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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Dr. Ursula Lehr, CDU/CSU Heinrich Lummer, CDU/CSU >>

Wir stehen heute alle vor einer schweren Entscheidung, einer Entscheidung, die sich gewiß keiner leichtmacht, einer Entscheidung, die jeder von uns frei und in Verantwortung gegenüber seinem Gewissen und der Gesellschaft (und nicht nur in Verantwortung gegenüber den Städten Berlin und Bonn und ihres jeweiligen Umlandes) treffen muß.

Eine Entscheidung fällt um so schwerer, je gleichwertiger die beiden Ziele sind, zwischen denen es zu entscheiden gilt. Eine Entscheidung fällt um so schwerer, je mehr Gründe sowohl für die eine oder andere Stadt, wie auch gegen die eine oder andere Stadt sprechen.

Die Argumente für und gegen Berlin, wie auch für und gegen Bonn sind hier sehr ausgiebig -- mehr oder minder sachlich oder auch emotional --

ausgetauscht worden. Dabei wurden historische, finanzielle und soziale Argumente ins Feld geführt.

Historische Momente sprechen für Berlin -- sie sprechen aber erst recht für Bonn. Bonn steht für Demokratie. Bonn steht für Föderalismus. Bonn steht für über 40 Jahre internationale Zusammenarbeit, die den Frieden in unserer Welt sicherer machte. Alle Verträge, die in Bonn geschlossen worden sind, können sich sehen lassen. Darauf können wir stolz sein.

Bonn steht für ein gutes Grundgesetz, für eine Verfassung, die wir eben nicht grundlegend ändern wollen.

Berlin steht für den Kampf um Freiheit, für den Kampf um die deutsche Einheit. Doch daß dieses Ziel erreicht wurde, verdanken wir nicht nur den Bürgern von Berlin, Leipzig und Dresden, denen wir alle zu Dank verpflichtet sind, sondern das verdanken wir doch auch der Politik, die von Bonn aus gemacht wurde. Von Bonn aus sind wir in den Westen eingebunden, und nur auf Grund dieser Einbindung konnte das große Werk gelingen.

Und ich bin sicher, die Vollendung der Einheit Deutschlands ist von Bonn aus nicht langsamer, sondern sogar schneller möglich als von Berlin aus.

In Berlin die Situation, mit denen sich die fünf neuen Länder auseinandersetzen, »hautnah« zu erleben ist kein Argument. Denn Berlin, der östliche Teil Berlins, ist nur sehr bedingt repräsentativ für andere mitteldeutsche Städte. Hier wäre es wichtiger, wenn möglichst viele von uns möglichst oft in die fünf neuen Länder fahren.

Bei der Argumentation für oder gegen Bonn oder Berlin werden sodann finanzielle Aspekte genannt. Die Theorie des Aufschwungs der fünf neuen Länder, die durch einen Regierungs- und Parlamentssitz in Berlin gegeben wäre, ist angreifbar, ist sicher nicht ohne weiteres haltbar.

Ist es nicht sinnvoller, die für eine solche Verlegung vorgesehenen Gelder direkt zum Aufbau der fünf neuen Länder zu verwenden? Wer -- wie ich --

fast 40 Alten- und Pflegeheime in den fünf neuen Ländern besichtigt hat, weiß, wo es brennt; wer dort die Krankenhäuser gesehen hat, weiß, wo direkt Hilfe nötig ist.

Schließlich die sozialen Argumente: Glauben Sie wirklich, daß es den Menschen in Berlin bessergehen wird, wenn die Entscheidung heute für Berlin fällt? Vielen Menschen in Bonn ginge es aber viel schlechter. Hier würden Familien auseinandergerissen -- und dabei geht es wahrlich um mehr als um »Kinder, die sich neue Spielkameraden suchen müssen«!

Würde Berlin, unsere Hauptstadt, wirklich gewinnen, wenn Berlin zudem noch Regierungs- und Parlamentssitz wäre? Ist Berlin, die Stadt der Kunst, die Stadt der Wissenschaft, die Stadt, der ich viel Sympathie entgegenbringe, nicht heute schon überfordert? Man denke nur an die Situation auf dem Wohnungsmarkt, die Verkehrssituation, man denke aber auch an die Unruheherde, die die Stadt in sich birgt.

Ich bin für Bonn, aber nicht gegen Berlin! Wer sich für Bonn entscheidet, ist nicht gegen, sondern für Berlin, ist verantwortungsbewußt und will den schnellen Aufbau der fünf neuen Länder, will damit die deutsche Einheit nicht nur de jure, sondern auch de facto schnell vollenden. Deswegen stimme ich für die Bundesstaatslösung!

Heinrich Lummer, CDU/CSU >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_153
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