Pressemitteilung
Stand: 11.06.2001
Bundestagspräsident Thierse gratuliert Jürgen Habermas
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat dem
diesjährigen Träger des "Friedenspreises des Deutschen
Buchhandels", Professor Dr. Jürgen Habermas, im Namen des
Deutschen Bundestages gratuliert. In dem Schreiben heißt es
u.a.:
"(...) Der "Friedenspreis" würdigt das Lebenswerk eines der bedeutendsten Philosophen unserer Zeit, der im In- und Ausland das Denken ganzer Generationen von Wissenschaftlern und Studenten geprägt hat - aber nicht nur sie. Vielmehr haben Sie immer wieder öffentlich zu gesellschaftlich-politischen Problemen Stellung genommen. Es gibt kaum eine bedeutende Debatte der vergangenen vier Jahrzehnte, zu der Sie nicht in Schrift und Wort Grundlegendes beigetragen hätten. Die 68er Bewegung, der Historikerstreit, die Frage des Verfassungspatriotismus und die Notwendigkeit postnationalen Denkens im Zeitalter der Globalisierung - diese und andere gesellschaftlichen Diskussionen sind eng mit Ihrem unbeirrbar kritischemanzipatorischen Denken verbunden.
Als Philosoph sind Sie stets zugleich ‚Citoyen' - ein kritischer Bürger, der mitwirkt an der Fortführung des immer noch ‚unvollendeten Projekts der Moderne', wie Sie es bezeichnen. Den Prozess gesellschaftlicher Selbstaufklärung verstehen Sie als Aufgabe, offene oder verdeckte autoritäre Herrschaftsformen zu entlarven und ideologiekritisches Denken wie Handeln, damit demokratische Mündigkeit insgesamt zu fördern. Durch Ihre Schriften ist die Bedeutung der Sprache für gesellschaftliches Handeln, gerade für die politische Willens- und Meinungsbildung, einer breiteren Öffentlichkeit nachdrücklich ins Bewusstsein gerückt worden. Vieles von dem, was wir heute an Sprachkritik und Sprachsensibilität z.B. in der öffentlichen Auseinandersetzung mit den Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus, bei Journalisten, Lehrern, Studenten, übrigens auch bei Politikern, beobachten können, entstammt Ihren kommunikationstheoretischen Arbeiten.
Der Leitgedanke Ihres wissenschaftlichen Denkens und Handelns ist, wie es der ‚Friedenspreis' treffend zum Ausdruck bringt, stets der gesellschaftliche Frieden. Darunter verstehen Sie eine Gesellschaft freier, kritischer Bürgerinnen und Bürger, die die demokratischen Grundwerte verteidigt, aber zugleich offen ist für gesellschaftlich-politische Heterogenität sowie kulturelle Vielfalt. In jüngerer Zeit haben Sie verstärkt auf die Notwendigkeit postnationaler Handlungskonzepte in Wirtschaft und Politik aufmerksam gemacht - zu Recht, denn der Prozess der Globalisierung erfordert weit mehr als nur ökonomische Entgrenzung. Vielmehr kommt es darauf an, auch in einer sich abzeichnenden Weltge-sellschaft die Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte, sozialer Gerechtigkeit und individueller Freiheit als oberste Priorität zu verankern.
Sehr geehrter Herr Professor Habermas, lassen Sie mich abschließend für viele Ihrer Leserinnen und Leser in Ostdeutschland hinzufügen, wie wichtig Ihre Bücher und Aufsätze für uns gewesen sind. Gerade junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der DDR der 80er Jahre wurden durch Ihr Denken herausgefordert und geprägt - nicht zuletzt, weil Ihre Schriften uns das horrende Defizit an systematischer Gegenwartsdiagnose in der DDR-Philosophie verdeutlichten und die dringend notwendige Rezeption der westlichen Philosophie und Soziologie des 20. Jahrhunderts bewusst machten.(...)"
"(...) Der "Friedenspreis" würdigt das Lebenswerk eines der bedeutendsten Philosophen unserer Zeit, der im In- und Ausland das Denken ganzer Generationen von Wissenschaftlern und Studenten geprägt hat - aber nicht nur sie. Vielmehr haben Sie immer wieder öffentlich zu gesellschaftlich-politischen Problemen Stellung genommen. Es gibt kaum eine bedeutende Debatte der vergangenen vier Jahrzehnte, zu der Sie nicht in Schrift und Wort Grundlegendes beigetragen hätten. Die 68er Bewegung, der Historikerstreit, die Frage des Verfassungspatriotismus und die Notwendigkeit postnationalen Denkens im Zeitalter der Globalisierung - diese und andere gesellschaftlichen Diskussionen sind eng mit Ihrem unbeirrbar kritischemanzipatorischen Denken verbunden.
Als Philosoph sind Sie stets zugleich ‚Citoyen' - ein kritischer Bürger, der mitwirkt an der Fortführung des immer noch ‚unvollendeten Projekts der Moderne', wie Sie es bezeichnen. Den Prozess gesellschaftlicher Selbstaufklärung verstehen Sie als Aufgabe, offene oder verdeckte autoritäre Herrschaftsformen zu entlarven und ideologiekritisches Denken wie Handeln, damit demokratische Mündigkeit insgesamt zu fördern. Durch Ihre Schriften ist die Bedeutung der Sprache für gesellschaftliches Handeln, gerade für die politische Willens- und Meinungsbildung, einer breiteren Öffentlichkeit nachdrücklich ins Bewusstsein gerückt worden. Vieles von dem, was wir heute an Sprachkritik und Sprachsensibilität z.B. in der öffentlichen Auseinandersetzung mit den Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus, bei Journalisten, Lehrern, Studenten, übrigens auch bei Politikern, beobachten können, entstammt Ihren kommunikationstheoretischen Arbeiten.
Der Leitgedanke Ihres wissenschaftlichen Denkens und Handelns ist, wie es der ‚Friedenspreis' treffend zum Ausdruck bringt, stets der gesellschaftliche Frieden. Darunter verstehen Sie eine Gesellschaft freier, kritischer Bürgerinnen und Bürger, die die demokratischen Grundwerte verteidigt, aber zugleich offen ist für gesellschaftlich-politische Heterogenität sowie kulturelle Vielfalt. In jüngerer Zeit haben Sie verstärkt auf die Notwendigkeit postnationaler Handlungskonzepte in Wirtschaft und Politik aufmerksam gemacht - zu Recht, denn der Prozess der Globalisierung erfordert weit mehr als nur ökonomische Entgrenzung. Vielmehr kommt es darauf an, auch in einer sich abzeichnenden Weltge-sellschaft die Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte, sozialer Gerechtigkeit und individueller Freiheit als oberste Priorität zu verankern.
Sehr geehrter Herr Professor Habermas, lassen Sie mich abschließend für viele Ihrer Leserinnen und Leser in Ostdeutschland hinzufügen, wie wichtig Ihre Bücher und Aufsätze für uns gewesen sind. Gerade junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der DDR der 80er Jahre wurden durch Ihr Denken herausgefordert und geprägt - nicht zuletzt, weil Ihre Schriften uns das horrende Defizit an systematischer Gegenwartsdiagnose in der DDR-Philosophie verdeutlichten und die dringend notwendige Rezeption der westlichen Philosophie und Soziologie des 20. Jahrhunderts bewusst machten.(...)"
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Quelle:
http://www.bundestag.de/bic/presse/2001/pz_010611