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März 02/1999
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Der "Kummerkasten der Soldaten" wacht über den Staatsbürger in Uniform

Wehrbeauftragte

Genau 40 Jahre gibt es das Amt des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages. Seine Aufgaben, die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte und die Sicherung der Grundrechte der Soldaten, ist in der Bundeswehr als Armee im demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar.

VOR 40 JAHREN WÄHLTE DER BUNDESTAG DEN ERSTEN WEHRBEAUFTRAGTEN

"Mutter der Soldaten" wird sie unter Soldaten scherzhaft genannt, aber Claire Marienfeld nimmt das nicht übel. Denn das Amt des Wehrbeauftragten, das die CDU­Politikerin aus Detmold seit 1995 bekleidet, hat schon etwas Mütterliches (oder Väterliches) an sich. Die Wehrbeauftragte ist nämlich vor allem für die Soldaten da: Sie wacht über die menschenwürdige Behandlung ebenso wie über Arbeitsbedingungen oder Unterbringung aller Staatsbürger in Uniform - vom Schützen bis zum General.

Nach den historischen Erfahrungen mit preußischem Drill, mit zwei Weltkriegen und antidemokratischen Tendenzen im Militär der Weimarer Republik ist das Amt des Wehrbeauftragten geschaffen worden, um den demokratischen Neuanfang nach 1945 auch in der Streitmacht der jungen Bundesrepublik zu verankern. Als der Bundestag 1957 das Amt schuf und 1959 mit Helmut von Grolmann den ersten Amtsinhaber wählte, waren die Ressentiments gegen eine Wiederbewaffnung, und erst recht gegen die Wehrpflicht, groß. Aber alle Amtsinhaber bis zu Claire Marienfeld haben dazu beigetragen, daß sich die Bundeswehr die Bezeichnung einer "Armee der Demokratie" redlich verdient hat.

Mit dem Wehrbeauftragten wollte das Parlament nämlich nicht nur ein Wiederaufleben demokratiefeindlicher Bestrebungen in der Armee und einen Machtzuwachs der Exekutive verhindern. Vielmehr sollte eine unabhängige Institution über die Beachtung der Grundrechte der Soldaten und die Einhaltung der Inneren Führung, also über die Verwirklichung des Leitbildes vom Staatsbürger in Uniform wachen.

Die Bedeutung des Amtes unterstreicht, daß die Tätigkeit des Wehrbeauftragten "zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Kontrolle der Streitkräfte" ausdrücklich im Grundgesetz (Artikel 45 b) verankert ist. Um die Unabhängigkeit von Regierung und Verwaltung zu garantieren, dürfen Wehrbeauftragte weder ein politisches noch ein anderes Mandat ausüben. So hat auch Claire Marienfeld ihr Bundestags­Mandat nach der Wahl zur Wehrbeauftragten aufgegeben. Sie ist als Teil der Legislative dem Verteidigungsminister und den Soldaten gegenüber nicht weisungsbefugt.

Demgemäß wirkt sie nicht nach dem militärischen Prinzip von Befehl und Gehorsam, sondern gewissermaßen indirekt. Sie besitzt ein umfassendes Informationsrecht und kann bestimmte Maßnahmen "anregen", aber anordnen kann sie nicht. Alles, was die Wehrbeauftragte, etwa bei unangekündigten Truppenbesuchen vor Ort oder durch Eingaben von Soldaten, erfährt, kann sie zum Gegenstand einer Untersuchung machen. Sie hat außerdem das Recht auf Akteneinsicht und zur Anhörung von Zeugen.

So können Einzelfälle, wie etwa die Mißhandlung von Soldaten durch Kameraden oder unzumutbare Ausbildungsbedingungen, oft schon allein dadurch abgestellt werden, daß die Wehrbeauftragte sich einschaltet und die höheren Vorgesetzten darüber informiert. Dabei ist die Bekämpfung von Mißständen für Frau Marienfeld nicht nur eine Frage der Menschlichkeit, sondern auch eine unbedingte Notwendigkeit. Denn, so die Wehrbeauftragte, ohne menschlich korrekten Umgang und Rücksicht auf die sozialen Belange der Wehrdienstleistenden verliere die Bundeswehr in der Gesellschaft ihre Akzeptanz.

Neben dem direkten Gespräch mit der Truppe gehört der jährliche Bericht an das Parlament zu den schärfsten "Waffen" des Wehrbeauftragten. Denn dieser Bericht wird im Plenum ausführlich diskutiert. Außerdem geben die Wehrbeauftragten auf diese Weise immer wieder Anstöße, die von einzelnen Abgeordneten oder den Fraktionen des Deutschen Bundestages aufgegriffen werden. Dabei verstehen sich die Wehrbeauftragten als Mittler zwischen den Politikern und den berechtigten Interessen der Soldaten, etwa wenn Claire Marienfeld Haushaltskürzungen kritisiert oder ihr Vorgänger Alfred Biehle Auslandseinsätze "ohne klare politische Vorgaben" moniert.

Richtschnur für die Arbeit der Wehrbeauftragten ist stets das Leitbild des "Staatsbürgers in Uniform". Und das, davon ist Claire Marienfeld überzeugt, ist auch nach 40 Jahren nicht überflüssig geworden.

(Siehe hierzu auch Seite 58)

DIE WEHBEAUFTRAGTEN
3.4.1959 Helmut von Grolmann
8.11.1961 Hellmuth G. Heye (CDU)
11.12.1964 Matthias Hoogen (CDU)
11.3.1970 Fritz Rudolf Schultz (F.D.P.)
19.3.1975 Karl W. Berkhan (SPD)
20.3.1985 Willi Weiskirch (CDU)
27.4.1990 Alfred Biehle (CSU)
28.4.1995 Claire Marienfeld (CDU)
(jeweils Tag der Amtsübernahme)

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9902/9902006
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