"Mit dem sogenannten Solidaritätsstärkungsgesetz wird eine Rolle rückwärts in der Gesundheitspolitik vollzogen"
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In der Begründung des
GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes heißt es, daß
sich Rot/Grün "einer sozial gerechten Gesundheitspolitik
verpflichtet" fühlt. Damit will man den Eindruck erwecken, die
Union habe jahrelang eine unsoziale Politik betrieben. Dieser
grundsätzlichen Herausforderung werden wir uns stellen und in
den nächsten Monaten herausarbeiten, daß hier ein
Etikettenschwindel betrieben wird. Denn letztendlich handelt nicht
der unsozial, der die Sozialversicherungssysteme auch durch
schmerzhafte Eingriffe zukunftssicher macht, sondern vielmehr der,
der durch populistische Zugeständnisse die Finanzgrundlagen
der Systeme destabilisiert und somit Vorschub zu einem
Vertrauensverlust derselben leistet, was die Existenz der Systeme
gefährden kann.
Ja, wir haben Zuzahlungen erhöht, um Beitragssatzanhebungen zu
vermeiden. Die Alternative, Leistungen durch Budgetierungen zu
rationieren, lehnen wir ab.
Weil der von der "alten" Koalition eingeleitete Richtungswechsel
hin zu mehr Eigenverantwortung in den Sozialversicherungszweigen
ins Gegenteil verkehrt wird, halten wir die Zielrichtung des
GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes für falsch. Es ist
das Fatale an diesem sogenannten
Solidaritätsstärkungsgesetz, daß den Versicherten
der Eindruck vermittelt wird, sie hätten mit ihrem
Anspruchsverhalten und -denken an die Leistungsfähigkeit
der gesetzlichen Krankenversicherung relativ wenig zu tun. Den
Versicherten wird suggeriert, eine Eigenbeteiligung in der GKV sei
im Grunde nicht notwendig und könne in dem Umfang
zurückgefahren werden, wie auf der anderen Seite den
Leistungserbringern Geld abgenommen werden könne.
Mit diesem sog. Solidaritätsstärkungsgesetz wird eine
Rolle rückwärts in der Gesundheitspolitik vollzogen:
statt mehr Selbstverwaltung, mehr Eigenverantwortung und weniger
Staat nunmehr hin zu mehr staatlichem Einfluß, mehr
Bürokratismus in Form von Budgets, Kontrollen und
Prüfungen an allen Ecken und Enden, sprich: alte
Kostendämpfungspolitik pur.
Ein solches Vorgehen ist angesichts der von Bundesgesundheitsministerin Fischer erwarteten Prognose eines Überschusses von 2 Mrd. DM der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 1998 überhaupt nicht notwendig. Die Maßnahmen der alten Koalition haben dazu geführt, daß die neue Koalition Luft hätte, ihre groß angekündigte Strukturreform 2000 vorzubereiten.
Statt jetzt großzügig Wahlversprechen einzulösen
und damit die Beitragssatzstabilität in der GKV zu
gefährden, gilt es, alle Anstrengungen darauf zu verwenden,
mittelfristig eine finanzielle Stabilisierung der gesetzlichen
Krankenversicherung zu erreichen, um Dauerinterventionen des
Gesetzgebers überflüssig zu machen. Der künftige
Handlungsbedarf läßt sich aus Sicht der Union deshalb mit
folgenden fünf Stichworten
skizzieren:
- Gesundheitspolitik stärker als in der Vergangenheit am medizinischen Bedarf der Bevölkerung orientieren,
- Solidarität und Subsidiarität neu gewichten,
- Sozialversicherungssysteme von einseitiger Finanzierung über Arbeitseinkommen befreien,
- Wahlrechte der Versicherten ausbauen ? Wettbewerb verstärken,
- Lohnnebenkosten dauerhaft begrenzen.