KONTROVERSEN IM FINANZAUSSCHUSSSteuerzahler werden 2002 um über 20 Milliarden DM entlastet(fi) Einschließlich der beiden im Dezember beschlossenen Vorläufergesetze führt das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 ( 14/23, 14/442, 14/443) im Jahre 2002 zu Steuermindereinnahmen von rund 20,51 Milliarden DM. Allein das am 4. März verabschiedete Gesetz hat 2002 Mindereinnahmen von rund 11,45 Milliarden DM zur Folge. Der Finanzausschuß hat das Gesetz am 2. März mit der Koalitionsmehrheit gegen das Votum der Opposition angenommen. CDU/CSU und F.D.P. lehnten ebenso alle Einzelregelungen wegen verfehlter Grundkonzeption ab und verwiesen auf ihre in der letzten Wahlperiode am Bundesrat gescheiterten Reformvorschläge. Gestritten wurde im Ausschuß auch über das Verfahren. Die Opposition bemängelte, daß viele Änderungsanträge eingebracht wurden, die häufig und zum Teil mehrfach wieder abgeändert worden seien. Auf Kritik stieß vor allem die Verweigerung einer weiteren Anhörung von Sachverständigen, nachdem der Ausschuß an drei Tagen Experten zum Gesetzentwurf gehört hatte. Die Koalitionsmehrheit lehnte am 18. Februar einen Antrag der Opposition auf eine weitere Anhörung und am 24. Februar einen Antrag auf ein Expertengespräch zur vorgesehenen Einschränkung des Verlustausgleichs bei Verlustzuweisungsgesellschaften im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung ab. SPD und Bündnisgrüne argumentierten, die Änderungsanträge enthielten keine neuen Verhandlungsgegenstände. Mindestbesteuerung kommt Die Opposition lehnte die Einführung einer Mindestbesteuerung durch eine generelle Begrenzung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten ab. Die zunächst vorgesehene Trennung zwischen aktiven und passiven Einkünften mit begrenzter Verrechnung von Verlusten aus passiver Tätigkeit wurde durch eine allgemeine Begrenzung der Verlustverrechnung zwischen allen Einkunftsarten ersetzt, um eine Mindestbesteuerung bei hohen Einkünften aus einzelnen Einkunftsarten sicherzustellen. CDU/CSU und F.D.P. hielten es nicht für vertretbar, Verluste aus "normaler" wirtschaftlicher Tätigkeit im Entstehungsjahr nicht mehr zum vollen Ausgleich mit anderen, positiven Einkünften zuzulassen. Dies sei mit der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht vereinbar. Der Ausschuß empfahl ferner, den Ausgleich von Verlusten aus Beteiligungen an Verlustzuweisungsgesellschaften zu begrenzen, was zur Verminderung unerwünschter Steuersparmodelle beitragen soll. Künftig dürfen derartige Verluste nur noch mit Gewinnen aus solchen Modellen verrechnet werden. Wegen des Vertrauensschutzes wird diese Neuregelung (Paragraph 2b Einkommensteuergesetz) nur auf Beteiligungen an Verlustzuweisungsgesellschaften und auf ähnliche Modelle angewendet, wenn der Steuerpflichtige die Einkunftsquelle nach dem 4. 2/99 erwirbt oder begründet. Sie wird nicht angewendet für negative Einkünfte aus Verlustzuweisungsmodellen, bei denen eine Gesellschaft vor dem 5. 2/99 Investitionsentscheidungen getroffen hat, wenn der Steuerpflichtige der Gesellschaft vor 2001 beitritt. SPD und Bündnisgrüne begründeten dies mit mehr Steuergerechtigkeit. Es sei nicht vertretbar, daß Gutverdienende ihre Einkünfte durch Beteiligungen an Verlustzuweisungsgesellschaften stark reduzieren. Dagegen sahen CDU/CSU und F.D.P. darin einen Rückschlag für die Investitionstätigkeit, etwa im Wohnungs, Schiff und Windkraftwerkbau sowie in der Filmwirtschaft. Die Opposition kritisierte auch die Einschränkung des Verlustrücktrags, der für Unternehmen in schwieriger wirtschaftlicher Situation als Liquiditätspolster wichtig sei. Wenn der Verlustrücktrag durch die Begrenzung auf ein Jahr und auf 2 Millionen DM bis zum Jahr 2000 und auf 1 Million DM ab 2001 nur noch kleinen und mittleren Betrieben zur Verfügung stehe, würden im internationalen Wettbewerb stehende Großunternehmen davon weitgehend ausgeschlossen. Die Koalition erklärte, der zweijährige Verlustrücktrag habe sich als sehr kompliziert erwiesen. Der Ausschuß stritt darüber hinaus über die Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen beim Bezug ausländischer Schachteldividenden durch inländische Kapitalgesellschaften. 15 Prozent der steuerfreien Dividenden werden nun als nicht abziehbare Betriebsausgaben fingiert. Die Koalition begündete dies damit, daß im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehende Aufwendungen nicht mit steuerpflichtigen Einnahmen verrechnet werden dürften. Dagegen argumentierten CDU/CSU und F.D.P., damit würden Unternehmen mit internationalen Beteiligungen im internationalen Vergleich stark benachteiligt. Der Pauschalbetrag von 15 Prozent verstoße zudem gegen EGRecht. Rückstellungen neu bewerten Strittig diskutierte der Ausschuß ferner die künftige Bewertung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen, für die (bei eng begrenzten Ausnahmen) ein Abzinsungsgebot von 5,5 Prozent eingeführt wird. Laut Koalition haben die geltenden Gewinnermittlungsvorschriften die tatsächliche Ertragslage nur eingeschränkt dargestellt. Die Bildung stiller Reserven wird beschränkt, um die Unternehmen nach tatsächlicher Leistungsfähigkeit zu besteuern. Laut SPD und Bündnisgrünen müssen auch große Unternehmen das Gemeinwesen angemessen mitfinanzieren. Durch großzügige Rückstellungsmöglichkeiten hätten sie sich dem in der Vergangenheit weitgehend entzogen. Für CDU/CSU und F.D.P. führt dies zum Auseinanderfallen von Handels und Steuerbilanz, zu mehr Bürokratie sowie einer nicht gerechtfertigten Scheingewinnbesteuerung. Auf Oppositionskritik stieß schließlich die Neuregelung der Teilwertabschreibung, die nicht abgeschafft wird. Sie wird beibehalten bei einer dauernden Wertminderung und einem strikten Wertaufholungsgebot für Fälle, in denen der Wert des abgeschriebenen Wirtschaftsguts wieder gestiegen ist. Die Koalition rechtfertigte ihr Einlenken mit den berechtigten Einwänden des Einzel, Groß und Buchhandels. CDU/CSU und F.D.P. befürchten Mehrbelastungen der Wirtschaft, weil der Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung der Wirtschaftsgüter nur schwer erbracht werden könne, so daß die Teilwertabschreibung in der Praxis weitgehend hinfällig werde. |