Pressemitteilung
Stand: 17.06.2004
"Ausübung des Petitionsrechts - Seismograph für Stimmung in der Bevölkerung"
Es gilt das gesprochene Wort
Rede des Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags, Dr. Karlheinz Guttmacher, FDP, anlässlich der Debatte des Tätigkeitsberichts des Petitionsausschusses für das Jahr 2003 (BT-DRS. 15/3150) im Plenum des Deutschen Bundestages am Donnerstag, dem 17. Juni 2004
Die Ausübung des Petitionsrechts ist - jedenfalls auch - ein Seismograph für die Stimmung in der Bevölkerung. Es ist erstaunlich und erfreulich, wie stark sich Bürger über Petitionen in die Politik einbringen. Es ist alles andere als Politikverdrossenheit, was hier an bürgerschaftlichem Engagement deutlich wird.
Die Gesundheitsreform, die Reform des Arbeitsmarktes und die allfällige Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans sind hier beispielhaft als Themen zu nennen. Auch die nach wie vor vorhandenen Unterschieden in den rentenrechtlichen Regelungen zwischen Ost und West bewegten im Berichtszeitraum zahlreiche Bürgerinnen und Bürger.
Der Petitionsausschuss hat sich der Herausforderung gestellt und ein enormes Arbeitspensum absolviert. 15.534 Petitionsverfahren - 12 Prozent mehr als noch 2002 - wurden eingeleitet. Der Ausschuss hat in 19 Sitzungen 14.451 Petitionen beraten und dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt.
Über ein Drittel der Petitionen entfällt auf den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Beachtliche Steigerungen gab es im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit und auch im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen.
Wichtig ist, dass der Petitionsausschuss selbst in seinem Handeln mutig von seinen Möglichkeiten Gebrauch macht und die Vielzahl an Instrumenten, die ihm zur Verfügung stehen, entschlossen einsetzt. Es gilt, sich im Gespräch mit den Betroffenen und vor Ort ein Bild zu machen; Akteneinsicht zu strittigen Themen zu nehmen und Regierungsmitglieder vor den Ausschuss zu laden oder auch im kleineren Kreis anzuhören.
Zwei Drittel der Neueingaben im Jahr 2003 sind Beschwerden über die Arbeit von Behörden, Beschwerden über ein zuviel an Bürokratie gewesen. Aber auch bei den Fällen, in denen konkrete Verbesserungsvorschläge vorgebracht und die Änderung gesetzlicher Regelungen gefordert werden, sollten wir stärker am Ball bleiben, damit sich so aus Petitionen auch dauerhafte Verbesserungen z.B. in gesetzlichen Regelungen werden. Hier ist das gesamte Haus gefordert. Bitte bedenken Sie immer, dass wir nur eine relativ kleine Zahl von Petitionen den Fraktionen zur Kenntnis geben. Von daher würden wir uns mehr Mut im Plenum und den Fraktionen wünschen, die Vorschläge der Bürger dann auch konstruktiv aufzugreifen.
Ein schönes und positives Beispiel aus jüngster Zeit ist hier übrigens die Forderung an die Post, aktualisierte Postleitzahlenbücher zu veröffentlichen. Die Idee eines Bürgers, vom Petitionsausschuss aufgegriffen und u.a. den Fraktionen zugeleitet, wird von dort jetzt nachhaltig unterstützt. Hoffen wir, dass die Post endlich die Konsequenzen zieht.
Ich habe vorhin von der Eingabenseite gesprochen, erwähnen möchte ich aber auch einige Aspekte von dem, was erreicht werden konnte.
Erfreulich finde ich, dass alles in allem bei nahezu jeder zweiten Petition etwas für den Petenten getan werden konnte. Sei es auch nur, dass ihm die Sach- und Rechtslage in verständlicher Form erläutert wurde und er daraufhin einsah, dass und warum seine Beschwerde keinen Erfolg haben konnte.
Um hier kurz aus dem Brief eines Bürgers zu zitieren: "Das Ergebnis der Prüfung ist für mich negativ ausgefallen, für die umfassende und einleuchtende Erklärung jedoch meinen aufrichtigen Dank."
Es ist dem Petitionsausschuss 2003 erneut gelungen, in einer Vielzahl von Petitionen wesentlich mehr zu erreichen. So war es im Rentenrecht möglich, Lösungen herbeizuführen, die für mehr Gerechtigkeit in Einzelfällen sorgten und den Betroffenen die Gewissheit gaben, sich an die richtige Stelle gewandt zu haben. Ich erwähne beispielhaft nur die Verbesserung der Alterssicherung für Landwirte.
Auch im Bereich der Arbeitsverwaltung, wo wir Reformen grundsätzlich für angebracht halten, konnten wir Nachbesserungen anregen. Ich erwähne hier nur die Einbeziehung von Renten wegen voller Erwerbsminderung in die Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung, aber auch die Berücksichtigung höherer Versicherungskosten bei der Arbeitslosenhilfe.
Ich möchte schließlich noch einen weiteren Bereich besonders erwähnen, in dem sich der Petitionsausschuss bemühte, zur Beseitigung einer Ungleichbehandlung beizutragen. Es handelt sich um Petitionen zum Gesundheitssektor, in denen die Gleichberechtigung alternativer Heilmethoden mit denen der Schulmedizin gefordert wurde. Der Ausschuss vertrat hier nach eingehender Beratung die Auffassung, dass die gesetzliche Krankenversicherung den Patienten mehr Wahlmöglichkeiten in den Therapien bieten sollte.
Ein ganz wesentlicher Aspekt der Arbeit des Petitionsausschusses ist die Nähe zu den Menschen. Wir haben am Ende des Berichtsjahres beschlossen, auf Verbrauchermessen Bürgersprechstunden durchzuführen, und ich freue mich, bereits jetzt eine positive Bilanz ziehen zu dürfen. Hier wird Bürgernähe in besonderer Weise praktiziert. Wir unterstreichen damit, wie ernst wir es mit der Bürgerbeteiligung an der Politik meinen. Denn gerade diese Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, über die Petition auch in das politische Geschehen eingreifen zu können, ist ein Aspekt, den wir noch viel deutlicher ins Bewusstsein heben müssen. Mit dem vorhandenen Instrumentarium des Petitionsrechts ist schließlich eine sehr umfassende Bürgerbeteiligung möglich.
Rede des Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags, Dr. Karlheinz Guttmacher, FDP, anlässlich der Debatte des Tätigkeitsberichts des Petitionsausschusses für das Jahr 2003 (BT-DRS. 15/3150) im Plenum des Deutschen Bundestages am Donnerstag, dem 17. Juni 2004
Die Ausübung des Petitionsrechts ist - jedenfalls auch - ein Seismograph für die Stimmung in der Bevölkerung. Es ist erstaunlich und erfreulich, wie stark sich Bürger über Petitionen in die Politik einbringen. Es ist alles andere als Politikverdrossenheit, was hier an bürgerschaftlichem Engagement deutlich wird.
Die Gesundheitsreform, die Reform des Arbeitsmarktes und die allfällige Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans sind hier beispielhaft als Themen zu nennen. Auch die nach wie vor vorhandenen Unterschieden in den rentenrechtlichen Regelungen zwischen Ost und West bewegten im Berichtszeitraum zahlreiche Bürgerinnen und Bürger.
Der Petitionsausschuss hat sich der Herausforderung gestellt und ein enormes Arbeitspensum absolviert. 15.534 Petitionsverfahren - 12 Prozent mehr als noch 2002 - wurden eingeleitet. Der Ausschuss hat in 19 Sitzungen 14.451 Petitionen beraten und dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt.
Über ein Drittel der Petitionen entfällt auf den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Beachtliche Steigerungen gab es im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit und auch im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen.
Wichtig ist, dass der Petitionsausschuss selbst in seinem Handeln mutig von seinen Möglichkeiten Gebrauch macht und die Vielzahl an Instrumenten, die ihm zur Verfügung stehen, entschlossen einsetzt. Es gilt, sich im Gespräch mit den Betroffenen und vor Ort ein Bild zu machen; Akteneinsicht zu strittigen Themen zu nehmen und Regierungsmitglieder vor den Ausschuss zu laden oder auch im kleineren Kreis anzuhören.
Zwei Drittel der Neueingaben im Jahr 2003 sind Beschwerden über die Arbeit von Behörden, Beschwerden über ein zuviel an Bürokratie gewesen. Aber auch bei den Fällen, in denen konkrete Verbesserungsvorschläge vorgebracht und die Änderung gesetzlicher Regelungen gefordert werden, sollten wir stärker am Ball bleiben, damit sich so aus Petitionen auch dauerhafte Verbesserungen z.B. in gesetzlichen Regelungen werden. Hier ist das gesamte Haus gefordert. Bitte bedenken Sie immer, dass wir nur eine relativ kleine Zahl von Petitionen den Fraktionen zur Kenntnis geben. Von daher würden wir uns mehr Mut im Plenum und den Fraktionen wünschen, die Vorschläge der Bürger dann auch konstruktiv aufzugreifen.
Ein schönes und positives Beispiel aus jüngster Zeit ist hier übrigens die Forderung an die Post, aktualisierte Postleitzahlenbücher zu veröffentlichen. Die Idee eines Bürgers, vom Petitionsausschuss aufgegriffen und u.a. den Fraktionen zugeleitet, wird von dort jetzt nachhaltig unterstützt. Hoffen wir, dass die Post endlich die Konsequenzen zieht.
Ich habe vorhin von der Eingabenseite gesprochen, erwähnen möchte ich aber auch einige Aspekte von dem, was erreicht werden konnte.
Erfreulich finde ich, dass alles in allem bei nahezu jeder zweiten Petition etwas für den Petenten getan werden konnte. Sei es auch nur, dass ihm die Sach- und Rechtslage in verständlicher Form erläutert wurde und er daraufhin einsah, dass und warum seine Beschwerde keinen Erfolg haben konnte.
Um hier kurz aus dem Brief eines Bürgers zu zitieren: "Das Ergebnis der Prüfung ist für mich negativ ausgefallen, für die umfassende und einleuchtende Erklärung jedoch meinen aufrichtigen Dank."
Es ist dem Petitionsausschuss 2003 erneut gelungen, in einer Vielzahl von Petitionen wesentlich mehr zu erreichen. So war es im Rentenrecht möglich, Lösungen herbeizuführen, die für mehr Gerechtigkeit in Einzelfällen sorgten und den Betroffenen die Gewissheit gaben, sich an die richtige Stelle gewandt zu haben. Ich erwähne beispielhaft nur die Verbesserung der Alterssicherung für Landwirte.
Auch im Bereich der Arbeitsverwaltung, wo wir Reformen grundsätzlich für angebracht halten, konnten wir Nachbesserungen anregen. Ich erwähne hier nur die Einbeziehung von Renten wegen voller Erwerbsminderung in die Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung, aber auch die Berücksichtigung höherer Versicherungskosten bei der Arbeitslosenhilfe.
Ich möchte schließlich noch einen weiteren Bereich besonders erwähnen, in dem sich der Petitionsausschuss bemühte, zur Beseitigung einer Ungleichbehandlung beizutragen. Es handelt sich um Petitionen zum Gesundheitssektor, in denen die Gleichberechtigung alternativer Heilmethoden mit denen der Schulmedizin gefordert wurde. Der Ausschuss vertrat hier nach eingehender Beratung die Auffassung, dass die gesetzliche Krankenversicherung den Patienten mehr Wahlmöglichkeiten in den Therapien bieten sollte.
Ein ganz wesentlicher Aspekt der Arbeit des Petitionsausschusses ist die Nähe zu den Menschen. Wir haben am Ende des Berichtsjahres beschlossen, auf Verbrauchermessen Bürgersprechstunden durchzuführen, und ich freue mich, bereits jetzt eine positive Bilanz ziehen zu dürfen. Hier wird Bürgernähe in besonderer Weise praktiziert. Wir unterstreichen damit, wie ernst wir es mit der Bürgerbeteiligung an der Politik meinen. Denn gerade diese Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, über die Petition auch in das politische Geschehen eingreifen zu können, ist ein Aspekt, den wir noch viel deutlicher ins Bewusstsein heben müssen. Mit dem vorhandenen Instrumentarium des Petitionsrechts ist schließlich eine sehr umfassende Bürgerbeteiligung möglich.
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Quelle:
http://www.bundestag.de/bic/presse/2004/pz_0406171