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März 02/1999
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GROSSE MEHRHEIT FÜR ANTRAG DER BUNDESREGIERUNG

Soldaten der Bundeswehr an einer Friedenstruppe im Kosovo beteiligen

(aw) Mit großer Mehrheit hat der Bundestag am 25. Februar beschlossen, bis zu 6.000 deutsche Soldaten für eine NATO-geführte internationale Friedenstruppe für das Kosovo sowie für Militäroperationen des Atlantischen Bündnisses im Rahmen einer Notfalltruppe bereitzustellen. Das Parlament stimmte einem Antrag der Bundesregierung ( 14/397) zu. Diese verdeutlichte zusätzlich in einer Protokollnotiz, der Bundestag möge seine Entscheidung auf Basis des bei der Friedenskonferenz im französischen Rambouillet von einer internationalen Kontaktgruppe vorgelegten Textes treffen. Nach Unterzeichnung eines Friedensabkommens für die Krisenregion werde die Regierung das Parlament "umfassend und unverzüglich" über dessen Umsetzung unterrichten und den Bundestag erneut befassen.

Der federführende Auswärtige Ausschuß hatte in Kenntnisnahme dieser Protokollerklärung dem Plenum des Hohen Hauses die Zustimmung empfohlen ( 14/414). Unter den 553 Abgeordneten, die sich in namentlicher Abstimmung dieser Empfehlung anschlossen, waren fast alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier von CDU/CSU, SPD und F.D.P. sowie die große Mehrheit von Bündnis 90/Die Grünen.

Die 41 Nein-Stimmen kamen von der PDS sowie von fünf Abgeordneten der Bündnisgrünen, zwei Parlamentariern der SPD und einem F.D.P.-Abgeordneten. Es enthielten sich sechs Mitglieder der SPD-Fraktion, zwei CDU/CSU-Abgeordnete sowie je eine Parlamentarierin von Bündnis 90/Die Grünen und der F.D.P.

Flüchtlingsströme verhindern

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) betonte zuvor in der Debatte, die Regierung habe ein "herausragendes politisches Interesse" an einem Friedensabkommen auf der Basis des in Rambouillet vereinbarten Textes. Ziel müsse es jetzt sein, alles zu tun, um auf dem Balkan neue Leichenberge und in Europa neue Flüchtlingsströme zu verhindern. Eine frühzeitige Präsenz der Friedenstruppe nach Unterzeichnung des Abkommens setze deshalb ein klares Signal.

Scharping wies ebenso darauf hin, der Einsatz der Bundeswehr habe eine andere Dimension und eine andere Qualität als alle früheren Einsätze. Die Risiken seien - anders als in Bosnien - deutlich größer.

Für die CDU/CSU führte Volker Rühe aus, der geplante Einsatz werde die Bundeswehr in ihrer heutigen Form an die Grenzen ihrer Belastbarkeit führen. Für die Union sei wichtig, daß der vorgesehene Einsatz in der politischen und strategischen Verantwortung der NATO durchgeführt werde. Geboten gewesen sei zudem, die Aufgaben einer eventuellen Notfalloperation und einer Friedenstruppe im Kosovo nicht miteinander zu vermischen. Dies sei nunmehr erreicht. Zu unterstreichen sei schließlich aus Sicht der CDU/CSU, daß der Bundestag nochmals befaßt werde, wenn ein Abkommen für die Krisenregion vorliegt.

Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte den Wunsch, die gegenwärtige Zweiteilung Europas zu überwinden und den südlichen Balkan hin zum Europa der Integration zu entwickeln. Voraussetzung dafür sei aber, daß im Kosovo die Waffen schweigen. Der Bundestag könne dazu mit seinem Entschluß einen entscheidenden Beitrag leisten.

Für die F.D.P. sprach Ulrich Irmer von einer der "ernstesten Stunden", die dieses Parlament je erlebt habe. Es gehe "um Leben und Tod unserer Soldaten" sowie um Leben und Tod zahlloser Menschen auf dem Balkan.

Gregor Gysi (PDS) begründet das Verhalten seiner Fraktion damit, das geplante Vorgehen der NATO auf dem Balkan bedeute einen Völkerrechtsbruch. Diesen dürfe der Bundestag nicht legitimieren.

NATO soll Katastrophe abwenden

Die Bundeswehrkräfte aus Heer, Luftwaffe und Marine haben laut Regierung die Aufgabe, ein mögliches Abkommen für das Kosovo militärisch umzusetzen zu helfen. Das Engagement des Nordatlantischen Bündnisses solle entscheidend dazu beitragen, eine humanitäre Katastrophe abzuwenden. Es gelte Bedingungen für ein friedliches Miteinander zu schaffen, Schutz und Menschenrechte der Bevölkerung im Kosovo zu sichern und den Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimat zu erleichtern, so die Regierung in ihrem Antrag.

Sie betonte zusätzlich in der Protokollnotiz, es müsse auch Vorsorge für den Fall getroffen werden, daß die Verhandlungen um das Abkommen scheiterten oder Kampfhandlungen erneut aufflammten. Luftschläge der NATO im Fall einer Nichteinhaltung der Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates blieben insofern "Ultima ratio". Auch könnte die Situation eintreten, die Beobachter der OSZE im Rahmen einer Notfalloperation evakuieren zu müssen.

Einsatz kostet 620 Millionen DM

Die Kosten sollen nach dem Antrag der Bundesregierung für 12 Monate insgesamt 620 Millionen DM betragen. Für dieses Jahr sind 441 Millionen DM vorgesehen. Allein die Personalkosten werden jährlich rund 280 Millionen DM betragen, da die vorgesehenen 5.000 Soldaten täglich 150 DM zusätzlich erhalten sollen. Für Beschaffungen sind rund 67 Millionen DM eingeplant und für die Verlegung 82,5 Millionen DM. Nach dem Antrag der Regierung sollen die Kosten aus Mitteln der Allgemeinen Finanzverwaltung (Einzelplan 60) abgedeckt werden.

Die Oppositionsfraktionen im Haushaltsausschuß unterstützten vor der Plenarberatung diesen Vorschlag und unterstrichen, daß dies zwischen allen beteiligten Ministerien und den Fraktionen abgestimmt sei.

Dagegen deuteten Sprecher sowohl der SPD-Fraktion als auch von Bündnis 90/Die Grünen an, daß im Rahmen der Haushaltsberatungen durchaus auch andere Einzelpläne betroffen sein könnten.

Dies lehnte vor allem die CDU/CSU-Fraktion ab. Es handele sich hierbei nicht um "Buchhalterei". Die Kosten der Auslandseinsätze würden sich auf insgesamt rund eine Milliarde DM addieren, und diese Mittel könnten unmöglich aus dem Verteidigungshaushalt finanziert werden, betonte die Fraktion. Die F.D.P. enthielt sich im Haushaltsausschuß der Stimme, da sie die vorgesehenen Mittel für nicht ausreichend hält.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9902/9902017
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