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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Johannes Nitsch, CDU/CSU Günther Friedrich Nolting, FDP >>

Wird die heutige Debatte des Deutschen Bundestages eine seiner Sternstunden sein? Sternstunden kommen meist unverhofft, und die Ereignisse, die sich vollziehen, erweisen sich erst im nachhinein von geschichtlicher Tragweite. An der Tragweite gemessen, kann es heute zu einer Sternstunde kommen. Allerdings ereignet sich nichts Unerwartetes -- obwohl das Ergebnis noch nicht feststeht. Kaum eine andere Sitzung ist so kontrovers vorbereitet worden, und zwar nicht zwischen den Fraktionen, sondern innerhalb derselben.

Auch die Teilnahme der Bürger und Bürgerinnen an der Diskussion im Vorfeld war unglaublich hoch. Die Post der Befürworter beider Seiten reißt nicht ab. Die Tragweite der Entscheidung, sowohl für die eine als auch die andere Seite, wird in jedem Brief eindringlich dargelegt.

Ich möchte daher allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich so lebhaft in dieser oder jener Richtung geäußert haben, herzlich danken, sie gleichzeitig aber auch bitten, die Entscheidung, die wir heute gemäß unserer Verantwortung treffen werden, voll zu akzeptieren und in der Zukunft mitzutragen. Die breite Akzeptanz der getroffenen Entscheidung ist ein weiterer und wichtiger Schritt zur inneren Einheit unseres Volkes.

Von Bonn aus ist 40 Jahre gute Politik für Deutschland und Europa gemacht worden. In Bonn sind gute Voraussetzungen geschaffen worden, um effektiv arbeiten zu können. Vom Gefühl her sollte ich für Bonn sein.

Die Entscheidung, hineingestellt in unsere Geschichte, läßt mich jedoch zögern. Es geht nicht um die Arbeitsbedingungen der Abgeordneten. Es geht um die Zukunft und die Bewältigung der Vergangenheit.

Von Berlin ist viel Schlimmes ausgegangen. Mit Berlin ist viel Schlimmes geschehen. Berlin war für wenigstens 120 Jahre Kristallisationspunkt deutscher Geschichte. Und Geschichte geht weiter, und noch ist viel aufzuarbeiten.

Das geht nicht ohne den politischen Bezug zu Berlin. In Berlin sollte der Sitz des Deutschen Bundestages sein. Die Regierung muß sich so organisieren, daß sie dem Parlament zur Verfügung steht. Wie sie das im einzelnen tut, ist meiner Meinung nach nicht das Thema.

Mit Berlin als Parlamentssitz spannen wir den Bogen zu unserer Geschichte. Berlin stand immer für das ganze Deutschland.

Berlin war 40 Jahre das Hoffnungszeichen, daß es noch nicht aller Tage abend ist. Es war der Stachel im Fleische eines sich allmächtig gebärdenden Systems. Und Berlin mit der Mauer war auch das Zeichen nach außen, daß es in Deutschland nicht so bleiben kann, wenn Europa in ein gemeinsames Haus einziehen will.

Berlin als Parlamentssitz ist nicht nur das so wichtige Zeichen für die Menschen in den neuen Bundesländern, so sehr wichtig das ist; das wurde heute ja mehrfach unterstrichen. Es ist auch das Zeichen für die Menschen in der alten Bundesrepublik, daß eine geschichtliche Epoche zu Ende gegangen ist und letzten Endes der Kalte Krieg endgültig beendet ist.

Für Bonn wäre diese Entscheidung zunächst schmerzlich. Aber im Vollzug dieser Entscheidung, die sich über viele Jahre hinzieht, wird sich zeigen, daß ohne Bonn nichts geht in einem Europa, das in einem gewaltigen Umbruch steht.

Aber für erstrangig halte ich die Frage, ob künftig gute Politik in Berlin gemacht wird. Ob wir es wollen oder nicht, auch der Standort des Parlaments in Deutschland ist ein wichtiges Zeichen.

Ich sehe den Neuanfang dieser Politik in Berlin, dort muß das Parlament die Weichen für die Zukunft Deutschlands stellen, auf den Trümmern des zerrissenen Stacheldrahtes und der zerbrochenen Mauer, im Angesicht vierzigjähriger Ruinen und vor den Augen ganz Europas und der Welt.

Vielen haben wir zu danken und vielen haben wir zu helfen, wegen Berlin, in Berlin und von Berlin aus.

Günther Friedrich Nolting, FDP >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_165
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