren, das sind all die Subventionen, die zu einer weiteren Erhöhung der ohnehin vorhandenen Überkapazität der Flotte führen. Hierzu gehören z. B. Subventionen für Neubauten, solange die Flotte immer noch zu groß ist.
Der vierte Punkte ist, dass es faire und nachhaltige Fischereiabkommen geben muss, mit allen Drittländern, die vor allem die Ansprüche der lokalen Bevölkerungen in Entwicklungsländern respektieren und internationalen Abkommen und Standards entsprechen.
Wilhelm Jakobs, Verband der Deutschen Kutter- und Küstenfischer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie uns die Gelegenheit geben, Ihnen unsere Sorgen und Nöte der Kutter- und Küstenfischerei vorzubringen. Ich werde hier nicht über schlechte Preise klagen. Ich möchte auch nicht das wiederholen, was unser Präsident Martin Brick schon vorgetragen hat. Unser Hauptanliegen besteht darin, dass man es den Fischern immer schwerer macht, ihren Beruf überhaupt noch auszuüben. Wir müssen inzwischen mit über 30 Jahre alten Fahrzeugen aufs Meer hinausfahren, um Fische zu fangen. Eine Erneuerung unserer Flotte lässt die EU und unsere Regierung nicht zu. Wie wir Ihnen bereits in den Antworten auf Ihrem Fragebogen erläutert haben, hat die deutsche Flotte, gemessen an der gesamten EU-Flotte einen Kapazitätsanteil von 3,7 % bei der Tonnage, 2,1 % bei der Motorleistung und 2,4 % bei der Anzahl der Schiffe. Der deutsche Anteil bei den gesamten Konsumfischquoten liegt bei ca. 9 %.
Wir sind mit dieser veralteten Flotte nicht in der Lage, die uns zugeteilten Quoten auszufischen, wobei hinzu kommt, dass der umsatzstärkste Teil der deutschen Kutterflotte, die Krabbenfischerei noch nicht einmal einen quotierten Bestand befischt. Die mittelfristigen Ausrichtungsprogramme (MAP) haben dafür gesorgt, dass die Flotte immer kleiner wurde. Die MAP lassen eine Erneuerung der Flotte nur zu, wenn entsprechende Alttonnage herausgenommen wird. Die deutsche Flotte in der Kutter- und Küstenfischerei besteht aus Familienbetrieben. Der teure Ankauf von Alttonnage und dann noch die Kosten für den Neubau eines Kutters aufzubringen, kann allerdings nur noch durch Kapitalgesellschaften bewerkstelligt werden. Hierdurch geht die traditionelle Familienstruktur an der Küste verloren. Jungfischer können sich überhaupt keinen Fischkutter mehr leisten, so dass uns auch in der Kutter- und Küstenfischerei der Nachwuchs fehlt. Hier muss unbedingt gegengesteuert werden.
Für dieses Jahr wurde im Rahmen der verschärften MAP die Abwrackprämie durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft auf 2.300 Euro heraufgesetzt. Mit dieser Hilfe versucht man, noch mehr Fahrzeuge zum Aufgeben zu bewegen. Alle mit dieser Hilfe abgewrackten Fahrzeuge dürfen nicht wieder ersetzt werden. Was wir brauchen, um in den Häfen von der holländischen bis zur polnischen Küste Fischereibetriebe zu erhalten, ist ein ?Neubau- und Erneuerungsprogramm?. Wir haben im letzten Jahr lediglich zwei Quoten - nämlich die Schollen- und die Seelachsquote - in der Nordsee ausgefischt. Alle andere Quoten, auch die umkämpfte Dorschquote in der der Ostsee, wurden nicht ausgefischt.
Wie andere Länder mit dem MAP umgehen, möchte ich Ihnen an einem Beispiel erläutern. Unsere Nachbarn, die Holländer, haben im Segment der Krabbenkutter mit einer Tonnage von 4.423 Bruttoraumzahl (BRZ) die von der EU festgesetzte Obergrenze von 2.813 BRZ um 60 % überschritten. Dies führte dann dazu, dass die Niederländer im letzten Jahr mit 13.010 Tonnen und 44.4 Mio. Euro Umsatz das erste Mal die deutsche Krabbenfischerei mit nur 11.579 Tonnen und 35 Mio. Euro Umsatz überholt haben.
In Deutschland hält man sich sehr strikt an die MAP-Vorgaben der EU. Hier mussten Kutter, die einen neuen Motor brauchten und einen Zuschuss hierfür beantragten, die Leistung ihres Fahrzeuges um 30 % vermindern, obwohl die Höchstgrenze bei Krabbenkuttern ohnehin bei 221 kW liegt. Dies ist jedoch gar nicht möglich, da eine solch kleine Maschine das Fahrzeug mit den Baumkurren kaum noch schleppen kann. Die See-Berufsgenossenschaft würde aus Sicherheitsgründen dieses Fahrzeug stilllegen. Hierbei ist noch zu bedenken, dass Krabben unquotiert sind und somit eine Überfischung gar nicht oder kaum möglich ist. Für dieses Jahr hat die Bundesregierung sogar einer Verschärfung der Regelung von 30 auf 35 % Reduzierung zugestimmt. Ich habe ein Beispiel aus der Krabbenfischerei gewählt. Bei den anderen Kuttern an der Nord- und Ostsee ist es nicht besser. Die gleiche Problematik wie in der Krabbenfischerei ist auch bei allen Betrieben der Kutter- und Küstenfischerei an der Nord- und Ostsee gegeben.
Ich bin Ihnen für den Zeitpunkt dieser Anhörung sehr dankbar, da in diesem Jahr ein neues Strukturpaket der EU, das dann ab dem Jahr 2003 gilt, verabschiedet werden soll. Ich hoffe, dass Sie auf unsere Regierung einwirken können, um klar zu machen, dass Deutschland keine Verminderung der Flotte, sondern eine Erneuerung und Vergrößerung seiner Flotte dringend braucht. Hierbei muss man auch an die kleinen Häfen denken, in denen der größte Teil der deutschen Kutter- und Küstenfischerei beheimatet ist.
Ich komme aus dem kleinen Sielhafen ?Neuharlingersiel? in Ostfriesland. Hier hängen nicht nur die Fischerfamilien an dem Betrieb, sondern auch Abnehmer- und Zulieferbetriebe und auch der Fremdenverkehr. Denn die Touristen wollen nicht nur am Stand liegen, sondern auch einen lebendigen Hafen sehen. Ohne Fischerei ist der Hafen tot!
Ich will abschließend noch auf Folgendes hinweisen: Das EU-Parlament hat festgestellt, dass die meisten Unfälle und Havarien auf Fischereifahrzeugen stattfinden, die mehr als 20 Jahre alt sind. Die Europa-Abgeordneten haben deshalb empfohlen, alle Schiffe über 20 Jahre stillzulegen. Würde man diese Empfehlung umsetzen, dann wären in fünf Jahren von 166 niedersächsischen Fisch- und Krabbenkuttern nur noch 25 in Fahrt! Wir sind sehr gespannt, was die EU in ihre Verordnungen hineinschreibt, um zu verhindern, dass einige Mitgliedstaaten sich auf Kosten anderer Wettbewerbsvorteile verschaffen. Vielen Dank.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich bei Herrn Jakobs und darf an dieser Stelle nochmals sagen, das Lob für diese Anhörung gebührt nicht nur dem Vorsitzenden, sondern auch dem Kollegen Holger Ortel, der die erste Idee für diese Anhörung gehabt hat.
Dr. Christian Proske, Verband der Deutschen Binnenfischerei: Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, die kleine Sparte der Binnenfischerei findet in Ihrer unmittelbaren Umgebung statt. Wenn Sie aus dem Fenster schauen, findet sich dort ein Binnenfischereigewässer und es ist schon erstaunlich, dass es innerhalb Deutschlands in diesem dicht besiedelten Land, eine noch so intakte Produktion gibt, eine Naturproduktion, die wir nutzen können. Die Sparte der Binnenfischerei fällt nochmal auseinander in vier verschiedene Produktionsrichtungen. Sie haben einmal die Fluss- und Seenfischerei, also die Nutzung der natürlichen Ressourcen, dann haben sie die Karpfen-Teich-Wirtschaft, die künstlich errichtet ist, aber sehr naturnah wirtschaftet, dann haben wir die Forellen-Teich-Wirtschaft, eine hocheffiziente Art der Fischproduktion, die heute auch im europäischen Maßstab wettbewerbsfähig ist, und dann haben wir schließlich das, was man allgemein Aquakultur nennt, also die intensive Fischhaltung, die sich in Deutschland allerdings noch nicht so richtig durchsetzen konnte, also die Haltung in Becken, in Kreislaufanlagen etc. Alle diese verschiedenen Sparten haben sehr unterschiedliche Probleme, zum Teil auch gegenläufige und werden deshalb mit Gesetzen, die für alle gemeinsam gemacht werden, nur sehr schwer fertig. In der Regel ist es so, dass neue Gesetze und Verordnungen schneller kommen, als Fischer im Allgemeinen lesen können. Das hat zu einer Haltung geführt, dass über viele Dinge hinweggesehen wird und man sich gar nicht darum kümmert, welche neuen Gesetze und Verordnungen bestehen. Die Ursache liegt aber auch in der höchst unterschiedlichen Struktur der Fischereibetriebe. Wir haben sehr kleine Betriebe, viele Familienbetriebe, der Nebenwerb spielt eine große Rolle in unserer Branche und diese Leute haben gar nicht die Zeit, sich intensiv mit den gesetzlichen Regelungen auseinanderzusetzen. An sich ist die Branche aber sehr offen für die Forderungen des Verbraucherschutzes was auch daran liegt, dass wir einen verhältnismäßig großen Anteil an Selbstvermarktung haben. Wer mit dem Verbraucher direkt in Kontakt ist und selber vermarktet, der weiß ganz genau, was die Leute wollen und ist auch bereit, dem Verbraucher das zu geben, was er wünscht. Ein Teil unserer Produktion, vor allem die Fluss- und Seenfischerei und die Karpfen-Teich-Wirtschaft stehen sehr unter dem Druck von Importen, und zwar in preislicher Hinsicht, denn an sich können wir hier im Bundesgebiet gar nicht die Fische produzieren, die die Verbraucher wollen. Aber wir haben auch ein Preisproblem auf Grund der Verhältnisse in der Vergangenheit. Die Staatshandelsländer haben unter anderen Gesichtspunkten produziert und unsere neuen Nachbarn im Osten, die demnächst aller Voraussicht nach Mitglied in der EU werden, haben andere soziale Voraussetzungen, als sie bei uns gegeben sind. Das liegt natürlich vor allem an den niedrigen Lohnkosten, aber auch sonstige betriebliche Verhältnisse sind sehr unterschiedlich. Wir müssen also hier eine gewisse Übergangszeit haben, um einer völligen Öffnung der Grenzen, die heute sowieso schon zu ca. 90 % gegeben ist, entgegenzuwirken und uns darauf einstellen zu können. Die Binnenfischerei hat in vielerlei Hinsicht sehr enge Verbindungen zur Landwirtschaft und auch mit der landwirtschaftlichen Förderung. Sie passt daher eigentlich nicht unbedingt in das Gebiet der Fischerei. Eine wesentliche Schwierigkeit liegt auch darin, dass die Fischerei Ländersache ist. Dies hat traditionelle Ursachen, macht aber das Leben innerhalb der EU für die Binnenfischerei nicht leichter, weil uns eine starke Vertretung in der EU fehlt. Es müssen immer erst alle Länder unter einen Hut gebracht werden, bevor man in der EU mit einer Stimme sprechen kann. Welche Lösungsmöglichkeiten hierfür gegeben sind, weiß auch ich nicht. Aber man sollte darüber nachdenken, ob es nicht bessere Lösungen gibt. Dann hätten wir auch Chancen, künftig in der EU stärker vertreten zu sein. Interessant ist z. B., dass die Forellen-Leute in der EU besser vertreten sind, einfach deshalb, weil in den anderen EU-Ländern die Forellen-Teich-Wirtschaft sehr viel stärker vertreten ist, während die Karpfen-Produktion jetzt erst langsam beginnt, ihren Anspruch bei der EU anzumelden.
Ein bereits angesprochenes Problem sind die Fisch fressenden Vögel. Es ist nicht so, dass wir Binnenfischer nicht schon immer mit diesen Vögeln gelebt haben, auch zukünftig leben wollen, aber es muss in einem Land, in dem keine reine Natur mehr herrscht, eine effiziente Kontrolle dieser Vögel stattfinden, weil sonst die betriebswirtschaftlichen Verluste nicht mehr zu tragen sind. Wir haben einzelne Betriebe, in denen 80 bis 90 % der Produktion von Kormoranen gefressen wird und mit diesen Verlusten können die betroffenen Betriebe nicht überleben.
Ansonsten plädiere ich auch dafür, die Forschung zu erhalten, denn wir haben auch hier einen Abbau. Es wird heute sehr viel in ökologischer Hinsicht geforscht, aber gerade die Fischproduktion ist verhältnismäßig knapp vertreten. Es wird zwar manches aufgefangen, dadurch dass die Länder eine gewisse Kapazität vorhalten und inzwischen ihr Vorgehen untereinander auch besser abstimmen, aber trotzdem wäre es wünschenswert, wenn hier noch etwas mehr getan würde, um uns in die Lage zu versetzen, unsere Produktionstechniken zu verbessern. Ich bedanke mich.
Direktor und Prof. Dr. Gerd Hubold, Bundesforschungsanstalt für Fischerei, Institut für Seefischerei: Herzlichen Dank Herr Vorsitzender. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war mir nicht ganz sicher, welche Art von Stellungnahme ich hier abgeben soll. Ich habe sehr vieles gehört, das auch von meiner Seite ganz ähnlich dargestellt worden wäre. Ich will mich deshalb sehr kurz fassen und auf die Punkte konzentrieren, die von Seiten eines Fischereiforschers etwas zu vertiefen sind.
Wir haben tatsächlich ein Problem, so wie es auch im Fragenkatalog angesprochen worden ist, dass die Fischbestände, zumal in der Nordsee, in den letzten 30 Jahren deutlich abgenommen haben. Das ist Fakt, das belegen 30 Jahre Gutachten des Internationalen Rates für Meeresforschung. Es betrifft vor allen Dingen bzw. ausschließlich die Rund- und Plattfische, es betrifft fast nicht die belagischen Fische und die Kleinfische. Wir haben durch diesen Bestandsabbau eine Fangverringerung bzw. eine Anlandemengen-Verringerung von ehemals 1,1 Mio. Tonnen 1970 auf nur noch 330.000 Tonnen in der Nordsee an diesen wertvollen Grundfischen und das ist ein ganz immenser ökologischer Verlust aus diesem Gebiet. Die Ursachen für diese starke Biomasse - und damit auch Fangreduktion - sehen wir tatsächlich hauptsächlich in der sog. Überfischung, d. h., wir entnehmen laufend zu viel aus diesen Beständen, mehr als nachwachsen kann. Die damit dann verringerten Bestände sind wiederum weniger reproduktionsstark, das ist relativ klar und es kommt noch hinzu, dass sie auch anfälliger sind für Umweltschwankungen, für natürliche Variationen, d. h., wir sind auch immer stärker abhängig von guten Nachwuchsjahrgängen. Bleiben diese aus, und das ist in den letzten Jahren immer öfter geschehen, dann ist die Fischerei plötzlich ohne ihre Quelle, denn sie hat keine Altfische mehr im Wasser, auf die man sich stützen kann in Jahren, in denen kein guter Nachwuchs vorhanden ist. Das ist eine Entwicklung, die erkannt wurde und der man zu begegnen versucht, indem man die Gesamtfangmengen beschränkt hat. Es hat sich aber rausgestellt, dass die traditionellen Mittel, die wir haben, wie die Gesamtfangmengenbeschränkung und die technischen Maßnahmen, z. B. Maschenweiten usw., den tatsächlichen fischereilichen Entnahmeanteil nicht genug reduziert haben. Wir haben zwar geringere Fänge, aber wir entnehmen weiterhin, beispielsweise beim Nordseekabeljau, jedes Jahr mehr als 50 % der am Jahresanfang vorhandenen Fischbiomasse der fangbaren Fische. Jedes Jahr 50 % wegzunehmen, kann dieser Bestand jedoch auf Dauer nicht ertragen. Das Resultat ist, dass der Bestand des Kabaljaus tatsächlich der ist, der uns im Moment am meisten Sorge macht. Wir haben auch keinen guten Nachwuchs, wie ihn die Natur uns manchmal gewährt, bekommen.
Das heißt, das Ziel für das Fischereimanagement und die Fischerei muss heißen, diese Fischbestände wieder aufzubauen, dort wo sie zu klein geworden sind. Wir brauchen mehr Fische im Wasser, damit wir jedes Jahr mehr Fische herausnehmen können. Das heißt, die Fischbiomasse muss wachsen, das muss das Ziel sein.
Wir haben gesehen, dass es mit TAC?s-Quoten und technischen Maßnahmen allein nicht funktioniert und die EU hat das selbst kritisch sehr klar festgestellt. Das heißt aber auch, es bleibt im Grunde nur, wenn die vorgenannten Maßnahmen nicht funktionieren, das Mittel des Flottenabbaues. Flottenabbau heißt hier Gesamtflotte und wie wir gehört haben, ist die deutsche Flotte wahrscheinlich wirklich kaum betroffen, allenfalls in einigen speziellen Segmenten. Aber wir haben eben eine europäische Fischerei und alle Mitgliedstaaten greifen auf die Fischbestände zu und die Gesamtkapazität ergibt sich nicht nur aus der Anzahl der Schiffe, sondern auch aus der Effizienz. Dabei hat vor allem die Effizienz zugenommen, was grundsätzlich positiv ist, denn wir wollen eine effiziente Fischerei, nur wir müssen diese effiziente Fischerei ausbalancieren mit dem, was im Meer produziert werden kann. Dieses Ausbalancieren hat mit den Gesamtanlandemengen, den sog. TAC?s u. a. deshalb nicht funktioniert, weil wir ganz etwas anderes fangen, als wir anlanden. Damit spreche ich das Problem der Discards an. Wir fangen viel zu viel mit oder bei, und diese Beifänge werden dann verworfen. Der sehr, sehr gute 1999er Schellfisch-Jahrgang, den uns wirklich der liebe Gott geschenkt hat, auf der Basis eines ganz, ganz kleinen Elternbestandes, dieser sehr große Schellfisch-Bestand ist zu weit über 50 % weggeworfen worden und es wird noch weiter weggeworfen. Das heißt, hier hat sich die Fischerei, es waren vor allem schottische Fischer, den eigenen Ast abgesägt. Das zeigt, dass wir hier ein immenses Problem im Beifangbereich haben. Die Jungfische der eigenen kommerziellen Arten werden vernichtet und fehlen dann später im kommerziellen Fang.
Es ergibt sich ein zweites Problem, denn, was nicht an Bord behalten wird und damit auch nicht in die Statistik eingeht, weil es nicht angelandet wird, geht auch nicht in die wissenschaftlichen Modelle ein. Die wissenschaftlichen Modelle sind damit zum Teil schlecht, was dazu führt, dass die Fischerei sich an diese auch nicht hält. Ich dagegen plädiere dafür, die Modelle zu verbessern und sich von Seiten der Fischerei, jedenfalls so gut es geht, auch an die schlechten Modelle zu halten, denn ohne Modelle ist das Risiko einfach noch größer. Zudem werden diese Modelle durch fehlende Daten, die von der Fischerei nicht gegeben werden, auch weiter beschädigt. Schließlich können die Discards bzw. Beifänge auch ökologische Auswirkungen haben, teilweise positive, zumeist aber auch negative. Das heißt, die Vermeidung von Discards und Beifängen ist das oberste Ziel im technischen Bereich zur Umsetzung einer besseren Fischereipolitik. Und wenn wir schon unvermeidbare Beifänge haben, sollten wir überlegen, dass wir diese nutzen, sie also anlanden und nicht wegwerfen. Nun ist allerdings das Anlanden von Beifängen ökonomisch unattraktiv, denn sie bringen kein Geld. Deshalb wäre hier der Einsatz von Fördergeldern meines Erachtens eine gute Sache. Es ist sinnvoller, Beifänge zu subventionieren, als diese Gelder an anderer Stelle einzusetzen, damit wir dieses Problem in den Griff bekommen. Ich möchte aber dazu sagen, dass all diese Regeln, ob wir Beifänge verbieten oder nicht, ob wir die Maschen erhöhen oder nicht, am grünen Tisch beschlossen werden, jedoch entscheidet sich an diesem grünen Tisch nicht das Schicksal der Fischbestände. Dies entscheidet sich vielmehr tagtäglich auf See, und zwar durch das Verhalten jedes einzelnen Fischers. Nur wenn die Fischer sich dieser Verantwortung stellen, und ich denke, es gibt inzwischen viele davon, Herr Hartmann hat heute Morgen auch solche Beispiele gebracht, dann können wir die Meere tatsächlich nachhaltig bewirtschaften. Ich plädiere sehr stark dafür, dass wir neben den vielfach angesprochenen Defiziten, wie den Bedarf an einer besseren Forschung oder den Stopp des Abbaus der Kapazitäten in diesem Bereich, eine neue Politik brauchen, die die Fischerei stärker in die Verantwortung nimmt und sie in den Mittelpunkt stellt, so dass sich die Fischerei auch überlegt, was sie selbst tun kann. Dies würde auch die Konfrontation zwischen den da oben und uns hier draußen auf See abbauen helfen und den Weg freimachen, gemeinsame Modelle zu finden, wie Beifänge vermieden werden können. Ich würde mir wünschen, in das Zentrum der neuen Fischereipolitik tatsächlich die Fischerei in die Verantwortung zu stellen, vielleicht sogar in eine gewisse finanzielle Verantwortung, um dann zu sagen, jetzt machen wir es gemeinsam, Forschung, Management und Fischerei. Vielen Dank.
Prof. Dr. habil. Reiner Knösche, Institut für Binnenfischerei: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, ich möchte mich auch recht herzlich bedanken, dass ich die Probleme der Binnenfischerei hier einmal darlegen kann. Die Binnenfischerei produziert jährlich etwa 65.000 Tonnen Fisch und von diesen 65.000 Tonnen sind rund 3.800 Arbeitskräfte abhängig, die in der Berufsfischerei tätig sind. Ich möchte den von Herrn Proske genannten Säulen der Berufsfischerei noch eine Säule hinzufügen, nämlich die Angelfischerei, denn das halte ich für die künftige Entwicklung für sehr wichtig. Lassen Sie mich kurz stichpunktartig die einzelnen Säulen der Binnenfischerei beleuchten und eine kurze Situationsbeschreibung geben.
In der Seen- und Flussfischerei haben wir im letzten Jahrzehnt stabile Erträge auf niedrigem Niveau. Wir befinden uns hier sozusagen auf der linken Seite der Fischereiaufwands-Ertragskurve, die Hochseefischerei, das haben wir eben gehört, befindet sich schon auf der rechten Seite. Die Vermarktung in der Seen- und Flussfischerei ist eigentlich ausschließlich Direktvermarktung. Die wirtschaftliche Basis unserer Binnenfischer ist der Aal, zu dem schon einiges gesagt worden ist. Die Aalsbestände sind im Rückgang begriffen, wofür es verschiedene Gründe gibt, von denen ich drei nennen will. An erster Stelle stehen aus unserer Sicht Veränderungen im ozeanischen Klima, die ein verringertes Glasaalaufkommen zur Folge haben, an zweiter Stelle stehen die immens gestiegenen Besatzkosten, die mit dem ersten Faktor in Verbindung stehen, aber auch mit einem Export von Glasaalen nach Fernost und last but not least setzt auch der Kormoran dem Aal ganz erheblich zu. Unsere Seen- und Flussfischer haben eine sehr schlechte Eigenrentabilität in ihrer eigentlichen Fischproduktion, was dazu zwingt, nach zusätzlichen Standbeinen zu suchen. Dies tun sie mehr oder weniger erfolgreich. Perspektiven für die Zukunft sehe ich z. B. in der Seen- und Flussfischerei und in der Ausweitung der Angelfischerei. Die Seen- und Flussfischer müssen sich mehr und mehr als Dienstleister für die Angelfischer verstehen, wobei wir nicht davon ausgehen können, dass die Erträge nennenswert steigen werden.
Nun zur Karpfenteichwirtschaft, bei der wir die Situation haben, dass nach Durchschreiten eines Minimums der Erzeugung Mitte der 90er Jahre in den letzten Jahren ein langsamer Anstieg der Produktion erfolgte. Wir haben zwei Gruppen von Unternehmen, die Klein- und Nebenerwerbsbetriebe, die vor allem in den Mittelgebirgsregionen angesiedelt sind und die großen Unternehmen, die in den großen Teichlandschaften in der Lausitz, aber auch im Eischgrund angesiedelt sind. Die Klein- und Mittelunternehmen vermarkten fast ausschließlich über Direktvermarktung, die anderen Unternehmen müssen über den Großhandel vermarkten, weil sie einfach nicht so viele Verbraucher in ihrer Region haben, in der sie ansässig sind. Es erscheint mir überhaupt kein Problem zu sein, die Produktion in der Teichwirtschaft um mindestens 50 % auszudehnen, wobei aus unserer Sicht keinerlei negative ökologische Folgen zu erwarten sind. Was mit der Teichwirtschaft in den nächsten Jahren passiert, hängt davon ab, wie es gelingen wird, den Eintritt der osteuropäischen Beitrittsländer in die Union zu meistern. Hier plädiere ich auch für einen vorsichtigen und allmählichen Übergang, wobei man den Beitrittsländern einen Anreiz geben muss, ihre Produktion zu extensivieren und nicht zu intensivieren um zu vermeiden, dass sie Deutschland mit Karpfen auf Grund ihrer derzeit noch günstigeren Rahmenbedingungen, vor allem der Löhne, praktisch zuschütten.
Die Aquakultur möchte ich gemeinsam behandeln mit der Forellenproduktion, denn ich betrachte beides als Aquakultur, ebenso wie Herr Proske es bereits ausgeführt hat. Die Forellenproduktion ist mit 22.000 Tonnen der produktionsstärkste Zweig der deutschen Binnenfischerei, hat aber auch keine übermäßig gute Eigenrentabilität. Das zwingt auch die kleinen Unternehmen zur Direktvermarktung, wobei hier die Angelteiche ganz besonders zu nennen sind. Die Angelteiche stehen unter starkem Druck von Seiten des Tierschutzes. Kreislaufanlagen haben keine Bedeutung.
Nun noch ein Wort zur Angelfischerei. Wir haben in Deutschland 1,48 Mio. Angler, das sind auch 1,48 Mio. Wähler, und wenn man die Angehörigen dazu zählt, noch ein bisschen mehr. Studien die uns vorliegen, lassen auf einen Gesamtumsatz der deutschen Angler von 1,6 bis 2,2 Mrd. DM schließen. Wenn man also die 106.000 DM Bruttosozialprodukt pro Erwerbstätigen zugrunde legen, ergibt das 15.000 bis 21.000 Arbeitsplätze, die durch die Angelfischerei in Deutschland erhalten werden.
Ich habe noch einmal stichpunktartig die Hauptprobleme aufgelistet, vor der die Binnenfischerei steht, die Reihenfolge soll keine Wertung sein. Da ist einmal der Widerspruch der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern. Der Bund betrachtet sich für die Binnenfischerei als nicht zuständig, die Länder sind zuständig, was dazu führt, dass die Binnenfischerei der Regelungswut der EU schutzlos ausgesetzt ist. Dann ist zu nennen der Streit um die gute fachliche Praxis, der mit dem neuen Naturschutzgesetz auf uns zukommen wird. Hier ist es notwendig, eine für alle Seiten verbindliche Definition zu finden. Dann der Kormoran sowie der Streit ums Wasser, der überwiegend die Karpfenteichwirtschaft betrifft. Weiterhin die Vorstellung der Bundesregierung über die Einstellung der Förderung der Verarbeitung. Wenn wir das auf die Karpfenteichwirtschaft übertragen, dann sind die 50 % Produktionssteigerung von vornherein gestorben. Lebend lassen sich diese Fische nicht absetzen.
Ferner ist Nachwuchsmangel zu nennen, das ist ein gravierendes Problem, sowohl in den unteren Bereichen bis hoch zu einem Mangel an Führungskräften, obwohl wir eine fischereiliche Ausbildung in Berlin haben. Schließlich ist noch zu nennen der Zugang zu den Fischereigewässern, das betrifft überwiegend die Angler, aber zu befürchten ist auch, dass über Fischereiverbote auch die Berufsfischerei mehr und mehr beeinträchtigt wird.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich bei Prof. Knösche und bei all denjenigen, die vorgetragen haben. Nach den Fragen, die ich mir aufgeschrieben habe, können wir noch bis um fünf Uhr tagen und ich habe das Gefühl, das sehen die Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den anderen Parteien sicherlich genauso. Wir haben deutlich gemacht bekommen, wie vielschichtig und vielfältig die Probleme in der Fischerei sind. Es war sicherlich auch wichtig, dass wir die Binnen- und Angelfischerei mit eingeladen haben, damit auch die, die weit weg sind von der Küste, sehen, wie stark wir in die Probleme der Fischerei involviert sind. Ich habe das Gefühl, dass wir sicherlich nicht wieder vier Jahre warten, um eine weitere Anhörung zur Fischerei zu machen. Da gibt es so viele Fragen und ich glaube, wir müssen uns in einige Dinge stärker einklinken. Das ist bei uns zwar auch immer eine Frage der Zeit, bei den vielfältigen Sachen, die im Bereich Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft anfallen. Zunächst aber erst einmal ein ganz herzliches Dankeschön für die umfassende Information, die wir mit dieser Einführungsrunde bekommen haben.
Ich darf bei dieser Gelegenheit Herrn Mollenhauer vorstellen, der ab 1. April Mitarbeiter in unserem Ausschuss sein wird. Herr Mollenhauer, ich finde es nett, dass Sie heute schon dabei sind.
Wir kommen zur ersten Fragerunde, erste Wortmeldungen, Herr Ortel, Frau Naumann, Frau Sehn.
Abg. Holger Ortel: Ich darf mich zunächst dem Dank des Vorsitzenden an alle die hier vorgetragen haben anschließen. Wenn der Vorsitzende sagt, wir könnten heute bis fünf tagen, so glaube ich, wir könnten auch drei Ausschuss-Sondersitzungen machen, um das abzuarbeiten, was mir heute auf den Tisch gekommen ist.
Meine erste Frage geht an Herrn Hartmann im Zusammenhang mit dem, was Prof. Hubold vorgetragen hat.
Herr Hartmann, sehen Sie Probleme, wenn Sie Discards zukünftig in die Quoten einbeziehen müssten, bzw. Discards auch anlanden müssten?
An den Deutschen Fischereiverband die Frage zum Thema Gammelfischerei unserer dänischen Freunde.
An Herrn Rosenzweig und an Herrn Jakobs die Frage, was gehört zu den Einschränkungen der Fischerei durch die Windparks im Offshore-Bereich? Da hat es bereits schon Anhörungen gegeben, vielleicht können Sie hier kurz vortragen, wie Sie dieses bewerten.
Vielleicht auch noch eine ketzerische Frage zu den Krabbenfischern. Hat man sich hier nicht von einem Holländer die Butter vom Brot nehmen lassen, und kann man da vielleicht noch ein bisschen gegenhalten?
An Herrn Kuntzsch oder Herrn Dr. Keller die Frage, die uns in den letzten Wochen auch im Ausschuss bewegt hat, zur Fischetikettierung. Da gibt es inhaltlich im Grunde keinen Streit, da gab es nur auf der Zeitschiene einige Wünsche, denen wir aber, glaube ich, nachgekommen sind, vielleicht sagen Sie da noch etwas zu. Das wär?s für die erste Runde.
Abg. Kersten Naumann: Ich gehöre zu den Personen, die nichts unmittelbar mit Fischerei zu tun haben, denn ich komme aus Thüringen, und trotzdem war das für mich zunächst mal sehr aufschlussreich. Ich habe aber einen großen Widerspruch gehört. Einmal sagt der Deutsche Hochseefischereiverband, dass sie nur 52 % der Quote ausfischen, was auch die Kutter- und Küstenfischer bestätigt haben, zum anderen habe ich aber vom WWF und Prof. Hubold gehört, dass es eine Überfischung gibt und die Flotte zu groß ist. In der Forderung zur Reduzierung der Flotte bei gleichzeitiger Nichtausschöpfung der Quote sehe ich einen Widerspruch. Der EU-Ministerrat hat zudem meines Erachtens die Quote wieder erhöht, was mich vermuten lässt, dass mit der Quote irgendetwas nicht stimmt. Mich interessiert in diesem Zusammenhang, wie sich Deutschland hierzu im EU-Ministerrat verhält. Da gab es von der EU-Kommission auch andere Vorstellungen, was die Quote betrifft, und mich interessiert, welche Vorstellungen Sie von der Höhe der Quote haben und die NGG fordert auch die Verringerung der Flotte, wozu sie jetzt allerdings nichts gesagt haben, deswegen würde ich dazu gern nochmal Herrn Ohlzen und Herrn Prof. Hubold sowie den Vertreter des Deutschen Hochseefischereiverbands, Herrn Hartmann, um Stellungnahme bitten, wie sie diesen Widerspruch beurteilen und wie man ihn aus ihrer Sicht auflösen kann.
Abg. Marita Sehn: Meine erste Frage zu den Windparks im Offshore-Bereich hat Kollege Ortel schon gestellt, die zweite Frage geht an den WWF. Wir sind heute hier, um die Situation der deutschen Fischereiwirtschaft zu beleuchten, und wir haben alle ein Interesse daran, dass diese Fischerei in Deutschland weiter möglich sein wird. Ich habe von Ihnen aber nur Globales gehört und hätte deswegen gerne von Ihnen gewusst, welche Vorschläge Sie haben, damit unsere Fischer wirklich weiter bestehen können.
Drittens interessiert mich die Frage, wie beurteilt die Branche die Diskussion, die wir im Zusammenhang mit Chloramphenicol aus Verbrauchersicht im Moment führen, und hat das Auswirkungen auf sie gehabt.
Der Vorsitzende: Ich habe auch noch ein paar Fragen. Von Herrn Mikulin, vom Deutschen Anglerverband und Herrn Vizepräsident Prof. Dr. Kallwitz würde ich gerne etwas wissen über die Verzahnung in der Bewirtschaftung der Gewässer und der Verzahnung der Berufs- und Angelfischerei. Die Angelfischerei ist, Prof. Dr. Knösche ist darauf eingegangen, nicht gerade ein unbedeutender Faktor, wenn es darum geht, Fische aus dem Wasser zu holen. Das ist auch Ernte, was dort gemacht wird. Es ist also zum Teil Ergänzung, aber es mag auch Konkurrenz sein, vielleicht können Sie dazu etwas sagen.
An den Deutschen Fischereiverband und auch an Herrn Prof. Hubold und an Herrn von Dorrien eine Frage, die anschließt an das, was Kollegin Naumann gerade eben schon deutlich gemacht hat. Quote und Flottenkapazität ist etwas, über das man länger nachdenken muss. Auf der einen Seite wird gesagt, wir haben eine Quotierung in der Fischerei, die wir nicht ausschöpfen, und auf der anderen Seite wird gesagt, wir brauchen Kapazitätsabbau bei den Flotten. Da sage ich zunächst einmal, wir leben auch in der Landwirtschaft mit Quotierung, etwa bei der Milch und mich interessiert im Grunde genommen überhaupt nicht, wieviel Milch- oder Kuhställe es gibt, denn wenn ich eine Quotierung habe, spielt es doch überhaupt gar keine Rolle, ob ich eine hohe Flottenkapazität oder eine niedrige habe. Wenn die Quote richtig gesetzt ist und kontrolliert wird, und wenn das vielleicht eingearbeitet wird, was Prof. Hubold gesagt hat, nämlich, dass wir den Beifang mit bewerten und verwerten. Da sollte man keinen Streit zwischen Fischereiforschern und Naturschutz führen, sondern man sollte darüber nachdenken, wie es möglich ist, Beifang vernünftig zu verwerten. Kein Fischer schmeißt Beifang gerne über Bord. Das tut er nur, weil er es muss. Es gibt schließlich auch Länder, wo dies nicht so ist. Wenn ich das richtig weiß, muss z. B. in Norwegen Beifang mit angelandet und mit auf die Quote angerechnet werden. Es gilt also hier, andere Möglichkeiten zu finden.
Zweiter Punkt, Herr von Dorrien, zum Stichwort überalterte Flotte. Sehen Sie nicht auch Möglichkeiten, besser, schonender, bestandserhaltender, nachhaltiger mit neuen Technologien zu fischen und gerade mit einer neuen Flotte auch in Ihrem Sinne der bestandserhaltenden und nachhaltigen Fischerei neue Techniken einzusetzen, um besser zu werden, d. h., dass auch eine Unterstützung der Naturschutzverbände, gerade des WWFs, bei der Forderung der Fischerei zur Erneuerung der Flotte und nicht ein Abbau einer überalterten Flotte sinnvoll wäre?
Eine Frage an die Binnenfischerei, betreffend den Einsatz oder Zusatz und die Zulassung von Medikamenten. Ich kann mich erinnern, dass wir vor einigen Jahren die Diskussion über Standardzulassungen hatten, z. B. für Kochsalz. Ich habe das als Glosse veröffentlicht, als die Bundesregierung gefordert hatte, es dürfe nur standardisiertes Kochsalz eingesetzt werden. Es darf also nur aus der Apotheke gekauft werden. Vielleicht können Sie dazu etwas sagen, zumal wir ähnliche Fragestellungen auch in der Lückenindikation beim Pflanzenschutz in der Landwirtschaft haben.
Von Herrn Hubold hätte ich gerne noch etwas zur Fischereiforschung gewusst. Wir haben gehört, dass es nur noch eine Person gibt für die Forschung in der Kutter- und Küstenfischerei gibt, und vielleicht können Sie etwas dazu sagen, dass der Aal der einzige Fisch in der Europäischen Union ist, der meines Wissens kein Mindestmaß hat, d. h., dass hier vom Glasaal bis hin zum großen Aal alles verwertet werden kann. Das soll für die erste Runde reichen, wobei ich darum bitte, dass diejenigen, die nicht direkt angesprochen sind, sich zu Wort melden, wenn sie etwas beitragen können.
Dr. Matthias Keller: Zur Frage der Zeitschiene hinsichtlich des Etikettierungsgesetzes haben wir auch gesagt, dass wir den Artikel 9 nicht wünschen, nämlich die Beschlagnahme, die aus unserer Sicht ein Übermaß bedeutet, wenn bei Falschetikettierungen nicht nur die Ware zurückgerufen, sondern sogar Etikettierungsmaschinen beschlagnahmt werden können. Wir halten Artikel 9 nach wie vor für ein Übermaß und sehen die sonstigen Sanktionsmöglichkeiten für ausreichend an. Ansonsten haben wir gegen das Gesetz überhaupt nichts einzuwenden, wenngleich wir auch nicht unbedingt darauf warten, denn die Umsetzung des Gesetzes hat für die Branche erhebliche Investitionskosten zur Folge. Die Umsetzung ist nicht ganz einfach, denn es gibt sehr viele Fische, die in verschiedene Niederlassungen zentral angeliefert, dort etikettiert und weitergeliefert werden. Das geht heute nicht mehr ganz einfach. Deshalb brauchen wir auch die Zeit, die wir jetzt noch haben, um diese Etikettierungsmaschinen zu installieren, die DV-mäßige Dokumentation vorzubereiten und sicherzustellen, dass diese Unterlagen am Ende auch beim Endverbraucher vorhanden sind. Das ist das Wesentliche. Die ganzen Unterlagen müssen vom Fang über den Großhändler und Zwischenhändler am Ende beim Einzelhändler zur Verfügung stehen, damit dieser den Verbraucher richtig und umfassend informieren kann. Vor diesem Hintergrund ist uns jede Zeit, die wir haben, um dieses Gesetz umsetzen zu können, willkommen. Unsere Hoffnung ist, dass am Ende in allen Bundesländern mit gleicher Elle gemessen wird. Es ist das große Problem, was wir noch sehen, dass dort auch auf Grund des unterschiedlichen Wissens in der Überwachung eine unterschiedliche Beanstandungspraxis zu verzeichnen sein wird. Es gibt ein zentrales Verzeichnis der Handelsbezeichnungen, wobei unsere holländischen Kollegen vergessen haben, viele Fische in dieses Verzeichnis aufzunehmen. Das führt dazu, dass wir nach Holland exportierte Ware mit dem Hinweis zurückbekommen, dass dieser Fisch nicht in der Liste steht, was natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Wir hoffen aber, dass sich diese Probleme in Zukunft noch lösen lassen.
Zur Frage nach den Auswirkungen von Chloramphenicol kann ich Folgendes sagen: Vergessen wurde bei all der Aufregung, dass am wenigsten die Garnelen uns belastet haben, sondern sehr viel mehr das globale Verbot, das ausgesprochen wurde und dazu geführt hat, dass über 80.000 Tonnen gefrorene Seelachsfilets nicht mehr in die Gemeinschaft bzw. nach Deutschland eingeführt werden können. Dieser Fisch wurde von russischen Schiffen gefangen, nach China exportiert und dort filetiert, was von den Kosten sehr viel günstiger ist. Das betrifft z. B. auch Kabeljau und Rotbarsch, bei dem wir beim Import aus China allein 630 % Steigerung gehabt haben. Im Jahr 2000 haben wir 863 Tonnen Fanggewicht an Rotbarsch eingeführt. Wir haben in diesem Jahr 6.306 Tonnen Rotbarsch aus China eingeführt. Es ist deutlich, dass Arbeit verlagert wird, in ein Gebiet, wo Arbeitskräfte nicht so teuer sind. Diese Fische werden also von russischen oder chinesischen Trawlern in den jeweiligen Fanggebieten gefangen, gefroren nach China geliefert, dort aufgetaut und filetiert und dann wiederum als gefrorene Filetrohware in die ganze Welt verschickt. Das geht nicht nur in die Europäische Gemeinschaft, sondern auch nach Amerika, nach Asien und ist gang und gäbe. Wir beobachten das z. B. auch beim Kabeljau. Wir haben im letzten Jahr aus der Volksrepublik China 2.484 Tonnen Kabeljau eingeführt, im Jahr 2001 ist diese Menge auf 6.745 Tonnen angestiegen. Ein anderes Beispiel ist der Alaska-Seelachs, der von 140.000 Tonnen auf 197.000 Tonnen Einfuhrgewicht aus China gestiegen ist. Wir haben nach Bekanntwerden dieses globalen Übermaßes aus China sofort alle Einfuhren, die nach Deutschland gekommen sind, auf Chloramphenicol testen lassen. In keiner einzigen Lieferung konnte Chloramhenicol nachgewiesen werden. Wir haben deshalb in einem Schreiben vom 1. März an die EU-Kommission und auch an den EU-Kommissar Fischler diesen Tatbestand übermittelt und den Hinweis erhalten, dass möglicherweise in der zweiten Aprilhälfte der Ausschuss für Tiergesundheit und Nahrungsmittel sich damit beschäftigen werde, eine Ausnahmeregelung für gefrorene Seefischereierzeugnisse, also die angesprochenen Filets von Alaska-Seelachs, Kabeljau und andere zu beraten. Wir halten dies für absolut notwendig, da nicht ohne weiteres mal eben 60.000 bis 80.000 Tonnen Filetware vom Markt fernbleiben kann.
Im Übrigen werden in den chinesischen Produktionsstätten technologische und hygienische Höchstleistungen erbracht, und es ist deshalb überhaupt nicht einzusehen, dass Investitionen, die über lange Jahre auch von deutschen Unternehmen eingebracht wurden, von heute auf morgen brach liegen sollen. Dankeschön.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich sehr, das waren die beiden Fragen von Kollegin Sehn und Kollegen Ortel.
Prof. Dr. Günter Keiz, Verband Deutscher Sportfischer: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, wenn es hier um den Zusammenhang zwischen Berufs- und Angelfischerei geht, ist dazu Folgendes zu bemerken: In früheren Jahren gab es große Diskrepanzen zwischen diesen beiden Organisationen. Diese sind inzwischen abgebaut worden. Wir haben heute Einvernehmen zwischen Berufs- und Angelfischerei. Es geht bei der Ausübung der Fischerei um die Nachhaltigkeit. Diese wird zur Zeit durch Landesgesetzgebung geregelt, wonach Angelscheine mit zum Teil unterschiedlichen Beschränkungen ausgegeben werden, dergestalt, dass bestimmte Fangquoten pro Tag oder nur bestimmte Köder oder Fanggeräte erlaubt werden. Innerhalb der Fischereiverwaltung werden bestimmte Quoten festgesetzt, so dass nicht jeder Fischereirechtsinhaber unbegrenzt Erlaubnisscheine oder Fischereischeine ausgeben kann. In der Berufsfischerei haben wir in der Regel den Pachtvertrag, mit dem etwa der Umfang des Fischereirechts und die Dauer der Befischung festgelegt werden, nicht jedoch Beschränkungen hinsichtlich des Fanggeräts oder der Entnahmemenge. Dies wird vielmehr in der Regel gesondert reglementiert in sog. Fischereiordnungen, die von der Verwaltungsbehörde erlassen werden und in denen auch die Ausgabe eines bestimmten Kontingents an Erlaubnisscheinen an die privaten Angelfischer vorgesehen werden kann. Wir sehen also hier keine Differenzen zwischen der Berufs- und der Angelfischerei. Was allerdings eine Rolle spielt, sind die Probleme mit invasiven Vogelarten, etwa dem Kormoran, dem Graureiher oder dem Gänsesäger. Diese Vögel suchen sich insbesondere südliche Gewässer aus, weil es dort besonders klares Wasser gibt, und wirken dort sehr nachteilig, so dass Besatzmaßnahmen für die Katz sind. Wir haben auch für ganze Gewässerbereiche Hegegenossenschaften, die etwa festlegen, wie viel Fischnachwuchs zur Stabilisierung der Bestände eingesetzt werden soll. Hierbei geht es also nicht um eine Steigerung der Erzeugung, sondern darum, den Bestand zu erhalten oder neu aufzubauen. Dieses gilt z. B. für den Lachs. Hier werden große Bemühungen unternommen, so z. B. in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die auch bereits zu ersten Wiederfängen führen. Auch hier ist die EU zum Handeln aufgefordert, denn die Lachse ziehen aus den heimischen Binnengewässern auf See hinaus, und es ist bekannt, dass irische Fischer unsere markierten Fische gefangen haben. Damit ist jedoch die Rückwanderung der Laicher unterbunden. Hier bedarf es Regelungen auf EU-Ebene. Das ganze System ist also auf Nachhaltigkeit aufgebaut und versteht sich auch im Sinne des Naturschutzes so. Die Angelfischereiorganisationen sind im Übrigen zu einem Großteil sog. 29er Verbände nach dem Bundesnaturschutzgesetz und damit verpflichtet, sich überwiegend für Naturschutz einzusetzen, und dem genügen sie auch.
Bernd Mikulin: Zwei Bemerkungen dazu. Einmal möchte ich verdeutlichen, was Angler pro Jahr an Nahrungsmitteln entnehmen. Es gibt da leider zur Zeit nur geschätzte Zahlen, die liegen bei etwa 20.000 Tonnen Speisefisch pro Jahr. Das ist eine Hochrechnung über die Auswertung der Fangstatistiken, unabhängig davon wollen wir aber noch genauere Zahlen haben, und im Rahmen einer Dissertation an der Humboldt-Universität beschäftigt sich ein engagierter Wissenschaftler damit, diese sozio-ökonomische Bedeutung des Angelns in Deutschland so exakt wie möglich zu ermitteln. Für mich ist wichtig zu sagen, dass dort, wo eine gute Kooperation mit den Berufs- und Binnenfischern funktioniert, sich dies auch auszahlt.
Was den Nachbesatz anbelangt, macht der Deutsche Anglerverband 40 % in Eigenproduktion und 60 % kommen von den Berufsfischern. Das ist damit auch ein entscheidender Beitrag für die Existenz der Berufsfischer, und es gibt durchaus Chancen, diese Kooperation noch zu erweitern, etwa dort, wo die Anglervereine oder Anglerverbände als Großpächter von Angelgewässern auftreten und sich eines Berufsfischers bedienen, der die Bewirtschaftung dieser Gewässer unter den zu erwartenden Bedingungen im gesetzlichen Rahmen durchführt. Insoweit gibt es in der Zukunft auch für die Berufsfischer in der Kooperation mit den Anglerverbänden eine echte Zukunftschance.
Der Vorsitzende: Ich bedanke mich ganz herzlich und darf eine Empfehlung aussprechen. Es ist, glaube ich, dringend notwendig, dass wir einmal wissen, wie viel Fisch von der Angelfischerei aus den Gewässern geholt wird, denn wir können nicht in anderen Bereichen das Entnahmevolumen auf das Kilo genau messen und im Bereich der Angelfischerei nur auf Schätzungen angewiesen sein. Es wäre eine Aufgabe der Verbände darauf zu drängen, dass die Fangstatistiken etwas genauer werden. Es ist mit Sicherheit eine größere Menge als wir gemeinhin denken.
Martin Brick: Ich bin zur Gammelfischerei befragt worden und zur Haltung des Deutschen Fischereiverbandes dazu. Wir müssen feststellen, die Gammelfischerei ist ein Wirtschaftsunternehmen, beschäftigt Leute und produziert etwas, was auch in der Fischerei, vor allem in der Binnenfischerei gebraucht wird, aber auch in der Landwirtschaft, nämlich Fischmehl. Die Dänen haben unlängst die Gammelfischerei befristet, besser gestoppt. Wir sind dagegen durchaus nicht der Meinung, dass man die Gammelfischerei total einstellen muss. Man muss sie vielmehr differenziert sehen. Der Ursprung war einmal der Sandaal, der keine Konkurrenz zur menschlichen Ernährung darstellte und zu Fischmehl verarbeitet wurde. Wenn aber die Gammelfischerei auf Sprotten geht, dann muss man mit Beifängen rechnen und dabei in hohem Maße mit Hering. Die Gammelfischerei soll maximal 50 % betragen und hat jetzt 90 % eingenommen, was den Stopp der Dänen zur Folge hatte. Vor diesem Hintergrund ist das Verbot durchaus berechtigt und dürfte auch unbefristet angewendet werden.
Dann hatte ich noch die Frage zum Mindestmaß des Aals. In der Tat gibt es kein Mindestmaß für den Aal, und schon gar nicht für den Glasaal. Aber selbstverständlich hat ein gut organisierter deutscher Angler ein Mindestmaß für den Aal.
Der Vorsitzende: Hintergrund meiner Frage ist, dass wir das einheitliche Maß für den Aal, das wir haben müssten, in der Europäischen Union nicht durchsetzen können.
Lothar Fischer: Es ist richtig, für Aal, aber auch für manche andere Fischart gibt es keine Mindestgrößen. Wenn wir die hätten, wir haben es bei der Kommission versucht, wären wir auf der sicheren Seite, denn dann wäre es verboten, diese Fische zu fangen oder anzulanden. Es kann durchaus Ausnahmeregelungen geben, die es im deutschen nationalen Recht auch gibt, wo wir ein Mindestmaß haben, nämlich für Besatzzwecke. Ich will hierzu nur eine Zahl nennen. Wir haben festgestellt, dass bis Ende Februar in Frankreich an der Loire-Mündung 90 Tonnen Glasaal gefangen wurden. Wenn Sie das in Individuen umrechnen, dann sind das 3.000 bis 4.000 Stück pro Kilogramm. Da bekommt man eine ganze Menge Nullen hintendran. Der Preis liegt im Moment bei ca. 300 Euro pro Kilogramm. Weil die Franzosen diese 90 Tonnen einfach in der Schleppnetzfischerei fangen, sind von diesen 90 Tonnen fast 60 Tonnen tot angelandet worden. Diese Fische sind direkt nach Spanien in den Konsum gegangen. Dort werden sie auch gut bezahlt. Es gab keinen großen Anreiz, diese Fische schonender zu fangen. Dagegen würde eine Zulassung nur für den Besatzfang eine schonendere Fangmethode notwendig machen. Hier spielt dann auch die Beifangregelung eine Rolle. Ich habe auch die Aalresolution des Deutschen Fischereiverbandes mitgebracht und wäre dankbar, wenn ich diese vorne auslegen darf. Wir haben uns um dieses Thema sehr bemüht. Vielen Dank.
Der Vorsitzende: Ich hatte noch die Frage zur Quote und dem Abbau der Fischereiflotte gestellt. Vielleicht kann vom Fischereiverband noch jemand etwas dazu sagen.
Martin Brick: Wir haben festgestellt, dass der Anteil der Quoten und der Flotten in Europa unterschiedlich geregelt ist. Wir stellen auch fest, dass es überwiegend politische Quoten gibt. Anders lässt sich das Geschachere hierum nicht erklären. Wir meinen, dass der Kapazitätsabbau mit den Quoten nichts zu tun hat, weil es keine EU-Flotte gibt und auch keine EU-Quoten, sondern es gibt immer nur Quoten für die Mitgliedstaaten, und es gibt auch nur Flotten, wenn man so will, in mehreren Segmenten, bei den Mitgliedstaaten. Insofern ist es völliger Unsinn, wenn man jetzt auf den Kapazitätsabbau pocht, denn es spielt überhaupt keine Rolle, ob ich meine Quote mit 10 oder mit 100 Schiffen ausfische. Ich muss meine Existenz dabei sichern, und ich muss nachhaltig wirtschaften können. Das ist entscheidend. Zur Nachhaltigkeit hat sich die Fischerei im Übrigen auch bekannt, genauso wie zum Öko-Label und letztendlich, wenn auch unter Schwierigkeiten, zur Fischetikettierung. Wir meinen, die Ausfischung der Quoten muss besser kontrolliert werden, und zwar nicht nur jeder für sich, sondern es muss möglich sein, auch gegenseitig zu kontrollieren, was sehr schwierig werden wird. Das ist für uns entscheidend, wenn es um Quoten überhaupt geht.
Lothar Fischer: Lassen Sie mich kurz ergänzen. Wir haben in Deutschland nur zwei Fischarten, die wir auf die einzelnen Betriebe verteilt haben. Das ist der Dorsch in der Ostsee, und das ist der Seelachs in der Nordsee. Alle anderen Fischarten, und wir haben eine riesige Liste an Fischarten und -quoten, haben wir nicht aufgeteilt. Wir bewirtschaften nebenher nur noch die Plattfische, Scholle und Seezunge, wobei wir hier nur vierteljährliche Fangmengen festlegen. Aber die nächste Kategorie in der Kutter- und Küstenfischerei ist völlig freigestellt, daran kann sich jeder beteiligen. Er braucht sich vorher nicht mal zu melden. Ob das Schiff alt oder neu, klein oder groß ist, es kann fischen, auch den Ostsee- oder den Nordseehering, auch Schellfisch oder Kabeljau, wobei die Kabeljauquote hier schon sehr stark angesprochen worden ist. Dies ist deswegen überraschend, weil 10 Jahre lang von der Wissenschaft zur Kabeljauquote nichts zu hören war. Dass der Kabeljau in der Nordsee knapp geworden ist, haben wir schon lange festgestellt. Bei uns hat sich die Flotte aus der Kabeljaufischerei in der Nordsee schon vor fünf/sechs Jahren verabschiedet. Es gibt keine direkte Kabeljaufischerei von deutschen Schiffen in der Nordsee. Deswegen hat uns die drastische Beschränkung der Kabeljauquote im letzten Jahr auch nicht betroffen, weil wir keine direkte Kabeljaufischerei haben, wobei uns verwundert hat, um das noch vorsichtig auszudrücken, dass die Quote in diesem Jahr sogar leicht erhöht worden ist.
Ein Wort noch zur Kontrolle der Fischer. Wenn es die Mitgliedstaaten wollen, sind die Fischer so stark kontrolliert, wie es wohl kaum anderen ergeht. Ich will Ihnen hierzu ein Beispiel nennen: Der Fischer hat ein Logbuch auszufüllen. Dort muss er sein Fanggebiet angeben, er muss angeben, was er an Bord genommen hat, wobei er sich durchaus verschätzen kann, aber darunter kommt das Anlandegewicht, was er angelandet hat. Zudem muss er auch den hierfür erhaltenen Erlös ausweisen. Ferner wird auf See, jedenfalls bei Fahrzeugen ab 20 m, über automatische Ortungssysteme kontrolliert, wo es sich befindet und wann es wo war. Einen solch gläsernen Unternehmer haben Sie sonst nirgendwo. Wenn man diese Kontrolldienste flächendeckend ausdehnen würde, könnten Sie hier im Deutschen Bundestag die Steuern ganz schön senken.
Der Vorsitzende: Wir haben aber auch gehört, dass diese Kontrollen zum Teil umgangen werden.
Lothar Fischer: Das bestreite ich nicht, aber die Kontrollen werden in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgeführt, und ich möchte nur daran erinnern, dass in einem Mitgliedstaat mal ein Minister wegen nachgewiesener mangelnder Kontrolle gehen musste. So etwas hat es bei uns nicht gegeben. Deutsche Kontrollen sind ziemlich gut, und das wissen die Fischer.
Ich verstehe nur die Diskussion um die Reduzierung der Flotten nicht, denn es ist bei einer gut kontrollierten Flotte egal, mit wie vielen Schiffen man fischt. An die EU-Flotte, die es nur in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt, müsste man nicht mit den MAPs rangehen, sondern hier hilft nur Aufkaufen und Verschrotten. Ich habe das auch in Brüssel schon mehrfach zur Sprache gebracht, dass dort, wo Überkapazitäten vermutet werden, Brüssel die Schiffe aufkaufen solle und die Flotte so verkleinert. Die mittelfristigen Ausrichtungsprogramme sorgen nur dafür, dass Alttonnage immer teurer wird, denn wenn ich neu bauen will und der Prozentsatz für herauszunehmende Alttonnage immer höher gesetzt wird, so dass ich 150 % herausnehmen muss, um 100 % zu bauen, dann steigert das nur den Preis, und es sind nur die glücklich, die Alttonnage haben. Aber es gibt keinen neuen Marktzugang. Das können sich, wenn die Preise gut sind, nur noch Kapitalgesellschaften leisten.
Klaus Hartmann: Zu der Frage nach den Discards bzw. Rückwürfen: Wenn der Fischer auf die See fährt und das Netz im Wasser hat, dann ist er nicht in der Situation des Kunden im Supermarkt, der gezielt Produkte aus dem Regal nehmen kann, sondern in der natürlichen Umgebung fängt er immer eine Auswahl dessen, was am Meeresgrund schwimmt. Mit neuer Elektronik und entsprechenden Fanggeräten kann er zwar schon gezielt fischen, aber man wird nie ausschließen können, dass andere Arten mitgefangen werden. So schwimmen etwa Kabaljau und Seelachs zusammen, so dass der auf Kabeljau gehende Fischer, der seine Seelachsquote ausgefischt hat, diesen zur Zeit zurückwerfen muss. Wir haben kein Problem damit, diese Rückwürfe einzustellen und Beifänge an Bord zu behalten. Wir sind vielmehr bereits daran gewöhnt, weil es in anderen Gewässern, z. B. vor Norwegen, diese Regelung bereits gibt. Wenn ich in Norwegen Beifänge, für die meine Quote schon ausgeschöpft ist, im Netz habe, dann behalte ich diese Art an Bord, bin aber dann verpflichtet, den Fangplatz zu wechseln, d. h., ich muss wenigstens 10 bis 15 Meilen weiterdampfen oder 50 m tiefer gehen, um dann einen Testhol von maximal einer halben Stunde zu machen, um die Zusammensetzung der Fische zu testen und zu sehen, ob ich dort gezielt auf die Fischarten weiterfischen kann, für die ich noch Quoten habe. Das ist aus unserer Sicht eine durchaus praktikable und akzeptable Regelung. Es gibt zudem technische Maßnahmen, um diese ungewollten Fänge zu reduzieren. Ich erwähne z. B. Sortiergitter, die im Netz angebracht sind und die wir schon seit Jahren in der Hochseefischerei benutzen. Es gibt ferner, wie schon erwähnt, die Maßnahme des Fangplatzwechsels, und es gibt die sehr wirkungsvolle Maßnahme der Gebietssperre für eine bestimmte Zeit. Wir haben z. B. in Norwegen eine ständige Kontrolle der Fänge durch die coast guard und auch durch die Fischereiforschung, und es ist nicht ungewöhnlich, dass man über UKW erfährt, dass in diesem Gebiet mehr als 15 % untermaßige Fische sind. Die Fischerei wird dann gestoppt, wir kriegen die Koordinaten und verlassen das Gebiet. Nach ca. zwei Wochen wird festgestellt, die kleinen Fische sind durchgezogen, und wir können dort wieder rein. Das sind durchaus akzeptable und praktikable Lösungen, wie wir sie uns auch in der EU in Zukunft wünschen. Eine weitere Maßnahme wäre die Vielarten-Fangquote, die eben auch Rücksicht nimmt auf Bestände, die natürlich zusammenleben und die wir zusammen befischen können.
Zuammengefasst eine klare Antwort: Wir können durchaus mit dem Anbordbehalten der Discards leben und vielleicht wird dadurch auch der Handel ermuntert, sich mal mit Arten auseinanderzusetzen, die er bisher nicht so einfach verkaufen konnte. Die Franzosen sind in dieser Hinsicht sehr experimentierfreudig, die Asiaten essen viele Fischarten, die die deutsche Hausfrau nicht anschauen mag. Hier gibt es sicherlich einen großen Raum für Entwicklungen. Vielleicht auch Entwicklungen, die von der Forschung unterstützt und begleitet werden können.
Zur zweiten Frage des Widerspruchs von Kapazitäten und Fangquoten zeigt ein Blick in die Vergangenheit, dass wir am Anfang nur Fangquoten und gerade hier in Deutschland sehr gute Fangquoten für die Hochseefischerei hatten, da Deutschland traditionell eine große Fernfischerei erhalten hat und eine der hochentwickelten und modernen Fischereinationen war. Im Zuge der Seerechtsentwicklungen, erst 12 Meilen-, dann 50 und dann 200 Meilen-Zonen um Island und um andere Länder, wurde diese früher freie Hochseefischerei mehr und mehr zurückgedrängt. Wir haben aus dieser Zeit eine relativ gute Fangquote erhalten können. Die Kapazitäten in Deutschland sind aber aus wirtschaftlichen Gründen zurückgegangen, meist bevor es von den MAPs gefordert wurde. Erst die Feststellung, dass durch mangelnde Kontrollen und nicht hinreichende Sanktionen das Quotensystem keine hinreichenden Erfolge zeigte, führte in der EU zum nächsten Schritt, nämlich Aufwandsbeschränkungen einzuführen. Damit kam man jedoch in einen Bereich der Strukturpolitik, der noch schwieriger zu kontrollieren ist. Denn Aufwandsbeschränkungen, wie Begrenzung der Seetage, Kilowatt-Tage und ähnliches sind eben noch schwieriger zu kontrollieren, als die reinen Fangquoten und die Anlandemengen. Deswegen müsste man meiner Meinung nach auf den ersten Schritt zurückgehen und sagen, wir wollen klare Fangquoten haben, und wir werden diese ganz hart auf EU-Ebene kontrollieren und auch mit entsprechenden Sanktionen begleiten. Genau dies geschieht allerdings nicht, sondern es findet eine Kriminalisierung der Fischer statt und als einzige Möglichkeit wird die Flottenreduzierung favorisiert. Dies wiederum ist sehr schwierig, weil die Schiffe Eigentum der Fischer sind und nicht einfach verschrottet werden können. Deswegen sehe ich als einzigen Ausweg nur, die Fischer künftig mehr in sog. Regional Councils, in Räten, mit in die Verantwortung zu nehmen und damit eine höhere Akzeptanz und mehr Einsicht bei den Fischern zu erzielen. Es ist sonst für die Charaktere der Fischer sehr schwierig, so komplizierte Regularien einzusehen und einzuhalten. Wenn Sie aber bei der Entstehung dieser Regularien mitwirken, dann sehe ich eine Chance darin, dass wir das im Zuge der nächsten EU-Politikphase in den Griff bekommen.
Der Vorsitzende: Herr Hartmann, ich bedanke mich ganz herzlich, insbesondere für die letzten Sätze. Vielleicht können wir im weiteren Verlauf darauf noch näher eingehen.
Jürgen Ohlzen: 1992 hatten wir bereits eine Konferenz der Arbeitnehmer in Bremerhaven. Dort wurde schon von uns in Verbindung mit dem WWF eine weltweite Flottenreduzierung gefordert. Denn wir haben schon zu diesem Zeitpunkt festgestellt, dass es einige Flotten gibt, die besonders viel fangen, Herr Keller hat es erwähnt, hierzu gehört auch China. Das hat zur Folge, dass es auch für die Arbeitnehmer immer schwieriger wird, denn es wird immer Länder geben, die billiger produzieren. So liegt der Stundenlohn z. B. in Bremerhaven zur Zeit bei 7,30 DM, das sind im Monat 1.204 DM, und wenn wir davon sprechen, dass wir Mindestlöhne von 1.300 DM fordern, würden wir in diesem Bereich sogar noch eine Aufwertung bekommen. Nach wie vor fordern wir auch bessere Kontrollen und härtere Sanktionen, denn auch das ist weiter ein großes Problem.
Die Krabbenfischerei ist ebenfalls angesprochen worden. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es Zeiten gab, in denen die Krabben in Bremerhaven, in Cuxhaven und auch in Rostock gepult wurden. In der Zwischenzeit machen sie eine nette Reise nach Marokko, werden dort gepult und kommen dann wieder zurück. Ich denke, das ist ökologischer und ökonomischer Wahnsinn.
Johannes Rosenzweig: Zu den Offshore-Windanlagen und den Sandentnahmestellen und ihren Auswirkungen auf die Fischerei lassen Sie mich Folgendes sagen: Wir haben in der Nordsee 29 Anträge auf Genehmigung von Wind-Offshore-Anlagen, das ist eine Fläche von 8.700 qkm und entspricht der Größe von 1.740 Sportplätzen. In der Ihnen vorliegenden Karte rot unterlegte Gebiete sind die, in denen Wind-Offshore-Anlagen gebaut werden sollen. Zu den Offshore-Parks soll die Fischerei noch einen Abstand von 500 m einhalten. Wenn Sie sich das anschauen ist die Frage, wo sollen wir noch fischen? Hinzu kommt noch die Frage der Trassenführung für die Verbringung des Windstroms an Land. Der Eon ist es abgelehnt worden, durchs Wattenmeer zu gehen. Es ist allerdings nicht unser Problem, aber unser Problem bleibt, dass wir nicht mehr fischen können, denn wir dürfen in diese Gebiete nicht rein. Unabhängig davon entsteht ein Gefährdungspotenzial für den Fall, dass ein Schiff in einen Windpark reinläuft. Dies freizuschleppen dürfte kaum möglich sein. Was das für die Umwelt bedeutet, kann man sich leicht vorstellen.
Ein weiteres Problem haben wir mit den Sandentnahmen. Eine Sandentnahmefirma hat einen Antrag für die Region Weiße Bank gestellt zur Sandentnahme auf einer Fläche von 790 qkm, mit einer Tiefe bis zu einem Meter. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass bei einer Sandentnahme bis zu einem Meter Tiefe danach zunächst kein Lebewesen mehr dort erscheint. Insofern bedeuten auch diese Sandentnahmen eine immer stärkere Einschränkung der Fischerei. Die Forderung der Krabbenfischer an die Windmüller geht deshalb dahin, dass diese sich auf die Zone der 30 m Wassertiefe zurückziehen, um so beiden Betroffenen ein auskömmliches Dasein zu ermöglichen. Jedenfalls können wir mit dem Bau von Windparks auf einer Wassertiefe von 20 m nicht leben, weil das genau unser Fischgebiet ist.
Dr. Peter Breckling, Fischereiberater, Landesvereinigung Schleswig-Holstei-nischer Erzeugerorganisationen für Nordseekrabben und Küstenfischer: Herr Vorsitzender, zur Frage von Herrn Ortel: den Ausbau der niederländischen Flotte betreffend und den hieraus resultierenden höheren Zahlen der niederländischen Krabbenfischerei kann ich unter Bezugnahme auf die niederländische Fischereizeitung, die ich in dem Punkt für einigermaßen glaubhaft halte, darauf hinweisen, dass die Vorgaben der MAP nicht eingehalten bzw. ignoriert worden sind. Der Vorsitzende, Herr Jakobs, hat dies in seinem Statement schon dargestellt, die Niederländer dürfen 2.813 BRZ haben, tatsächlich haben sie 4.423 BRZ. Diese Überkapazität besteht nicht aus alten Kähnen, sondern es handelt sich um laufend neugebaute Schiffe, die gerade in den letzten drei/vier Jahren auf den Fangplätzen erschienen sind und in direkte Konkorrenz zu den deutschen Kuttern getreten sind. Die Finanzierung dieses Flottenaufbaus erfolgte im Plattfischsegment, von wo aus man die Schiffe in die Krabbenfischerei durchgeschoben hat. Die Niederländer verfügen über eine große aktive Plattfischflotte, haben dort Sanierungsbedarf, der auch aus öffentlichen Mitteln gedeckt wird, und sie haben diese Fahrzeuge auch ins Krabbensegment durchgeschoben. So konnten sie auf Neubauförderung verzichten.
In Deutschland wird dieses Durchschieben seit Jahren nicht mehr gemacht. Zuletzt ist das im MAP III geschehen, das kann Herr Wendisch sicher bestätigen. Außerdem haben die Niederländer historische Kapazität nachgemeldet. Allein daraus erklärt sich allerdings nicht die gewaltige Überkapazität. Jedenfalls reicht dies nicht aus, um die 60 % Überkapazität zu legalisieren. Tatsache ist jedenfalls, die Kutter sind da, und nach Einschätzung der niederländischen Fischereizeitung wird man auch nicht darangehen, 30 oder 40 % dieser Kutter wieder stillzulegen. Kernproblem ist also die unterschiedliche Auffassung zur Verbindlichkeit der Vorgaben aus Brüssel. Dazu ist auch ganz bemerkenswert ein Zitat aus dem Bericht des Länderbeobachters aus dem letzten Fischereirat vom 27. November 2001. Ich zitiere. ?Mit der VO 1447/99 wurde eine Liste von Verhaltensweisen aufgestellt, die als Verstöße gegen den harten Kern der Fischereivorschriften der Gemeinschaft anzusehen sind. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, der Kommission Bericht über solche Verstöße zu erstatten. Diese Berichte waren zum Teil unvollständig oder unleserlich, Frankreich hat überhaupt keinen Bericht abgegeben. Bußgelder scheinen keine ernsthafte Abschreckung sicherzustellen, man spricht von ungenügenden Kontrollen bis hin zu unwirksamen Sanktionen. Kommissar Fischler kommt dann zu dem Schluss, dass derzeit keine effiziente Kontrolle der Einhaltung der gemeinsamen Fischereipolitik gegeben ist.? Das erklärt, wie die Niederländer auch im Krabbenbereich vorangekommen sind.
Der Vorsitzende: Von wem ist der Bericht, Herr Breckling?
Herr Breckling: Der Bericht ist vom Länderbeobachter der EU von der 2.390. Tagung und ist von Dr. Herwig unterzeichnet.
Der Vorsitzende: Herr von Dorrien, Frau Vesper, vielleicht können wir das Problem des Gegeneinanders von Fischerei und Umwelt verbinden, vielleicht sogar etwas auflösen. Ich frage Sie das ganz direkt, weil ich den Eindruck habe, dass man mit der Fischerei vieles gemeinsam machen kann. Vielleicht können Sie auf diesen Aspekt nochmal eingehen.
Dr. Christian von Dorrien: Dafür sind wir immer offen, Herr Vorsitzender. Es ist auch unser Anliegen, die Probleme gemeinsam mit der Fischerei zu lösen. Ich will versuchen, die verschiedenen Fragen möglichst zusammenhängend zu beantworten. Als erstes zur Frage der Regulierung über Fischereikapazität oder Quoten: Herr Brick hat ausgeführt, es sei ihm egal, ob das 10 oder 100 Schiffe sind. Stellen Sie sich bitte vor, in der Mitte liegt ein Teller mit 10 Brötchen. Es gibt 10 Esser. Dann reicht es für jeden. Voraussetzung ist die Einigung unter den Beteiligten, dass keiner mehr als eins nimmt. Wenn es 100 Esser sind, ist es praktisch unmöglich, den viel zu kleinen Brötchenteller auf alle gleichmäßig zu verteilen. Es ist auch als erstes angesprochen worden, dass das von der Wirtschaftlichkeit her nicht klappt. Das würde ich auch so sehen, nur das hat natürlich Folgen. Wenn viel Kapital in neue Trawler geflossen ist, die fischen wollen, dann ist natürlich ein gewisser Druck da, denn es sind zu viele Trawler vorhanden für das, was im Meer zu fischen ist. Es wurde auch immer wieder angesprochen, dass es politische Quoten gibt, d. h., die Quoten werden höher festgesetzt, als das von der Wissenschaft empfohlen wird, und außerdem wird es schwieriger, das was auf See passiert, zu kontrollieren. Ich möchte hierbei nicht Deutschland anführen, aber es gibt eben aus anderen Ländern Berichte über hohe Schwarzanlandungen, die durch diesen Druck entstehen. Dass das Quotensystem nicht funktioniert hat, sieht man im Übrigen auch an der Überfischung der Bestände. Deswegen ist nach unserer Auffassung am ehesten eine Regelung zu erreichen, wenn die Flottenkapazität insgesamt abgebaut wird. Dass das von Nation zu Nation und auch von Fischerei zu Fischerei unterschiedlich erfolgen muss, ist auch aus unserer Sicht richtig. Erste Ansätze hierfür hat das MAP IV erkennbar werden lassen, und da sind wir anderer Auffassung als Herr Hartmann, wenn er sagt, die Aufwandsbeschränkung habe nicht funktioniert, weil sie schwieriger zu kontrollieren sei. Es ist zwar sicher schwierig, die Fischereikapazität zu messen, aber sie hat vor allem deshalb nicht funktioniert, weil die Wissenschaftler für den Zeitraum 1996/1997 im Schnitt 40 %, für stark überfischte Bestände sogar bis zu 70 % Reduzierung der Kapazität empfohlen haben, herausgekommen ist, aber eine 30%ige Reduzierung für stark überfischte Bestände und 20 % für leicht überfischte. Also deutlich weniger als von der Wissenschaft empfohlen. Auch da hat der deutliche politische Wille gefehlt, das Problem an der Wurzel anzufassen, die Flotte insgesamt zu reduzieren und auf ein Maß zu bringen, das den vorhandenen Fischbeständen angemessen ist. Dabei ist es sicherlich schwierig, dem Steuerzahler zu erklären, dass die Überkapazitäten zunächst mit Subventionen aufgebaut wurden, um anschließend mit öffentlichen Steuergeldern in Form von Abwrackprämien wieder abgebaut zu werden.
Der Vorsitzende: Herr Dorrien, ich muss nochmal nachfragen. Mir ist die Geschichte zu wichtig, als hier jetzt darüber hinwegzugehen. Wir haben regionale Kapazitäten und regionale Quoten. Ihr System, die Flotte zu reduzieren, kann nur funktionieren, wenn wir die gesamte EU-Flotte stark heruntersetzen. Mir ist nicht klar, wie das praktisch funktionieren soll. Ich war am Freitag in Eckernförde, wo mir Fischer sagten, sie dürften im Sommer ein halbes Jahr Dorsch fischen. Sie sagten, sie haben ein großes Schiff. Im Moment haben sie glücklicherweise mal wieder gute Preise für Hering. Da können wir mit reingehen, aber ich frage mich, was soll bei den noch abgebaut werden? Der Fischer sagt mir, er habe soundso viele Stillliegetage, er habe soundso viele Tage Sturm, gerade in der Zeit, wo er fischen darf, und wenn er eine neue Maschine für sein Schiff brauche, muss er die Leistung um 35 % reduzieren, was ihm anschließend Schwierigkeiten mit der Seeberufsgenossenschaft beschert. Irgendwo stimmen diese Systeme auch nicht. Und jetzt will ich das vielleicht ein bisschen simpel mit dem System der Quotierung in der Milchwirtschaft vergleichen. Da wird keinem vorgeschrieben, mit wie vielen Kühen er das macht.
Der Landwirt kann 4.000 Liter pro Kuh melken, er kann aber auch 9.000 Liter pro Kuh melken. Er hat eine Quote von 250.000 Litern, und man sagt ihm, mehr darfst du nicht. Und jetzt kommen die Einschränkungen, die Sie genannt haben. Kontrolliere ich die Quote sauber, habe ich die Discards mit in der Quote drin, bin ich unvernünftig und schmeiße den essbaren Fisch wieder über Bord und bekomme das nicht mit eingesetzt, dann interessiert es mich überhaupt nicht, wenn einer schlecht fischt und einen großen Dampfer hat und die Quote ausgeschöpft ist, weil der Fischer morgens zu spät aufsteht oder im Sommer zu spät dran ist. Dann wird er seinen Dampfer irgendwann einmal verkaufen müssen. Müssen wir hier nicht einfach mal umdenken.
Dr. Christian von Dorrien: Ich würde Ihnen gerne Recht geben, wenn wir nicht die überfischten Bestände im Meer hätten. Diese zeigen ganz eindeutig, dass das System der Quoten nicht geklappt hat. Auch die Kritik an den zunehmenden Regularien liegt letztendlich daran, dass das, was an Fisch vorhanden ist, nicht für alle reicht. Wenn wir also z. B. den Dorsch auch für zukünftige Fischergenerationen erhalten wollen, und darum geht es, dann muss ich auch feststellen, dass es sehr viel schwieriger ist, eine Quote zu kontrollieren, als im Hafen Schiffe zu zählen und zu schauen, wie viel die fangen. Diese Auffassung ist auch von uns nicht neu erfunden worden, sondern das Grundproblem besteht darin, dass der Kuchen nicht für alle reicht. Die Frage, warum die Deutschen ihre Quote nicht ausfischen, kann ich aus Sicht eines Umweltverbandes insofern nicht beantworten, als ich nicht weiß, welche wirtschaftlichen Gründe hier eine Rolle spielen. Es bleibt nur festzustellen, dass andere es schaffen. Ein Grund ist mit Sicherheit, dass es z. B. beim Kabeljau auch sog. Papierquoten gibt. Diese liegen aus politischen Gründen höher, als das was wirklich da ist oder das, was man noch mit einigermaßen vertretbarem Aufwand fangen kann.
Zu Ihrer letzten Frage Herr Carstensen, auch der WWF ist nicht grundsätzlich gegen Subventionen. Wir sind aber gegen die Subventionen, die die Fangkapazität der ohnehin zu großen Flotte noch weiter erhöhen. Es geht nicht darum, Subventionen etwa für die Einführung von Sortiergittern, die die Fänge selektiver machen, oder für andere technische Maßnahmen zu kritisieren. Diese bedeuten vielmehr eine Unterstützung der Fischerei beim Übergang in eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände. Das finden Sie auch in unserer WWF-Position zur Reform der EU-Fischereipolitik.
Martin Brick: Wir haben keine Veranlassung, uns ausgerechnet mit dem WWF anzulegen, aber ich möchte nochmals ausdrücklich betonen, dass das, was vorgetragen wurde, kein deutsches Problem ist. Es ist auch nicht das Problem eines mangelnden Quotensystems, sondern es ist das Problem der mangelnden Kontrolle und der unterschiedlichen Bewertung von Verstößen gegen Verordnungen. Es ist einem deutschen Fischer nicht möglich, zwei Bruttoregisterzahlen zu erhöhen, weil er in der Kajüte seines Schiffes eine Dusche einbauen will, aber in anderen Ländern ist es möglich, ganze Schiffe neu zu bauen und wir haben es bei unserer Museumsflotte dringend nötig, zu modernisieren und zu erneuern. Wir haben aber auch das Problem, die uns zuerkannten Quoten auszufangen. Ich will auch nochmals darauf hinweisen, dass die hier immer wieder angesprochene Überfischung nicht ausschließlich eine Folge der Fischerei ist. Vielmehr spielen hier noch ganz andere Dinge hinein, um die sich kaum jemand kümmert, weil deren Lösung noch sehr viel schwieriger ist.
Dr. Christian von Dorrien: Ich möchte kurz etwas richtig stellen. Wir fordern nicht einen 40%igen Abbau der deutschen Flotte. Das will ich nochmals ganz klar machen. Ich habe immer wieder gesagt, wir fordern den Abbau der Flotte in den Segmenten, in denen eine Überfischung besteht. Dass die Zahlen hierfür noch nicht auf dem Tisch liegen, und wir sie Ihnen leider auch nicht liefern können, ist etwas anderes. Aber es geht uns nicht um eine Reduzierung der deutschen Flotte um 40 %.
Norbert Kahlfuß, Verband der Deutschen Kutter- und Küstenfischer: Vielen Dank Herr Vorsitzender. Vielleicht zur Ergänzung zu dem was Herr Rosenzweig vorgetragen hat. Die Problematik der Offshore-Anlagen gilt nicht nur für die Nordsee, sondern auch für die Ostsee. Ich möchte verhindern, dass dies in Vergessenheit gerät, weil in vielen Publikationen etwas einseitig auf die Nordsee hingewiesen wird. Lassen Sie mich aber auch noch einen Satz zur Gammelfischerei sagen. 1998 wurde die sog. Verordnung zur Gammelfischerei erlassen. Danach war, auf Grund der außerordentlich guten Heringsbestände in der Ostsee, eine Verwertung für andere als zur menschlichen Ernährung gedachte Zwecke, zugelassen. Fast parallel dazu sind ebenfalls von der EU die TAC?s für den Heringsfang in der Ostsee drastisch heruntergesetzt worden. Deutschland liegt für dieses Jahr bei 35.000 Tonnen, wir hatten mal 100.000 Tonnen. Die Verordnung gilt aber immer noch. Die Wissenschaft ist dabei der Auffassung, dass das Sommerfangverbot im Grunde nicht viel bringt, aber es wurde dennoch verlängert. Wir räumen ein, dass sich jeder, auch die Wissenschaft, mal irren kann. Aber wenn man erkennt, dass eine Verordnung Quatsch ist, dann sollte man sie auch wieder aufheben. Jedenfalls verstärken diese Fehlleistungen den Eindruck, dass deutsche Fischereiinteressen in der EU nicht hinreichend wahrgenommen werden.
Prof. Dr. Gerd Hubold: Ich nehme zu den Fragen der Quoten und der Fischereikapazitäten Stellung und der Forschung der BFAfi und zu den Küstenfragen. Zu den Quoten und Kapazitäten ist der Kern des Problems wirklich der, dass wir mit der erlaubten Gesamtanlandemenge nicht klar gekommen sind. Zwar ist das theoretisch der richtige Weg, wissenschaftlich fundiert festzusetzen, wie viel Fisch wir fangen können, ohne die Nachhaltigkeit der Bestände zu gefährden. Aber eben nur theoretisch. In der Praxis hat sich leider gezeigt, dass in keiner Fischerei weltweit dieses Mittel greift. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Überkapazität ist sicherlich einer der ganz wesentlichen Gründe, denn wenn die Fischer unter ökonomischem Zwang stehen, verhalten sie sich anders, als wenn dieser starke ökonomische Zwang nicht besteht.
Wir haben aber auch noch ein zweites Problem, das in Richtung Gesetzgeber und EU geht. Wir setzen diese erlaubten Anlandemengen fest, rechnen aber die angelandete Menge. Das heißt, wir setzen 100.000 Tonnen fest und zählen, wann diese an Land kommen. Inzwischen sind aber auf See 200.000 Tonnen gefangen worden. Und daran gehen die Bestände auch sehr schnell kaputt. An dieser Stelle haben wir ein systematisches Problem.
Das dritte große Problem sind aber nach wie vor die Schwierigkeiten, die wir bei der Durchsetzung entsprechender Regelungen auf See haben. Herr Hartmann hat für Norwegen optimistisch festgestellt, dass es dort funktioniert. Ich weiß jedoch, dass auch die Norweger es letztendlich nicht durchsetzen können, obwohl dort die Fischereistruktur wesentlich einfacher ist, als in den komplizierten Gewässern in Nord- und Ostsee, wo sich viele verschiedene Fischereien überlappen. Die Norweger sind zwar konsequenter was die Bestrafung angeht, und die Rechtsgrundlage ist eben auch konsequent, nur es wird auch dort nicht alles angelandet. Auch in Norwegen gibt es Discards, denn auch dort kann die Fischereikontrolle nicht überall zur gleichen Zeit hinsehen. Man kann also mit diesen Maßnahmen Verbesserungen erreichen, es ist aber nicht das Allheilmittel. Hinzu kommen muss eine Kapazitätsverringerung. Das vorhin genannte Beispiel mit den Brötchen ist leider korrekt. Wenn wir nur 10 Brötchen haben, ist es einfacher, vernünftige Maßnahmen durchzusetzen, wenn wir auch nur 10 Gäste haben. Bei 100 Gästen bekomme ich eine Regelung nicht durchgesetzt. Die Flottenreduktion wird im Moment international als das letzte mögliche Mittel gehandelt. Sie ist auch in anderen Ländern nicht beliebt, aber es ist in der Tat das letzte Mittel, um zusätzlich zu TAC?s und Quoten die Fischerei auch Flächen deckend anzupassen und nicht umgekehrt zu hoffen, dass sich die Fische an die Fischerei anpassen, denn das werden wir nicht hinkriegen.
Zur Forschung der Bundesforschungsanstalt und der Frage, was tun wir noch für die Küstenfischerei. Es ist richtig festgestellt worden, dass wir für die Binnenfischerei fast nichts mehr tun. Das ist Ländersache, und es ist uns von unseren Haushältern ganz nachdrücklich nahe gelegt worden, dieses Feld den Ländern zu überlassen. Im Küstenbereich ist es ganz ähnlich, denn bis zu 12 Seemeilen ist es Ländersache, womit z. B. die ganze Muschelfischerei in die Länderzuständigkeit fällt. Dies findet z. B. in Schleswig-Holstein in der Weise statt, dass aus den Einnahmen für die Vergabe von Lizenzen die Forschung finanziert wird. Ein gutes Beispiel auch für andere Länder.
Die Bundesforschungsanstalt hat ganz verschiedene Aufgaben. Ich erinnere nur daran, dass wir Anfang der 90er Jahre ein ganz neues Institut für die Fischereiumwelt bekommen haben. Dieses Institut hat mit Fischerei gar nichts zu tun. Dann haben wir das Lebensmittelinstitut, das mit der Fischereibestandsfrage ebenfalls überhaupt nichts zu tun hat. Es bleiben damit drei Institute, Fischereitechnik, Ostseefischerei, wobei beide ausschließlich für die Küstenfischerei arbeiten, und das Institut für Seefischerei, also mein Institut. Hier ist es in der Tat so, dass wir ganz stark reduzieren mussten. Die ganzen Aufgaben für die sehr wichtigen Fischereizweige mussten wir reduzieren, wobei wir in der Tat auch Antarktis-Forschung betreiben, was ich nicht für ganz abwegig halte, denn z. B. in Bremerhaven hat gerade eine florierende Krill-Verarbeitung begonnen. Das ist ein Thema der weltweiten langfristigen Nahrungsmittelsicherung. Zu unseren Aufgaben gehört neuerdings aber auch der Walschutz, alle Umweltmeeres-Schutzabkommen, die die Fischerei für sich entdeckt haben. Das alles bearbeiten wir im Sinne der Fischerei so neutral und objektiv wie möglich. Gleichwohl ist richtig, dass Forschungskapazitäten abgebaut und gleichzeitig entsprechende Kapazitäten in der Verwaltung aufgebaut werden. An dieser Entwicklung kann man in der Tat berechtigte Kritik üben, die ich hier auch durchaus zum Ausdruck bringen möchte.
Der Vorsitzende: Wir kommen jetzt noch einmal zur Binnenfischerei. Da gab es die Fragen zu Medikamenten und zur Zusammenarbeit und Ergänzung der Binnen- und Angelfischerei.
Herr Proske: Insgesamt brauchen wir in der Binnenfischerei sehr wenig Medikamente. Wir haben aber Schwierigkeiten beim praktischen Einsatz. Es sind speziell für die Binnenfischerei keine Medikamente mehr verfügbar, weil es sich schlicht und einfach für die Arzneimittelfirmen nicht lohnt, Medikamente für diesen Einsatzzweck zuzulassen. Ein zweites Problem sind fehlende Rückstandswerte, denn einige Mittel, die eigentlich keine Medikamente sind, die man aber in der Fischerei gut eingesetzt hat, dazu gehört z. B. das Kochsalz, der Brandkalk und das Kaliumpermanganat, sind Mittel, die jede Hausfrau zu Hause in der Küche zur Hygiene einsetzt, die aber im Rahmen der Binnenfischerei zur Behandlung von Fischen eben nicht eingesetzt werden dürfen. Sie dürfen eingesetzt werden zur Hygienisierung des Wassers, zur Behälterreinigung, aber in dem Moment, wo ich sie am Fisch einsetze, gelten sie als Arzneimittel und sind als solche nicht zugelassen, oder wir brauchen, wie etwa beim Kochsalz, 10 Jahre, um eine Standardzulassung durchzubringen, um diese dann aus der Apotheke zu beziehen. Dabei handelt es sich wohlbemerkt um ganz normales Küchenkochsalz. Das sind Dinge, die die Fischer einfach nicht mitmachen. Hier ist eine Verbesserung möglich, wenn man einfach mit dem gesunden Menschenver- stand herangehen würde und nicht zu sehr mit bürokratischen Vorstellungen, was denn im Einzelfall ein Medikament ist. Eine Erweiterung der Standardzulassung sehe ich jedenfalls im Moment nicht als sehr aussichtsreich an, denn die Arzneimittelindustrie hat uns bereits signalisiert, dass ein Interesse an diesem Weg nicht besteht.
Dr. Wolfgang Stiehler, Verband der Deutschen Binnenfischerei: Ich möchte das eben Gesagte noch mit ein paar Bemerkungen ergänzen. Es gebe grundsätzlich die Möglichkeit, Mittel, die in anderen EU-Ländern zugelassen sind, nach Deutschland zu importieren, und hier eine Zulassung anzupassen. Das scheitert allerdings zur Zeit an bürokratischen Hemmnissen, die man sich wirklich nicht vorstellen kann. Ich habe dazu Versuche unternommen und das Ergebnis ist einfach nur niederschmetternd. Wir sind also mittlerweile in einer Situation, wo wir, wenn wir es nicht illegal tun, gar nichts mehr tun können. Damit sind aber dem Tierhalter, etwa bei Parasitenbefall, der auch eine tierschutzrechtliche Komponente hat, die Hände gebunden.
Prof. Dr. Reiner Knösche: Zur Frage der Medikamentenzulassung kann ich nur aus der eigenen Praxis berichten, dass wir Anfang der 90er Jahre ein Projekt zu bearbeiten hatten, wo die Wirkung von synthetischen Huminsäuren als Therapeutikum und auch als Prophylaktikum für Fische zu testen war. Die Ergebnisse waren hervorragend, aber als es an die Zulassung ging, hat der Hersteller mit Blick auf die Kosten des Zulassungsverfahrens dankend abgewunken. Damals waren so etwa 150.000 DM in der Diskussion, die im Hinblick auf den zu erwartenden Umsatz wirtschaftlich nicht vertretbar waren.
Zur Zusammenarbeit der Angler und Berufsfischer ist jedem aus dem Metier bekannt, dass noch vor wenigen Jahrzehnten eine heftige, vermeintliche Konkurrenz um die Fische im Gewässer zwischen Berufsfischern und Anglern geherrscht hat. Mittlerweile ist die Erkenntnis herangereift, dass es eigentlich gar keine Konkurrenz ist. Die Fischbestände in unseren Binnengewässern sind derart gering genutzt, dass es für alle ohne weiteres reicht. Es gibt aber eine neue Konkurrenz, und das ist die um die Mitglieder. Ein Angler, der beim Berufsfischer seine Angelkarte kauft, wird natürlich weniger geneigt sein, einem Verband beizutreten. Hier sind aus meiner Sicht auch die Verbände gefordert, ihre Attraktivität für solche Leute zu erhöhen. Wir haben Daten, die zeigen, dass die Angler, die in größeren Berufsfischereigewässern angeln, signifikant mehr fangen, als Angler, die in Vereins- und Verbandsgewässern angeln.
Zum Problem des Mindestmaßes bei Aalen würde ich es auch begrüßen, wenn ein Mindestmaß für den Aal eingeführt würde. Dies würde allerdings in einem ersten Schritt nur ein Viertel des jetzigen Glasaalfanges betreffen, der nicht mehr der gegenwärtigen Verwendung zugeführt werden könnte. Das Hauptproblem des Exports nach China hätten wir nach wie vor. Ich sehe auch beim besten Willen keinen Weg, wie wir dieses Problem lösen können. Möglicherweise böte eine EU-weite Regelung zu einer Abgabe auf gefangenen Glasaal eine Lösungsmöglichkeit, mit der europaweit Besatz subventioniert werden könnte. Es ist allerdings nicht ganz klar, welche Wirkung das insgesamt haben würde. Ob es auch durchgesetzt werden könnte, ist dagegen noch eine ganz andere Frage, denn böse Zungen sprechen in diesem Bereich bereits von mafiosen Strukturen in der Glasaalwirtschaft.
Der Vorsitzende: Wir kommen damit zur nächsten Fragerunde.
Abg. Holger Ortel: Bei allem, was wir bisher gehört haben, den Flottenanteil, die EU-Quote, den Anteil der Quote, den wir ausgefischt haben, auch bei den weiteren Faktoren die Prof. Hubold hier genannt hat, habe ich trotz aller TAC?s und MAPs den Eindruck, dass Deutschland in den letzten Jahren in der EU wieder Musterschüler war, seine Hausaufgaben gemacht hat und viele andere eben nicht. Hier ist auch Dr. Wendisch aus dem BMVEL anwesend, und da will ich sagen, dass es nicht sein kann, dass Deutschland sich, wie vielleicht in den letzten Jahren, in der EU zurückgelehnt hat, wenn es denn um die anderen EU-Länder ging. Deutschland hat sich hier zu oft nicht durchsetzen können oder vielleicht auch geschwiegen. Ich denke, hier muss vom deutschen Ministerium im Fischereirat in Zukunft mit mehr Nachdruck darauf geachtet werden, was in den anderen EU-Ländern passiert, was Flottenanteile, was Quoten betrifft.
Ich habe eine etwas spezielle Frage an die Küstenfischer. Wir werden in den nächsten Jahren nochmal eine Elbvertiefung und eine Weservertiefung bekommen. Was bedeutet das für die Aussichten der Küstenfischerei, insbesondere der Krabbenfischerei?
Abg. Heinrich-Wilhelm Ronsöhr: Herr Prof. Hubold, Sie haben hier über Forschung gesprochen und auch in Ihren schriftlichen Antworten etwas dazu gesagt, nämlich, dass wissenschaftliche Erkenntnisse für die Fischereipolitik nicht in hinreichendem Maße vorliegen. Wann schätzen Sie denn, wenn es mit der Forschung so weitergeht, dass man national und international davon ausgehen könnte, dass genügend Erkenntnisse vorliegen, oder meinen Sie, dass mit den vorhandenen Forschungskapazitäten in der Bundesrepublik Deutschland dieses überhaupt nicht zu bewältigen ist? Vielleicht sagen Sie auch etwas zu Ihren Vorstellungen, wie man die Forschungskapazität verbessern kann.
Herrn Prof. Knösche möchte ich befragen zu dem, was wir zur Medikamentenzulassung vom Verband der Deutschen Binnenfischerei gehört haben. Dies ist ein wichtiges Thema, und wir sehen, dass die Industrie, weil sie zu hohe Hürden im Zulassungsverfahren für Stoffe, die wir im Ernährungsbereich benötigen, zu überschreiten hat, sehr zurückhaltend ist. Nun ist mir bekannt, dass zumindest bei der Zulassung von Tierarzneimitteln eine Londoner Behörde eingeschaltet ist, die offensichtlich sogar für die einzelnen Nationen in der Europäischen Union Vorgaben machen kann, die national nicht immer in Frage gestellt werden. Sehen Sie dort eine Möglichkeit, durch eine Europäisierung des Zulassungsverfahrens eine Lösung zu erreichen? Sie haben auch darauf hingewiesen, dass es möglich sein muss, wenigstens die Medikamente, die in anderen europäischen Ländern zugelassen sind, auch in Deutschland einsetzen zu können. Es ist schließlich schon eigenartig, dass Fische aus anderen europäischen Ländern importiert und hier verzehrt werden dürfen, die deutschen Fischer aber, die zur Herstellung dieser Fische eingesetzten Stoffe in Deutschland nicht verwenden dürfen. Es geht mir also darum, von Ihnen zu hören, welche Möglichkeiten Sie sehen, hier zu Verbesserungen zu kommen.
Der Vorsitzende: Herr Hartmann, die EU hat mit vielen Ländern dieser Erde Fischereiabkommen. Nutzen wir diese genügend aus? Ich habe manchmal das Gefühl, die deutsche Fischerei fühlt sich nur dann wohl, wenn richtig Sturm ist, aber vor der westafrikanischen Küste finde ich alle Fisch fangenden Nationen, jedoch nur selten ein deutsches Schiff. Ist das richtig, und wenn ja, warum?
Herr Ohlzen, eine Frage zur Ausbildung. Die Nachwuchsausbildung spielt für die Fischerei inzwischen eine riesige Rolle, denn es ist zu befürchten, dass wir die Kapazitätsprobleme vielleicht dadurch lösen, dass wir am Ende keine Kapitäne und keine Seeleute auf den Schiffen haben. Deswegen möchte ich Sie bitten, etwas zur Ausbildungssituation zu sagen.
Zur Anmeldung und Einbringung von Discards in die Nahrungsmittelkette hätte ich nochmals eine Frage an den WWF und Prof. Dr. Hubold. Sagen Sie mir bitte etwas darüber, welche Möglichkeiten wir haben, durch technische Maßnahmen zu einer verbesserten Fischerei zu kommen. Ein Problem in diesem Zusammenhang aus meinem Wahlkreis ist z. B. die Stellnetzfischerei in Verbindung mit Schweinswalen. Hier bekommen unsere Fischer Prügel, obwohl sie Stellnetzfischerei gar nicht betreiben. Andererseits haben Sie Warngeräte vorgestellt, die mit einem Stückpreis von 50 Euro den Beifang von Schweinswalen zu verhindern in der Lage sind. Für mich ist es immer unbegreifbar gewesen, warum wir immer über Altersgrenzen und Maße der Fische sprechen, obwohl wir mit technischen Maßnahmen in der Lage wären, nur reife Fische zu fangen.
Eine Frage an den WWF auch zu Ihrer schriftlichen Stellungnahme, wonach nicht nur die Flottenkapazität, sondern auch die Nachfrage nach Fisch eine Rolle für die Bestände spielt, bei der Deutschland allerdings mit ca. 15 kg pro Kopf und Jahr nicht gerade zu den führenden Nachfragern gehört. Dabei hat mich besonders gewundert, dass Sie überhaupt nichts davon halten, Aquakulturen auszubauen und in diesem Zusammenhang schreiben, durch Aquakulturen sei nicht ein Kilogramm Fisch weniger gefangen worden. Wie aber, wenn nicht z. B. durch Aquakultur, wollen Sie eine Entlastung der Fischentnahme erreichen?
Eine Frage an die Binnenfischerei zu den veränderten Verzehrgewohnheiten, die z. B. dazu führen, dass die Forelle nicht ausgewachsen ist, wenn wir sie in Portionsgröße kaufen. Beim Karpfen etwa ist dies nicht möglich. Es gibt durchaus die Behauptung, wir hätten heute einen Analphabetismus in der Küche, der etwa bei der Diskussion um den Tierschutz beim Verkauf von Lebendkarpfen deutlich wird. Vielleicht können Sie darauf eingehen, inwieweit diese Diskussion Auswirkungen auf die Vermarktung hat.
Klaus Hartmann: Zur Frage der Drittlandsfischereiabkommen und der Ausschöpfung von Fischereirechten wie etwa vor Westafrika ist zu sagen, dass wir nicht genügend Schiffe haben, um die Möglichkeiten die es gibt, wahrzunehmen. Es wären sicherlich bessere Verhandlungsergebnisse denkbar, wenn die Flottenkapazität da wäre. Wenn z. B. der Kabeljau vor Grönland, der zur Zeit infolge von Temperatur und Strömungsänderungen dort nicht zu fischen ist, wieder zurückkehrte, hätten wir überhaupt nicht die Schiffe, um unsere Quote dort zu befischen. Genauso verhält es sich etwa mit Schrimps, wo wir vor Spitzbergen Möglichkeiten hätten, die wir nicht befischen können. Wir haben allerdings in der Hochseefischerei in den letzten Jahren auch den Grundsatz verfolgt, keine Schiffe mit ausländischer Besatzung einzuchartern, um kurzfristig solche Möglichkeiten wahrzunehmen. Wir wollen vielmehr deutsche Schiffe unter deutscher Flagge mit deutschen Eigentümern fahren und damit arbeiten.
Lothar Fischer: Herr Hartmann ist vielleicht etwas zu bescheiden, auch auf seinen eigenen Betrieb einzugehen. Herr Hartmann hat in seinem Betrieb ein Schiff. Damit ist es einfach nicht möglich, im Nordatlantik vor Grönland zu fischen und auch noch die afrikanischen Quoten wahrzunehmen. Wir brauchen da mehr Kapazität, denn mit einem Schiff ist eine Reederei sehr schwierig zu betreiben. Wir haben vier Reedereien und 12 Schiffe in der Hochseeflotte.
Jürgen Ohlzen: Zum Thema Aus- und Weiterbildung kann ich sagen, dass es früher mal den Fischwerker gab, der heißt inzwischen Fachkraft für Lebensmitteltechnik, was dem Umstand geschuldet ist, dass auch in der Industrie die Technisierung fortgeschritten ist. Dies ist eine umfangreiche Ausbildung, die uns die Chance eröffnet, mit diesen Leuten nicht nur im Fisch zu arbeiten, sondern auch in andere Lebensmittelbereiche zu gehen. So sind etwa auch bei Kellogg?s, Jacobs oder Becks Fachkräfte für Lebensmitteltechnologie eingesetzt. Wichtig ist aber auch der Bereich der Fort- und Weiterbildung, denn die Vielfalt von Hygienerichtlinien und anderen Vorschriften müssen auch umgesetzt werden. Wenn ich bei der Firma Nordsee einen Fisch kaufen will, dann sollen die Verkäufer auch in der Lage sein mir zu sagen, woher der Fisch kommt. Da kann die Antwort nicht vom Großhändler Deutsche See sein, sondern ich erwarte konkrete Angaben über die Herkunft. Hierfür ist verstärkte Aus- und Fortbildung notwendig. Dies wird aus meiner Sicht zur Zeit noch vernachlässigt, und hier muss mehr getan werden. Fisch wird in seiner Gesamtheit auch viel zu wenig umworben. Fisch ist eben nicht nur das Fischstäbchen, sondern dass da sehr viel mehr dranhängt, wird zu wenig transparent. Wir haben hier ein sehr gesundes Nahrungsmittel, der Pro-Kopf-Verbrauch ist auch etwas gestiegen, aber hier könnte mehr getan werden. Das ist auch eine Aufgabe der Verbände, gemeinsam das gesunde Lebensmittel nach vorne zu bringen.
Herr Breckling: Ich würde gerne etwas zu den Auswirkungen der Vertiefungen der Elbe und Weser auf die Krabbenfischerei sagen. Bei der Fahrwasservertiefung wird die Hauptrinne tiefer, die Strömung nimmt zu, die Flachwasserbereiche verschlicken, was dazu führt, dass die Ertragskraft des Systems verlorengeht. Die Produktivkraft des Systems Flussmündung und SOA wird dadurch geringer, dadurch werden auch die Erträge geringer. Die Fanggebiete im Fahrwasser sind weniger gut befischbar; weil die Strömung wesentlich schneller läuft, werden die Kutter die mit der Strömung fischen auch stärker beansprucht und in der Fahrrinne selbst wird absolut weniger gefangen.
Das zweite Problem ist das fortgesetzte Baggern und Verklappen, das mit der Vertiefung verbunden ist. Die Klappstellen werden so ausgewählt, dass das Baggergut dort nicht liegen bleibt, sondern sich im System verteilt. Dieses ständig bewegte Sediment belastet die Fanggebiete, beeinträchtigt die Qualität des Fanges, was ein aufwendiges Sortieren erfordert. Zum Teil sind die Krabben verunreinigt, so dass allein durch diese Vertiefungsmaßnahmen Fanggebiete verloren gehen. Die Betriebe müssen zum Teil weiter seewärts ausweichen, wenn sie es denn können, oder sie geben auf. Wir haben Bereiche in der Jade und Ems, wo die fortgesetzte Vertiefung die Krabbenfischerei schon weitgehend hat zurückgehen lassen und diese heute längst nicht mehr die Bedeutung hat, die ihr früher zukam. Das ist belegt und wird mit weiteren Vertiefungen der Elbe und Weser so weitergehen.
Dr. Christian von Dorrien: Es gab eine Frage zu technischen Maßnahmen. Es gibt in der Tat verschiedenste Maßnahmen, um ungewollte Beifänge zu verringern, etwa durch höhere Maschenweiten, durch Sortiergitter und, was Sie besonders ansprachen, ist der Beifang der Schweinswale in der Stellnetzfischerei. Hier kommt es zu Beifängen die weit über das hinausgehen, was für den Erhalt dieser Schweinswalpopulation erträglich ist. Das liegt zum Teil bis zum Drei- bis Vierfachen höher. Diese Fänge erfolgen im Wesentlichen durch die dänische Fischerei, was auch unseren Publikationen zu entnehmen ist. Beteiligt ist ferner die britische und vermutlich auch die norwegische Fischerei. Im Ostseebereich gibt es auch durch die deutsche Fischerei, und zwar durch die nebenerwerbliche, entsprechende Beifänge. Dort sind die Bestandszahlen ohnehin so niedrig, dass eigentlich jeder gefangene Schweinswal einer zu viel ist. Das Hauptproblem ist, dass diese feinen kilometerlangen Netze für die Schweinswale nicht wahrnehmbar sind. Die Schweinswale orientieren sich über akustische Schallortung und die Netze werfen kein Echo zurück. Hier bieten die sog. Pinger eine Abhilfemöglichkeit. Diese können in bestimmten Abständen am Netz angebracht werden und senden akustische Signale aus, die von den Schweinswalen wahrgenommen werden können. Allerdings ist auch hier bei kilometerlangen Netzanlagen etwa in der Plattfischfischerei zu bedenken, dass weite Lebensräume akustisch praktisch vermüllt werden. Damit besteht die Gefahr, die Schweinswale aus großen Bereichen ihres natürlichen Habitats zu vertreiben.
Der Vorsitzende: Können Sie bitte auch etwas zur Lärmvermüllung durch Windkraftanlagen sagen.
Dr. Christian von Dorrien: Da sind wir sehr gespannt auf die Ergebnisse der Forschung, die dringend notwendig sind, um auch hier dafür zu sorgen, dass durch diese Windkraftanlagen nicht eine solche Verschallung stattfindet, dass große Lebensräume für z. B. Meeressäuger verloren gehen.
Der Vorsitzende: Wie stellt sich denn der WWF im Moment ganz konkret zu den Entscheidungen von BM Trittin, sehr schnell Referenzgebiete für Windkraftanlagen zu genehmigen?
Dr. Christian von Dorrien: Wir sind der Meinung, dass dringend Forschung notwendig ist, bevor es zu einer großflächigen Genehmigung von Windparks kommt. Diese sollte an Hand von ein oder zwei Pilotanlagen erfolgen, um die Folgen besser abschätzen zu können, und begleitet von weiterer Grundlagenforschung, die aus unserer Sicht dringend notwendig sind. Es muss insgesamt darauf geachtet werden, dass die Folgen für den Naturschutz nicht übermäßig sind.
Abg. Heinrich-Wilhelm Ronsöhr: Teilen Sie auch die Ansicht, dass die Fischerei hierdurch sehr stark beeinträchtigt werden könnte?
Dr. Christian von Dorrien: Wenn die Parks so angelegt werden, wie sie zur Zeit geplant sind, d. h. im Abstand von 300 Metern und wenn sich die Auffassung durchsetzt, dass in diesen Gebieten aus Sicherheitsgründen Schifffahrt nicht erlaubt ist, dann wird das für bestimmte Formen der Fischerei, insbesondere der Trawlfischerei, eine Einschränkung bedeuten.
Martin Brick: Lassen Sie mich kurz ein Wort zum Walschutz sagen. Tatsache ist doch, dass wir in Deutschland einen Walschutz gegen Fischer haben, die gar keine Wale fangen. Diejenigen, die in diesen Schutzgebieten fangen, bekommen wir damit aus diesen Zonen nicht heraus. Hier helfen also keine nationalen Vorschriften, sondern wir brauchen ein internationales Management, ähnlich wie beim Kormoran.
Nun zu den Windkraftanlagen. Ich habe es mit Wohlwollen gehört, wenn der WWF die Forschungsergebnisse zum akustischen Müll erwartet. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass das EEG eine Frist setzt, bis wann man in diesem Bereich etwas macht und bis wann man entsprechende Förderungen pro Kilowatt erhält. Ich habe das Gefühl, es werden Installationen erfolgen, ohne dass wir Ergebnisse haben, weil ein Abwarten der Investoren den Verlust von Förderung bedeuten würde. Wenn ich das richtig sehe, muss diese Entscheidung bis zum Jahre 2006 gefallen sein. Mir ist deswegen nicht ganz klar, wer bis dahin worüber forscht. Meines Erachtens sind die Betreiber im Rahmen der Genehmigungsverfahren veranlasst worden, selbst darüber zu forschen. Ich kann mir ungefähr vorstellen, was dabei rauskommt. Ich kenne darüber hinaus keine neutrale Einrichtung, die über die Auswirkungen von Windkraftanlagen umfassend forscht. Ich fürchte daher, dass die Anlagen errichtet sein werden, ohne dass entsprechende Forschungsergebnisse vorliegen, es sei denn, die Begrenzung der Förderung bis 2006 erfährt noch eine Änderung.
Dr. Christian von Dorrien: Ich will Herrn Brick nochmal ausdrücklich zustimmen, wenn er feststellt, dass es zum Walschutz eines internationalen Managements bedarf. Das gilt hier ebenso wie für die Fischerei, weil das Meer eben von vielen genutzt wird. Hierfür gibt es auch EU-Instrumente, wie etwa den EU-Rat 2000, die erreichen wollen, dass Gebiete mit einer Konzentration von Muttertieren und Kälbern, wie etwa vor Sylt, geschützt werden. Wir würden uns auch wünschen, dass dieser Bereich weiter nach Dänemark ausgedehnt wird.
Zur Frage der Kompensation bei steigendem Verbrauch von Aquakulturen lassen Sie mich Folgendes sagen: Die Bevölkerung wächst, und der Fischkonsum steigt ständig. Es ist aber nicht mehr Fisch in den Meeren, im Gegenteil, er ist zur Zeit eher abnehmend. Mit unserer Kritik an der Aquakultur meinen wir, dass die Meeresfischerei deswegen nicht zurückgegangen ist, und wenn Aquakultur zur Lösung der Welternährungsprobleme dienen soll, dann geht das nach unserer Auffassung allenfalls mit Pflanzen fressenden Arten, wie z. B. Karpfen. Es geht aber nicht mit Fleisch fressenden Arten wie Lachs, tropischen Garnelen oder Forellen, die ihrerseits 4 bis 5 kg Fisch in Form von Fischmehl brauchen, um in Aquakulturen gezüchtet zu werden.
Wilhlem Jacobs: Ich wäre dankbar, wenn man bei aller Kritik an der Fischerei auch sagt, wen man meint. Denn wir betreiben keine Steinbuttfischerei. Wir haben keine Treibnetzfischerei, wir haben keine Stellnetzfischerei, aber es heißt, die Fischer machen alles kaputt, und Gäste aus dem Binnenland zeigen inzwischen mit dem Finger auf die Fischer, und das können und wollen wir nicht mehr hinnehmen. Wenn Sie also meinen, dass das andere Nationen sind, dann sagen Sie es gefälligst. Aber bitte nicht die Fischer in ihrer Gesamtheit. Jedenfalls machen das meine Fischer an der Küste nicht. Dann sagen Sie, wer es macht.
Dr. Wolfgang Stiehler, Verband der Deutschen Binnenfischerei: Sie haben an mich eine Frage zu den Verzehrsgewohnheiten und dem Absatz von Karpfen gestellt. Da muss man zunächst sagen, dass es in Deutschland regional sehr unterschiedlich ist. In Franken spielt z. B. der Karpfenabsatz in der Gastronomie eine große Rolle, aber dies ist regional sehr begrenzt, auch wenn es uns freuen würde, wenn es überall so wäre. Dies ist jedoch nicht so. Die große Menge der 15.000 Tonnen jährlicher Karpfenproduktion in Deutschland wird nach wie vor in privaten Haushalten gegessen. Hier haben wir eigentlich das Problem, dass in den letzten Jahren viele Fischgeschäfte als Absatzmöglichkeit verschwunden sind. Zudem ändern sich im Zuge des Generationenwechsels die Verzehrgewohnheiten. Als Stichwort mag hier der Hinweis auf McDonalds genügen. Dass es noch zu keinem erheblichen Rückgang gekommen ist, ist den aus Osteuropa eingebürgerten Mitbürgern zu verdanken. Für diesen Personenkreis hat sich fast ein eigenes Marktsegment entwickelt, in dem Karpfen das ganze Jahr gut geht. Wir haben z. B. im Sommer des vorigen Jahres eine Verfünffachung des Absatzes gehabt, und zwar nur über diesen Markt, in dem es andere Verbrauchsgewohnheiten gibt. Wir bemühen uns darüber hinaus sehr stark, mit Karpfenfilet auf den Markt zu kommen. Das ist einerseits sehr verbraucherfreundlich, ist aber auch eine Gratwanderung, denn wir brauchen für den Rest des Karpfens, das sind etwa 35 %, eine Verwertung. Auf der anderen Seite reicht das, was als Filet produziert wird nicht aus, um den Markt zu befriedigen.
Ein weiteres Problem stellt die Werbung für diese Produkte dar, die zu finanzieren die Binnenfischerei allein nicht in der Lage ist.
Das Grundproblem der Binnenfischerei bleibt aber die unzureichende Vertretung in der EU, die der Länderzuständigkeit in Deutschland geschuldet ist. Der Verband bemüht sich hier, und es gibt hoffnungsvolle Ansätze, aber Länder mit zentraler Verwaltung für die Binnenfischerei haben eindeutige Vorteile zu verzeichnen. Hier Verbesserungen zu erreichen, wird in der Zukunft eine zentrale Rolle spielen.
Wilhelm Jacobs: Zur Ausbildungssituation ist Folgendes zu sagen: Wir in der Küstenfischerei bilden überregional aus. Man kann sagen, hieran ist die gesamte deutsche Küste beteiligt. Wir haben Blockunterricht in Schleswig-Holstein, und ich habe mich auch immer dafür eingesetzt, dass sich die Fischer, egal ob von der Ostsee, Nordsee, aus Schleswig-Holstein oder Niedersachsen, in der Ausbildung kennen lernen. Nur leider ist es so, dass der Fischer für zweieinhalb Monate Blockunterricht 1.500 Euro für seinen Mitarbeiter zuschießen muss. In der Berufsschifffahrt ist es dagegen so, dass ein Ausbildungsplatz von der Bundesregierung mit 25.000 Euro gefördert wird, weil es zu wenig deutsche Seeleute gibt. Aber auch wir bilden nicht nur für uns aus, sondern für die gesamte Küstenschifffahrt. Das ist einmal für die weiße Flotte, aber dann auch für Fahrzeuge der Länder und des Bundes. Uns lässt man jedoch ohne Förderung mit dem Hinweis, dies sei Aufgabe der Länder. Geht es dagegen um die Groß- oder Handelsschifffahrt, ist es auf einmal auch Sache des Bundes. Wir sehen hierin ein grobes Missverhältnis. Unsere Ausbildung wird lediglich zu 50 % von zwei Landkreisen gefördert. Wir werben bei uns für die Zukunft der Fischerei und würden uns wünschen, dass wir hierbei auch in der Ausbildung unterstützt werden. Wir wollen ausbilden, aber nicht nach einem Zwei-, Drei- oder Vier-Klassensystem.
Der Vorsitzende: Vielen Dank, das war ein guter Hinweis. Herr Keller, vielleicht können Sie noch etwas zur Ausbildung in der Binnenfischerei sagen, denn die einzige Universität, an der ein Zug für Fischerei eingerichtet ist, ist die Humboldt-Universität. Ich erwähne dies, weil dieser Ausschuss, in dem wir heute sitzen, vor einigen Jahren sehr intensiv um den Bestand der Humboldt-Universität und um den Erhalt dieser Fakultät gerungen hat. Dass dies gelungen ist, ist, glaube ich, zu einem großen Teil unser Verdienst gewesen.
Dr. Matthias Keller: Herr Vorsitzender, ich habe noch eine Antwort auf eine Frage, die noch nicht gestellt worden ist. Diese betrifft das Öko-Kennzeichen. Wir haben in der Zwischenzeit das Problem, dass wir überwiegend Fische handeln, bearbeiten und verkaufen, die vom lieben Gott geschaffen wurden und die bis zum Fang niemals einen Menschen gesehen haben. Die also auf hochdeutsch anthropogen nicht beeinflusst wurden. Diese Fische, obwohl es mehr Bio nicht gibt, dürfen nicht als biologische oder ökologische Produkte gekennzeichnet werden. Die Fische aber, die von Anfang an unter Kuratel des Menschen gehalten wurden, sollen als biogemäß produziert gekennzeichnet werden dürfen. Wir wollen den Verbrauchern natürlich gerne sagen, wie ökologisch Fisch ist. Aber wenn eine solche künstliche Differenzierung geschaffen wird, dann stiften wir mehr Verwirrung, als wir Sicherheit geben. Deshalb meine Bitte an den Ausschuss, sofern Sie sich in naher Zukunft mit diesem Thema einmal auseinandersetzen möchten, dann müssen Sie wissen, dass die Branche gegen ein gespaltenes Siegel ist und erwartet, dass es auch ein Zeichen für die wahren Biofische gibt.
Der Vorsitzende: Herr Knösche hat hierzu in seiner schriftlichen Stellungnahme auch einiges gesagt. Jetzt aber zunächst nochmal zur Ausbildungssituation.
Dr. Wolfgang Stiehler: Es gibt in Deutschland in der Binnenfischerei eine sehr gute Ausbildung für Binnenfischer. Wir haben auch keine Nachwuchsprobleme. Die Ausbildung läuft einmal zentral in Starnberg und in Königswarter, und in beiden Einrichtungen werden auch Fischwirtschaftsmeister in ausreichendem Maße ausgebildet. Was uns fehlt ist die Zwischenstufe vom Fischwirtschaftsmeister zum Hochschulabschluss, also zum Fachingenieur. Dort gibt es zur Zeit leider nichts Äquivalentes. Besonders erfreulich ist natürlich, das erwähnte der Vorsitzende, dass die Humboldt-Universität in Berlin weiterhin Absolventen in der Fachrichtung Fisch im Allgemeinen ausbildet.
Prof. Dr. Gerd Hubold: Zunächst nochmals zur Anlandung von Discards und technischen Maßnahmen zur Vermeidung unerwünschter Beifänge. Die grundlegende Philosophie, die wir zur Zeit verfolgen, schreibt dem Fischer vor, was er fangen soll, die Menge, die er fangen darf, wie er es fangen soll, also die Netze und die technischen Maßnahmen, die TAC?s und Quoten. Dies alles schreiben wir vor, und die Fischer versuchen zum Teil, zu Recht oder zu Unrecht, dieses auch zu umgehen. Das ist letztlich menschlich, denn je höher der Zwang ist, desto größer ist auch der Druck, diesen Zwang zu umgehen. Deshalb sollten wir bei den Discards und den technischen Maßnahmen wirklich versuchen, einmal eine andere Position zu beziehen. Wenn wir vorschreiben Discards anzulanden, müssen wir den Fischern diese Discards auch vergüten und sie auch verwenden. Zumindest auf kleinen Schiffen gefährdet ansonsten das An-Bord-Behalten der Discards das wirtschaftliche Überleben. Die Vergütung muss allerdings so bemessen sein, dass die Fischer überleben, die Discards aber weiterhin wirtschaftlich nicht attraktiv sind.
Der andere Punkt betrifft die Maßnahmen auf See. Wir schreiben z. B. 80 mm Netzgröße für Seezunge oder 120 mm für irgendeinen anderen Fisch vor. Der Fischer sieht das im Grunde nicht ein und es ist auch nicht einzusehen. Es wäre wahrscheinlich günstiger, eine gezielte, eine gewollte Fangzusammensetzung anzustreben. Diese kann man wissenschaftlich entwickeln für bestimmte Fischereien und z. B. sagen, ein gezielter Kabeljaufang sollte z. B. nicht mehr als 10 % untermaßige Fische haben. Dann sollte der Fischer versuchen, das hinzukriegen, und zwar aus eigenem Antrieb und eigener Kenntnis und sich z. B. Rat bei der Wissenschaft suchen. Auf dieser Basis würden wir zusammenarbeiten. Im Moment arbeiten wir de facto gegeneinander, denn wir schreiben etwas Ungewolltes vor. Ich denke, wir sollten versuchen, das Ergebnis vorzuschreiben und das in Verbindung mit einem Discard-Anlandegebot umzusetzen. Hierbei plädiere ich auch für den Einsatz öffentlicher Mittel zumindest bei kleinen Fischern, die Discards-Anlandungen, anders als große Schiffe, schwieriger verkraften können.
Lothar Fischer: Eine kurze Ergänzung bzw. Richtigstellung aus unserer Sicht. Wir arbeiten nicht gegeneinander. Wir vermissen es nur manchmal, dass die Forscher für die Fischer arbeiten.
Prof. Dr. Gerd Hubold: Herr Fischer, das sehe ich eigentlich auch so. Ich habe hier nur gemeint, dass die Fischer gegen die Maßnahmen arbeiten.
Die andere Frage von Herrn Ronsöhr bezog sich auf die Strukturen in der Wissenschaft und wie viel Forschung wir denn brauchen. Wir haben international im nordatlantischen Bereich eine hervorragende Forschungsstruktur über den Internationalen Rat für Meeresforschung. Die nationalen Institute arbeiten dort alle mit und arbeiten ihm zu. Das funktioniert sehr gut. Wir haben im internationalen Bereich das Problem der Privatisierung der Forschungsinstitute. Das ist in vielen Bereichen eine Katastrophe, denn diese Institute machen nicht mehr das, was die Fischerei braucht, sondern sie machen das, wo das Geld sitzt. Dies zudem noch ganz kurzfristig, so dass ganze Datenerhebungen wegbrechen. Das haben wir national glücklicherweise noch nicht. In unserem Bereich haben wir die Privatisierungsdiskussion bisher nur ansatzweise, und ich kann nur hoffen, dass das für den Ressortbereich der Grundlagenforschung, den wir vorhalten müssen, auch so bleibt. Wir haben allerdings eine 30%ige Reduktion der landwirtschaftlichen Ressortforschung und zwar im Zeitraum von 1995 bis 2000. Dagegen will ich grundsätzlich gar nichts sagen. Auch für uns als Teil der Landwirtschaftsforschung ist ein Abspecken um 30 % denkbar. Die Fischerei ist weniger geworden, so das alte Argument, warum soll die Forschung nicht auch abspecken. Wir haben hierzu mit dem Ministerium ein Rahmenkonzept erarbeitet, was die Zielvorgabe bis 2005 beinhaltet. Wir können mit diesem Rahmenkonzept leben. Was jetzt allerdings passiert ist, dass dieses Rahmenkonzept in Frage gestellt wird und der Stellenabbau in einer Art Sippenhaft so veranstaltet wird, dass die Bereiche, die bereits ihr Soll erfüllt haben, keine neuen Stellen bekommen, solange es irgendwo im Geschäftsbereich andere gibt, die das Soll noch nicht erfüllt haben. Das betrifft auch unsere Forschungsanstalt. Das Resultat ist, dass wir im Rahmen dieser Sippenhaft nichts nachbesetzen können. Mir würde es genügen, wenn man innerhalb des von uns anerkannten Sparkonzeptes inhaltlich vorgehen würde, also danach fragt, was wird gebraucht und welche Kapazitäten müssen nachbesetzt werden. Nur in sehr geringem Umfang würden wir allerdings gern sehen, dass wir für neue Aufgaben, für neue Wissenschaftler oder technische Mitarbeiter, ggf. auch befristet, Mittel bekommen. Dies gilt z. B. für die Entwicklung eines Mehrjahresmanagements und eines Mehrartenmanagements, die internationalen Forderungen entsprechen und die einen Aufwand erfordern, den wir so nicht leisten können.
Weitergehende Forderungen, ein Ausbau z. B., liegen auf dem Tisch. Der Beirat der Bundesforschungsanstalt und der Bundesrat haben im vergangenen Jahr massiv gefordert, die Fischereiforschung im Bereich Binnenfischerei auszubauen, ebenso in der Aquakultur, der Sozioökonomie und der Küsten- und Binnenfischerei. Hier wäre etwas Überzeugungsarbeit sinnvoll, diese Forderungen auch auf den Weg zu bringen.
Prof. Dr. Reiner Knösche: Zur Frage der Medikamentenzulassung ist zu sagen, dass auf dem Gebiet der Fischkrankheitsbekämpfung sicherlich nicht das große Geld liegt. Die Frage hat auch nicht mehr die Bedeutung, die sie vor 10 Jahren noch hatte, denn die Produktion ist längst nicht mehr so intensiv, und es ist eine altbekannte Tatsache, dass Probleme mit Fischkrankheiten steigen, je intensiver die Bewirtschaftung ist. Sehen Sie mir also bitte nach, dass ich hierzu nicht viel sagen kann. Eine EU-weit agierende Behörde für Zulassungen zu installieren, würde allerdings der Sache sicherlich weiterhelfen.
Die Frage, ob die Aquakultur Einbrüche in anderen Bereichen kompensieren kann, ist zu bejahen. Vor allen Dingen in unserem Bereich der Karpfenteichwirtschaft sind in absehbarer Zeit keine sonstigen Beeinträchtigungen zu befürchten, die einer Steigerung der Produktion entgegen stünden. Dies gilt auch für die Forellenproduktion. Es ist bereits schon darauf hingewiesen worden, man kann es allerdings nicht oft genug sagen, der Karpfen braucht für den Aufwuchs kein Fischmehl. Insofern entspricht die Karpfenhaltung in besonderem Maße den ökologischen Anforderungen. Bei den übrigen Fischfuttermitteln stehen wir in einer etwas schwierigen Situation. Tierkörpermehl war zwar ohnehin nicht im Fischfutter, aber Blutmehl. Letzteres ist jetzt verboten. Die Konsequenz hieraus ist, dass die Phosphorlast des Fischfutters und damit die Belastung der Umwelt gestiegen ist. Es gibt einige Entwürfe für ein Öko-Label, das auch die Verwendung von Fischmehl aus gefährdeten Arten untersagt, hier stehen wir, abgesehen von der Frage der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit, vor dem Problem, dass der Phosphorgehalt durch den höheren Knochenanteil noch weiter ansteigt, so dass wir mehr als eine Verdoppelung der Phosphorlast auf unsere Gewässer erreichen.
Noch eine kurze Bemerkung zu Schmerzen und Leiden bei Fischen, welche Kritik an Binnen-, vor allem aber auch an der Angelfischerei auslöst. Wir haben eine Reihe von Untersuchungen zu dieser Problematik durchgeführt, und es hat sich gezeigt, dass man das Schmerz- und Leidensempfinden bei Fischen nicht mit dem von Warmblütern und schon gar nicht von Menschen vergleichen kann. Das liegt vielmehr auf einer ganz anderen Ebene, als man gemeinhin angenommen hat.
Zur Frage der Ausbildung sehe ich zwei Probleme, die ich, soweit die Hochschulausbildung betroffen ist, aus eigenem Erleben schildern kann. Wir haben hier ein kontinuierliches Ansteigen der gewässerökologischen Ausrichtung dieser Studiengänge zu verzeichnen. Das hängt mit der unterschiedlichen Kapazität der beiden beteiligten Institute, das ist das IGB und das Institut für Binnenfischerei, zusammen. Wir verstehen uns als die Vertreter der Fischwirtschaft, wenngleich auch wir natürlich ökologische Fragen ebenfalls bearbeiten, wir können aber mit unserer geringen Kapazität die bestehende Tendenz nicht umdrehen. Das würde unsere Möglichkeiten übersteigen.
Das zweite Problem betrifft die Diplomfischerei-Ingenieure. Für die Besetzung von Führungspositionen finden wir keinen Absolventen, dem irgendjemand die Möglichkeit gegeben hätte, Erfahrung zu sammeln. Bevor sie Erfahrung sammeln können, sind sie entweder im elterllichen Betrieb versauert oder in andere, attraktivere Wirtschaftsbereiche abgewandert. Die Länderbehörden tun ein Übriges dazu, indem sie Fachkraftstellen nach Freiwerden mit Nichtfachkräften besetzen, und damit Einsparungen aus einem entsprechend niedrigeren Vergütungsniveau ziehen.
Ein Wort zum Öko-Fisch an meine Fischerkollegen, denken Sie bitte daran, dass Öko-Fisch nicht nur bedeutet, dass der Fisch ein einwandfreies gesundes Nahrungsmittel ist, sondern dass er auch ökologisch erzeugt worden sein soll. Wenn man also einen Kabeljau anbietet, der in der Stellnetzfischerei unter Beifängen von Schweinswalen gefangen ist, ist es äußerst schwierig, das als Öko-Produkt zu bezeichnen.
Der Vorsitzende: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedanke mich und habe das Gefühl, dass wir ausgesprochen viel an Informationen bekommen haben. Ich habe aber auch das Gefühl, das sich bei Anhörungen häufig einstellt, dass mit diesem Informationszuwachs die Fragen nicht weniger, sondern eher mehr werden. Unsere Zielsetzung, das gilt für den Kollegen Ortel sicherlich genauso wie für mich, war, der Fischerei in Deutschland auch in der Politik mal wieder einen höheren Stellenwert zu geben. Das haben wir heute getan, und Sie haben uns dabei geholfen. Sicherlich ist im Hinblick auf die Stellung der Fischerei in der deutschen Ernährungswirtschaft, und das ist auch angesprochen worden, anzumahnen, dass der Stellenwert der Fischerei auch in der Vertretung in Brüssel besser wird. Ich habe mich z. B. sehr geärgert, als zum Zeitpunkt der Verhandlung der Quoten diejenigen, die von Quoten etwas mehr verstehen, zu den Walgesprächen nach Japan fahren mussten und nicht nach Brüssel gefahren sind. Sicherlich brauchen wir auch im Bereich der staatlichen Forschung einen höheren Stellenwert der Fischerei. Auch dies ist heute deutlich geworden. Es sind also heute viele Informationen gegeben, aber auch viele neue Fragen gestellt worden und deshalb fällt es mir schwer zu sagen, so das war?s jetzt mit der Fischerei für die nächsten Jahre. Deshalb möchte ich gern einen Vorschlag machen, mit dem ich dazu kommen möchte, eine bessere Zusammenarbeit derer zu erreichen, die sich mit Fischerei beschäftigen. Dass dies sinnvoll ist, zeigen Erfahrungen aus der Vergangenheit. Als wir den Deutschen Hochseefischerverband noch nicht beim Deutschen Fischereiverband hatten, hatten wir jedes Jahr Ärger wegen der Verteilung der Seelachsquoten vor Norwegen. Seitdem der Hochseefischereiverband das selbst regelt, haben wir das im Ausschuss noch nicht einmal wieder verhandeln müssen. Ebenso hatten wir früher laufend Streit zwischen Berufs- und Sportfischerei im Bereich der Binnenfischerei. Inzwischen merkt man, wie sehr man sich ergänzt und in der Lage ist, seine Probleme gemeinsam zu vertreten. Wir haben unterschiedliche Auffassungen zu den Maßnahmen, wie sie die Wissenschaft vorschlägt, und Akzeptanz der in der praktischen Fischerei tätigen Beteiligten. Und es liegt mir daran, die Sachverständigen, die wir bei den Umweltverbänden, insbesondere beim WWF haben, mit einzubinden. Dies eröffnet die Möglichkeit, bei dem einen oder anderen die Scheuklappen auch etwas zu öffnen und zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen. Die deutsche Fischerei steht im Moment an kritischen Grenzen, denn wir haben zur Zeit nur noch um die 16 % Selbstversorgung. Deswegen mache ich den Vorschlag, dass wir in dem Sachverständigengremium, in dem wir hier sitzen, häufiger zusammen kommen, wenn Sie damit einverstanden sind. Ich würde jedenfalls dazu einladen. Ich glaube, wir müssen von Seiten der Politik mehr Gespräche, nicht nur alleine mit den Krabbenfischern, den Anglern, nicht nur alleine mit der Hochsee- oder der Binnenfischerei oder den Umweltverbänden führen, sondern wir müssen in der Politik die gemeinsamen Gespräche, wie wir sie heute gehabt haben, öfter führen. Ich schlage deshalb vor, dass wir nach den Wahlen in diesem oder einem ähnlichen Kreis wieder zusammenkommen, um weiterzukommen. Wenn wir das häufiger tun, kommen wir vielleicht auch mal wieder dazu, dass es einen richtigen Fischwirt im Ministerium geben wird. Zunächst aber einmal für heute meinen herzlichen Dank für Ihre Beiträge.
Martin Brick: Herr Vorsitzender, ich denke, der Dank ist ganz auf unserer Seite. Ich denke, als Vertreter des Dachverbandes darf ich das so ausdrücken. Es ist schön, wenn die Politik ein Bekenntnis zur Fischerei abgibt. Dass es uns wichtig ist, ist klar, und wir brauchen diese Rückenstärkung von denen, die mit verantwortlich sind für die Rahmenbedingungen, in denen wir leben und arbeiten müssen und unser Einkommen erwirtschaften. Deshalb nochmals herzlichen Dank, und wir sehen uns in der nächsten Legislaturperiode wieder.
Der Vorsitzende: Ich schließe die Sitzung mit dem Spruch der schon 1924 in Cuxhaven benutzt wurde, um für Fische zu werben: -Die Kräfte sind nicht mehr zu messen, von denen, welche Fische essen.- Kommen Sie gut nach Hause.
Der Vorsitzende schließt die Sitzung um 15.00 Uhr.
Quelle:
http://www.bundestag.de/ausschuesse/archiv14/a10/a10_sitz_88