Pressemitteilung
Stand: 11.01.2002
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse legt Bericht über die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Jahr 1999 vor
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse erklärt:
1. Gemäß den Bestimmungen des Parteiengesetzes habe ich dem Deutschen Bundestag jährlich über die Parteienfinanzierung zu berichten. Entsprechend diesem Auftrag lege ich den „Bericht über die Rechenschaftsberichte der Parteien 1999 sowie über die Entwicklung der Finanzen der Parteien gemäß § 23 Abs. 5 des Parteiengesetzes (PartG)“ vor.
2. Hauptzweck des Berichtes ist es, der Öffentlichkeit einen zusammenhängenden und gewichteten Überblick über dieses Gebiet zu vermitteln. Dadurch wird die Transparenz der Parteifinanzen zusätzlich gefördert und die Information auch der Parteien selbst über Grundsätze, Anforderungen und Fehlerquellen der ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Pflichten verbessert. Der Bericht macht zugleich deutlich, wo es Probleme oder Konflikte im Parteiengesetz gibt; er weist auf den Bericht der beim Bundespräsidenten eingerichteten Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung vom 18. Juli 2001 und die darin enthaltenen Vorschläge zu Änderungen und Klarstellungen des Parteiengesetzes hin.
Folgende Aspekte sind hervorzuheben:
2.1 Hinsichtlich der Finanzentwicklung lässt sich für das Jahr 1999 festhalten, dass insbesondere bei den im Bundestag vertretenen Parteien die in früheren Jahren meist bereits im ersten Jahr nach Bundestagswahlen zu erkennende Entspannung der Parteifinanzen noch nicht eingetreten ist. Die Parteien hatten nach dem Bundestagswahlkampf 1998 auch im Jahre 1999 eine Reihe von Wahlen zu bestreiten, die ihr finanzielles Engagement erforderten.
2.2 Von den am 31. Dezember 1999 beim Bundeswahlleiter registrierten 99 Parteien haben neben den 18 im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung anspruchsberechtigten Parteien nur noch 14 weitere Parteien einen Rechenschaftsbericht eingereicht. Die weit überwiegende Mehrheit der Parteien ist damit erneut nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, zur Erfüllung des Transparenzgebots einen Rechenschaftsbericht einzureichen.
2.3 Die meisten Parteien, die einen Rechenschaftsbericht eingereicht haben, sind bei ihrer Rechnungslegung sorgfältig vorgegangen und haben einen inhaltlich ordnungsgemäßen Rechenschaftsbericht eingereicht. Die Parteien haben offenbar auch aus den in früheren Berichten über die Rechenschaftsberichte dargestellten Fehlern und Hinweisen gelernt. Soweit die mittelverwaltende Stelle bei ihrer Prüfung Mängel festgestellt hat, konnten die Parteien sie in den meisten Fällen unter Einbeziehung ihrer Wirtschaftsprüfer rechtzeitig korrigieren; danach noch verbliebenen Fehler waren nicht wesentlich.
2.4 Soweit die Rechnungslegung früherer Jahre einer materiellen Prüfung zu unterziehen war, standen unzulässige Spenden, nicht veröffentlichte Großspenden und fehlerhafte Zuwendungsausweise, die mangelnde Berücksichtigung des Gesetzeszweckes bei der Rechnungslegung und die Verwendung von Fraktionsmitteln für Parteizwecke im Vordergrund. Eine große Zahl der im Bericht über die Vorjahre dargestellten Verfahren konnte abgeschlossen werden.
3. Im Bericht behandelt ist auch die vom Magazin „Stern“ erneut aufgegriffene Praxis der CSU bezüglich sogenannter Patenschaftsabonnements. In den Ausgaben vom 2. und 10. Januar 2002 wird der Vorwurf erhoben, die CSU habe durch professionelle Spendenwerber in den Jahren 1994 bis 1999 an CSU-Sympathisanten verkaufte Patenschaftsabonnements des Parteiblatts „Bayernkurier“ und des CSU-Informationsdienstes „Münchner Brief“ im Gesamtwert von rund 6,1 Millionen Euro unzutreffend als Geldspenden deklariert. Zudem sei es ein „rechtlich bedenklicher Missstand“, wenn in Fällen professioneller Spendenwerbung über den gesamten Spendenbetrag einschließlich der Provision (50 v.H.) des Werbers eine Spendenquittung ausgestellt werde.
3.1. Die Angelegenheit ist in den 90er Jahren bereits Gegenstand der Prüfung durch meine Behörde gewesen. Die in dem „Stern“-Artikel aufgegriffene Praxis der CSU bezüglich der Patenschaftsabonnements ist im Bericht gemäß § 23 Abs. 5 des Parteiengesetzes vom 30. April 1996 (BT-Drs. 13/4503) erörtert worden. Im nachfolgenden Bericht vom 29. Oktober 1997 (BT-Drs. 13/8888) ist thematisiert worden, dass in Fällen hoher Provisionszahlungen an professionelle Spendensammler nicht nur der der Partei nach Abzug der Provision verbleibende Teil als Spende staatlich bezuschusst wird, sondern auch der Provisionsbetrag. In beiden Fällen hatte die Prüfung ergeben, dass diese Praxis in parteienfinanzierungsrechtlicher Hinsicht formal nicht als gesetzeswidrig anzusehen war.
3.2. Aufgrund der neuen Tatsachenbehauptungen sowie der Hinweise auf abweichende Meinungen von zum Teil namhaften Rechtsexperten musste erneut in eine Prüfung eingetreten werden. Hinsichtlich der hier allein interessierenden parteienfinanzierungsrechtlichen Bewertung von Patenschaftsabonnements und der Behandlung von Provisionen – die Bewertung ebenfalls aufgeworfener sonstiger steuerrechtlicher Fragen fällt nicht in die Zuständigkeit meiner Behörde – hat die Prüfung zu keinem anderen Ergebnis geführt. Wenn der Partei die Auswahl des Empfängers eines solchen Abonnements überlassen ist, liegt entsprechend der Praxis der Finanzverwaltung eine Spende mit der Auflage vor, den Empfänger zu bestimmen und ihm die Zeitschrift liefern zu lassen.
Infolge der neuen Tatsachenbehauptungen ist nicht auszuschließen, dass Abonnements als Spenden verbucht worden sind, obwohl die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Es geht hierbei um die Vorwürfe, die 1996 beanstandeten missverständlichen Formulare seien entgegen der meiner Behörde gegebenen Zusage weiter verwendet worden und Spender hätten teils nur unter Androhung von Zwangsmitteln gezahlt. Darüber hinaus ist klärungsbedürftig, ob alle Patenschaftsabonnements auch als „Einnahmen aus dem Vertrieb von Druckschriften“ (§ 24 Abs. 2 Nr. 5 PartG) erfasst worden sind. Die Partei ist – wie in vergleichbaren Fällen üblich – um eine von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer bestätigte Stellungnahme gebeten worden.
3.3. Die Ergebnisse der nach den geltenden Vorschriften des Parteiengesetzes möglichen Praxis können nicht befriedigen. Die mittelverwaltende Behörde ist an die Gesetzeslage gebunden. Es ist Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der anstehenden Novellierung des Parteiengesetzes hier wie auch bei anderen im Bericht dargestellten Problemen Abhilfe zu schaffen.
1. Gemäß den Bestimmungen des Parteiengesetzes habe ich dem Deutschen Bundestag jährlich über die Parteienfinanzierung zu berichten. Entsprechend diesem Auftrag lege ich den „Bericht über die Rechenschaftsberichte der Parteien 1999 sowie über die Entwicklung der Finanzen der Parteien gemäß § 23 Abs. 5 des Parteiengesetzes (PartG)“ vor.
2. Hauptzweck des Berichtes ist es, der Öffentlichkeit einen zusammenhängenden und gewichteten Überblick über dieses Gebiet zu vermitteln. Dadurch wird die Transparenz der Parteifinanzen zusätzlich gefördert und die Information auch der Parteien selbst über Grundsätze, Anforderungen und Fehlerquellen der ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Pflichten verbessert. Der Bericht macht zugleich deutlich, wo es Probleme oder Konflikte im Parteiengesetz gibt; er weist auf den Bericht der beim Bundespräsidenten eingerichteten Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung vom 18. Juli 2001 und die darin enthaltenen Vorschläge zu Änderungen und Klarstellungen des Parteiengesetzes hin.
Folgende Aspekte sind hervorzuheben:
2.1 Hinsichtlich der Finanzentwicklung lässt sich für das Jahr 1999 festhalten, dass insbesondere bei den im Bundestag vertretenen Parteien die in früheren Jahren meist bereits im ersten Jahr nach Bundestagswahlen zu erkennende Entspannung der Parteifinanzen noch nicht eingetreten ist. Die Parteien hatten nach dem Bundestagswahlkampf 1998 auch im Jahre 1999 eine Reihe von Wahlen zu bestreiten, die ihr finanzielles Engagement erforderten.
2.2 Von den am 31. Dezember 1999 beim Bundeswahlleiter registrierten 99 Parteien haben neben den 18 im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung anspruchsberechtigten Parteien nur noch 14 weitere Parteien einen Rechenschaftsbericht eingereicht. Die weit überwiegende Mehrheit der Parteien ist damit erneut nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, zur Erfüllung des Transparenzgebots einen Rechenschaftsbericht einzureichen.
2.3 Die meisten Parteien, die einen Rechenschaftsbericht eingereicht haben, sind bei ihrer Rechnungslegung sorgfältig vorgegangen und haben einen inhaltlich ordnungsgemäßen Rechenschaftsbericht eingereicht. Die Parteien haben offenbar auch aus den in früheren Berichten über die Rechenschaftsberichte dargestellten Fehlern und Hinweisen gelernt. Soweit die mittelverwaltende Stelle bei ihrer Prüfung Mängel festgestellt hat, konnten die Parteien sie in den meisten Fällen unter Einbeziehung ihrer Wirtschaftsprüfer rechtzeitig korrigieren; danach noch verbliebenen Fehler waren nicht wesentlich.
2.4 Soweit die Rechnungslegung früherer Jahre einer materiellen Prüfung zu unterziehen war, standen unzulässige Spenden, nicht veröffentlichte Großspenden und fehlerhafte Zuwendungsausweise, die mangelnde Berücksichtigung des Gesetzeszweckes bei der Rechnungslegung und die Verwendung von Fraktionsmitteln für Parteizwecke im Vordergrund. Eine große Zahl der im Bericht über die Vorjahre dargestellten Verfahren konnte abgeschlossen werden.
3. Im Bericht behandelt ist auch die vom Magazin „Stern“ erneut aufgegriffene Praxis der CSU bezüglich sogenannter Patenschaftsabonnements. In den Ausgaben vom 2. und 10. Januar 2002 wird der Vorwurf erhoben, die CSU habe durch professionelle Spendenwerber in den Jahren 1994 bis 1999 an CSU-Sympathisanten verkaufte Patenschaftsabonnements des Parteiblatts „Bayernkurier“ und des CSU-Informationsdienstes „Münchner Brief“ im Gesamtwert von rund 6,1 Millionen Euro unzutreffend als Geldspenden deklariert. Zudem sei es ein „rechtlich bedenklicher Missstand“, wenn in Fällen professioneller Spendenwerbung über den gesamten Spendenbetrag einschließlich der Provision (50 v.H.) des Werbers eine Spendenquittung ausgestellt werde.
3.1. Die Angelegenheit ist in den 90er Jahren bereits Gegenstand der Prüfung durch meine Behörde gewesen. Die in dem „Stern“-Artikel aufgegriffene Praxis der CSU bezüglich der Patenschaftsabonnements ist im Bericht gemäß § 23 Abs. 5 des Parteiengesetzes vom 30. April 1996 (BT-Drs. 13/4503) erörtert worden. Im nachfolgenden Bericht vom 29. Oktober 1997 (BT-Drs. 13/8888) ist thematisiert worden, dass in Fällen hoher Provisionszahlungen an professionelle Spendensammler nicht nur der der Partei nach Abzug der Provision verbleibende Teil als Spende staatlich bezuschusst wird, sondern auch der Provisionsbetrag. In beiden Fällen hatte die Prüfung ergeben, dass diese Praxis in parteienfinanzierungsrechtlicher Hinsicht formal nicht als gesetzeswidrig anzusehen war.
3.2. Aufgrund der neuen Tatsachenbehauptungen sowie der Hinweise auf abweichende Meinungen von zum Teil namhaften Rechtsexperten musste erneut in eine Prüfung eingetreten werden. Hinsichtlich der hier allein interessierenden parteienfinanzierungsrechtlichen Bewertung von Patenschaftsabonnements und der Behandlung von Provisionen – die Bewertung ebenfalls aufgeworfener sonstiger steuerrechtlicher Fragen fällt nicht in die Zuständigkeit meiner Behörde – hat die Prüfung zu keinem anderen Ergebnis geführt. Wenn der Partei die Auswahl des Empfängers eines solchen Abonnements überlassen ist, liegt entsprechend der Praxis der Finanzverwaltung eine Spende mit der Auflage vor, den Empfänger zu bestimmen und ihm die Zeitschrift liefern zu lassen.
Infolge der neuen Tatsachenbehauptungen ist nicht auszuschließen, dass Abonnements als Spenden verbucht worden sind, obwohl die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Es geht hierbei um die Vorwürfe, die 1996 beanstandeten missverständlichen Formulare seien entgegen der meiner Behörde gegebenen Zusage weiter verwendet worden und Spender hätten teils nur unter Androhung von Zwangsmitteln gezahlt. Darüber hinaus ist klärungsbedürftig, ob alle Patenschaftsabonnements auch als „Einnahmen aus dem Vertrieb von Druckschriften“ (§ 24 Abs. 2 Nr. 5 PartG) erfasst worden sind. Die Partei ist – wie in vergleichbaren Fällen üblich – um eine von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer bestätigte Stellungnahme gebeten worden.
3.3. Die Ergebnisse der nach den geltenden Vorschriften des Parteiengesetzes möglichen Praxis können nicht befriedigen. Die mittelverwaltende Behörde ist an die Gesetzeslage gebunden. Es ist Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der anstehenden Novellierung des Parteiengesetzes hier wie auch bei anderen im Bericht dargestellten Problemen Abhilfe zu schaffen.
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Quelle:
http://www.bundestag.de/bic/presse/2002/pz_020111