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November 04/1998
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Diskussion über strafrechtliche Verantwortung von Firmen hält an

(re) "Bei weitem noch nicht abgeschlossen" ist nach Auffassung der Bundesregierung die rechtspolitische Diskussion zur strafrechtlichen Verantwortung juristischer Personen und Personenvereinigungen. In ihrer Antwort (13/11425) auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion zur besonderen Verantwortlichkeit von Unternehmen und Problemen kriminalrechtlicher Verantwortlichkeit juristischer Personen und Personenvereinigungen (13/9682) unterstreicht sie, daß diese Thematik die Grundstrukturen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts berühre sowie gravierende Verfassungs- und zivilrechtliche Probleme in sich berge.
Ob Handlungsbedarf für den Gesetzgeber besteht, bedürfe sorgfältiger Prüfung, meint die Regierung. Daß in diesem Zusammenhang wesentliche Grundsatzfragen tangiert seien, habe auch eine Justizministerkonferenz im Juni dieses Jahres deutlich gemacht, wird in der Antwort berichtet.
Eine beim Bundesjustizministerium eingerichtete Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sanktionensystems sei deshalb beauftragt worden, sich auch mit der Frage der Einführung einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit für juristische Personen und Personenvereinigungen zu befassen. Eine abschließende Meinungsbildung der Bundesregierung werde erst nach Vorlage des Kommissionsberichts erfolgen können. Die SPD-Fraktion hatte in ihrer Großen Anfrage auf Beispiele von Unternehmenskriminalität wie Ausschreibungsbetrügereien, industrielle Umweltverschmutzung oder Müllverschiebereien hingewiesen und festgestellt, daß im Gegensatz zum Zivilrecht das deutsche Strafrecht keine Verantwortlichkeit des Unternehmens selbst kenne. Mit dem individualistischen Zurechnungskonzept des Strafrechts könne die von juristischen Personen und Personenvereinigungen begangene Kriminalität nicht effektiv bekämpft werden; es sei oft nicht möglich, einzelne Straftäter zur Verantwortung zu ziehen. Die Bundesregierung berichtet, daß sie die Länder um Angaben über die Verstrickung und Beteiligung juristischer Personen und Personenvereinigungen an Straftaten gebeten habe, diese jedoch übereinstimmend erklärt hätten, nicht in der Lage zu sein, entsprechende Daten mit einem Anspruch auf annähernde Vollständigkeit zu ermitteln.
Einige Informationen mit Zahlen zu Einzelfragen hat die Bundesregierung gleichwohl bekommen. So berichtete beispielsweise das Thüringer Justizministerium, daß bei einer eigens eingerichteten Schwerpunktabteilung der Staatsanwaltschaft im Bereich der Wirtschaftskriminalität seit Herbst 1993 insgesamt 1.688 Ermittlungsverfahren registriert worden seien, darunter über 800 wegen Betrugs. Ermittelt worden sei zudem wegen einer nicht genau bezifferbaren Vielzahl von Verstößen gegen das GmbH-Gesetz; 1.114 strafrechtliche Ermittlungsverfahren seien im Bereich der Umweltstraftaten eingegangen, dabei teils auch gegen Privatpersonen.
Unterschiedlich sind, so die Regierung, die Einschätzungen aus den Ländern, ob und inwieweit Straftäter insbesondere in Großunternehmen zur Verantwortung gezogen werden können. Die Aussage, dies sei oftmals nicht möglich, hätten mehrere Länder nicht bestätigt, andererseits sei auch von Erfahrungen berichtet worden, nach denen die Praxis das Verurteilungsrisiko für Mitarbeiter von Großunternehmen, inbesondere im großtechnischen Bereich, als "verhältnismäßig gering" einstufe.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9804/9804022a
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