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Februar 01/1999
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Sachverständige uneins über längere Spekulationsfristen

(fi) Die geplante Ausdehnung der Spekulationsfristen für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen wird von Sachverständigen zum Teil befürwortet, zum Teil kritisiert. Dies trat am dritten Tag der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Entwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002 ( 14/23) am 19. Januar hervor. Zuvor hatten sich Experten bereits am 7. und 8. Dezember zu dem Vorhaben geäußert (siehe Blickpunkt Bundestag 6/98, S. 26).

Im Mittelpunkt steht die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages, die Senkung des Eingangs- und Höchststeuersatzes, des Körperschaftsteuersatzes für einbehaltene Gewinne und des Höchststeuersatzes für gewerbliche Einkünfte sowie die Vorbereitung einer Unternehmenssteuerreform. Zur Gegenfinanzierung soll unter anderem die Spekulationsfrist bei Wertpapieren von sechs Monaten auf ein Jahr und bei Grundstücken von zwei Jahren auf zehn Jahre verlängert werden.

Kompaßnadel abgelenkt

Der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer sieht dadurch die Investitionssicherheit eines Investors beeinträchtigt. Der Verband der Privaten Bausparkassen hält die Herausnahme des selbstgenutzten Wohneigentums für folgerichtig, weil die Mobilität der Arbeitnehmer nicht eingegrenzt werden dürfe. Für die Deutsche Börse AG würde die Umschichtbarkeit von Kapital eingeschränkt und damit die "Kompaßnadel" des Kapitals abgelenkt.

Gegen die geplante Verlängerung sprach sich vor allem der Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften aus. Das Ziel, mehr Transparenz herzustellen, werde verfehlt, weil in vielen Fällen eine Diskriminierung des Investmentsparens in Kauf genommen werde. Deutschland hätte damit das schlechteste Investmentsteuerrecht in der Europäischen Union. Die Deutsche Bundesbank befürchtet weitere Steuerfluchtreaktionen ins Ausland. Die Effizienz der Märkte würde vermindert, weitere Steuerverzerrungen wären die Folge.

Für den Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen hat die Vorschrift hohe Bedeutung für das Investitionsklima. Der Mietwohnungsbau werde zu über 75 Prozent von privaten Anlegern getragen, die die Vergünstigung der steuerfreien Investitionen nicht in Anspruch nehmen könnten.

Kontrollen erforderlich

Die Deutsche Steuergesellschaft machte darauf aufmerksam, daß in der Praxis ein Spekulationsgewinn selten versteuert wird. Ein Kontrollmechanismus wäre daher erforderlich. Professor Norbert Herzig sprach von einem systematischen Schritt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit, weil es um eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen gehe, und Veräußerungsgewinne stellten eine Steigerung von Leistungsfähigkeit dar. Die Verlängerung der Frist bei Grundstücken auf zehn Jahre führe zudem zu einer Steuervereinfachung.

Die Ökonomie-Professoren Johann Eekhoff (Köln) und Rudolf Hickel (Bremen) kritisierten generell den Begriff "Spekulationsgewinn", wobei Eekhoff Fristen für steuersystematisch nicht in Ordnung hält, während Hickel die Verlängerung der Fristen als "Kompromiß" befürwortet. Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung rügte, daß Veräußerungsgewinne nur bei Wertpapieren und Grundstücken, nicht aber bei anderen Wirtschaftsgütern besteuert werden sollen.

In seiner Stellungnahme zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/ 2002 ( 14/265), der mit dem Koalitionsentwurf identisch ist, stellt der Bundesrat fest, daß für eine steuerliche Nettoentlastung über das bisher geplante Volumen hinaus keine Spielräume bestehen. Das zu erwartende Mehraufkommen aufgrund der verbreiterten Bemessungsgrundlage sei als Gegenfinanzierung für die steuerlichen Entlastungen unverzichtbar. Der Entwurf werde für Bund und Länder bis zum Jahre 2002 Mindereinnahmen von rund 15 Milliarden DM zur Folge haben. Darüber hinausgehende Mindereinnahmen wären nach Ansicht der Länderkammer nicht verkraftbar.

Für die den Ländern und Gemeinden entstehenden Mindereinnahmen aufgrund der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht sei ein finanzieller Ausgleich erforderlich, um die gesetzlich vorgeschriebene Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern beim Familienlastenausgleich einzuhalten, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Mit Blick auf das Jahr 1999 gehe es um eine "Altforderung" von knapp über 2 Milliarden DM und eine zusätzliche Forderung von 1,8 Milliarden DM im Zusammenhang mit der Erhöhung des Kindergeldes zum 1. Januar 1999. Damit belaufe sich der Anspruch der Länder für 1999 auf rund 4 Milliarden DM. Durch die weitere Anhebung des Kindergeldes zum 1. Januar 2002 erhöhe sich dieser Ausgleichsanspruch, stellen die Länder fest. Sie erwarten, daß der Bund seiner Ausgleichs pflicht in voller Höhe nachkommt, und be tonen, daß die derzeitige Regelung des Familienlastenausgleichs für die Jahre 1996 bis 1998 bei Ländern und Gemeinden zusätzliche Steuermindereinnahmen von 5,7 Milliarden DM verursacht habe, ohne daß ein Ausgleich erfolgt wäre. Daher empfiehlt der Bundesrat, im Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie eine einfachere Lösung für die Regelung der Lastenverteilung beim Familienlastenausgleich gefunden werden kann.

Verluste begrenzen

In ihrer Gegenäußerung dazu stellt sich die Regierung hinter die Zusage des Bundesfinanzministers an die Länder, daß die mit dem Gesetzesvorhaben verbundenen Steuermindereinnahmen auf ein Volumen von rund 15 Milliarden DM begrenzt werden müssen. Dagegen hält die Regierung die Forderung des Bundesrats zum Familienlastenausgleich für sachlich nicht geboten. Durch den Gesetzentwurf würden die Belastungen der Länder und Kommunen aus der Kindergelderhöhung von 1999 bis 2001 ausgeglichen. Ab 2002 übernehme der Bund weit höhere Lasten als Länder und Kommunen zusammen. Eine Übertragung weiterer Umsatzsteueranteile vom Bund an die Länder verschärfe dieses Ungleichgewicht.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9901/9901040
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